Protokoll der Sitzung vom 21.12.2006

Meine Damen und Herren, die Lage der Finanzverwaltung ist dramatisch.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Das Personal überaltert zusehends. Jetzt wollen Sie auch noch mit PEM – Personaleinsatzmanagement – die jungen und leistungsstarken Beschäftigten aus der Verwaltung abziehen. Das bedeutet, dass sich die Altersstruktur des Personalkegels verschärft, dass sich die Beförderungsmöglichkeiten, die es seit Jahren nur noch dezimiert gibt, noch mehr verschlechtern, dass die Demotivation der Leute zunimmt und immer mehr in die innere Emigration am Arbeitsplatz flüchten. Das ist Gift für eine Verwaltung, die von dem Einsatz und dem hohen Fachwissen der Beschäftigten lebt.

Um PEM durchzusetzen, plant diese Landesregierung zu guter Letzt auch noch einen Anschlag auf das Landespersonalvertretungsgesetz.

(Gisela Walsken [SPD]: Ja!)

Sie wollen angesichts der Einführung des Personalmanagement den einfachen Weg gehen und schränken die Beteiligungsrechte der Personalvertretung ein.

(Zuruf von der SPD)

Ich kann Ihnen nur sagen: Das wird nicht laufen, meine Damen und Herren. Sie werden noch rechtzeitig erkennen, dass Sie nicht gegen, sondern nur mit den Beschäftigten der Verwaltung weiterhin auf hohem Niveau arbeiten können.

Wenn ich dann noch einen Rat geben darf …

(Rudolf Henke [CDU]: Das ist bekannt! Das bedarf keiner Erkenntnis! – Gegenruf von Gisela Walsken [SPD]: Warum handeln Sie dann nicht?)

Ganz genau! Herr Henke, dann handeln Sie! Schönfärberei, wie sie von Ihnen betrieben wird, hilft den Leuten in der Finanzverwaltung überhaupt nicht weiter. Sie hilft auch diesem Land nicht weiter.

Ich hätte es Herrn Linssen gerne selbst gesagt, er ist aber nicht hier. Doch ich sehe Frau Marienfeld und Herrn Berg, die ihm sicherlich berichten werden.

(Gisela Walsken [SPD]: Das macht die Frau Wirtschaftsministerin!)

Herr Minister, hören Sie doch einmal, wenn es um die Finanzverwaltung geht, weniger auf externe Unternehmensberater! Die kosten nicht nur Geld, die erzählen Ihnen auch nichts Neues. Was die erzählen, das wissen die Leute in der Finanzverwaltung schon seit Jahren, weil die dort den geballten Sachverstand haben. Und den sollten Sie nutzen!

Dann gibt es in der Finanzverwaltung noch das Zauberwort „Zielvereinbarung“, das aus den Untersuchungen der externen Unternehmensberatungen herrührt und in der Finanzverwaltung mittlerweile zum Unwort der letzten Jahre geworden ist.

Frau Thoben, Sie sind bekennende Anhängerin einer freien Marktwirtschaft. Ich bin es auch, allerdings mehr der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet. Aber wir beide wissen, dass Zielvereinbarungen das Kernmerkmal der Planwirtschaft waren. An unrealistischen Zielvereinbarungen ist der gesamte Ostblock mit seinem Wirtschaftssystem Pleite gegangen.

(Gisela Walsken [SPD]: Genau so!)

Zielvereinbarungen bestimmen augenblicklich die tägliche Arbeit in der Finanzverwaltung. Dass diese Pleite geht, das wollen wir doch nun wirklich nicht.

(Rudolf Henke [CDU]: Sie haben die Zielver- einbarungen im Hochschulbereich einge- führt!)

Ich sage nur: Lassen Sie die Beschäftigten doch einfach arbeiten, und lassen Sie Ihnen auch einmal Zeit zum Luftholen! Treiben Sie doch nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf!

(Gisela Walsken [SPD]: Genau!)

Ich glaube, weniger Workshops, weniger Arbeitskreise und, wenn man sie schon nicht wegbekommt, dann doch realistische Zielvereinbarungen würden allen Beschäftigten und wohl auch dem Land Nordrhein-Westfalen gut tun. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Peschkes. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Klein das Wort.

(Gisela Walsken [SPD]: Tja, das wird jetzt schwierig, Herr Kollege!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte gestern zu Beginn dieser zweitägigen Haushaltsdebatte vor, mir Notizen über all die Punkte zu machen, bei denen die Opposition – manchmal sogar ganz vehement – fordert, mehr auszugeben, weniger zu sparen, und das dann aufzusummieren.

