Protokoll der Sitzung vom 24.05.2007

(Beifall von der CDU – Ute Schäfer [SPD]: 160 Millionen gekürzt!)

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthält interessante Aspekte. Dabei wollen wir im Interesse unserer Kinder einmal vergessen, warum Sie in der Vergangenheit nicht mehr für Kinder getan haben. Mit Schuldzuweisungen kommen wir in der Kinder- und Familienpolitik aber nicht weiter. Keiner sollte sich einbilden, die absolute Wahrheit gepachtet zu haben.

(Beifall von der CDU)

In Anbetracht unserer bereits im Jahre 2002 gemachten acht Feststellungen – Kinder gehören nicht in die Sozialhilfe, Kinder und Eltern brauchen verlässliche Betreuungsangebote, Kinder brauchen Bildung, Eltern und Jugendliche brauchen Arbeit bzw. Ausbildungsplätze, Familien gehören nicht in soziale Brennpunkte, ausländische Familien müssen integriert werden, Probleme dürfen Familien nicht erdrücken und die Entwicklungen müssen beobachtet werden – ist der heutige Antrag „Hartz IV – Kinder brauchen mehr“ ein weiterer guter Anlass, um über die Situation von Kindern nachzudenken, um festzuhalten, was bereits positiv läuft, und um festzustellen, was noch zu tun ist.

Ich freue mich auf die Diskussion im Fachausschuss.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Tenhumberg. – Frau Beer hat nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Minister Karl-Josef Laumann nimmt in den Reihen der Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Platz.)

Sehr geehrter Herr Minister Laumann, da Sie dort schon so gut und richtig sitzen,

(Allgemeine Heiterkeit)

möchte ich Ihnen jetzt an der Stelle zurufen: Laumann, übernehmen Sie! Bitte mischen Sie sich in die Fragen von Lernmittelfreiheit, Schulessen und Klassenfahrten ein.

Es könnte auch nicht schaden, wenn Sie noch einmal über das KiBiz schauen. Das wäre nach der nachdenklichen Debatte, die wir eben hier geführt haben, und nach den Anstößen, die es dazu gegeben hat, sehr richtig. Vielleicht tut sich dann mehr an den Baustellen, über die wir schon so lange diskutieren. Ich nehme Sie in Ihrem Anliegen sehr ernst. Vielleicht haben Sie an dieser Stelle auch eine andere Gesprächskultur mit den kommunalen Spitzenverbänden und können das Fass noch einmal ganz anders aufmachen.

Herr Minister Laumann, ich bitte Sie – und darf auch Ministerin Sommer jetzt noch einmal ansprechen –,

(Minister Karl-Josef Laumann: Das ist eine kluge Frau!)

um mehr Nachdenklichkeit im eigenen Haus. Ich habe eine Anfrage zum Thema „Mehr Lehrer oder Schulessen“ gestellt. In Abstimmung der Häuser wurde mir geantwortet:

Die Betroffenen sind bei der Verwendung des Regelsatzes nicht an die statistisch ermittelte Aufteilung dieser Regelsatzleistung gebunden, sondern haben eine individuelle Dispositionsfreiheit bei der Verwendung der gewährten Leistungen.

Ich frage Sie, ob das nicht angesichts der Beträge, die den Menschen zur Verfügung stehen, zynisch ist. Was heißt denn hier „individuelle Dispositionsfreiheit“?

Lassen Sie mich noch ein Wort zu Herrn Dr. Romberg sagen. Ich halte mich nicht mit der Frage auf, ob Sie verstehen, was Frau Steffens vorgetragen hat.

Was Sie ansprechen, ist die Entscheidung der Familien, ob sie 2,50 € für ein Schulessen ausgeben können oder nicht, ist die Frage, ob 2,50 € für die tägliche Ernährung ausreichen müssen. Die

Entscheidung sei letztlich: Sind die Kinder zu Hause oder in der Schule hungrig? – Das präsentieren Sie uns hier. Das ist Ihr Weltbild, ist Ihre Sachkenntnis der Lebenslage von Familien in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Beer. – Meine Damen und Herren, wir sind am Schluss der Beratungen angelangt. Ich sehe keine Wortmeldungen mehr.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/4330 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend – sowie an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration – mitberatend –. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

4 Gründung der ersten Gemeinschaftsschule Nordrhein-Westfalens in Horstmar und Schöppingen ermöglichen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/4351

Ich eröffne die Beratung und erteile Frau Schäfer von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der gestrigen Debatte haben CDU und FDP den Grünen anlässlich der Diskussion über den Prognoseunterricht wieder einmal vorgeworfen, es ginge ihnen letztendlich nur darum, die Debatte über die Schulstruktur durch die Hintertür einzuführen.

