Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Brockes, das war schon eine erstaunliche räumliche Desorientierung, die wir heute bei Ihnen haben feststellen müssen.
Ach, Herr Palmen, wenn Sie diesen Hinweis geben, weiß ich, dass ich noch auf der sicheren Seite bin.
Eine Anmerkung zu dem, was Sie zum Steinkohlenbergbau gesagt beziehungsweise nicht gesagt haben, Herr Brockes, und auch zu dem, was Frau Ministerin Thoben gesagt hat:
Sie glauben doch nicht ernsthaft, Frau Thoben, dass Sie davon sprechen können, dass das Bergwerk West eine sichere Perspektive hat angesichts des Ausstiegsdatums 2012 der FDP und des Ausstiegsdatums 2015 der CDU, also Ihrer eigenen Partei. Das ist keine sichere Perspektive, meine Damen und Herren.
Die Entscheidungen für Lohberg und Walsum – bei Walsum weiß ich, wovon ich rede; die Rahmenbetriebsplangenehmigung ist noch durch mich erfolgt und im Übrigen bis heute gerichtsfest gewesen – waren schwierig. Aber, Herr Kollege Priggen, bei allem Dissens in diesen Fragen: Wir waren uns darüber im Klaren, dass mit dem Bergwerk West, das noch hinzukommt, möglicherweise eine Situation entsteht, die die Region absolut nicht verkraften kann, jedenfalls nicht in angemessener Zeit und vor allen Dingen dann nicht, wenn mit BenQ noch etwas hinzukommt, was nicht zu erwarten war.
Da, meine Damen und Herren, Frau Ministerin Thoben, finde ich es prima – Sie haben es ja auch so formuliert –, dass, bevor diese Anträge beraten werden, eine Zusammenkunft mit den Beteiligten aus der Region stattgefunden hat und dass sich die Landesregierung jetzt an der Projektentwicklungsgesellschaft beteiligen will. Die Frage, die
wahrscheinlich nicht beantwortet werden kann, ist: Hätten Sie das ohne die Anträge möglicherweise nicht getan oder zu einem späteren Zeitpunkt?
Sie haben es jedenfalls relativ spät getan. Sie mögen an dieser Stelle lachen, aber es gibt zwei Punkte, bei denen ich überhaupt nicht lachen kann: Wenn diese Landesregierung und auch die Vorgängerregierung dafür gekämpft haben, dass wir eine private Kofinanzierung im Rahmen von EU-Strukturfondsmitteln dringend benötigen, verstehe ich nicht, warum Sie nicht heute den Landtag genutzt haben, um ein klares Signal an Siemens zu geben mit der Aufforderung: Beteiligt euch gefälligst an der Kofinanzierung der EUStrukturfondsmittel und prüft ob das im Rahmen von EFRE oder anderen Mitteln möglich ist.
Das würde Glaubwürdigkeit zeigen und wäre ein Lackmustest für die veränderte Strukturpolitik aus der Sicht der Landesregierung sowie ein Signal, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von BenQ und die Bürginnen und Bürger in der Region dringend brauchen.
Verstehen Sie es bitte nicht falsch: Ich schätze die Gespräche, die Sie geführt haben, nicht gering. Die Anwesenheit des Ministerpräsidenten und die Anwesenheit von Minister Laumann sind Standard. Das ist in Ordnung.
Aber es wird ein verlässliches Signal gebraucht. Es wird ein Signal gebraucht, damit die Menschen endlich einmal sehen: Es wird nicht nur vom Gewinn bei Siemens und bei der Allianz gesprochen und gleichzeitig vom Arbeitsplatzabbau. Vielmehr haben diese Unternehmen eine praktische, eine wertorientierte Verantwortung für Arbeitsplätze. Das wäre ein sichtbares Zeichen gewesen, aus dem die Menschen noch einmal hätten Hoffnung schöpfen können.
Ansonsten sage ich – darauf wird Kollege Eiskirch gleich auch noch einmal eingehen –: Wir haben in dem Beschluss unseres Antrags zur Strukturpolitik für den Niederrhein ein umfassendes Konzept vorgelegt. Ich habe vernommen, dass zumindest Frau Ministerin Thoben und die Landesregierung in Teilen darauf eingehen wollen.
Ich habe bei Ihnen, Herr Brockes, überhaupt keinen Ansatz davon verspürt, dass Sie innerhalb der Landesregierung und als eine der sie tragenden Fraktionen dies in irgendeiner Form stützen wollen, sondern Sie haben es mitzuverantworten, dass wir im Entschließungsantrag von CDU und
Was glauben Sie denn, wie es die Menschen heute empfinden, wenn ihnen durch den Entschließungsantrag und durch Ihren Redebeitrag noch einmal deutlich gemacht wird: „Ihr habt es verdammt schlecht; es ist eine verdammt schwierige Situation im Augenblick, aber es wird noch schlimmer kommen, weil diese CDU-geführte Landesregierung unter dem Druck der FDP auch noch dafür sorgen wird, dass sich die Rahmenbedingungen für das Bergwerk West weiter verschlechtern“?
Wissen Sie, Sie bringen dann so einen Satz wie: Mittelfristig muss in der Region der Strukturwandel vom Gestern zum Morgen bewältigt werden. – Diese Lyrik muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Sie müssen sich in der Koalition entscheiden: Entweder Sie gehen den Weg von Frau Thoben, dessen Ansatz sehr deutlich wurde. Danach ist es richtig, staatliche Mittel für die Regionen zur Verfügung zu stellen.
