Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unserem Antrag „Qualitätsprogramm Schule“ liegt eine begründete Kritik zugrunde, und zwar die Kritik, dass diese schwarz-gelbe Landesregierung keinerlei bildungspolitischen Kompass bei der flächendeckenden Einführung der Selbstständigen Schule hat.
Wenn es denn darum geht, den Landtag als Ort für den Wettbewerb um die besten Ideen auszurufen, wie es gestern Ministerpräsident Rüttgers getan hat, dann sind Sie, meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, in der Regierungsverantwortung schon ziemlich oft ins Hintertreffen geraten. Denn genau in diesem Landtag, hier an diesem Ort, haben Sie in sieben Anhörungen hören müssen, wie die Fachwelt Ihre Ideen zum neuen Schulgesetz und damit Ihre Bildungspolitik beurteilt hat. Da zeigte der Daumen in der Regel nach unten.
Sie verschärfen mit Ihrer Bildungspolitik in nie dagewesener Weise den Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen. Wenn unsere Fraktionsvorsitzende Sie gestern darauf aufmerksam gemacht hat, wie sehr die Kinder in der Grundschule durch Ihre Bildungspolitik unter Druck stehen, dann lachen Sie sogar noch darüber. Ich frage mich: Welche Arroganz kommt da zum Vorschein?
Durchlässigkeit verkommt gerade im Moment zu einer Worthülse, und mit der individuellen Förderung lassen Sie die Schulen allein. Sie gaukeln
den Menschen außerdem vor, das Programm Selbstständige Schule fortzuschreiben, aber Sie sind in Wahrheit meilenweit davon entfernt, es wirklich zu tun. Bei dem Vorhaben Selbstständige Schule sind Sie nach unserer Überzeugung orientierungslos und auch konzeptionslos.
Sie belegen das übrigens selber mit einer Antwort auf aktuelle Kleine Anfragen zur Weiterentwicklung des Modellvorhabens Selbstständige Schule. So viel geballte Phrasen – ich muss es einfach einmal so sagen – sind eine Zumutung für den Leser und für die Leserin. In den Antworten bleiben Sie stecken beim Definieren von Arbeitsfeldern. Aber das war es dann auch schon. Es kommt kein Wort von Ihnen zum Beispiel auch zur Beteiligung und Einbindung der Kommunen und zur Weiterentwicklung von so wichtigen Bildungsregionen, die wir in Nordrhein-Westfalen brauchen.
Sie wollen tatsächlich – das behaupte ich – die Selbstständige Schule nicht wirklich. Sonst hätte man von Ihnen seit dem 13. Dezember 2005 mal etwas Substanzielles hören müssen. Denn an diesem Tag haben Sie eine Kooperationsvereinbarung mit der Bertelsmann Stiftung unterzeichnet, in der Sie sich verpflichtet haben, Fortbildung zu sichern sowie die Qualifizierung schulischer Steuerungseinheiten zum Erwerb von Managementkompetenzen zu garantieren. Nichts ist passiert. Sie reden von Eigenverantwortung, aber Sie überfluten die Schulen mit Erlassen und Verordnungen. In Wahrheit wollen Sie zentral alles aus Düsseldorf heraus steuern.
Ansonsten kann man sich auch nicht erklären, dass Sie nach der Übernahme der Regierungsverantwortung zum Beispiel nicht jenen 300 Schulen die Selbstständigkeit, die Eigenverantwortung gegeben haben, den Unterricht in Naturwissenschaften integriert in den Klassen 5 und 6 weiterzuführen. Nein, das durften die Schulen nicht.
Ein anderes Beispiel: Warum haben Sie so massiv in die Vergabe von Zeugnisnoten in der Grundschule eingegriffen? Was hat das mit Eigenverantwortung zu tun?
Wenn Sie es wirklich ernst meinen würden mit der Aussage, das Land setzt die Ziele sowie die Standards und überprüft, ob und inwiefern diese Ziele erreicht werden, wenn Sie es wirklich damit ernst meinen würden, dass die Schulen dann innerhalb dieses Rahmens selbstständig sein sollen, wenn Sie es wirklich ernst meinen würden damit, dass die Schulen eigenständig entscheiden sollen, wie und auf welche Weise sie landesweit
gültige und einheitliche Zielvorgaben erreichen, ja dann, meine Damen und Herren, dürfen Sie keine Rechtsverordnung schreiben, die der Grundschule dezidiert die Notenvergabe vorschreibt und das auch schon jetzt im zweiten Schuljahr.
Das ist eine Rechtsverordnung – wohlgemerkt, Herr Witzel –, die zum Ergebnis hat, dass ein Lehrer in einer Klasse mit 30 Schülerinnen und Schülern gezwungen ist, jährlich 360 Kopfnoten zu geben.
Das ist staatliche Gängelung in Reinkultur, und das sagt, meine ich, alles über Ihre bildungspolitischen Absichten aus.
Die SPD will mit diesem Antrag unterstreichen, dass es überfällig ist, dass sich dieser Landtag mit den Konsequenzen auseinandersetzt, die eine flächendeckende Einführung der Selbstständigen Schule bedeutet. Wenn wir nämlich eine andere Steuerung etablieren, eine Steuerung, die sich outputorientierte Steuerung nennt, und wenn wir Qualitätsanalysen in Schulen vornehmen, dann muss dieser Landtag sehr zügig und sehr schnell über seine veränderte Rolle und zum Beispiel auch einmal über diese Qualitätskriterien einer guten Schule diskutieren. Das haben wir hier noch nie gemacht, aber Sie wollen das schon flächendeckend umsetzen.
