Protokoll der Sitzung vom 21.12.2006

Sie haben sich bei der Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen für Ihre Finanzpolitik bis zur Stunde nicht entschuldigt. Sie haben sich bei den Kindern nicht entschuldigt,

(Beifall von CDU und FDP)

dass Sie ein Land mit 114 Milliarden € Schulden bei einem Etat von 48 Milliarden € hinterlassen haben. Täglich müssen in Nordrhein-Westfalen 13 Millionen € allein an Zinsen gezahlt werden.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Der Haushalt ist verfassungswidrig!)

Jetzt hat sich Landesregierung auf den Weg gemacht, um bald einen verfassungsgemäßen Haushaltsplan vorzulegen. Das ist eine große Leistung.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist eine Politik der Nachhaltigkeit. Das hat auch etwas mit sinnvoller Umwelt- und Naturschutzpolitik zu tun. Sinnvolle Politik der Nachhaltigkeit ist eine Politik für die künftigen Generationen. Dazu leistet das Umweltministerium seinen Beitrag. Ich bin stolz auf diese Politik und darauf, dass wir trotz der Einsparungen, die wir im Bereich der Verbraucherschutzpolitik und im Bereich der Umweltschutzpolitik vornehmen müssen, neue, sinnvolle Akzente setzen können.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE])

Ich bedanke mich bei den Koalitionsfraktionen für die politische Unterstützung.

Das Jahr 2007 wird im Bereich der Umweltschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen ein wichtiges Jahr werden, insbesondere weil der Umweltminister von Nordrhein-Westfalen den Vorsitz in der Umweltministerkonferenz innehaben wird.

Herr Minister.

Wir werden im Landtag eine große Veranstaltung zum Thema Nachhaltigkeit durchführen. Nordrhein-Westfalen ist gut aufgestellt. Diese Anliegen sind bei dieser Landesregierung in den besten Händen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Zur Abstimmung kommen wir gemäß der gemeinsamen Verabredung erst später.

Ich rufe den Einzelplan 12 in Verbindung mit Einzelplan 20 auf.

Finanzministerium Allgemeine Finanzverwaltung

Das Haushaltsgesetz und Haushaltsbegleitgesetz werden hier mitbehandelt.

Ich weise auf die Beschlussempfehlungen Drucksachen 14/3012 zum Einzelplan 12, 14/3020 zum Haushaltsgesetz sowie 14/3021 zum Haushaltsbegleitgesetz hin. Es gibt eine Reihe von Änderungsanträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Nummer 63 zum Einzelplan 12 finden Sie in der Tischvorlage und die Nummern 64 bis 68 a zum Einzelplan 20 ebenfalls in der Tischvorlage und in der Ergänzung zum Einzelplan 20.

Die Beratung wird eröffnet durch den Kollegen Peschkes von der SPD-Fraktion. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich hätte ich gerne bei dem Punkt „Allgemeine Finanzverwaltung“ den Finanzminister gesehen. Der Finanzminister ist jedoch krank. Ich wünsche ihm auf diesem Wege gute Besserung. Ich bin sicher, Frau Thoben, Sie werden ihn gut vertreten.

(Beifall von der SPD)

Der Finanzminister hat in der jüngsten Vergangenheit öfter wieder auf die sprudelnden Steuereinnahmen hingewiesen und hat in dem Zusammenhang erklärt – das will ich auch anerkennen –, dass es nicht unbedingt sein Verdienst war, sondern dass es sich um eine gute Portion Glück handelt, weil die Konjunktur einfach günstig ist. Das wiederhole ich für das Protokoll natürlich gerne.

Aber auch wenn die Einnahmen sprudeln, muss es Leute geben, die diese Einnahmen festsetzen, beitreiben und verwalten. Das ist die Finanzverwaltung mit ihren Beschäftigten, und um diese Finanzverwaltung sieht es objektiv betrachtet im Moment nicht sehr gut aus. Bei den Beschäftigten macht sich Unmut und Frust breit, weil sich diese Beschäftigten mit all ihren Problemen vom Finanzminister allein gelassen fühlen und sich einer ständig wachsenden Arbeitsflut gegenübersehen, ohne das Besserung in Sicht ist.

Der Minister hat mit Datum vom 19. September ein Schreiben der rheinischen Finanzamtsvorsteher erhalten, das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Dieses Schreiben ist ein Hilferuf an den obersten Dienstherren der Finanzverwaltung, ein Hilferuf, der auf die mehr als prekäre Personal- und Arbeitslage in den Finanzämtern hinweist, ein Hilferuf, der auf die immer komplexere Steuergesetzgebung hinweist und nach Steuervereinfachung verlangt, und ein Hilferuf, der auf die unzureichende IT-Unterstützung in der Finanzverwaltung hinweist.

