Monika Ruff-Händelkes

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die einen sagen, der Antrag ist polemisch, und die anderen sagen, der Antrag spricht die Wahrheit aus. Ich denke, Letzteres ist richtig. Lieber Herr Sahnen, ein Appell reicht einfach nicht. Sie können dem Antrag zustimmen. Ich will noch einmal das unterstreichen, was Herr Priggen gesagt hat, und einiges hinzufügen.
Sie wissen, dass wir in der Bundesrepublik 3 bis 4 % des Altbaubestandes energetisch sanieren müssen, um einzuhalten, was wir uns vorgenommen haben. Wahr ist aber, dass in NRW höchstens 1 % energetisch saniert wird. Das hat viel mit Geld zu tun. Das hat viel mit dem Geld zu tun, das aus Berlin kommt, und Herr Sahnen und liebe Kolleginnen und Kollegen, das hat auch viel mit dem Geld zu tun, das wir hier im Land zur Verfügung stellen.
Der letzte Bundesbauminister Tiefensee hat noch – eben ist es gesagt worden – die Mittel für energetische Gebäudesanierung von 1,5 auf 2,2 Milliarden € aufgestockt. Minister Ramsauer hat sich wie unsere Bauminister in NRW vom Finanzminister in die Tasche greifen lassen.
Nur durch die SPD-Vertreter im Haushaltsausschuss – das wissen Sie genauso gut wie ich –
sind die Mittel auf 1,5 Milliarden für 2010 angehoben worden. Ich muss nicht erst die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen bemühen, die ganz klar gesagt hat: Wir haben einen sehr hohen Nachholbedarf. Wir brauchen ca. 94 Milliarden €, um das überhaupt stemmen zu können.
Ich würde gerne noch auf etwas Aktuelles kommen. Wir haben alle gelesen, dass Herr Seehofer und Herr Rüttgers sich getroffen haben. Das ist jetzt nicht Bayern und Baden-Württemberg, sondern Bayern und Nordrhein-Westfalen. Sie wollen eine Allianz bilden. Wenn man aber sieht, wie die KfWMittel für die Gebäudesanierung fließen, stellt man fest – das müssten auch Sie getan haben –, dass fast die Hälfte aller Mittel nach Bayern und nur knapp über 10 % nach NRW fließen. Wenn man gemeinsame Stärke darstellt, wie es der NochMinisterpräsident getan hat, muss man doch auch bemerken, dass man auf diesem Feld völlig abgehängt wird.
Herr Sahnen, da reicht kein Appell, auch kein leiser, von hier aus, da muss sehr viel mehr für unser Land geschehen.
Die SPD-Fraktion wird dem Antrag der Grünen zustimmen. Wir haben aber für die Finanzierung einen ganz anderen Vorschlag. Herr Priggen hat es gerade schon genannt. Es geht um die finanziellen Mittel aus dem Emissionshandel.
Doch noch etwas zur Überschrift des Antrags: Ich bin nicht die Einzige, die den Eindruck hat, dass sich die gesenkte Hotelmehrwertsteuer – diese Steuergeschenke, die Sie in der Bundestagskoalition gemacht haben – eindeutig zum Rohrkrepierer entwickelt hat.
Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere von Ihnen dies im stillen Kämmerlein längst bereut hat. Ich glaube, dass diese Gelder weitaus besser in der Sanierung, nicht nur in der energetischen Sanierung, sondern auch in der Barrierefreiheit, untergebracht wären, wie es die antragstellende Fraktion der Grünen vorschlägt. Aber Sie lernen nicht. Sie sagen nur schöne Sätze und formulieren Appelle. Wir haben eben anhand der Prozentzahlen gehört, wie stark der Stand der Bayern ist und wie stark unser Stand noch ist. Sie sind nicht in der Lage, die NRW-Interessen ordentlich zu vertreten.
Denn wir sind in NRW der größte Zahler beim Emissionshandel, aber wir bekommen am wenigsten dafür. Wir sind mal gespannt, wie sich das ändern wird. Mit unserer Regierung wird es sich ändern; davon sind wir überzeugt. Wenn Sie etwas fordern wollen, müssen Sie es jetzt tun. Sonst machen wir es später. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist schon starker Tobak, Herr Schemmer, den Sie uns hier wieder bieten. Ich glaube, wir reden schon zum zehnten oder 15. Mal darüber. Es ist nicht Ihre Art, Wohnungspolitik zu verkaufen. Ich habe auch so ein bisschen den Eindruck, als geht das bei Ihnen nicht so ganz in die Tiefe.
Denn: Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sehr wohl Aktualität. Er hat deswegen Aktualität, weil er die Verantwortung für die Wohnungspolitik ernst nimmt. Deswegen haben wir dem auch im Ausschuss für Bauen und Verkehr zugestimmt.
Sie haben natürlich die volle Integration des Landeswohnungsbauvermögens mal eben ein bisschen unter den Tisch gekehrt, weil Sie genau gemerkt haben, dass das in der Anhörung überhaupt nicht gut angekommen ist, und zwar bei keinem außer einem.
Ich kann nur das wiederholen, was Kollege Becker eben gesagt hat. Es lohnt sich, das immer noch einmal zu betonen – ich fände es im Übrigen schön, Herr Rasche, wenn Sie das gleich aufgriffen –: Bezahlbarer, barrierefreier, energetisch sanierter Wohnraum – das ist das, was nicht nur die Fachleute fordern, sondern das ist das, was die Landesregierung im Pestel-Gutachten, das sie selber in Auftrag gegeben hat, eingefordert hat.
Meine Damen und Herren, es war ja nicht nur das Pestel-Gutachten, da war auch noch das differenzierte Nachfolgegutachten. Darin wurde aufgezeigt – Herr Rasche, das ist ganz besonders interessant –, dass sogar in den Städten und Gemeinden, wo im Moment kein Engpass mit Wohnungen ist – in Köln kennen wir die Situation – in fünf, zehn oder spätestens in 15 Jahren ein riesiger Bedarf an barrierefreien Wohnungen besteht. Ich finde, das können Sie nicht negieren.
Ich habe immer noch die Hoffnung, die ich auch nicht aufgebe, dass die Anhörung vorige Woche bei Ihnen ein bisschen nachhaltig wirken wird.
Den Eindruck habe ich auch, Herr Eumann.
Die Fachleute haben gesagt – ich will jetzt nicht das Wichtige und Richtige wiederholen, was Herr Be
cker eben gesagt hat –: Mindestens 1 Milliarde € müssten gesetzlich gesichert sein. Aber Sie haben auch gesagt, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass man eigentlich das Doppelte einsetzen müsste, um unser Land in den nächsten zehn bis 15 Jahren zukunftsfähig zu gestalten.
Jetzt sagen wir Herrn Schemmer einmal, warum: Herr Schemmer, Sie sind, denke ich, auch nicht unter 50. Wir haben das so in den Kommunen beobachtet. Wir wollen deshalb, dass die Mieterinnen und Mieter, die ein mittleres Einkommen haben, die ein ganz kleines oder gar kein Einkommen im Alter haben, lebenswert und lange selbstständig wohnen können. Das müsste auch in Ihrem Interesse sein. Ich hoffe immer noch, dass bei Ihnen irgendwann der Groschen fällt.
Das Zweite ist – das hat Herr Becker eben auch angeschnitten –: Die energetische Sanierung steht mit der zweiten Miete im Zusammenhang. Wie ist das denn mit der zweiten Miete, die mittlerweile einen so hohen Anteil hat, dass er für die Menschen einfach nicht mehr erschwinglich ist. Wenn Häuser nicht energetisch saniert sind, dann haben auch die Mieterinnen und Mieter gar keinen Einfluss darauf, das für sie günstiger zu gestalten.
Ich würde mich freuen, wenn Sie das noch mit hineinnähmen. An der Stelle kam von den Fachleuten ein richtig guter Vorschlag. Sie haben gesagt: Setzen Sie doch einen Anreiz, geben Sie einen Bonus dafür, wenn Investoren bereit sind, sowohl barrierefrei als auch energetisch zu sanieren. Setzen Sie da einfach noch einen Anreiz drauf. Diesen Vorschlag von den Fachleuten finde ich sehr sympathisch. Vielleicht taucht er wenigstens bei Ihnen auf.
