Ein weiterer Punkt sind die Förderprogramme. Auch sie sollen um 20 % zurückgefahren werden. Das gibt einen Sozialabbau bis zum Sozialkahlschlag. Vor allem werden - das ist auch ein sehr wichtiger Punkt - die Standards sehr dramatisch gesenkt werden. Im gesamten Sozialbereich und in vielen anderen Bereichen ist damit zu rechnen.
Der weitere Punkt: Sie betreiben eine Politik des Ausverkaufs. Sie sagen, Sie wollen alle noch vorhandenen Vermögenswerte des Landes veräußern. Sie wissen, dass das strukturell überhaupt nicht hilft und nur eine kurzfristige Maßnahme sein kann, um damit vielleicht einen Haushalt über die Runden zu bringen.
- Ich bin hier nicht bei Herrn Eichel. Er ist auch nicht Mitglied in meiner Partei. Von daher habe ich damit wenig am Hut. Mich interessiert der Landeshaushalt in Nordrhein-Westfalen. Sie sind einer der Abgeordneten, der für diese Landesregierung verantwortlich ist.
Sie sind doch immer die großen Töner. Gerade die FDP tönt immer, sie wolle die Haushalte sanieren. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Vorschläge und kann nur sagen: Die Bodennebeldichte bei Ihnen ist ausgesprochen hoch. Es ist nicht erkennbar, wie Sie das Ganze machen wollen. Das ist die Realität.
Wenn man sich im Weiteren ansieht, wie das Ganze strukturpolitisch weitergehen soll, muss ich lesen: An Ausbau ist in den nächsten Jahren nicht zu denken. Das heißt, Sie erklären jetzt schon den Stillstand für Nordrhein-Westfalen in den nächsten fünf Jahren. Das ist das, was wir gestern in der Regierungserklärung gehört haben. Der Ministerpräsident ist leider nicht mehr da. Armes Nordrhein-Westfalen, arme Menschen. Ich glaube, ehrlich gesagt, wir haben von dieser Landesregierung nicht allzu viel zu erwarten.
Ich bin sehr gespannt, ob Sie jetzt tatsächlich konkreter werden, was die Haushaltssanierung angeht. Wir sind auch sehr gespannt auf den Nachtragshaushalt. Wie gesagt, heute Morgen im Haushalts- und Finanzausschuss kam auf die konkrete Nachfrage vom Finanzminister leider gar nichts. Er hat nur darauf verwiesen, dass der Nachtragshaushalt es irgendwie klären wird. Selbst für das, was wir heute Morgen beschlossen haben - wir haben den 1.000 Lehrerstellen auch zugestimmt, weil wir diesen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen müssen -, gibt es bisher keine Gegenfinanzierung. Es ist nicht klar, wie das Ganze gemacht werden soll.
Ich habe größte Bedenken, wenn ich von Ihnen immer wieder höre, dass Sie irgendwelche Stellen, die Sie an irgendwelchen Verwaltungen abbauen, den Schulen zur Verfügung stellen wollen. Das ist keine seriöse Politik. Das ist vor allem keine qualifizierte Politik und keine Politik, die mit uns zu machen ist. - Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man über eine Regierungserklärung debattiert, hilft es manchmal, den Blick zurückzuwenden und zu schauen, sich zu erinnern, wie es vor fünf Jahren abgelaufen ist.
Vor fünf Jahren hat der damalige Ministerpräsident Wolfgang Clement 108 Tage gebraucht, bis er eine Regierungserklärung hier hat vortragen können. Er hat dann zweieinhalb Stunden gesprochen. In diesen zweieinhalb Stunden hat er einen bunten Bauchladen von Progrämmchen und Maßnahmen vorgestellt. Er hat aber keine klare Linie der Landespolitik beschreiben können.
