Protokoll der Sitzung vom 04.05.2007

Fraktionen fahren einen anderen Kurs als die Vorgängerregierung.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist wahr, a- ber zulasten der Menschen und Kommunen!)

Dieser Kurs ist solide und seriös. Die Haushaltszahlen von 2006 und 2007 zeigen dies auch. Gerade in der Finanzpolitik folgen wir dem Grundsatz, dass wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit zwei Seiten einer Medaille sind.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sehen wir bei den Stellungnahmen der CDU-Bürgermei- ster!)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Möbius. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Sagel noch einmal das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege, wenn Sie hier über Parteifinanzen reden, dann sollten Sie ganz vorsichtig sein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Denn ich kann mich noch sehr gut an die schwarzen Kassen von Herrn Kohl und all das, was in dem Zusammenhang gelaufen ist, erinnern. Da sollten Sie ganz, ganz ruhig sein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Aber das ist hier gar nicht das Thema. Ich weiß auch – ehrlich gesagt – gar nicht, warum Sie das Thema angeschnitten haben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Heuchlerisch ist das!)

Es geht hier um den Landeshaushalt, und zwar um Ihren ersten Landeshaushalt, der verfassungswidrig war. Ich möchte auf einige Punkte, die der Finanzminister angeführt hat, eingehen.

Herr Linssen, Sie haben davon gesprochen, dass Wahlversprechen eingelöst werden. – Wir haben das mit „versprochen – gebrochen“ gekennzeichnet. Ich erinnere zum Beispiel an den Landesjugendplan.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Und dann reden Sie davon, dass Sie am Anfang einen Kassensturz gemacht haben. – Was war denn das Ergebnis des Kassensturzes? Das Ergebnis Ihres Kassensturzes, was Sie mit Ihrem ersten Nachtragshaushalt hier offengelegt haben,

war, dass Sie selber abgestürzt sind. Das war das Ergebnis Ihres Kassensturzes!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie haben selber einmal in einem Interview mit der „taz“ gesagt: „Ich kenne alle Tricks.“

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das haben Sie bewiesen, Herr Linssen!)

Das habe ich mit großem Interesse gelesen. Das Problem mit Ihnen ist nur: Sie wenden diese Tricks, die Sie kennen, auch an. – Und genau das hat Ihnen der Verfassungsgerichtshof in Münster bescheinigt. Sie sind nämlich ein Haushaltstrickser, der verfassungswidrig handelt. Genau das ist das Problem mit Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie reden hier davon, die Schuldenpolitik zu begrenzen. – Ich stelle nur fest: Nach zwei Jahren Landespolitik der schwarz-gelben Regierung müssen wir 10 Milliarden € neue Schulden konstatieren. Das ist Ihre Politik der Haushaltskonsolidierung,

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Und das bei der Konjunk- tur!)

und das vor dem Hintergrund von Steuermehreinnahmen zwischen 4 und 5 Milliarden € im Vergleich zu 2000/2001.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Wenn Sie unsere Finanzsituation gehabt hätten, wenn Sie die Steuermehreinahmen nicht hätten, wären wir nicht bei 3 Milliarden € Neuverschuldung, sondern bei 8 Milliarden €. Das ist die reale Situation. Das ist Ihre Haushaltskonsolidierungspolitik, Herr Linssen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Hannelore Kraft [SPD]: Deshalb sitzen jetzt in ihren Reihen auch so wenige!)

Eines muss man auch noch sagen: Sie haben sich in der Vergangenheit, etwa im Bundesrat, ganz massiv für weitere Steuersenkungen eingesetzt. Hat denn nicht Ihr Ministerpräsident Rüttgers selber von einer Lebenslüge gesprochen, die da lautet: „Wenn man Steuern senkt, schafft das mehr Arbeitsplätze“? Das alles sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen.

Sie haben dafür gesorgt, dass sich die Haushaltssituation der Länder in den letzten Jahren massiv verschlechtert hat.