Meine Damen und Herren, die Fachleute habe ich schon erwähnt. Auf das Landeswohnungsbauvermögen, Herr Schemmer, sind Sie gar nicht eingegangen. Ich habe die Gelegenheit genutzt, mit jemandem aus der Wohnungswirtschaft in der vorletzten Woche vor der Anhörung zu sprechen. Er hat mir etwas gesagt, was mir vielleicht gar nicht so gut gefallen wird, nämlich: Vielleicht sind die Hürden zu hoch, um die Mittel zu bekommen, um barrierefrei zu investieren und zu bauen. – Er hat mir gesagt: Vielleicht reicht es ja, wenn die Eingänge und die Türöffnungen breit genug sind und es vielleicht keine Stufen zur Wohnung gibt.
Lassen Sie uns doch einfach einmal ein bisschen einfallsreich sein und den Anspruch, den wir haben, überdenken. Herr Becker hat eben gesagt: Erst 1,5 % aller Wohnungen in NRW sind barrierefrei. – In den nächsten zehn bis 15 Jahren müssen 30 %
aller Wohnungen barrierefrei sein. Wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir dieses Ziel nicht nur durch die Erhöhung der Mittel, sondern auch einfallsreicher erreichen können.
Jetzt komme ich zu dem Landeswohnungsbauvermögen. Ich habe mir zu Hause ein Bild gemacht, und dabei hat mir jemand aus der Wohnungswirtschaft geholfen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das Bild sehr schön fand: Bisher gab es eine Art Schutzgürtel, der das Landeswohnungsbauvermögen zusammenhielt. Die Überschüsse sind in den letzten Jahren abgeschöpft worden, der Gürtel ist dann enger geschnallt worden, aber er hat noch irgendwie gehalten. Jetzt hat der Finanzminister einmal tief Luft geholt, und der Gürtel ist geplatzt. Jegliche Sicherheit und damit der bisherige Schutz des Vermögens sind dahin. Ich finde, dieses Bild passt unwahrscheinlich gut.
Es lohnt sich, die fünf, sechs richtigen Argumente, die Herr Becker eben genannt hat, zu wiederholen und vielleicht zu ergänzen; vielleicht lasse ich auch etwas aus.
Erstens. Die Vollintegration des Landeswohnungsbauvermögens bedeutet fehlende parlamentarische Beratung und Kontrolle; die parlamentarische Kontrolle ist in dem Beirat nicht mehr gegeben.
Zweitens. Herr Becker hat eben schon gesagt, dass es mit dem sozialen Wohnungsbau hier in NRW bergab geht.
Das können wir uns schlicht und einfach nicht leisten. Wir haben eine verschärfte Konkurrenz zu anderen Politikfeldern, und das wird dem sozialen Wohnungsbau und seinen Anforderungen nicht gerecht.
Drittens. Einschränkung – das Herr Becker hat gerade auch schon gesagt – der Prüfrechte des Landesrechnungshofes gegenüber der NRW.BANK – ganz anders als in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und dem Saarland. Wir können es nicht verstehen, dass Sie sich kein Beispiel an diesen Ländern nehmen.
Viertens. Es birgt ein wesentlich höheres Risiko, und die Transparenz geht verloren; das haben wir nicht zuletzt vom Landesrechnungshof gehört.
Jetzt komme ich zum letzten Punkt. Es gibt bei einer fehlenden gesetzlichen Absicherung des Betrages – es war eben von rund 1 Milliarde € die Rede; die Fachleute sagen, es wäre eigentlich das Doppelte nötig – keine Planungssicherheit für wichtige Maßnahmen in den nächsten Jahren. Das ist keine gute Nachricht für Investoren, für Handwerker und für die
Bürgerinnen und Bürger in NRW. Dafür tragen Sie die volle Verantwortung. – Danke.
Herr Minister, habe ich eben richtig verstanden, dass Herr Schulte mehrfach betont hat, wie wichtig es sei, dass Sie als Landesregierung gerade den Wohnungsbau altengerecht, familiengerecht und energetisch gut ausgestattet vorantreiben. Geben Sie mir recht, dass Herr Schulte nicht davon geredet hat, dass es sich hier um sozialen Wohnungsbau handelt. Wie sehen Sie das?
Herr Minister, Sie haben eben mehrfach angedeutet, dass die Zweckbindung aufgehoben werden kann. Bedeutet dies, dass andere Förderzwecke in Zukunft um die verfügbaren Fördermittel konkurrieren und dass dann zwangsläufig das Wohnraumförderungsprogramm in seinem Volumen insgesamt gekürzt wird?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen geben immer Anlass, ein bisschen Abstand
vom aktuellen tagespolitischen Geschäft zu nehmen. Man tritt einfach ein paar Schritte zurück, um sich einen Gesamteindruck zu verschaffen – von dem, was passiert ist, und vor allen Dingen von dem, was noch passieren wird. Das versuche ich heute Abend zu später Stunde einmal.
In diesem Zusammenhang ist eines für uns ganz wichtig: Im Bereich Wohnungsbau hat Herr Minister Wittke sich einiges geleistet. Er hat sich nämlich etwas geleistet, was eigentlich nur von der Koalition von FDP und CDU begrüßt werden kann. Darauf komme ich später zurück.
Herr Minister, das Wichtigste, was im letzten Jahr passiert ist, ist aber, dass die LEG 2008 an Whitehall verkauft wurde. Noch einmal zur Erinnerung: Wir sprechen hier von Fonds der großen Investmentbank Goldman Sachs. 93.000 Wohnungen sind seit dem Verkauf dem Verantwortungsbereich der Landesregierung entzogen worden.
Die festgelegte Sozialcharta zeigt ihre ersten Lücken, und zwar auf Kosten der Mieterinnen und Mieter. Vor der Übergabe wurden noch schnell Mieterhöhungen vorgenommen, von denen der neue Eigentümer dann natürlich profitieren kann. Noch einmal zur Erinnerung, falls viele der Kolleginnen und Kollegen der FDP und CDU das vergessen haben: Dort leben fast ausschließlich Mieterinnen und Mieter mit kleinem Einkommen.
Herr Wittke, die Politik Ihres Ministeriums enttarnt damit vor allem den schauspielernden Ministerpräsidenten. Ich bezeichne ihn jetzt einmal als Schauspieler mit einer sozialen Aura; denn mehr ist es nicht. Er lässt zu, dass die Landeswohnungsbaupolitik geschwächt wird. Er lässt zu, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der LEG nicht im Wohnungsbau verbleiben, sondern bei Minister Pinkwart oder – was noch weitaus schlimmer ist – in irgendwelchen Schattenhaushalten landen.
Man könnte ja annehmen, dass Ihr Engagement an anderer Stelle Früchte trägt. Wenn wir den Haushalt anschauen, sehen wir aber Folgendes: Als Gegenleistung haben Sie und Ihr Ministerium für den Verkauf der landeseigenen Wohnungen – wir haben es ganz genau nachgerechnet – nichts, aber auch absolut gar nichts bekommen.
Nun zur eigentlichen Wohnungsbauförderungspolitik des Landes: Ja, es ist ein leichter Zuwachs des Wohnungsbaus zu erkennen. Das gebe ich auch zu. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man einmal ganz genau hinschaut, stellt man allerdings fest, dass das vor allem an Mitteln liegt, die hälftig vom Bund kommen.
Was ist aber mit der aktuell wichtigsten Aufgabe, den Rückgang des Bestandes an bezahlbaren Sozialwohnungen aufzuhalten und vor allen Dingen bezahlbare Wohnungen altengerecht und energetisch zu sanieren? Richtig, die Förderprogramme für die Bestandspflege werden besser nachgefragt; das
haben wir festgestellt. Der Bedarf ist aber wesentlich höher als die von Ihnen veranschlagten Summen.
Dies war vorauszusehen. Nicht nur wir haben das vorausgesehen, sondern auch – was für Sie viel wichtiger sein sollte – die Fachleute und vor allen Dingen die kommunalen Vertreter. Sie haben immer wieder darauf hingewiesen. Auch Sie, Herr Kollege Sahnen – vielleicht darf ich Sie kurz zitieren –, haben schon Ende 2007 deutlich gemacht, dass 2050 ein Drittel aller Einwohner NRWs über 65 Jahre alt sein werden.
So weit möchte ich heute aber nicht in die Zukunft schauen; denn jetzt und in den nächsten Jahren müssen wir uns den Aufgaben stellen. Noch einmal zur Verdeutlichung: 70 % der Wohnungsbestände müssen saniert werden. Dazu sind 7 Milliarden € nötig. Wir müssen also eine Menge Geld aufbringen. Das haben uns die Fachleute mitgeteilt.
Wir haben dazu einen Antrag vorgelegt, der morgen auf der Tagesordnung steht; denn es ist wichtig, noch einmal darzulegen, warum wir das Geld brauchen und für wen wir das Geld brauchen.
