Protokoll der Sitzung vom 23.05.2007

(Horst Becker [GRÜNE]: Nein! Das weise ich scharf zurück! Das wissen Sie auch!)

Wenn die Verwaltung wirklich gut gearbeitet hat, wie Sie es ausführen, dann muss ich Ihnen sagen: Es ist nicht verboten, etwas zu verbessern, was gut ist. Das werden wir tun. Wir machen es bürgernäher und ortsnäher und damit besser.

(Beifall von der CDU – Horst Becker [GRÜ- NE]: Das sehen aber viele anders – ein- schließlich des Landesrechnungshofs!)

Vielen Dank, Herr Kollege Löttgen. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Beratung angelangt.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung Drucksache 14/4342 an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform – federführend – sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Wer ist für diese Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

11 Klima- und Verbraucherschutz in der Praxis: Energiepass für Wohngebäude aktiv unterstützen!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4344

Ich eröffne die Beratung und erteile Frau RuffHändelkes das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Energieausweis, Energiepass – warum eigentlich nicht? Wir Verbraucher kennen Bewertungen und Klassifizierungen schließlich auch aus anderen Bereichen des täglichen Lebens. Wir kennen es alle vom Kauf eines Kühlschranks, auf dem der Aufkleber die Energieklasse A, B oder C kennzeichnet. Wir kennen es vom Autokauf. Da werden von den Marken der Spritverbrauch und die Schadstoffklasse angegeben. Oder auch von Haushaltsgeräten wie Fön oder Staubsauger, bei denen halt die Wattzahl angegeben wird. Auch im Bereich der Lebensmittel finden wir immer mehr Angaben zu Inhaltsstoffen und Produktionsangaben.

Mit all diesen Hinweisen erhält der Verbraucher wichtige Informationen über die Produkte und damit – das ist ganz wichtig – in der Regel eine Entscheidungshilfe. Das ist nämlich wahrer Verbraucherschutz. Aber, meine Damen und Herren, der Wohnbereich, das Wohnen betrifft zwar jeden Menschen, jeden Verbraucher, aber hier gibt es bisher keine Informationen zu den Verbrauchswerten, der Energieeffizienz oder den

Wohnnebenkosten. Das ist noch immer so, obwohl die Nebenkosten immer mehr zur sogenannten zweiten Miete werden.

Unserer Fraktion sind drei Aspekte ganz besonders wichtig. Darauf möchte ich eingehen.

Erstens – ich schaue mal rechts herüber zu FDP und CDU –: Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Mit dem Energiepass, meine Damen und Herren, wird die Nachfragemacht des Verbrauchers nämlich nachhaltig gestärkt. Viele Verbraucher wollen sich umweltgerecht und vor allem kostengünstig bei den Wohnnebenkosten verhalten, aber bisher fehlen ihnen die entsprechenden Informationen wie zum Beispiel bei den eben erwähnten Haushaltsgeräten.

Auch im Bereich Wohnen gilt das alte Motto: Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Mit der verstärkten Nachfrage der Mieter wird das Angebot an Informationen und in der Konsequenz natürlich auch an energieeffizienteren Wohnungen steigen. Ein Vorteil für alle Beteiligten – für Mieter, Vermieter und natürlich für die Umwelt.

Zweitens nenne ich die Nachhaltigkeit. Mit dem Instrument des Energieausweises hat die EU sich zum verantwortungsvollen Umgang mit Energieressourcen bekannt. Es geht nicht primär um unsere Energie, die wir in den nächsten 20 bis 30 Jahren verbrauchen – das wissen Sie –; es geht um die Energievorkommen, die Energieressourcen für die nächsten Generationen. Bei der Nachhaltigkeit geht es nämlich im Bereich der Energie um die Grundversorgung. Die wollen wir bezahlbar erhalten und überhaupt erhalten. Auf keinen Fall wollen wir sie zum Luxusgut werden lassen.

Drittens: Mittelstand und Handwerk. Der Mittelstand in unserer Region, die Handwerker in den Städten und Gemeinden profitieren von den Energiepässen. Es sind Untersuchungen, Messungen, Erneuerungen, Innovationen notwendig. Das kostet selbstverständlich Geld. Aber, meine Damen und Herren, wir denken, es ist sinnvoll investiertes Geld.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Ich habe jetzt nur drei Aspekte genannt, die sicherlich für uns alle eine etwas unterschiedliche Bedeutung haben. Wir möchten nichtsdestotrotz die Landesregierung auffordern, ein paar wichtige Dinge zu tun. Als Allererstes ist es wichtig, die Bürgerinnen und Bürger sowie alle, die damit zu tun haben, zu informieren. Als ich mich nämlich in die Thematik Bedarfsausweis, Verbrauchsausweis eingearbeitet habe, habe selbst ich – und auch meine Kollegen – eine Zeit gebraucht, um das zu durch

schauen. Ich denke, alle haben ein Anrecht darauf, dahin gehend informiert zu werden. Das Gesetz kommt zum 1. Januar 2008. Da wird es jetzt höchste Zeit.