Das geht ja: Sie können an der einen oder anderen Stelle verlangen – ob bei Personal oder Aufgaben –, dass das Land mehr Geld ausgibt. Es wäre auch schön, wenn Spielräume da wären, all das zu tun, was teilweise durchaus sinnvoll wäre. Aber gleichzeitig beklagen Sie an der einen oder anderen Stelle, dass das Land nach wie vor eine zu hohe Nettokreditaufnahme hat.

(Gisela Walsken [SPD]: Wer beklagt das?)

Das können Sie tun. Das ist auch richtig, denn wir haben mit dem Haushaltsentwurf 2007 die Nettokreditaufnahme in diesem Land zwar erneut ganz drastisch reduziert, aber es sind immer noch 3,23 Milliarden €, die dieses Land an zusätzlichen Krediten aufzunehmen hat.

(Gisela Walsken [SPD]: Sie haben gar nichts reduziert!)

Manch einer freut sich, dass das endlich einmal wieder weniger ist als die vom Land eigenfinanzierten Investitionen. Das ist schön. Uns reicht das aber nicht; denn eigentlich müssten wir irgendwann ohne neue Kredite für dieses Land auskommen. Nur, erstaunlich ist, dass Sie in der Lage sind, das eine mit dem anderen zu verbinden – an zahllosen Stellen. Wie gesagt: Ich habe den Versuch, da mitzuschreiben, schnell aufgegeben.

(Gisela Walsken [SPD]: Schon ein Fehler, Herr Kollege!)

Denn an zahllosen Stellen wurde von Ihnen in den letzten zwei Tagen verlangt, da müsse mehr Geld ausgegeben werden. Wie Sie das gleichzeitig mit dem Vorwurf verbinden können,

(Gisela Walsken [SPD]: Nur Geduld!)

wir würden immer noch zu viele Schulden machen, das bleibt Ihr Geheimnis.

(Gisela Walsken [SPD]: Nicht mehr lange!)

Das kann nur daran liegen, dass Sie das Erinnerungsvermögen der Zuhörer offensichtlich als so gering einschätzen, dass die das eine nicht mit dem anderen abgleichen. Das lassen wir Ihnen aber nicht durchgehen. Sie müssen sich schon entscheiden.

(Achim Tüttenberg [SPD]: Das hat der Rütt- gers sechs Jahre lang gemacht! – Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Der Hinweis ist ja nicht ganz falsch. Eine Opposition tut sich mit einem solchen Verhalten natürlich relativ leicht. Wenn Sie das schon so verinnerlicht haben: Sie werden das für die nächsten Jahrzehnte brauchen.

(Beifall von der CDU)

Das ist auch meine einzige Erklärung dafür, weshalb Sie das straflos machen können.

(Thomas Stotko [SPD]: Hochmut kommt vor dem Fall! – Lothar Hegemann [CDU]: Das müssen Sie gerade sagen! – Allgemeine Heiterkeit – Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Das ist über die deutsche Fußballnationalmann- schaft auch mal gesagt worden!)

Waren das jetzt alles Meldungen für Zwischenfragen?

Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Also: Der Unterschied ist vor allen Dingen der, dass Sie diese Verbindung eigentlich nicht herstellen können, denn gerade Sie haben dafür gesorgt, dass wir leider nicht in der Lage sind, mehr Geld auszugeben. 4,7 Milliarden € Zinsen stehen in unserem Haushaltsplanentwurf 2007 – notgedrungen! –, Zinsen auf Kredite, die die Vorgängerregierungen aufgenommen haben

(Gisela Walsken [SPD]: Richtig! Dazu stehen wir!)

und die uns heute die Spielräume wegnehmen.

(Gisela Walsken [SPD]: Welche Spielräu- me?)

Ohne diese Zinsen hätten wir sogar einen Überschuss im Haushalt, bräuchten keine Nettokreditaufnahme. 4,7 Milliarden € Zinsen, 3,2 Milliarden € Kreditaufnahme – wir könnten 1,5 Milliarden € mehr ausgeben. Das ist nämlich der Primärüberschuss, der Überschuss der laufenden Einnahmen über die laufenden Ausgaben, die im

nächsten Jahr geplant sind. Also sollten gerade Sie sich ein bisschen mehr zurückhalten.

(Gisela Walsken [SPD]: Nein! Im Gegenteil, Herr Kollege! Warten Sie ab!)