Diese Herausforderungen des sozialen Wohnungsbaus sind unserer Landesregierung bekannt; das wissen wir. Dass Experten den Bauminister in der letzten Zeit nachdrücklich auf den Handlungsstau und Handlungsdruck hingewiesen haben, wissen wir auch. Um es noch etwas deutlicher zu sagen: Bei der letzten Anhörung zum Wohnungsbauförderungsgesetz gab es unter den Expertinnen und Experten niemand, der nicht darauf hingewiesen hat.
Am Anfang meiner Zeit in diesem Parlament habe ich gedacht, dass Anhörungen einen Eindruck machen. Wie auch andere aus meiner Fraktion wäre ich positiv überrascht, wenn es gerade dann, wenn es um ein Konjunkturpaket geht, letztendlich aufgrund einer Einsicht von Ihrer Seite doch noch dazu käme, dass die Fachleute wahrgenommen und vor allen Dingen ernst genommen werden.
Heute Nachmittag gegen 16:30 Uhr hatten wir eine Dringliche Anfrage. Es war dabei ganz besonders interessant, dass nicht Herr Minister Wittke sich genötigt sah, zum sozialen Wohnungsbau Stellung zu nehmen, sondern dass Finanzminister Linssen im Rahmen dieser Anfrage unaufgefordert verkündete, der soziale Wohnungsbau werde gesteigert.
Ich freue mich über Ihren Applaus, Herr Minister; das ist ehrlich gemeint. – Und dies sagte er mit dem Zusatz: den Anforderungen entsprechend. Was aber mit der Vollintegration der Wohnungsbauförderungsanstalt in die NRW.BANK geschehen soll, dazu haben Sie, Herr Minister Wittke, nicht Stellung genommen. Sie sind der zuständige …
Oh, wir lassen uns so gerne überraschen, wenn es gute Dinge sind. Noch einmal zum Verständnis: Das ist keine Überraschung. Was heißt Vollintegration? Vollintegration heißt – das wurde heute Nachmittag mehrmals gesagt –, es gibt keine politische Einflussnahme mehr auf die Wohnraumförderung. Das können Sie auch nicht leugnen, Herr Minister Linssen.
Es gibt – das, Herr Minister Wittke, haben Sie heute Nachmittag mehrmals gesagt – viel eher eine mögliche oder gar wahrscheinliche Abschaffung der Zweckbindung des Landeswohnungsbauvermögens für Zwecke der Wohnraumförderung. Das Schlimme dabei ist, dass binnen kurzer Zeit – ich denke, es sind anderthalb oder zwei Jahre – die beiden wichtigsten und größten Instrumente des Landes in der Wohnungsbaupolitik einfach aus der Hand gegeben werden. Das ist für uns als SPD-Fraktion nicht hinnehmbar.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zusammenfassen: Mehr als eine halbe Milliarde € hat Minister Wittke der Wfa entzogen und dem Finanzminister zur Verfügung gestellt. 787 Millionen € bekommt Minister Pinkwart aus den Erlösen des LEG-Verkaufs. Die 18 Milliarden € Landeswohnungsbauvermögen gehen an die NRW.BANK, wenn Sie auch heute Nachmittag gesagt haben, die seien schon längst da. Aber das ist noch einmal etwas ganz anderes, meine Damen und Herren. Der Ausverkauf der Wohnungspolitik in NRW dürfte bald abgeschlossen sein.
Herr Minister Wittke, für die Wohnungspolitik des Landes tragen Sie – das sage ich jetzt schon seit drei Jahren – die Verantwortung. Ich denke einmal, dass Sie sie auch bis zum Jahre 2010 tragen. Aber es ist keine sozial verantwortliche und in die Zukunft weisende Politik. Die sieht nach unserer Meinung anders aus. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Antworten.
Frau Justizministerin, ich würde gerne besser verstehen, was genau passiert ist. Die Einstellung von Strafverfahren gemäß § 153a StPO erfolgt unter anderem gegen Geldzahlung. In Steuerstrafverfahren sind dies gelegentlich Auflagen und damit Zahlungen in beträchtlicher Höhe. Wie sieht die Praxis bei der Aufteilung dieser Summen aus? Ist die Landesregierung daran grundsätzlich beteiligt?
Frau Ministerin Müller-Piepenkötter, haben Sie in den letzten vier Tagen persönlich das Gespräch mit Staatsanwältin Lichtinghagen gesucht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Sahnen hat dankenswerterweise schon Einzelheiten des Gesetzentwurfs erklärt, sodass ich mich darauf nicht weiter beziehen muss.
Dieses Gesetz zur Bildung von Immobilien- und Standortgemeinschaften soll den gesetzlichen Rahmen für die Initiativen vor Ort in einem räumlich begrenzten Bereich schaffen. Und das ist ganz wichtig: Es gilt für innerstädtische Geschäftsbereiche.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen alle, dass es diese Standortgemeinschaften schon seit 2003 gibt. Bis 2006 waren es 20, bis heute sind es offiziell 22. Darüber hinaus haben sich einige Kommunen auf den Weg gemacht, ganz ähnliche Wege zu beschreiten, um innerstädtische Bereiche aufzuwerten. Ziel ist für alle die Planungssicherheit für private Initiativen, die – das ist ganz wichtig – in Zusammenarbeit mit der entsprechenden Kommune erfolgen sollen. So weit, so gut. Wir begrüßen das als SPD-Fraktion ausdrücklich.
Aber wie ich eben ausgeführt habe, beschränkt sich das Gesetz auf die Geschäftszentren. Das reicht uns nicht. Wir wollen eine Ausweitung auf den Wohnungsbereich, und ich will Ihnen auch sagen, warum.
Spätestens seit die Landesregierung das sogenannte Pestel-Gutachten in Auftrag gegeben hat, ist deutlich geworden, dass es vor allem im Ruhrgebiet, aber auch in anderen Teilen des Landes sehr wichtig ist, Wohnungsbestände und das Wohnumfeld zu verbessern, das heißt aufzuwerten, um Leerstände zu vermeiden und Abwanderungsbewegungen entgegenzuwirken.
Die von uns geforderten Immobilien- und Standortgemeinschaften des Wohnens, sogenannte HIDs, sind dazu geeignet. Auch hier wird mit privaten Initiativen ein Rahmen gesetzt, und zwar wieder in enger Abstimmung mit den Kommunen. Der Minister wird sicher gleich darauf hinweisen: Dazu gibt es in Nordrhein-Westfalen bisher zwei offizielle Modellprojekte in Köln und Dortmund. Dazu gleich!
Herr Minister Wittke, ich fordere Sie auf, einmal mit denjenigen zu sprechen, die sich schon etwas
länger im Bereich Stadtentwicklung tummeln. Sie werden Ihnen bestätigen, dass wir in NordrheinWestfalen einmal Vorreiter im Bund für diesen Bereich waren. Heute zeigt uns leider die Hansestadt Hamburg, wie es funktionieren kann.
Meine Damen und Herren, jetzt zu den eben genannten Modellversuchen in Dortmund und Köln. Eigentlich hat der Minister – ich habe, glaube ich, genau zugehört – in der letzten Fachausschusssitzung durchblicken lassen, dass er vier weitere Kommunen im Boot hat. Aber mit welchem Ziel? Geht es um Geschäftsimmobilien, um Wohnimmobilien oder um beides?
Herr Minister Wittke, wenn Sie für die von uns im Antrag geforderte Ausweitung auf den Bereich der Wohnimmobilien Sympathie zeigen, dann lassen Sie uns in weiteren Modellkommunen, die dann von Ihnen auch offiziell benannt werden, Erfahrungen sammeln. Willensbezeugungen im Ausschuss reichen nicht. Es ist wichtig, wie es auch die allermeisten Fachleute in der Anhörung deutlich gemacht haben, dieses Instrument auszuweiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht ist es wirklich ein mühsamer Weg, so wie es der Minister angedeutet hat, die Beteiligten, die Eigentümer von Wohnungen, an einen Tisch zu holen. Dass es sich lohnt, kann man aber am Beispiel von vielen Wohnungsunternehmen sehen. Initiativen unter dem Begriff „Stadtrendite“ stärken den Stadtteil nicht nur für die Bewohner, sondern steigern den wirtschaftlichen Wert. Ich kann mich erinnern, hier vor anderthalb Jahren gestanden und zu Herrn Minister Wittke gesagt zu haben: Reisen bildet. – Er war damals in den USA, und da kam unser erster Vorstoß zu den Standortgemeinschaften.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In unserem Bundesland NRW gab es bis zum Jahre 2005 ein Landeswohnungsbauvermögen, das über sehr lange Zeit gewachsen ist. Die durch Darlehensrückflüsse erzielten Überschüsse sind in das Wfa-Vermögen geflossen. Die damalige SPD-geführte Landesregierung hat außerdem noch Mittel aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt, um die finanzielle Substanz zu stärken.