Da hat sich mit dieser neuen Regierung tatsächlich etwas geändert. Die Koalition der Erneuerung hat 52 Tage gebraucht, bis sie sich auf ein Regierungsprogramm verständigt hat. Jürgen Rüttgers hat in etwas mehr als einer Stunde sein Programm prägnant und der Lage des Landes angemessen nüchtern vorgetragen. Vor allen Dingen hat er hier nicht einen Bauchladen von Maßnahmen und Progrämmchen, von Leuchttürmen und Ankündigungen vorgestellt, sondern einen klaren ordnungspolitischen Kompass beschrieben, mit dem wir das Land zukünftig steuern wollen.
Insofern hat sich in diesem Land etwas zum Besseren verändert. Den Menschen ist nämlich eine berechenbare Perspektive dahin gehend, was die Werte dieser Landesregierung sein werden, eröffnet worden.
Meine Damen und Herren, mit dieser neuen Regierung hält auch ein anderer Stil der Zusammenarbeit Einzug. Sie von Rot-Grün haben hier zehn Jahre lang „Kabale und Hiebe“ inszeniert. Deshalb sind die Menschen Ihrer überdrüssig geworden. Vielfach ist der Eindruck entstanden, dass es gar nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um das Ego von Frau Höhn, von Herrn Clement und von Herrn Steinbrück ging. Das war doch der Grund, warum auch keine positive Stimmung in diesem Land entstehen konnte und warum die Menschen trotz der durchaus beachtlichen Stärken, über die das Land verfügt, keinen Optimismus verspürt haben.
Wir dagegen haben auf der Basis geteilter Werte eine Koalition gebildet. Wir haben aber nicht fusioniert. Deshalb hat auch jeder der Partner eigene Argumente und eigene Überzeugungen, für die er beim jeweils anderen Partner um Unterstützung wirbt. Das gelingt nicht immer und nicht immer sofort.
Es gelingt nicht immer und auch nicht immer sofort, sich mit dem Partner in allen Fragen auf eine gemeinsame Position zu verständigen. Beispiele haben Sie hier ja schon zum Thema gemacht. Was uns allerdings von Ihnen unterscheidet, ist der Stil der Diskussion: Wir stehen hinter gefundenen Kompromisslösungen, vertreten sie gemeinsam und suchen nicht immer, wenn es einen Dissens gibt, das Scheinwerferlicht, um uns gegen den Regierungspartner zu profilieren.
In diesem Sinne dürfen der Ministerpräsident und der Koalitionspartner auf unsere stetige Unterstützung hoffen und ihr sicher sein. - Jetzt ist Ihre Gelegenheit, Frau Löhrmann.
Werter Herr Kollege Lindner, Sie haben es eben so dargestellt, als hätten wir wegen unseres Verhaltens in der Koalition als Grüne verloren. Hätten Sie die Freundlichkeit, einmal in absoluten Zahlen darzustellen, wie viele Stimmen die FDP verloren hat und wie viele Stimmen die Grünen verloren haben?
Das will ich gerne tun, Frau Löhrmann. Die FDP hat bei dieser Landtagswahl 180.000 Stimmen an die CDU verliehen.
Wir werden uns in fünf Jahren mit den konkreten Erfolgen einer Regierungspolitik um neue bzw. um mehr Verantwortung bewerben können, während Sie wegen der konkreten Ergebnisse Ihrer Politik ja auf die Oppositionsbänke geschickt worden sind. Und das unterscheidet uns.
- Warten Sie doch einfach ab. Wir können diese Plenarrede ja auf Wiedervorlage legen und in fünf Jahren schauen, wer Recht behält. Ich biete Ihnen gerne eine Wette an.