(Beifall von den GRÜNEN)

Als Erstes – das muss man hier noch einmal konstatieren – haben Sie neue Stellen geschaffen. Sie haben alles andere gemacht als gespart. Sie haben beim Personal nicht gespart; Sie haben neue Stellen geschaffen. Sie haben beim BLB nicht gespart, und Sie haben auch bei der Landesentwicklungsgesellschaft nicht gespart. Das ist das Problem mit Ihnen.

Die Offensivverteidigung, die Sie heute hier versucht haben, ist völlig realitätsfremd. Stellen Sie sich der Wirklichkeit! Stellen Sie sich der Situation! Ihr erster Haushalt war verfassungswidrig. Sie türmen weiter Neuverschuldung auf Neuverschuldung auf. Ich bin sehr gespannt, was Sie tatsächlich dazu beitragen, verfassungskonforme und konsolidierte Haushalte vorzulegen. Im Augenblick ist davon nichts zu erkennen. Sie treiben die Nettoneuverschuldung weiter in die Höhe; in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung bis 2010 stehen immer noch 130 Milliarden €. Das heißt, Sie hätten dann fast 20 % der Neuverschuldung des Landes Nordrhein-Westfalen allein in Ihrer Legislaturperiode bis 2010 verursacht. Das ist bisher das konkrete Ergebnis, wie man es auf dem Papier sieht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Sagel. – Für die FDP-Fraktion erhält das Wort Herr Dr. Orth.

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Sagel, man kann zu Ihrer Rede nur sagen: Der zweite Aufguss ist nie besser als der erste, und der erste war schon schlecht.

(Beifall von FDP und CDU – Zuruf von der SPD: Das war sehr gut!)

Wenn wir heute über den Nachtragshaushalt sprechen, muss man sich auch einmal das Wort auf der Zunge zergehen lassen. „Nachtrag“ bedeutet: Da war doch etwas vorher.

(Heiterkeit von der SPD)

Da gab es nämlich, Frau Kraft, eine Fehlkalkulation Ihrer Fraktion und der Grünen. Sie haben sich total verschätzt. Sie haben es nicht hinbekommen, einen vernünftigen Haushalt aufzustellen. Sie haben auch die Prioritäten falsch gesetzt, und wir mussten dann einen Nachtrag beschließen, der auf dem fußte, was Sie jahrelang verbockt hatten, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU)

Damit Sie das auch verstehen, will ich einmal versuchen, es bildlich zu beschreiben:

Sie haben über Jahre den Karren in den Dreck gefahren. Die Straße ist ein Stückchen weit weg. Und wir müssen diesen Karren jetzt aus dem Dreck ziehen. – Das ist das Ergebnis des Urteils, das wir jetzt aus Münster bekommen haben.

(Heike Gebhard [SPD]: Nordrhein-Westfalen ist doch kein Karren!)

Sie haben uns in den Dreck gefahren. Deshalb können Sie uns nicht vorwerfen, wir wären schuld, dass wir noch ein Stück weiter durch den Schlamm fahren mussten.

(Beifall von FDP und CDU – Zuruf von Gise- la Walsken [SPD] – Johannes Remmel [GRÜNE]: Sie wollen das Verfassungsrecht beugen!)

Frau Walsken und Herr Sagel, Sie sind ja nicht erst seit drei Tagen im Parlament. Sie sind doch schon in der letzten Legislaturperiode gerade auch für den Haushaltsbereich mitverantwortlich gewesen. Da hätte ich schon erwartet, dass Sie sich heute hier hinstellen und sagen: Ja, meine Damen und Herren, jahrelang haben wir die Verfassung gebrochen.

(Gisela Walsken [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

Es tut uns leid, dass wir Ihnen den Haushalt so hinterlassen haben, wie Sie ihn vorfinden mussten.

(Beifall von FDP und CDU – Gisela Walsken [SPD]: Lügen Sie nicht! Sie lügen!)