Was passiert jetzt in der Koalition von CDU und FDP? – Seit der Regierungsübernahme wird permanent in das Wohnungsbauvermögen eingegriffen, indem in jedem Jahr per Gesetzesbeschluss aus den Überschüssen der Wohnungsbauförderungsanstalt – Wfa – Mittel in den allgemeinen Haushalt fließen. Dass Sie, Herr Schulte, gerade
gesagt haben, ein Teil der Mittel werde anders verwendet, ändert auch nichts daran.
In einer Anhörung im letzten Jahr hat es heftigen Protest gegen Ihre Vorgehensweise gegeben. Dass eine Anhörung von Fachleuten Sie nicht besonders beeindruckt, haben wir in der Vergangenheit schon erfahren,
aber die Fachwelt, meine Damen und Herren, hat nicht nur in der Anhörung, sondern in vielen schriftlichen Stellungnahmen darauf hingewiesen, wie unverantwortlich Ihre Haltung ist.
Auch mit dieser von der Landesregierung zu verantwortenden fünften Änderung des Wohnungsbauförderungsgesetzes sinken die Möglichkeiten, positiv auf die Anforderungen des Wohnungsmarktes zu reagieren. Sie schöpfen mit Ihrem Gesetz den vollen Jahresüberschuss ab.
Damit, meine Damen und Herren, stehen natürlich auch für den sozialen Wohnungsbau viel weniger Mittel zur Verfügung. Das Wohnungsbauförderungsprogramm – das ist die einzige Zahl, die ich jetzt nenne – ist in den letzten Jahren um 160 Millionen € gekürzt worden. Sie argumentieren – heute Morgen ist es wieder geschehen – mit Leerstand, Mietermarkt und weniger abgerufenen Mitteln. Dass Sie aber jetzt quasi die Aussagen Ihres eigens in Auftrag gegebenen PestelGutachtens faktisch in Zweifel ziehen, ist doch mehr als verwunderlich.
Was wird denn hier gefordert? – Die steigende Anzahl von einkommensschwachen Haushalten erfordert eine Steigerung der preisgebundenen Wohnungen. Das ist eine Aussage. Ich denke, dem können Sie nicht widersprechen.
Das Pestel-Gutachten zeigt eine Entwicklung bis 2025 mit drastisch veränderten Anforderungen an den Wohnungsmarkt auf. Dies wird von der Landesregierung weiterhin ignoriert. Im Gegenteil: Von höheren Mieten war ja heute Morgen die Rede.
Ja, Herr Schulte, es gibt in einigen Teilen unseres Landes heute Leerstände, dies insbesondere in Gebieten, wo Mieter häufig wechseln, das Wohnumfeld zu wünschen übrig lässt und die Menschen sich einfach nicht mehr sicher fühlen. Das ist nicht gut für die Mieterinnen und Mieter, aber auch nicht gut für die Investoren.
Deshalb ist unser Antrag für eine Stiftung „Wohnungs- und Städtebau NRW“ in doppelter Hinsicht sinnvoll: Die Stiftung ist eine gute Ergänzung zu den „Investitionen in Steinen“. So will ich es mal nennen, was die Wfa heute leistet. Die Stiftung investiert in Menschen. Sie ermöglicht eine Verbesserung des Wohnumfeldes und fördert – das ist ganz wichtig – die soziale Stabilität im Quartier.
Und das ist ganz besonders wichtig, meine Damen und Herren: Ich weiß von vielen Kommunen, in denen heute ein Sozialarbeiter, eine Sozialarbeiterin oder ein Concierge tätig ist. Sie halten niedrigschwellige Angebote vor, bieten sie an. Ich weiß aber ganz genau, dass viele Kommunen dazu nicht in der Lage sind. Wenn sie im Haushaltssicherungskonzept oder im Nothaushalt sind, wird es ganz schwierig, meine Damen und Herren, weil es sich hierbei um eine freiwillige Leistung handelt. Das wissen Sie auch ganz genau.
Das Schwierige daran ist, dass dann solche Maßnahmen – ich kenne das von meiner eigenen Stadt – nicht fortgeführt werden; sie enden dann irgendwann. Was das für ein Quartier bedeutet, müssten Sie wissen.
Herr Kollege Rasche, Sie haben heute Morgen die Idee der Stiftung belächelt als zuständig für Nachbarschaftsfeste und Mietergärten. Ich nenne jetzt noch die Hausaufgabenhilfe. Ja, auch so etwas kann zur Stabilisierung im Quartier beitragen. Aber ich denke, Sie sprechen noch nicht einmal mit Mietern und denjenigen Vermietern, die in schwierigen Stadtteilen investiert haben oder die noch investieren wollen. Spätestens diejenigen werden Ihnen sagen, dass sie an einer Aufwertung des Wohnumfeldes interessiert sind. Sie sind natürlich nicht an einem schleichenden Werteverlust interessiert.
Letztendlich – das müssten Sie auch wissen –: Wenn es weniger Leerstände gibt, erhöhen sich die Mieteinnahmen, und daraus folgt eine sichere Rückzahlung für gewährte Kredite, und das stärkt auch die Wfa und das Landeswohnungsbauvermögen.
Meine Damen und Herren, der Antrag der SPDFraktion beauftragt die Landesregierung, ein Stiftungsmodell auszuarbeiten, bei dem die Überschüsse der Wfa für nicht investive Maßnahmen und für die Aufwertung von Wohnquartieren genutzt werden können.
Ein Satz noch, Herr Rasche: Sie haben heute Morgen zweimal gesagt: Kein begründeter Antrag wird in NRW abgelehnt. – Ich nehme Sie beim Wort und hoffe auf die Zustimmung aller Kolleginnen und Kollegen im Hause. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich meine Rede anders beginnen. Folgendes kann ich Ihnen jetzt aber nicht ersparen, Herr Schulte: Sie schauen lediglich aus Ihrer Sicht in die Vergangenheit. Sie nennen keinerlei Fakten. Vor allen Dingen – Herr Schulte, es wäre schön, wenn Sie zuhören könnten – nennen Sie keinerlei Perspektiven für die Kommunen sowie für die Mieterinnen und Mieter. Sie entziehen sich der Verantwortung.
Lassen Sie mich, bevor ich richtig anfange, noch auf Ihre Ausführung eingehen, die kommunalen Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften würden sich die Rosinen rauspicken. – Bitte informieren Sie sich erst einmal eingehend; dann könnten Sie sich vom Gegenteil überzeugen. Ich bin Ihnen dabei sehr gerne behilflich.
Meine Damen und Herren, mit unserem Entschließungsantrag wollen wir heute ganz deutlich machen, wo die Gefahren für die Kommunen sowie die Mieterinnen und Mieter liegen. Deshalb spricht sich die SPD-Fraktion natürlich – wie auch in der Vergangenheit; das wissen Sie – gegen einen Verkauf des LEG-Wohnungsbestandes an private Investoren aus. Sollten die LEGWohnungen an kommunale Wohnungsgesell
schaften oder an Genossenschaften verkauft werden, bliebe nämlich noch der öffentliche Gestaltungsspielraum, und es könnten unnötige Härten vermieden werden.
Dabei ist wichtig: Auch wenn ein höherer Verkaufserlös erzielt werden könnte – das ist bestimmt für Herrn Linssen interessant –, könnten wir dem Verkauf selbstverständlich nicht zustimmen. Ich werde mich hier auch nicht zu möglichen Erträgen für den Finanzminister äußern. Dazu haben wir in der Presse ja ganz viel lesen können. Diesbezüglich erhalte ich mittlerweile auch als Abgeordnete Anfragen. Dazu möchte ich mich also nicht äußern.
Aber eines ist doch ziemlich klar: je höher der Verkaufspreis, desto größer auch die Gewinnerwartung der Investoren. Das müssten Sie eigentlich auch wissen. Die Landesregierung möchte einen hohen Verkaufspreis erzielen – und das auf Kosten der Mieterinnen und Mieter, denke ich einmal.
Nun komme ich zu Ihrer Sozialcharta. Ich kann Ihnen folgende Feststellung nicht ersparen – das habe ich auch im Ausschuss nicht getan –: Die von Ihnen eingeführte Sozialcharta lässt das zu, was heute gesetzlich möglich ist.