An der Stelle können wir wieder einmal festhalten, dass Sie, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, nicht müde werden, das Gespenst der von Ihnen so gefürchteten Einheitsschule und den Einheitsbrei an die Wand zu malen.

Endlose und ergebnislose Debatten in diesem hohen Hause haben in dieser Angelegenheit oftmals zu nichts anderem geführt als zur Erhöhung des Adrenalinspiegels bei dem einen oder anderen Abgeordneten. Endlose Debatten in diesem

hohen Hause haben den Kindern und Jugendlichen im Land nichts genutzt und nutzen auch in Bezug auf verbesserte Bildungschancen nichts.

(Zuruf von der CDU)

Im Mai 2005 waren Sie von CDU und FDP nicht willens, über das vom VBE vorgelegte Konzept zur Allgemeinen Sekundarschule zu reden oder sich gar damit zu beschäftigen. Wir haben das getan und sind der festen Überzeugung, dass es sinnvoll und richtig ist, sich intensiv für längere gemeinsame Lernzeiten in einer Gemeinschaftsschule einzusetzen.

(Beifall von der SPD)

Aber Sie waren nicht bereit einzugestehen, dass auch die Fördermaßnahmen der Vergangenheit für die Hauptschulen nicht zum Überleben dieser Schulform beigetragen haben – trotz des großen Engagements der Lehrerinnen und Lehrer dort. So wird es auch mit den Fördermaßnahmen der Gegenwart sein. Sie müssen das bitte schlicht und einfach zur Kenntnis nehmen.

Was machen Sie? Sie klammern sich mit Macht an das mehrgliedrige Schulsystem, und Sie halten eisern an zentralistischer Steuerung fest.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie müssen jetzt erleben, dass es auch in Nordrhein-Westfalen, auch in konservativen Kreisen Menschen gibt, die nur eines zum Maßstab ihres Handelns machen, nämlich die beste Bildung für ihre Kinder und Jugendlichen wohnortnah anzubieten, jenseits jeglicher Parteipolitik.

(Beifall von der SPD)

Das, was in Nordrhein-Westfalen, im Münsterland in Sachen Bildungsreform stattfindet – ich kann die Bürgermeister der beiden betroffenen Städte hier heute in unserer Runde begrüßen –, das kann man mit Fug und Recht als eine „Schulreform von unten“ bezeichnen.

Den Ministerpräsidenten habe ich in diesem Plenarsaal öffentlich aufgefordert, endlich eine ideologiefreie Debatte über die Reform des Bildungssystems zu führen und diese dann auch zuzulassen, ein Bildungssystem, das die besten Chancen für alle Kinder und die beste Bildung für alle bietet. Sie haben das Angebot bis heute nicht aufgegriffen. Sie behaupten, das würde nur neue Glaubenskriege bedeuten.

Aber gestern konnte ich in der Zeitung lesen, dass diese Debatte über die Reform des Schulsystems auch in Ihrer Landtagsfraktion angekommen ist. Was ist der Anlass? Es gibt – ich sage es einmal

ganz bewusst – zwei kluge Bürgermeister, die sich …

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Tragen Sie nicht so dick auf! – Gegenruf von Edgar Moron [SPD]: Wieso? Halten Sie sie nicht für klug? – Manfred Kuhmichel [CDU]: Sie vereinnah- men die Leute!)

Der Beitrag spricht für sich. Den brauche ich nicht zu kommentieren.

(Beifall von der SPD)

Es gibt zwei kluge Bürgermeister, die sich im Münsterland rechtzeitig Gedanken über die Weiterentwicklung des Bildungssystems in ihren Orten machen, um dem schleichenden Verfall der Hauptschulen nicht tatenlos zuzusehen, sondern Perspektiven für ihre Kinder vor Ort zu entwickeln. Sie haben das in einem beispiellosen Beteiligungsverfahren vorbereitet. Sie haben jeweils einstimmige Ratsbeschlüsse vorliegen, die die Errichtung einer Gemeinschaftsschule vorschlagen. Sie haben sich bewusst für die Gemeinschaftsschule entschieden. Und sie haben sich bewusst gegen die Verbundschule entschieden. Sie argumentieren:

„Eine Gemeinschaftsschule beginnt mit Klasse 5 und nimmt alle Schülerinnen und Schüler nach der Grundschule auf – die viel zu frühe Einteilung der Kinder in Hauptschüler, Realschüler und Gymnasiasten entfällt. Zunächst lernen die Kinder im gemeinsamen Unterricht, später können Bildungsgänge eingerichtet werden, also gewissermaßen Hauptschule, Realschule und Gymnasium unter einem Dach.“

Das ist in einer Broschüre für die Eltern in Horstmar und Schöppingen nachzulesen.

Weiter ist dort zu lesen – jetzt kommt das Argument gegen die Verbundschule –: