Ich stimme mit dem Antrag der Koalition insofern überein, als der Sportler selbst unter die Sportgerichtsbarkeit der Verbände fallen soll. Das hat aber ganz pragmatische Gründe. Denn nach dem augenblicklichen Sportrecht ist jeder Sportler ganz allein für die Substanzen im Körper verantwortlich. Das soll auch so bleiben. Denn würde das allgemeine Strafrecht auch auf den Sportler übertragen, würde eine Bestrafung wesentlich schwerer fallen, weil dann die Nachweispflicht beim Staat läge. Das würde in vielen Fällen zu unbefriedigenden Lösungen führen.
Zum Schluss, Herr Präsident, meine Damen und Herren: Wir sehen uns alle den ethischmoralischen Werten des Sports verpflichtet. Doping zerstört diese Werte. Doping täuscht die Mitstreitenden im Wettkampf, die Öffentlichkeit sowie die Veranstalter und gefährdet nicht zuletzt auch die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler.
Deshalb sollten wir heute ein entschiedenes Zeichen setzen, dass wir diesen Betrug im Sport nicht länger hinnehmen wollen. Wir sollten uns aber auch eingestehen, dass die Anstrengungen des organisierten Sports allein nicht ausreichen. Wir fordern den Staat auf, mit seinen Ermittlungsbehörden in den Fällen einzugreifen, in denen kriminelles Unrecht geschieht.
Ich bitte Sie von der Koalition deshalb, unserem Antrag zuzustimmen. Aber selbst wenn Sie das nicht über Ihr Herz bringen können, werden Sie das Anti-Doping-Gesetz nicht mehr verhindern. Ich habe gesagt: Das Bundeskabinett hat heute einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. – Ganz herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Peschkes. – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Kollege Preuß das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sportausschuss hat sich sehr eingehend mit dem Thema Doping im Sport befasst. Wir sind uns in der Beurteilung der Folgen fraktionsübergreifend einig: Doping schadet nicht nur der Gesundheit des Sportlers, es widerspricht auch allen Maßstäben von Ethik, Moral und Fairness im Sport. Die Einnahme von Präparaten zur gezielten Steigerung der Leistungsfähigkeit ist eine unzulässige Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil ehrlicher Sportlerinnen und Sportler und verhindert den fairen Wettkampf.
Die Vorbildfunktion des Sports gerade für junge Menschen steht infrage, wenn wir nur die Vorstellung zuließen, sportliche Leistungen durch Dopingmittel manipulieren zu dürfen. Insofern ist Doping nicht nur ein sportspezifisches Problem; es wirkt in den Konsens unserer Gesellschaft hinein, und es gibt deshalb keinen Grund, den Tatbestand als solchen zu bagatellisieren. Die Bagatellisierung wirkt wegen der Vorbildfunktion der Sportler negativ auf die gesellschaftliche Einstellung zu Themen wie Drogen- und Medikamentenmissbrauch.
Doping ist nicht mehr nur im Spitzensport ein Thema, sondern ergreift auch den Breitensport. Nicht wenige, vor allem junge Menschen definieren ihre Leistungsfähigkeit durch Muskelkraft und Erfolge bei selbstgesetzten Zielen und gehen dabei oft unbewusst gesundheitliche Gefahren ein. Die dadurch eintretenden Gesundheitsschäden sind oft irreparabel; die Betroffenen leiden ein Leben lang.
Politik und Gesellschaft sowie Sportverbände haben ein klares Signal gegen Doping und ein deutliches Bekenntnis für Fairness und Wettbewerb unter gleichen Bedingungen abgegeben. Sie sehen dies auch im internationalen Zusammenhang.
Nun sind wir uns, Herr Peschkes, in einem entscheidenden Punkt nicht einig, nämlich in der Frage, ob der Staat Strafrecht anwenden sollte. Die Sportverbände wollen stattdessen die Stärkung der funktionierenden Sportgerichtsbarkeit und sehen in der strafrechtlichen Verfolgung insbesondere beim Handel mit und beim In-VerkehrBringen von Dopingmitteln, im Übrigen auch in der Kennzeichnung der Mittel eine Ergänzung der Möglichkeit zur Bekämpfung von Doping.
Wir als Parlament sollten uns von der Vorstellung lösen, alles, was in Sport und Gesellschaft schiefläuft und zu thematisieren populär ist, strafrechtlich ahnden zu können. Das Strafrecht hat immer nur fragmentarischen Charakter, denn es erfasst eben nicht lückenlos jedes moralisch vorwerfbare Verhalten. Auch ist immer das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Strafrecht ist Ultima Ratio, das heißt, dass die Verletzung von Rechtsgütern nur dann mit Strafe bedroht werden darf, wenn andere Sanktionsmöglichkeiten des Rechts nicht mehr ausreichen, um einen wirksamen Rechtsgüterschutz herbeizuführen.
Unser Rechtssystem sieht aber gerade vor, dass Sportverbände ihre eigene Sportgerichtsbarkeit wahrnehmen können. Das hat sich auch bewährt. Gerade die Sportverbände plädieren deshalb für eine Beibehaltung. Ein Eingreifen des Staates kann und sollte allenfalls dort komplementär erfolgen, wo die Sportgerichtsbarkeit nicht greifen kann, nämlich beim gewerbsmäßigen oder gar bandenmäßigen Handeln mit Dopingmitteln.
Ansonsten wird es nicht gelingen, die geschützten Rechtsgüter mit der nach unserer Verfassung notwendigen Bestimmbarkeit überhaupt zu definieren. Sollen wir denn wirklich, Herr Peschkes, die Vorbildfunktion des Sports und den fairen Wettbewerb unter den Schutz des Strafrechts
Wollen Sie wirklich die Strafbarkeit davon abhängig machen, ob Preisgelder in erheblicher Höhe gezahlt werden?
Wir setzen auf die Stärke der Sportgerichtsbarkeit, auf Aufklärung, auf strafrechtliche Ergänzung, wo es außerhalb des Sports kriminelle Machenschaften gibt, die an der Wurzel gepackt werden müssen. Die Bekämpfung von Doping fängt genauso wie die Bekämpfung von Drogenmissbrauch an der Wurzel an: beim In-VerkehrBringen und beim Handel-Treiben.
Diese Taten sind im Übrigen dem Grunde nach bereits jetzt schon durch das Arzneimittelgesetz in der Fassung von 1976 sanktionierbar. Allerdings ist hierbei zuzugeben, dass das angesichts der rasanten Entwicklungen des Dopings wohl nicht mehr ausreichend ist.
Deshalb begrüßen wir die Initiative der Bundesregierung, das Arzneimittelgesetz jedenfalls in diesem Punkt zu erweitern. Das meint wahrscheinlich auch Herr Peschkes. Wir halten eine Strafverschärfung für das bandenmäßige und gewerbsmäßige In-Verkehr-Bringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken für richtig.
Darüber hinaus halten wir es für wesentlich, präventiv tätig zu werden. So wird es Zeit, das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport zu ratifizieren. Es handelt sich um das erste weltweite Instrument zur Prävention und zum Kampf gegen Doping im Sport. Deutschland hat an der Erarbeitung aktiv mitgewirkt. Der Ratifizierungsprozess ist im Gange.
Außerdem müssen die bereits bestehenden Institutionen wie zum Beispiel die NADA, die nationale Anti-Doping-Agentur, gestärkt werden. Hierzu gibt es ein ganzes Bündel von vorstellbaren Maßnahmen, die auch in den Ausschusssitzungen angesprochen worden sind.
In Bezug auf die vielen Hobbysportler, die zu Dopingmitteln greifen, helfen nur drei Dinge: Aufklärung, Aufklärung und noch mal Aufklärung!
Mit unserer Auffassung befinden wir uns durchaus im Einklang mit der Regierungskoalition in Berlin. Dort ist die Idee eines eigenständigen strafrechtlichen Anti-Doping-Gesetzes zugunsten einer Modifikation, die ich eben im Zusammenhang mit dem Arzneimittelgesetz beschrieben habe, vom Tisch.
Deshalb lehnen wir den Antrag der SPD-Fraktion in der vorliegenden Form ab. Ich betone noch einmal, dass wir uns im Grundsatz völlig einig sind. Ich bin überzeugt davon, dass wir schon bald einen wirksamen und verhältnismäßigen Maßnahmenkatalog zur Verfügung haben – außerhalb des Strafrechts –, der allen Interessen gerecht werden wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Preuß. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Abgeordnete Groth das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sport ist als Kulturgut, das den fairen Wettbewerb und die Leistungsfähigkeit, aber auch die Gesundheit und die Persönlichkeitsbildung unserer jungen Menschen fördert, besonders schützenswert. Gerade deswegen ist der Sport ja auch in unserer Landesverfassung verankert.
Aber: Der faire, saubere, gesundheitlich positive Sport ist bedroht. Er ist bedroht durch immer raffiniertere Dopingpraktiken, durch immer neue Dopingsubstanzen und auch durch neue Methoden, die von zumeist internationalen Netzwerken vorangetrieben werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen also dringend gemeinsame Anstrengungen, gemeinsame Anstrengungen von Bund und Ländern sowie des gesamten Sports. Die SPD hat hier im Hause den Auftakt gemacht – das muss man lobend sagen – und hat lange Geduld haben müssen: mit uns als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, aber noch länger mit den Koalitionsfraktionen von CDU und FDP. An diesen nämlich ist ein gemeinsamer Antrag gescheitert. Das ist etwas, was mir besonders leidtut.
Wir wären gerne dabei gewesen – das wäre eine gemeinsame Anstrengung wert gewesen –, ein deutliches und gemeinsames Signal aus diesem Hause zu senden: Landtag und vielleicht auch Landesregierung stehen für einen Sport ohne Doping und wollen daran aktiv mitgestalten.
Der Deutsche Olympische Sportbund hat einen Zehnpunkteplan vorgelegt, der einerseits das verstärkte Engagement des Sports selbst darlegt, der andererseits auch deutlich macht, dass der Sport
trotz Eigenständigkeit Unterstützung braucht, nämlich Unterstützung vom Staat, Unterstützung von uns. Die Dopingbekämpfung im Sport auf allen Ebenen, im Spitzen- wie im Breitensport, muss verbessert und intensiviert werden. Darüber kann es gar keinen Zweifel geben. Notwendig ist aber eine Gesamtstrategie, bei der alle Beteiligten ihren spezifischen Beitrag leisten.
Wir sehen, dass mit dem bisherigen Kontrollsystem nicht verhindert werden konnte, dass Athletinnen und Athleten die Kontrollen immer wieder umgehen. Der Sport allein kann mit dem Problem nicht fertig werden. Staatliche Maßnahmen dürfen aber auch nicht an die Stelle der Dopingbekämpfung durch den Sport treten. Das ist das Einerseits und das Andererseits. Vielmehr müssen Sport und Staat ihre Maßnahmen und Strategien zur Dopingbekämpfung deutlich verbessern.
Das bestehende Strafrecht zur Ahndung von Dopingvergehen muss konsequenter als bisher angewandt werden und, wo erforderlich – natürlich unter strikter Wahrung der rechtsstaatlichen Begrenzung –, auch maßvoll ausgeweitet werden. Das Strafrecht kann und darf die Aufklärung und Ausbildung im Sinne der Ethik des fairen, sauberen und gesunden Sports nicht ersetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Doping im Sport ist Lug und Trug und sozialethisch einfach zu missbilligen. Es läuft der Grundidee des Sports einfach zuwider, wenn man dopt. Unter für alle Beteiligten gleichen Bedingungen, also fair, sollen die Kräfte und Fähigkeiten gemessen werden.
Sicherzustellen ist, dass zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Beipackzetteln und den Verpackungen von Arzneimitteln Hinweise angebracht werden, die vor einer Verwendung als Dopingmittel warnen.
Aktuelle Änderungen des Strafrechts sind jedoch mit Blick auf die teils hohe kriminelle Energie der Handelnden auch sinnvoll und mit dem UltimaRatio-Prinzip des Strafrechts vereinbar. Aufgrund des hohen Unrechtsgehalts ist eine Strafschärfung dann geboten, wenn der Täter gewerbs- oder bandenmäßig Arzneimittel zu Dopingzwecken in den Verkehr bringt.
Darüber hinaus sollte eine neue Strafnorm – jetzt komme ich zum Punkt – hinsichtlich der Verfälschung des wirtschaftlichen Wettbewerbs im Sport in Erwägung gezogen werden: ein neuer Straftatbestand „Wirtschaftsbetrug im Sport“. Erfasst würden alle Fälle, in denen Sportlerinnen und Sportler an einem Wettbewerb, der für ihre
wirtschaftlichen Erwerbsmöglichkeiten relevant ist, teilnehmen und durch Verwendung verbotener leistungssteigender Mittel auf diesen Wettbewerb manipulativ einwirken. Das ist Wirtschaftsbetrug im Sport.
Der faire wirtschaftliche Wettbewerb auch im Sport ist als strafrechtliches Schutzgut inzwischen anerkannt. Aufgrund der Kommerzialisierung zahlreicher Bereiche des Sports ist eine solche Regelung auch dringend erforderlich; denn mit dieser Kommerzialisierung, zum Beispiel durch hohe Start- und auch durch hohe Preisgelder sowie durch Werbeverträge in Millionenhöhe, hat auch beim Doping die Professionalisierung Einzug gehalten. Es werden immer neue und schwerer nachweisbare Dopingmittel und Dopingmethoden entwickelt, um dort erfolgreich zu sein. Das ist nichts anderes als Betrug, meine Damen und Herren.
Eben weil sich mit Doping erhebliche finanzielle Gewinne erzielen lassen, wird der Sport, soweit er vorrangig wirtschaftlicher Wettbewerb ist, zur Triebfeder des Dopings – mehr und mehr; ich will nicht sagen, dass die Kolleginnen und Kollegen nicht auch gewinnen wollen. Dem könnte die vorgeschlagene neue Strafnorm entgegenwirken. Zugleich könnte sie faire Sportlerinnen und Sportler vor wirtschaftlicher Benachteiligung durch ihre unfairen, weil dopenden Konkurrenten schützen.
Schließlich ist für eine effektive Bekämpfung des Dopings eine intensive Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern erforderlich, die angesichts der föderalen Grundordnung die Zuständigkeit für die zahlreichen Maßnahmen haben.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob es uns jemals gelingt, den Kampf gegen das Doping im Sport zu gewinnen? Ich kann nicht mit Gewissheit sagen, ob das Strafrecht dazu der entscheidende Hebel ist. Auch das ist eine Frage, die man stellen kann. Das ist auch weder über den Weg des Sportbetrugs noch über die Besitzstrafbarkeit, wie sie hier von der SPD beantragt wird, garantiert. Wir können nicht mit einfachen Mitteln oder vielleicht auch nur mit einer einfachen Änderung oder mit einer einfachen Aktion dieser Sache quitt werden. Wir müssen uns auf vielen Ebenen und mit vielen Instrumenten gegen das Doping im Sport wehren. Es gilt deshalb, jetzt alle Möglichkeiten und Wege zu prüfen. Dann muss auch abgestimmt und gemeinsam vorgegangen werden.
Die Einrichtung einer unabhängigen Sportschiedsgerichtsbarkeit, wie sie von den Koalitionsfraktionen gefordert wird, und auch andere Dinge in Ihrem Antrag würden wir natürlich unterstützen, die finden wir gut. Aber Ihr Antrag ist ansonsten nicht weitgehend genug. Deshalb werden wir ihn trotz alledem ablehnen müssen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.