Herr Sahnen wird mich vielleicht korrigieren; dazu komme ich gleich.
Die Mieterschützer haben deshalb mit Recht Alarm geschlagen; denn diese Sozialcharta ist nicht sozial. Sie vernachlässigt die Interessen der Mieterinnen und Mieter. Sie ist ein Geschenk an eine Heuschrecke. Sie ist in Städten mit größeren LEG-Beständen gefährlich, weil es dort zu Problemen kommen kann.
Jetzt sehe ich Sie gerade, Herr Sahnen. Es tut mir ungeheuer leid. Sie sind wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Sie haben sich sehr dafür eingesetzt, dass die LEG-Wohnungsbestände an die Kommunen gehen können, dass die Kommunen ein Zugriffsrecht haben. Sie haben immer damit argumentiert. Ich finde es unwahrscheinlich schade, dass Sie Ihre eigene Fraktion nicht zu Besserem haben bewegen können.
Herr Schulte, ich hatte mir notiert, dass Sie alles das relativieren wollten, was wir bei der letzten Sitzung des Ausschusses für Bauen und Verkehr an der Sozialcharta kritisiert haben. Diese Mühe haben Sie sich aber noch nicht einmal gemacht.
Sie haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, den Leuten zu sagen, dass es sehr wohl Mieterhöhungen für einzelne Wohnungen geben kann. Sie haben gesagt, dass nur Mieterhöhungen in einem bestimmten Rahmen möglich sein würden. – Das stimmt gar nicht. Wenn ein großer Investor alle Bestände übernimmt, kann er das regional ausgleichen. Das wissen Sie ganz genau.
Der nächste Punkt müsste Sie von der CDUFraktion und der FDP-Fraktion ganz besonders interessieren; denn Sie haben doch immer mit den wichtigen Modernisierungen argumentiert: Es müsse investiert werden; der Bestand sei so grausam. – Sie wissen aber ganz genau, dass Sie mit Ihrer Sozialcharta Modernisierungsverpflichtungen bei den einzelnen Wohnungen untergraben haben. Das muss halt nicht gemacht werden. Da haben Sie Ihre Verantwortung gänzlich unbeachtet gelassen.
Herr Sahnen, ich sehe Sie gerade; bitte hören Sie noch einmal zu. Sie haben gesagt – das ist vielleicht auch die Ausnahme an dieser Sozialcharta –, dass Menschen im Alter ab 60 Jahren ein Recht auf lebenslanges Wohnen hätten. – Das ist eine gute Idee. Aber wir wissen alle, dass dieses Recht nicht mehr einklagbar ist, sobald der Bestand weiterverkauft wird. Das wissen Sie so gut wie ich.
Meine Damen und Herren, uns geht es nicht um den Kaufpreis; das habe ich gerade gesagt. Uns geht es um die Menschen. Uns geht es auch darum – das hat Herr Becker gerade zutreffend dargestellt –, dass die LEG natürlich ein ganz wichtiges wohnungs- und städteentwicklungspolitisches Instrument ist und dies auch bleiben kann.
Man kann nur hoffen – das hat Herr Becker gerade auch gesagt –, dass die Landesregierung endlich einsichtig wird und nicht auf Kosten der Mieterinnen und Mieter den LEG-Wohnungsbestand verkauft, nicht – wir haben es in den vergangenen Wochen gehört – die Wohnungsbauförderungsanstalt immer weiter schröpft und nicht – das wissen wir, die wir mit dem Thema zu tun haben, auch alle – die Wohnungsbauprogramme immer weiter zurückfährt.
Herr Minister Wittke – jetzt ist er da; das ist schön –, kein Ministerium musste im Haushalt so sehr bluten wie Ihres; kein Haushalt wurde so zurückgefahren wie Ihrer.
Das ist keine Antwort auf den demografischen Wandel in unserem Land. Das müssten Sie wissen.
Ja, das ist so. Lesen Sie bitte den Haushalt. Zwei Haushalte wurden zurückgefahren, darunter der Haushalt für Bauen und Verkehr. Ich weiß es genau. Ich denke, Sie wissen es auch, Herr Minister.
Herr Minister Wittke, vom Schlachten Ihrer Sparschweine Wfa und LEG dürfen Sie auch nichts behalten. Wir nennen das jetzt einmal Schlachtfest. Wir wollen, dass Sie dieses Schlachtfest beenden, Herr Minister Wittke.
Ja, sehr gerne.
Herr Sahnen, ich weiß ganz genau, dass die Überschüsse, die aus dem Landeswohnungsbauvermögen entstanden sind, demnächst abgeführt werden sollen. Das wissen Sie, und das weiß ich. Damit ist der revolvierende Fonds gefährdet. Ich denke, das wissen Sie auch. Deswegen fand ich Ihre Zwischenfrage
ein wenig überflüssig. Sie haben sie offensichtlich gestellt, um die Leute ein wenig zu verwirren.
Ja, gerne.
Ich möchte Ihre Ausführungen, Herr Becker, so kommentieren, dass ich denke, dass diese Landesregierung bald vor einem Scherbenhaufen steht, der weder in dieser noch in der nächsten Legislaturperiode zu beheben ist, wobei es auch schwierig wird, ihn in der Zeit danach zu beheben.
Herr Minister Wittke, Sie tragen dafür mit die Verantwortung, und, Herr Minister Linssen, Sie auf jeden Fall.
Oh ja, bitte.
Herr Kollege Schemmer, ich denke, es ist kein Nachteil für eine Abgeordnete, die seit 2005 dabei ist, diese Zahlen nicht so genau zu kennen.
Ich möchte Ihnen aber gerne zu beabsichtigten Verkäufen an Kommunen mit auf den Weg geben, dass es im Kreis Viersen sehr wohl auf wunderbare Weise gelungen ist, die LEG-Wohnungsbestände zu kaufen. Wenn Sie das jetzt gemeint haben, habe ich Ihnen die Antwort gerne gegeben. Ansonsten muss ich Ihnen die Antwort leider schuldig bleiben.
Einen Satz habe ich noch: Wir stimmen dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gerne zu und haben immer noch die Hoffnung, dass sich etwas tut. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Ministerin, wer hat die vierseitige Presseinformation Ihres Hauses mit erläuterter Luftbildaufnahme von der JVA Siegburg vom 15. November 2006 zum Thema „Hinweise zur sogenannten Zwischenbilanz der SPD-Fraktion zum Untersuchungsausschuss ‚JVA Siegburg’“ veranlasst?
Frau Ministerin, haben Sie sich als vorgesehene Zeugin des PUA I an dieser Stellungnahme nicht gehindert gesehen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 20. März dieses Jahres hat die SPD-Fraktion den Antrag „Integrierte Versorgung rheumakranker Menschen in NRW verbessern“ eingebracht. Wir haben das Thema im Ausschuss diskutiert. Heute möchte ich die, wie ich denke, drei wichtigsten Fakten nennen.
Erstens: Früherkennung vermeidet Dauerschäden. Diejenigen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, wissen, dass es ca. 500 verschiedene Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises gibt.
Ich möchte nur an einem Beispiel deutlich machen, wie wichtig es ist, Dauerschäden vorzubeugen: Eine frühe Erkennung und Behandlung der rheumatoiden Arthritis trägt erheblich dazu bei, Dauerschäden an Gelenken und Organen und damit letztlich Invalidität zu vermeiden. In der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie wird die Vorstellung beim Rheumatologen nach spätestens sechs Wochen empfohlen. Spätestens nach zwölf Wochen sollte eine medikamentöse Basistherapie begonnen werden. Leider ist dies in der Realität bei oft langen Wartezeiten nicht immer möglich. Vor allen Dingen ist es oft schwierig, einen Termin bei einem Spezialisten oder bei einer Spezialistin, einem niedergelassenen Rheumatologen, zu bekommen.
Im Rahmen der integrierten Versorgung wird eine rheumatologische Untersuchung innerhalb von 14 Tagen gewährleistet. Zu diesem Zeitpunkt ist mit einer schnell wirksamen Therapiekombination häufig – und daran sollten wir alle interessiert sein – rasch ein Rückgang oder zumindest eine niedrigere Krankheitsaktivität zu erzielen, woran wir alle interessiert sein sollten.