Genauso wie wir ja im Zuge des neuen Finanzmanagements über die Konsequenzen der veränderten Arbeit im Landtag diskutieren, bedeutet das auch, dass wir bei einer flächendeckenden Einführung der Selbstständigen Schule die Beschäftigung im Landtag, die sich verändern muss, hier und heute diskutieren.
Wenn wir von einer guten Schule erwarten, dass sie eine Evaluation von außen nachhaltig und gut umsetzt, dann muss auch gewährleistet sein, dass sie zuvor mit interner Evaluation umgehen kann. Das ist im Lande überhaupt nicht gewährleistet. Das hören wir als Rückmeldung aus den Schulen. Diese Schulen hatten noch nicht einmal die Chance, sich mit den Qualitätskriterien – ich weiß ja nicht, wer sie wie auch immer wann und wo entwickelt hat – im Vorfeld einmal auseinanderzusetzen. Nichts davon haben Sie den Schulen im Vorfeld ermöglicht.
Wenn Sie Qualitätsteams in Schulen schicken, dann muss mindestens gleichzeitig ein Unterstützungssystem für nachfolgende Beratung und Fortbildung aufgebaut werden. Das Gegenteil
Das alles zusammengenommen zieht geradezu die Forderung nach sich, dem Landtag bitte jährlich einen Bildungsbericht vorzulegen. Wenn wir es ernst meinen mit Selbstständiger Schule, dann müssen wir es auch ernst meinen mit Bildungsberichterstattung, und zwar mit einer anderen, als sie es in der Vergangenheit sein musste.
Eines ist in dem Kontext aber besonders ärgerlich: Sie missachten Zug um Zug die Arbeit des Parlaments. Ich möchte das am Beispiel der Qualitätsanalyse deutlich machen. Am 23. August 2006 haben Sie, Frau Ministerin, offiziell den Startschuss für dieses Instrument gegeben. Die Qualitätsteams wurden in die Schulen entsandt.
Für diese Aufgabe muss aber eine Rechtsverordnung im Schulausschuss vorgelegt und abgestimmt werden. Am 18. Oktober 2006 – zwei Monate später – sollte die Verordnung im Ausschuss diskutiert und beraten werden. Sie wurde auf Ihren Wunsch von der Tagesordnung abgesetzt und ist bis heute noch nicht beraten worden. Das ist schlicht und einfach ein skandalöser Umgang mit dem Parlament!
Wenn Sie von den Schulen im Land erwarten, dass das Schulgesetz ernst genommen und umgesetzt wird, warum machen Sie es dann nicht selber? Das ist eine Forderung, die im Schulgesetz steht.
Auch das Qualitätsprogramm mit den zehn Punkten für die Weiterentwicklung auch des Modellvorhabens „Selbstständige Schule“ in die Fläche, was Sie angeblich wollen, ist überfällig.
Deshalb kann ich nur an Ihre Einsicht appellieren: Wenn Sie schon ein so gut gestartetes Projekt wie das Modellvorhaben „Selbstständige Schule“ nach der Regierungsübernahme vorfinden, lassen Sie es bitte nicht in so verantwortungsloser Weise vor die Wand fahren!
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin Sommer! Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, mit Ihrem Antrag „Eckpunkte für ein Qualitätsprogramm Schule“ geben Sie uns heute
Darüber freue ich mich; darüber freuen sich auch unsere Fraktion und unser Arbeitskreis. Wie Sie wissen, ist Eigenverantwortung von Schulen ein ganz zentraler Punkt unserer Schulpolitik, der auch in unserem neuen Schulgesetz verankert worden ist. Sie erzählen uns heute also nichts Neues, wenn Sie das Leitbild einer selbstständigen Schule beschreiben und die Selbstständigkeit von Schulen als Motor schulischer Qualitätsentwicklung bezeichnen.
Mit unserem Konzept der eigenverantwortlichen Schule setzen wir genau auf dieses Prinzip: von der eigenständigen Entscheidung der Schulen, über das Stellen- und Sachmittelbudget, von der selbstbestimmten Organisation der Unterrichtsgestaltung und der Entwicklung schulspezifischer Angebotsprofile bis hin zur Vergrößerung der Verantwortungsbereiche von Schulleiterinnen und Schulleitern. Sie kennen diese Stichpunkte.
Durch mehr Gestaltungsfreiheit wird den Schulen ermöglicht, besser auf die jeweiligen Bedingungen vor Ort einzugehen, vorhandene Ressourcen besser zu nutzen und so für eine dauerhafte Verbesserung der Unterrichtsqualität zu sorgen.
Die Erfahrungen aus dem Projekt „Selbstständige Schule“, das seit August 2002 in Kooperation mit der Bertelsmann-Stiftung läuft und das von uns seit 2005 weitergeführt und weiterentwickelt wurde
Auf diese Weise können inzwischen alle Schulen von den Erfahrungen, die die Modellschulen mit der Selbstständigkeit gemacht haben, profitieren und so Schritt für Schritt mehr Verantwortung für die eigene Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklung übernehmen. Damit und mit mehr Eigenverantwortung für alle Schulen liegen wir bereits deutlich über dem, was Sie in den letzten Jahren geschafft haben.
Sie müssen zugeben: Eigenverantwortung ist viel mehr als nur Selbstständigkeit. Natürlich haben wir nicht nur einen Rahmen für die eigenverantwortliche Schule geschaffen, sondern wir kümmern uns auch um ihre Umsetzung.
Die Punkte, die Sie in Ihrem Forderungskatalog für ein Qualitätsprogramm Schule aufführen, sind schon lange auf unserer Agenda,
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Von wegen! – Sigrid Beer [GRÜNE]: Das haben Sie nicht richtig gelesen! – Ute Schäfer [SPD]: Das haben Sie nicht richtig verfolgt!)