(Beifall von der SPD)

Wichtig ist darüber hinaus, unsere vorhandene Förderprogramme zur energetischen Sanierung zu nutzen. Auch dürfen wir die Kommunen nicht im Stich lassen; denn es müssen Förderprogramme für öffentliche Gebäude aufgestellt werden.

Über Folgendes sollten wir uns alle einig sein: Wir müssen hier als Vorbild agieren, um die landeseigenen Gebäude energetisch zu ertüchtigen. Wozu passt das, meine Damen und Herren? Es passt zum Slogan: NRW – Energieland Nummer eins.

Wir stimmen natürlich der Überweisung in die Ausschüsse zu. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die CDU-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Sahnen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ruff-Händelkes, Sie stellten die Frage: Energiepass – warum nicht? Nun, ich gehe weiter und sage: Der Energiepass kommt – Sie haben es richtig gesagt – zum 1. Januar 2008. Das sollten wir zur Kenntnis nehmen; die Vorbereitungen hierfür laufen.

Energieverbrauch in Gebäuden ist ein ganz wichtiges Thema. Das wissen wir, zumindest seitdem der Klimaschutzbericht der UN vorliegt, in dem deutlich gemacht worden ist, dass Emissionen das Klima gefährden. Und wir wissen auch, dass insgesamt der Energieverbrauch zu hoch ist. Deshalb müssen Maßnahmen ergriffen werden, um ihn zu senken.

Diese Frage ist natürlich auch für den Verbraucher von zentraler Bedeutung und insbesondere für den Nutzer einer Wohnung bzw. für die Nutzer von öffentlichen Gebäuden ein ganz zentraler Bestandteil. Wie der Wirkungsgrad des Einsatzes von Energie ist, hängt entscheidend von den baulichen Gegebenheiten ab. Diese Maßnahmen müssen wir unter dem Gesichtspunkt des Bauens angehen. Ist nämlich eine Wohnung gut isoliert und wärmegedämmt, sind die Energiekosten zwar immer noch hoch, aber sie sind noch kalkulierbar. Ist dies nicht der Fall, dann steigen die Energie

kosten rapide bis ins Unermessliche. Genau dem wollen wir entgegentreten.

Vor dem Hintergrund dieser Zusammenhänge hat die EU, wie schon erwähnt, im Jahre 2002 eine Richtlinie zur Gebäudeenergieeffizienz erlassen und für die EU-Mitgliedstaaten für verbindlich, für verpflichtend erklärt.

Ein zentraler Punkt ist in diesem Zusammenhang der schon erwähnte Energieausweis. Ich sagte schon, der Energieausweis wird kommen. Wenn das Gesetz vorliegt, werden wir schnell und zielführend die Umsetzung für NRW beraten und beschließen. Mit diesem Instrument will man einerseits für die Wohnungs- und Gebäudeeigentümer Anreize schaffen, andererseits von ihnen aber auch bestimmte Verpflichtungen einfordern.

In der Umsetzung der verpflichtenden EURichtlinie ist zunächst als gesetzlicher Rahmen nationales Recht zu schaffen. Das Gesetzgebungsverfahren hierzu ist jedoch seitens des Bundes noch nicht abgeschlossen. Sie wissen, dass es sich im Bundesratsverfahren befindet. Dies bedeutet also, dass noch gar nicht feststeht, wie die Endfassung des Gesetzes aussehen wird. Insbesondere steht noch längst nicht fest, wie der Handlungsrahmen für die Bundesländer, also auch für unser Land NRW, definiert sein wird.

Für Kampagnen, wie sie die SPD in ihrem Antrag vorschlägt, ist es deshalb aus unserer Sicht noch zu früh. Das würde lediglich für Verwirrung sorgen. Ich füge hinzu: Für Populismus ist dieses Thema nicht geeignet. Frau Ruff-Händelkes, ich will auch ausdrücklich sagen, dass wir das Gespräch sehr sachlich führen und dass es dabei bleiben soll.

Dass auf Wohnungseigentümer Kosten zukommen, ist erkennbar, denn ein verbesserter Wärmeschutz ist in vielen Gebäuden mit Investitionen verbunden. Damit gehen natürlich auch Chancen für das Handwerk und für die Bauindustrie einher. Innovative Handwerksbetriebe stellen sich den neuen energetischen Anforderungen aber schon seit mehreren Jahren. Dies sollten Sie dankbar zur Kenntnis nehmen. Mit qualifiziertem Personal beraten sie Haushalte und nehmen bauliche Veränderungen vor. Energiesparende Heizungsanlagen, alternative Heizverfahren und besser isolierte Fensteranlagen – um nur drei Stichworte zu nennen – sind nur ein Teil der baulichen Veränderungen.