Zweitens: abgestimmte Heil- und Hilfsmitteltherapie. Ein großer Vorteil der integrierten Versorgung ist die allen Patienten zugute kommende komple
xe, individuell abgestimmte Heil- und Hilfsmitteltherapie, und zwar über ganz unterschiedliche Fachrichtungen verteilt. Sie trägt enorm zu einer Verbesserung der Funktionen und damit der Lebensqualität bei. Es wird einer frühen Invalidisierung entgegengewirkt, und – was volkswirtschaftlich gesehen auch wichtig ist – die durch Arbeitsunfähigkeit bedingten Fehlzeiten von Erwerbstätigen können gering gehalten werden. Hier ist die ambulante rheumatologische Rehabilitation eine mögliche Alternative auch zum stationären Aufenthalt.
Drittens: Senkung der Kosten. Seit langem besteht oft eine Fehlversorgung in Form von Überversorgung oder Unterversorgung der Patienten mit Medikamenten. Durch rationalen Umgang mit rheumatologischen Medikamenten und konsequente Therapieüberwachung können der Medikamentenkonsum und die Medikamentenkosten gesenkt werden. Der Schmerzmittelbedarf wird durch langfristige medikamentöse Therapie und bedarfsgerechte Heilmitteltherapie gering gehalten. Die Bereitschaft eines Patienten zur aktiven Mitwirkung wird verbessert.
Bei all dem ist es wichtig, eine feste Bezugsperson zu haben. Wer ist der erste Ansprechpartner des Patienten? Unserer Meinung nach ist es die Hausärztin oder der Hausarzt. Sie sollten als Lotse fungieren und fester Ansprechpartner für die Patienten bleiben. Soweit es nötig ist, bedarf es eines ausgeweiteten Schulungsangebotes – und zwar für Ärzte und für Patientinnen und Patienten –, damit frühzeitig zu rheumatologischen Fachärzten überwiesen werden kann. Das durchbricht – auch wenn entsprechende Kritik gleich sicher aufkommen wird – nicht das System der freien Arztwahl. Im Gegenteil: Es bleibt dabei, dass die Einbeziehung der Hausärztin und des Hausarztes unverzichtbar ist, denn die Patientinnen und Patienten haben zu ihr oder ihm das größte Vertrauen.
Seit dem Antrag der SPD-Fraktion ist glücklicherweise einiges passiert. Das Ministerium hat eine Anfrage an die Kassenärztliche Vereinigung gestellt, um die Versorgungssituation für die Betroffenen zu klären. Dies war auch eine Forderung der Enquete-Kommission „Frauengerechte Gesundheitsversorgung“. In beiden Fällen ist bestätigt worden: Es gibt zu wenig rheumatologische Internisten. Inzwischen gibt es eine Broschüre zum Thema „Rheuma im Kindesalter“. Sie ist von Fachleuten positiv bewertet worden.
Was bis heute jedoch fehlt, meine Damen und Herren, ist – aber das wird ja hoffentlich gleich noch kommen – eine Aufstellung von dem, was erreicht worden ist. Gerade eben hat sich meine
Kollegin Inge Howe mit Vertretern des Rheumazentrums OWL und Ministeriumsvertretern zusammengesetzt, um das dort praktizierte System eventuell auf ganz NRW zu überragen.
Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, ich habe hier den Entwurf einer Beschlussempfehlung der FDP in der Hand. Darin steht, dass die FDP festhalte, dass es auch in anderen Bereichen der medizinischen Versorgung Defizite gebe. Die Ursache liege in der staatlichen Reglementierung des Gesundheitssystems.
Mit Verlaub, meine Damen und Herren, das ist eine äußerst schwache Stellungnahme. Ich möchte Sie, liebe CDU-Fraktion, fragen: Warum tun Sie sich so schwer? Die Hälfte unseres Antrages ist im Prinzip bereits abgearbeitet. Deshalb könnten eigentlich doch auch Sie – entgegen dem Beschlussentwurf – unserem Antrag zustimmen. Das wäre ein gutes Signal, die integrierte Versorgung der betroffenen Menschen in NRW zu verbessern. – Danke schön.
Warten Sie es ab, Herr Brockes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon wunderbar, Herr Brockes. Sie sollten gleich ganz genau zuhören, was denn Neues dazugekommen ist.
Meine Damen und Herren, worum geht es heute? – Es geht um die Darstellung eines Haushaltes eines Ministers und damit einer Landesregierung, der den Anforderungen der Zukunft nicht gerecht wird.
Ich möchte zwei ganz wichtige Dinge kurz aufzeigen. – Das Wohnraumförderungsprogramm – das ändert sich auch nicht, wenn Sie laut dazwischenreden – ist jedes Jahr gekürzt worden. Es ist von 980 Millionen € in 2005, dem letzten Jahr von RotGrün, auf 840 Millionen € im Haushaltsjahr 2008 zurückgegangen. Das ist eine Kürzung – ich sage es noch einmal – um 140 Millionen € oder 14,2 %. Das ist Abbau von sozialem Wohnungsbau; das wissen Sie ganz genau, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen.
Der zweite Punkt – ich mache es heute kürzer, aber am Ende werden Sie merken, dass sich doch einiges verändert hat – betrifft das Landeswohnungsbauvermögen. Seit 2006, meine Damen und Herren, gibt es vom Land keine Haushaltsmittel für Wohnraumförderungsprogramme. Es wird kleiner. Und zusätzlich wird der Wfa seit 2006 – und das ist ganz katastrophal – der Jahresüberschuss entzogen; das sind 441 Millionen € bis 2011. Da ist Fremdkapital nötig – das wissen die Fachleute –, und wir werden nachher hören, wer diese Rechnung letztendlich bezahlt.
Der Jahresüberschuss, meine Damen und Herren, wird meist aus den Einnahmen aus dem Verwaltungskostenbetrag kommen. Wenn dieser wegfällt – das ist nun einmal der Kostenbeitrag, den überwiegend die Wohnungsunternehmen
zahlen –, dann hat das Auswirkungen darauf, wie am Ende die Miete kalkuliert wird. Die Folge ist nämlich, dass die Darlehensnehmer – das ist immer die bekannte Lidl-Verkäuferin; das möchte ich Ihnen noch einmal sagen – nicht mehr die Bedingungen werden vorfinden können, die sie vorher vorgefunden haben.
Ich möchte ganz besonders auf die Mieterinnen und Mieter zu sprechen kommen. Denn diese würden sich in diesem Fall an den Sparmaßnahmen der Landesregierung beteiligen.
Es geht aber noch weiter. Der Solidarpakt, meine Damen und Herren, im revolvierenden Fonds des Landeswohnungsbauvermögens wird aufgekündigt. Denn die derzeitigen Mieter, die heute die Verwaltungskosten zahlen – ich habe es gerade gesagt –, ermöglichen zukünftigen Sozialmietern die Chance auf preiswerten Wohnraum. Diese Chance wird vergeben.
Das Ganze hat sehr wenig mit Verantwortung zu tun, und es gibt vor allen Dingen keine Antwort auf den demografischen Wandel.
Ich weiß, dass unser Ministerpräsident, Herr Dr. Rüttgers, immer gerne sagt, dass alles schön sein müsse. Es müsse schöne Städte geben. Es müsse schöne Häuser geben. Aber von wirklicher Qualität für die Menschen ist nichts zu hören.
Jetzt komme ich zu Herrn Minister Wittke. – Herr Minister Wittke, Sie haben ein Gutachten in Auftrag gegeben; das sogenannte Pestel-Gutachten. Es soll Perspektiven bis zum Jahre 2025 aufzeigen. In der letzten Sitzung des Ausschusses für Bauen und Verkehr hat Herr Dr. Möller Fragen beantwortet, die wir als Abgeordnete dazu gestellt haben. Jawohl, es gibt einen hohen Bedarf an neuen Wohneinheiten. Es müssen 34.000 im Jahr sein, um dem Markt gerecht zu werden. Wir wissen auch, dass es regional unterschiedlich ist, aber wir wissen auch, dass es nicht ausgleichbar ist. Der Wohnungsmarkt ist eben nicht flexibel. Man kann Menschen nicht von hier nach dort verpflanzen.
Ganz wichtig ist – dies habe ich in meiner letzten Plenarrede ganz deutlich gemacht –, dass es einen Punkt gibt, hinsichtlich dessen es regional überhaupt keine Unterschiede gibt: Das sind die Wohnungsgrößen von ein bis zwei Bewohnern. Hier werden wir einen ganz deutlichen Zuwachs haben. Insofern freue ich mich, Herr Minister Wittke, dass wir uns in der letzten Ausschusssitzung darauf geeinigt haben, was wir unter Singles verstehen. Wir verstehen darunter nämlich nicht nur die jungen Leute, sondern natürlich auch die älte
ren Mitbürgerinnen und Mitbürger, die darauf angewiesen sind.