Meine Damen und Herren, ich habe dieser Steuerverwaltung nicht 39 Jahre – das ist ja Ihre Lieblingszahl –, sondern 40 Jahre angehört. In diesen 40 Jahren ist mir kein einziger Fall bekannt geworden, in dem sich eine Gruppierung von Führungskräften in einer solch massiven Form an den Dienstherren gewandt hat. Wenn das in dieser Form passiert, dann muss Holland in Not sein. Ich sage Ihnen: Holland ist in Not.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: NRW ist in Not!)

Da haben Sie eigentlich Recht, Herr Kollege.

Nun hatten wir erwartet, dass dem Absender erklärt wird, wie es wirklich in der Finanzverwaltung weitergeht. Aber im Finanzausschuss kommen auf Fragen von uns in dieser Beziehung lediglich Allgemeinplätze wie: Die Finanzverwaltung ist eine leistungsstarke Verwaltung – das stimmt, da kann man gar nicht widersprechen. Die Personalsituation ist relativ günstig – das stimmt überhaupt nicht. Die Finanzverwaltung hat Schwierigkeiten in der Vergangenheit bewältigt, und das wird auch in Zukunft so sein – na ja, das ist ein Orakel.

All das sind aber Aussagen, die der Finanzverwaltung in der jetzigen Situation überhaupt nicht helfen. Das sind Aussagen – das muss ich so sagen –, die allgemeiner und platter nicht sein können. Im Übrigen – auch das muss man erwähnen – warten die Verfasser des Briefes auch heute noch auf eine schriftliche Antwort des Ministers.

Ich will Ihnen erläutern, wie die Situation in den Finanzverwaltungen tatsächlich aussieht. Von der Einkommensentwicklung sind die Angehörigen der Verwaltung – insbesondere die Beamten – schon seit Jahren abgekoppelt. Die letzte tarifliche Erhöhung hat im Jahre 2004 stattgefunden, und das mit einem mickrigen Einkommenszuwachs von einem Prozent.

Obwohl die Steuereinnahmen in Milliardenhöhe steigen, gibt es jetzt lediglich eine Einmalzahlung für die Beamten, die nicht der Rede wert ist, nämlich zwischen 100 und 200 € für 2006 und 350 €

für 2007. Das sind Einmalzahlungen, mit denen die Beschäftigten nicht einmal den Zucker für den Kaffee finanzieren können. Das perfide ist: Sie sind nicht einmal ruhegehaltsfähig, weil es sich um Einmalzahlungen handelt.

Die vom Minister gemachte Bemerkung, das sei eine angemessene Verbesserung der Bezüge, bezeichnet der Beamtenbund – der wirklich nicht revolutionär ist – als puren Zynismus. Dafür habe ich sogar Verständnis.

Es gibt zwar den Auftrag, einen verfassungsmäßigen Haushalt vorzulegen, aber es gibt auch den Verfassungsauftrag, die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes angemessen zu alimentieren. Davon ist diese Koalition meilenweit entfernt.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Kürzung bei den Beihilfen, Streichung des Urlaubsgeldes, Fast-Streichung des Weihnachtsgeldes, Abkopplung von den allgemeinen Tarifentwicklungen, all das führt dazu, dass die Beamten im öffentlichen Dienst Jahr für Jahr weniger im Portemonnaie haben als in den Jahren zuvor.

Und, meine nur spärlich anwesenden Damen und Herren von der Koalition, ich kann es Ihnen nicht ersparen,

(Christian Lindner [FDP]: Wir haben doch nicht weniger hier als Sie!)

auf die Großdemonstration 2003 vor diesem Hause hinzuweisen. Die Vorgängerregierung hatte seinerzeit das Weihnachtsgeld auf 50 % gekürzt – das war schmerzlich; das will ich nicht verhehlen –, aber eine soziale Staffelung eingebracht. Sie hat immer erklärt, dass diese Kürzung zeitlich begrenzt sei und man sich die Entwicklung der Steuereinnahmen ansehen wolle, um diese Streichung gegebenenfalls zurückzunehmen.

(Gisela Walsken [SPD]: Genau! Genauso!)

Bei der damaligen Demonstration lief in der ersten Reihe der seinerzeitige Oppositionsführer Rüttgers.

(Gisela Walsken [SPD]: Ganz vorne!)

Er verlangte lautstark eine Rücknahme der Kürzung und erklärte vollmundig, dass er dies im Falle einer Regierungsübernahme selber machen wolle. Was ist passiert?

(Gisela Walsken [SPD]: Versprochen – gebrochen!)

Herr Rüttgers ist Ministerpräsident dieses Landes geworden, aber er hat die Kürzung nicht zurück

genommen; er hat sie sogar verschärft. Das ist Rosstäuscherei.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist auch keine Koalition der Erneuerung; das ist eine Koalition der gebrochenen Versprechen; das ist eine Koalition der Täuschung und Enttäuschung.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Lage der Finanzverwaltung ist dramatisch.