Investitionen müssen finanziert werden. Auch hier stehen dem Nachfrager gezielte Förderprogramme – man denke an zinsgünstige KfW-Mittel – zur Verfügung. Auch das Land engagiert sich seit

mehreren Jahren bei der Energieeinsparung. Die von CDU und FDP getragene Landesregierung hat diese Initiativen verstärkt und wird ihre Möglichkeiten erweitern. Die Energieeinsparung gehört zu den baupolitischen Zielen dieser Regierung. Was an Beratung und Förderung angeboten wird, ist verschiedenen Broschüren des Ministeriums, in besonderer Weise auch in Verbindung mit den IRS, sehr verständlich zu entnehmen. Alle Punkte, die die SPD in ihrem Antrag anspricht, sind schon längst Bestandteil der Politik des Bauministers.

Unser Anspruch ist, dass die Möglichkeiten zur Energieeinsparung von den Haushalten genutzt werden und dass ohne großen bürokratischen Aufwand gezielte Förderprogramme und Fördermaßnahmen angeboten werden. Wir sollten Anreize schaffen, gegebenenfalls jedoch auch bestimmte Maßnahmen zur Energieeinsparung dirigistisch durchsetzen und einfordern.

Wir haben eine Verantwortung für die Natur, die Umwelt, den Klimaschutz, für unsere Kinder und für die nachfolgenden Generationen. Deshalb besteht hier dringender Handlungsbedarf. Der Ältestenrat schlägt eine Überweisung an den Ausschuss vor. Dem stimmen wir selbstverständlich zu.

Herr Präsident, da ich jetzt vielleicht noch zehn Sekunden Zeit habe, erlaube ich mir als Neusser Abgeordneter den Hinweis, dass gleich ein wunderschöner Parlamentarischer Abend stattfindet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sahnen. Als Mitglied dieses Landtags haben Sie natürlich die Möglichkeit, hier solche Ankündigungen zu machen. Auch ich freue mich darauf. Ich stamme ebenfalls aus dem Rheinkreis Neuss. Wir alle arbeiten jetzt hart daran, dass wir noch dorthin kommen. Dazu muss ich jetzt schnell dem Kollegen Abgeordneten Becker das Wort erteilen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihrem Wunsche folgend, will ich mich ebenfalls nicht allzu lange aufhalten. Aber ein paar Bemerkungen müssen wir machen.

Ich glaube, dass in diesem Haus grundsätzlich Einigkeit darüber herrscht, dass Energieausweise für Gebäude sinnvoll und auch notwendig sind. Sie schaffen für Mieterinnen und Mieter sowie für Wohnungskäufer Transparenz bei den Energie

kosten und sind deshalb ein wichtiger Beitrag zum Verbraucherschutz.

Vor allem aber liefern sie Anreize für die energetische Gebäudesanierung, und die brauchen wir in unserem Land millionenfach – nicht nur zur Senkung von Heizkosten und zur Verbesserung der Wohnungsqualität, sondern vor allem auch zur Erreichung unserer Klimaschutzziele. 80 % der Wohnungen in NRW – das sind über 8 Millionen – haben einen Bedarf nach energetischer Sanierung.

Eines kann ich Ihnen jedoch nicht ersparen. In dem Antrag wird die Einführung von Energieausweisen als Großtat der Bundesregierung gefeiert. Doch eigentlich ist es ein Armutszeugnis, dass wir erst jetzt, Mitte des Jahres 2007, über die Perspektiven von Energieausweisen für Wohngebäude diskutieren. Nach der EU-Gebäuderichtlinie hätten diese Energieausweise bereits Anfang 2006 verbindlich eingeführt werden müssen.

Nachdem sich aber die Große Koalition in Berlin über zwei Jahre lang nicht über die konkrete Ausgestaltung der Energieausweise einigen konnte, ist zwischen Bau-, Wirtschafts- und Umweltministerium in Berlin ein klassischer großkoalitionärer Kompromiss herausgekommen. Statt verbindliche Energiebedarfsausweise für alle Wohnungen einzuführen, wie es die Fachleute fordern, hat die Große Koalition dem Lobbydruck der Wohnungswirtschaft nachgegeben und für Gebäude mit mehr als vier Wohnungen eine sogenannte Wahlfreiheit geschaffen. Die Eigentümer dieser Gebäude können sich statt Bedarfsausweisen die sehr viel weniger aussagekräftigen Verbrauchsausweise ausstellen lassen.

Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass genau das zur Verwirrung der Verbraucherinnen und Verbraucher führen wird. Aber so ist es immer wieder mit den merkwürdigen Kompromissen der Großen Koalition in Berlin.

Nun wird der Energieausweis mit zwei Jahren Verspätung kommen. Besser spät als nie, besser schlecht als gar nicht – so könnte man sagen. Wir wollen jetzt jedenfalls mit Ihnen zusammen in den Beratungen schauen, dass wir das Beste daraus machen.

Der SPD-Antrag geht in die richtige Richtung, denn ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Landesregierung in der langen Diskussion über die Energieausweise – immerhin ist NRW das größte Bundesland und das selbst ernannte Energieland Nummer eins – irgendwelche bemerkenswerten und konstruktiven Vorschläge gemacht hätte. Fast scheint es so, als wollte die

Landesregierung mit diesem Thema nicht wirklich etwas zu tun haben.