Jetzt komme ich zu den Qualitäten, meine Damen und Herren. Senioren- und familiengerecht ist kein Widerspruch. Darauf, Herr Minister, haben wir uns auch beim letzten Mal geeinigt; das freut mich ganz besonders. Das Gutachten spricht von zusätzlich 11.500 seniorengerechten Wohnungen pro Jahr.
Wovon das Gutachten noch spricht: Die Wohnungen müssen bezahlbar sein. – Das PestelGutachten stellt fest, dass die einkommensschwächeren Haushalte im Segment der freifinanzierten seniorengerechten Wohnungen einfach ausgegrenzt werden, und – das ist besonders schwerwiegend – in Regionen, in denen jetzt schon Knappheit an solchem Wohnraum besteht, ist natürlich – das sagt einfach das Marktgesetz – mit steigenden Mieten zu rechnen.
Jetzt ist noch etwas wichtig; da sollten alle zuhören, aber besonders die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP. – Auf meine Frage an Herrn Dr. Möller: „Wie wichtig sind Wohnungen in der Sozialbindung heute und in Zukunft?“, kam die Antwort: Der Anstieg des gebundenen Wohnungsbaus ist wünschenswert. – Ich denke, Herr Minister, das ist nicht das, was sie sich gewünscht haben. Er hat aber die Realität beschrieben, und er hat vor allen Dingen ein wenig in die Zukunft gegangen.
Ich wünsche mir von der Politik, dass das in Zukunft auch in diesem Hause stattfinden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf die vorgenannten Dinge gibt der Haushalt überhaupt keine Antworten. Erschreckend ist, Herr Minister – das sollen die Menschen draußen erfahren –, dass nur im Sozialministerium und in Ihrem Ministerium die Haushaltsmittel heruntergefahren werden.
Meine Damen und Herren, das zeigt das wahre Gesicht dieser Landesregierung. Dann ist es nicht mehr so schön, wie es der Ministerpräsident immer wieder darstellt und in seinen Reden betont. Dann ist es noch nicht einmal mehr eine schöne Fassade. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung wird, wie Herr Giebels gerade ausgeführt hat, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes umgesetzt. Das wird von der SPD-Fraktion ganz ausdrücklich begrüßt.
Die Anforderungen an ein solches Gesetz werden hier aber nicht vollständig umgesetzt. Nach unserer Auffassung fehlt es in wesentlichen Punkten an Konkretisierungen. So macht das Gesetz keine Angaben zur Größe einer Justizvollzugsanstalt und zur Größe von Wohngruppen. Aus diesem Grund bringen wir heute einen Entschließungsantrag ein.
Wenn der Gesetzgeber einen wegweisenden, vorbildlichen Jugendstrafvollzug gestalten will, muss er doch den Mut haben, konkret und konsequent Vorgaben und Richtlinien festzuschreiben, Frau Ministerin. Uns treibt die Sorge bezüglich der Unklarheiten in Ihrem Gesetzentwurf um. Damit sind wir nicht alleine, wie die Anhörung am 12. September 2007 bewiesen hat. Im Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen und auch unserem Eckpunktepapier haben Sie Konkreteres gefunden.
Bedauerlicherweise haben Sie die bei der soeben genannten Anhörung unterbreiteten Anregungen bis heute nicht aufgenommen. Das ist sehr schade. Daher werde ich die Gelegenheit nutzen, heute über vier Themenbereiche – die entsprechenden Änderungsanträge liegen Ihnen vor – zu sprechen.
Erstens: das Überbrückungsgeld. Wir wollen erreichen, dass das Geld, das die Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt erarbeitet haben, nicht gepfändet werden kann. Dieses sogenannte Überbrückungsgeld soll nach unserem Willen den Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Angehörigen nach der Entlassung sichern. Das kann natürlich nur funktionieren, wenn es vor der Pfändung geschützt ist. Wir wissen alle, dass dieses Geld die Wiedereingliederung, die uns allen wichtig ist, erleichtert. Wir hoffen, dadurch auch die Rückfallquoten reduzieren zu können.
Dazu ein praktisches Beispiel: Der Gefangene hat es dann nicht nötig, in der ersten oder zweiten Woche einen Diebstahl auszuüben, um wieder an schnelles Geld zu kommen. – Meine Damen und Herren, wir sollten jede Chance nutzen, um so etwas zu verhindern.
Zweitens: die Größe von Wohngruppen und Justizvollzugsanstalten. Meine Damen und Herren, drei Sachverständige haben sich sehr eindeutig zu den Formulierungen der Landesregierung geäußert. Dr. Pollähne formulierte beispielsweise:
„Die Aussagen … zum Wohngruppenvollzug sind unzureichend, bleiben vage und stark relativierend.“
Auch Dr. Putzke bewertet den Entwurf zu diesem Thema als zu vage. Prof. Walter hält die getätigten Aussagen für unverbindlich.
Im Gesetzentwurf steht in § 25 – Unterbringung der Gefangenen – in Abs. 4:
„Geeignete Gefangene werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht.“
Konkret ist anders. Selbstverständlich wissen wir, dass vieles in der Wohngruppenkonzeption von der jeweiligen JVA abhängt, aber eine Obergrenze, meine Damen und Herren, liebe Ministerin, muss es doch schon geben.
Frau Schiewe von ver.di empfahl Wohngruppenvollzug mit maximal 16 Plätzen als Regelform. Prof. Dr. Walkenhorst – Herr Giebels, den haben Sie gerade auch zitiert, deswegen freut es mich, dass ich das auch tun kann – hält acht bis zwölf Jugendliche bei zwei Betreuern für optimal. Für uns liegt die Obergrenze bei 20 Plätzen, also, ich denke einmal, im mittleren Bereich.
Mit Ihrem ungenauen Gesetzentwurf drohen uns aber vielleicht wirklich Gruppen mit 30 und 40 Plätzen. Das kann einfach nicht gewollt sein. Prof. Dr. Walkenhorst – ich muss ihn noch einmal erwähnen – bezeichnete diese Größenordnung einer Wohngruppe als „lebensgefährlichen Etikettenschwindel“.
Nun, meine Damen und Herren, zur Größe der Justizvollzugsanstalten: Der erzieherische Rahmen im Jugendstrafvollzug wird maßgeblich von der Gesamtgröße der Einrichtung bestimmt. Die Anstalt sollte doch so groß sein, dass der Leiter einer Einrichtung die Möglichkeit hat, seine Schützlinge zu kennen. Dr. Pollähne weist auf eine Empfehlung der Fachwelt hin. Er sagt: 250 maximal, aber am besten 200 bis 250 Personen in einer Einrichtung.
Da wir aber um die schwierige Situation wissen, empfehlen wir mit unserem Entschließungsantrag eine Obergrenze von 300 Plätzen.
Drittens. § 105 – Auskunft an Betroffene, Akteneinsicht –: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil ausdrücklich verlangt, dass der Rechtsschutz für die jugendlichen Gefangenen gegen interne Maßnahmen verbessert wird. In Ihrer Formulierung hat der Gefangene keinen klar geregelten Anspruch. In der Praxis wird es daher schwierig für die Jugendlichen, die Einsicht in die Unterlagen zu erlangen.
Aber ich denke, grundsätzlich wollen Sie als Landesregierung den Jugendlichen doch als Rechtssubjekt sehen, das verantwortlich handelt und weiß, was Recht und Unrecht in einer Demokratie ist. Das ist auch gut so. Dann aber muss der Rechtsschutz so gestaltet sein, dass der Gefangene Kenntnis davon besitzt, was in seiner Akte steht. Herr Kröner vom Amtsgericht Herford hat es in der Anhörung folgendermaßen formuliert – ich zitiere aus dem Ausschussprotokoll –:
„Mein Wunsch … wäre es, dass der Gefangene mehr schriftliche Unterlagen erhält, damit er weiß, worum es geht.“
Bedenkenträgern entgegnete er:
„Deswegen sollte man … den Gefangenen, im Interesse eines sauberen Systems stärken. Man sollte keine Angst davor haben. Der Vollzug ist gut und kann sich das leisten.“
Viertens. Schusswaffengebrauch: Meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, Sie regeln ihn in zwei Paragraphen, obwohl er laut Regel Nummer 65 der Vereinten Nationen verboten ist.
Wir als SPD-Fraktion freuen uns ganz besonders, dass ein Änderungsantrag der Grünen-Fraktion vorliegt, in dem der Verzicht auf das Tragen einer Schusswaffe noch einmal ganz klar begründet ist. Ich weiß, dass Frau Düker dies schon vor einiger Zeit angekündigt hat. Das ist jetzt wirklich in einen Änderungsantrag eingeflossen. Darüber freuen wir uns. Das muss noch einmal gesagt werden.