Meine Damen und Herren, die Premiere der neuen Oppositionsführerin Hannelore Kraft war nach meinem Empfinden eher ernüchternd. Die Wähler haben Ihnen ihr Mandat entzogen. Der Verlust der Legitimation hat aber weder bei den Grünen und erst recht nicht bei der SPD zu einer anderen Haltung geführt. Sie ist hier immer noch als die alte
Dabei hätte Frau Kraft doch bedenken können, was Herr Steinbrück ihr dieser Tage - wie ich finde, sehr zu Recht - als Hausaufgabe mit auf den Weg gegeben hat. Herr Steinbrück hat gesagt - ich zitiere ihn wörtlich -:
Sie verfügen über kein Konzept für die Erneuerung unseres Landes. Sie in der SPD haben - wie wiederum Peer Steinbrück treffend formuliert hat; ich zitiere ihn -
„immer noch programmatisch zu klären: Wie sieht der Sozialstaat am Beginn des 21. Jahrhunderts aus …? Welche Rolle hat der Staat? Welche Voraussetzungen sind für eine höhere Wachstumsdynamik erforderlich?“
Ich sage Ihnen: Wenn Sie sich jetzt mit der neuen Mitte wieder auf den Weg zur alten Linken machen, dann verabschieden Sie sich aus der Realität.
Im Übrigen fallen Sie hinter Ihre eigenen Erkenntnisse früherer Zeiten zurück. Wir erinnern uns doch daran, dass es 1999 eine in Person von Bodo Hombach auch aus Nordrhein-Westfalen angeregte Initiative der Sozialdemokraten Tony Blair und Gerhard Schröder gab. Deren Kernaussagen waren: weniger Regulierung, dafür mehr Eigenverantwortung; weniger Vollkasko-Mentalität, dafür mehr Selbstversorgung; weniger verteilen, bevormunden und - in den Worten von Paul Nolte - mit Fürsorglichkeit vernachlässigen, dafür mehr aktivieren und befähigen. - Diese Orientierungen waren und sind aus unserer Sicht immer noch richtig.
Bei der Umsetzung aber trennten sich die Wege. Während Tony Blair dieses Programm konsequent umgesetzt hat, hat die Bundesregierung bis zur Vorlage der Agenda 2010 pausiert und hatte danach noch Angst vor der eigenen Courage. Über die Folgen gibt heute der Vergleich zwischen Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland bei Beschäftigung, Innovation und Wachstum Auskunft.
Meine Damen und Herren, die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten markiert deshalb eine Zäsur in der Geschichte unseres Landes. Ministerpräsident Karl Arnold hatte unser Land als das „soziale Gewissen der Bundesrepublik“ beschrieben. Von hier gingen in der Tat beachtliche sozialpolitische Impulse aus, auf die das Land stolz sein kann und die unseren Respekt verdienen. Damals aber, in den 50er-Jahren, betrug die Staatsquote 35 % und die Sozialquote 17 %. Staatsverschuldung gab es nicht, und Arbeitslosigkeit war ein Fremdwort.
Heute beträgt die Staatsquote mehr als 50 % und die Sozialquote bei einem viel höheren Bruttoinlandsprodukt 34 %. Wir regulieren dieses Land mit 85.000 Gesetzen. Die Bundesrepublik insgesamt hat 1,4 Billionen € Schulden, das Land Nordrhein-Westfalen hat 110 Milliarden € Schulden, und wir müssen 5 Millionen beziehungsweise 1 Million Menschen ohne Arbeit beklagen.
Damit wird deutlich - diese Erkenntnis ist bei Ihnen noch nicht gereift -: Wir haben in Deutschland nicht zu viel Freiheit und zu wenig Staat, sondern zu viel Staat und zu wenig Freiheit, um unsere Probleme zu lösen und um eine neue Form von Sozialpolitik im Interesse der Menschen formulieren zu können. Der Staat ist vielfach vom Problemlöser zum Problemerzeuger geworden. Wenn wir den Menschen aber nicht die Lösung von Problemen anbieten können, dann müssen wir sie wenigstens dabei in Ruhe lassen, wenn sie ihre Probleme mit ihren Fähigkeiten, ihrer Kreativität selbst lösen wollen. Das ist mitnichten, wie Herr Sagel das gerade sehr unqualifiziert kommentiert hat, neoliberales Geschwätz,