Das kann nicht die Selbstheilungskräfte der Region ersetzen. Oder Sie vertreten den Standpunkt von Herrn Brockes: keine öffentliche Förderung. Sie sollen selbst sehen, wie sie aus dem Sumpf wieder herauskommen.
Wir bleiben bei dem Schwerpunkt unseres Antrages. Wir glauben, dass das ein vernünftiges Handlungskonzept für eine gute Landesregierung und für gutes Regierungshandeln ist. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kuschke. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Post aus dem niederrheinischen Mönchengladbach das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es bedarf keiner Frage und keiner noch so gut gemeinten Anregung: Jedem ist klar, dass den Beschäftigten von BenQ jede mögliche Hilfe durch die Landesregierung und durch den Siemens-Konzern – das will ich ausdrücklich betonen – sowie auch durch die Insolvenzverwalter zuteil werden muss.
Sicherlich kann von Rechts wegen weder der vorläufige noch der endgültige Insolvenzverwalter dazu verpflichtet werden. Wer sich aber mit den Fakten in diesem Fall beschäftigt und weiß, wie sie gelaufen sind, der weiß auch – wir können leider nur von außen auf die inneren Angelegenheiten des Unternehmens schauen –: Es hatte und hat bei den Vorgängen den Anschein, dass es eine – verdammt noch mal – große moralische Pflicht für viele gibt – im Siemens-Konzern und bei den Insolvenzverwaltern sowie beim Land –, auch die Schwächsten in diesem Verfahren zu stützen.
Gehen Sie also davon aus, dass die Aufforderungen in Ihren Anträgen, mit denen die Landesregierung aufgefordert wird zu diesem Stützungsverfahren, schon aufgenommen waren, bevor sie sie ausgesprochen hatten.
Die Moderation wird weiterlaufen. Die Moderation in diesem Verfahren zwischen Siemens, zwischen Beschäftigten und zwischen der in Insolvenz befindlichen Gesellschaft. Dabei muss der massenhafte Abbau von Arbeitsplätzen durch die Insolvenz mit einer intensiven Arbeit an der Suche und der Steuerung von Ersatzmaßnahmen zur Erhaltung des Produktions- und Technologiestandorts kompensiert werden.
Die übrigen Siemens-Standorte in NRW haben hohe Nachfragen und großes Potenzial. In KampLintfort gibt es gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie eine Produktionsstätte. Es müsste also für ein solches Unternehmen sehr wohl möglich sein, in diesem Rahmen den Menschen zu helfen.
1.900 Menschen sind betroffen. Diese Menschen haben ihren Anteil an der Sicherung des Unternehmens schon durch Lohnverzicht getragen; mehr können sie nicht tun. Jetzt geht es um die Gegenleistungen, die einzufordern sind.
Dabei kann die Landesregierung unterstützen. Dies geschieht. Sie kann vorübergehend durch transferunterstützende Maßnahmen helfen und ab dem Beginn des eigentlichen Insolvenzverfahrens durch eine Transfergesellschaft unterstützen. Für die Menschen aber muss klar sein, dass alle Möglichkeiten, die aus der Ziel-2-Förderung kommen, verwendet werden, um Projekte ab 1. Januar 2007 aufzulegen und schnell und umfassend Ersatzarbeitsplätze aufzubauen.
Gerade wenn ich höre – ich glaube, das gehört zu haben –, dass Siemens vor Jahren aus Landesmitteln Fördergelder erhalten hat, um Arbeitsplätze zu erhalten,
muss man fragen dürfen, wie diese denn mit Nachhaltigkeit abgesichert worden sind – sowohl in ihrer Anwendung als auch in ihrer Einhaltung.
Es bleibt dabei: Der Siemens-Konzern muss dringlich an seine Verantwortung erinnert werden dürfen. Arbeitsplätze in den in NRW liegenden Werken können angeboten werden oder sogar neue geschaffen werden.
Ebenso könnte ein Technologiekonzern beim Aufbau der Transfergesellschaft sehr vieles leisten, vor allem Know-how einbeziehen und mit Geld unterstützend wirken.
Daher haben wir den Entschließungsantrag gestellt und erwarten von der Landesregierung sowie von den anderen in diesem Verfahren Beteiligten, dass in dieser Weise gearbeitet wird.
Das, was ich hier für den Standort Kamp-Lintfort als Beispiel gesagt habe, den weitere Probleme beschäftigen werden, muss mit einer verstärkten Wirtschaftspolitik im Ziel-2-Bereich beantwortet werden, dann aber bitte für den gesamten Niederrhein. In Wesel beträgt die Arbeitslosenquote 9,4 % im Schnitt. Bitte nehmen Sie nicht die Quote vom vorigen Monat oder von diesem. Ich sage „im Schnitt“. Die Arbeitslosigkeit liegt in einzelnen Städten bei einer noch viel höheren Quote. Sie wissen auch, dass die Arbeitslosigkeit in Krefeld und Mönchengladbach als den beiden großen Städten mit 12 % respektive 14 % noch höher liegt, wir also für den Niederrhein ein Konzept diskutieren und erarbeiten müssen, was wir mit der Überweisung im zweiten Antrag weiter verfolgen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, konstruktive Kritik ist nötig, nachhaltige Gespräche, ohne die Menschen als Sünder zu verdammen, sind möglich. Wir müssen mit den Menschen und den Firmen sprechen, die beteiligt sind.
Wir werden unseren Antrag zur Abstellung stellen und der Überweisung des – wie ich es einmal vereinfacht bezeichnen will – „NiederrheinKonzeptes“ zustimmen, sodass wir in der Sache weiterkommen und langfristig eine vernünftige Struktur aufbauen können. – Schönen Dank.