Aber bei den Regierungsfraktionen oder bei der Regierung ist es eben nicht so. Ich habe das in meiner ersten Rede zum Gesetzentwurf der Landesregierung schon ausgeführt.
Wenn es um die Möglichkeit des Schusswaffengebrauchs geht, da zeigt sich doch, ob der erzieherische Auftrag wirklich ernst genommen wird. Das ist so etwas wie eine Gretchenfrage. Wenn
ich den Jugendstrafvollzug mit dem Erwachsenenstrafvollzug gleichsetze – und das tun Sie mit der Möglichkeit des Schusswaffengebrauchs –, dann ist die Zielsetzung des Jugendstrafvollzugs nicht verstanden. Dann arbeiten Sie Ihrer eigenen Zielsetzung zuwider.
In der bereits zitierten Anhörung gab es auch hierzu eindeutige Stellungnahmen. Die Regelung wurde als geradezu erschreckend, als abzulehnen und als völlig inakzeptabel bezeichnet. Dies sind eindeutige Rückmeldungen.
Frau Ministerin Müller-Piepenkötter, selbst Herr Jäkel vom Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands, ein Unterstützer des Regierungsentwurfs, sagte in der Anhörung:
„Eine Waffe in der Anstalt zu tragen wäre eine Sicherheitsgefährdung für uns alle. Das wollen wir nicht, das wird nicht kommen.“
Meine Damen und Herren der Landesregierung, warum hören Sie denn nicht wenigstens auf den Vorsitzenden des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands in NRW? Der ist doch ansonsten auf Ihrer Seite. Da brennt doch nichts an.
Sie können verstehen, meine Damen und Herren, dass wir dem Gesetzentwurf der Landesregierung nicht zustimmen können. Wir stimmen dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu und danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Minister hat gerade einiges gesagt. Was er aber nicht gesagt hat, ist, dass der von der Landesregierung eingebrachte Entwurf der fünften Änderung des Wohnungsbauförderungsgesetzes der vorläufige Höhepunkt einer Kette von Eingriffen der letzten Jahre ist, mit denen die Wohnraumförderung und damit, meine Damen und Herren, das ganz zentrale Gestaltungsinstrument, nämlich die Wfa, geschwächt worden ist und in Zukunft weiter geschwächt werden soll.
Herr Minister, Sie haben uns eben viele Paragrafen und Zahlen genannt. Das ist sicher wichtig. Aber Sie haben nicht unseren Eindruck verhindern können, dass Sie zu verantworten haben, dass entgegen Ihrer Behauptung, es gebe keinen Abbau beim sozialen Wohnungsbau, in den letzten Jahren das Wohnraumförderungsprogramm jedes Jahr gekürzt worden ist. So ist es von 980 Millionen € im Jahre 2005, dem letzten Jahr von Rot-Grün, jetzt auf 840 Millionen € im Haushaltsjahr 2008 zurückgegangen. Meine Damen und Herren, das ist eine Kürzung von 140 Millionen € innerhalb von drei Jahren. Das sind 14,2 %.
Und, was ganz wichtig ist, die Kürzungen folgen ganz alleine der Logik des Finanzministers. Ich denke, da werden wir gleich noch mehr erfahren. Aber, Herr Minister Wittke, wo bleibt denn Ihre Verantwortung für den sozialen Wohnungsbau in NRW?
Bevor nach mir die immer wiederkehrenden Ausführungen der Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen kommen: „Wir haben doch jetzt schon so viel Leerstand, wir müssen den Rückbau von Wohnsiedlungen vorantreiben“, sage ich: Meine Damen und Herren, wo Abriss stattfindet, trifft es den erschwinglichen Wohnraum und damit genau die Menschen, die Hilfe nötig haben und sich nicht am freien Wohnungsmarkt orientieren können.
Der Ministerpräsident – das müsste doch gerade Sie interessieren – hat gestern in seiner langen Rede den Schwerpunkt darauf gesetzt, dem demografischen Wandel gerecht zu werden. Ja, meine Güte, dann tun Sie das auch! Dann berücksichtigen Sie bitte den Anstieg der Haushalte und den dadurch immer stärker wachsenden Bedarf an Wohnungen, denn die Anzahl der SingleHaushalte steigt.
Jetzt denken Sie: Was haben wir denn mit Singles zu tun? Was haben Singles mit dem demografischen Wandel zu tun? Zu viele von Ihnen denken an junge Leute, an alleinlebende Menschen. Dass aber der Anteil der älteren alleinlebenden Menschen in hohem Maße kontinuierlich steigt, damit natürlich eine steigende Nachfrage auch nach preiswertem Wohnraum verbunden ist, das ist Ihnen immer noch nicht bewusst. Dies zu den Programmkürzungen des Haushalts.
Jetzt komme ich zur Wfa: Die eben genannten Kürzungen, meine Damen und Herren, waren immer das Spiegelbild von Eingriffen in den Jahresüberschuss der Wfa. Herr Minister, Sie sind eben leider viel zu wenig auf diesen Punkt eingegangen. Deswegen werde ich das jetzt nachholen.
Seit 2006 wird der Wfa jährlich und auf Dauer aus ihrem Jahresüberschuss auferlegt, die Zinszahlungen in Höhe von 25 Millionen € an den Bund zu leisten. Diese Lasten waren bisher alleine im Landeshaushalt abgebildet, führen aber jetzt doch zu einer entsprechenden Entlastung des Landeshaushaltes – das noch einmal zum Finanzminister.
Im Jahre 2007 kam die vierte Änderung des Wohnungsbauförderungsgesetzes hinzu mit der Finanzierungslast in den Jahren 2008 und 2007, jeweils 22 Millionen € für den Grundstücksfonds
NRW aus dem Jahresüberschuss der Wfa an den Landeshaushalt abzuführen.
Meine Damen und Herren, jetzt kommt die Krönung, dass mit dieser fünften Änderung der Wfa in 2008 82 Millionen € aus ihrem Jahresüberschuss genommen werden sollen. Zusammen mit den Zinslasten an den Bund – ich habe es eben gesagt – sind das 107 Millionen €, die im Jahre 2008 der Wfa abgezogen werden sollen, ohne jetzt überhaupt zu wissen, ob der Jahresüberschuss des Jahres 2007 dafür ausreicht.
Damit nicht genug. Jetzt gehen Sie, Herr Minister, mit der Gesetzesänderung so weit, dass sogar schon der Jahresüberschuss für das Geschäftsjahr 2008 verfrühstückt werden soll, obwohl erst im Frühjahr 2009 feststehen wird, ob der Jahresüberschuss der Wfa im Jahre 2008 ausreichen wird, um alle Ihre Begehrlichkeiten befriedigen zu können.
Meine Damen und Herren, das ist alles in allem ein höchst unseriöses Vorgehen.
Herr Minister, Sie stellen diese Eingriffe in die Wfa immer als temporäre, zeitlich begrenzte Maßnahmen dar. In Wahrheit wird die Vollabschöpfung der Wfa-Jahresüberschüsse zur Dauereinrichtung. Die Behauptung, das Vermögen werde nicht angetastet, sondern nur der Gewinn werde anders verwendet, ist ein Taschenspielertrick. Sie haben der Wfa erst 34 Millionen € entzogen, dann waren es 47 Millionen €, für 2008 107 Millionen €. Die Gesamtsumme, meine Damen und Herren, wird bis 2011 441 Millionen € betragen.
Es werden aber nicht nur die Fördermöglichkeiten der Wfa eingeschränkt. Viel verheerender ist, dass der dauerhafte Entzug von Ressourcen den Bedarf der Wfa an Fremdkapital erhöht. Dies wiederum erhöht den Zinsaufwand der Wfa und wird durch die gestiegenen Zinssätze weiter verschärft. Auch damit nehmen Sie eine schleichende Entwertung des Landeswohnungsbauvermögens billigend in Kauf.
Meine Damen und Herren, der einzige Ausweg wären Zinsanhebungen, die der Bauminister natürlich genehmigen müsste. Das hätte allerdings negative Auswirkungen auf dringend benötigte Investitionen der Wohnungsunternehmen im Bestand, um altersgerechte und energetisch vernünftige Wohnungen überhaupt anbieten zu können. Diese Investitionen würden unterbleiben, und dies hätte letztlich natürlich negative Auswirkungen auf die Mieter. Das ist kein guter Ausweg.