Protokoll der Sitzung vom 24.05.2007

(Beifall von der CDU)

In meiner Funktion als Koordinator auf Bundesebene habe ich viele Gespräche mit Vertretern

aus Sachsen, aus Thüringen und aus dem Saarland geführt, wo es 45 % weniger Schüler gibt. Aber man bemüht sich dort, es gemeinsam hinzubekommen, also nicht unter parteipolitischen Gesichtspunkten, sondern im Interesse der Kinder zu handeln.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Es muss unser gemeinsames Ziel sein, ein möglichst breites, wohnortnahes Angebot zu schaffen. Aber genauso deutlich sage ich, dass es zwar gewiss um die berechtigten Interessen der Kommunen geht; wir jedoch auch den berechtigten Interessen der betroffenen Schülerinnen und Schüler gerecht werden müssen. Das verlangt ganz einfach bestimmte Standards und ein gewisses Maß an Qualität, um junge Menschen wirklich ausbildungs- und studierfähig zu machen. Dem haben letztlich alle unsere Bemühungen zu dienen.

So halte ich zum Beispiel eine einzügige gymnasiale Oberstufe für nicht vertretbar, wenn man junge Menschen auf der Basis der Vielfalt der Fächer auf ein Studium vorbereiten will. Hier bedarf es einfach einer gewissen Quantität, um Qualität zu erreichen. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Beifall von Ingrid Pieper-von Heiden [FDP])

Erlauben Sie mir zum Schluss noch einige wenige Anmerkungen. Es kann in sich nicht schlüssig sein, bei zurückgehenden Schülerzahlen sogenannte neue Massensysteme mit Platz für über 1.000 Schüler zu installieren.

(Ute Schäfer [SPD]: Wer will das denn?)

Woher sollen denn diese Schüler kommen? Sie können gewiss nur aus der näheren Umgebung kommen, was dann erhebliche Probleme und Gefahren für viele heute gut funktionierende Schulen mit sich bringt. Es kann auch nicht sinnvoll sein, neue Systeme zu schaffen und bestehende dadurch zu vernichten.

Ein solcher Weg gefährdet übrigens in hohem Maße die wohnortnahe Schule, die wir alle letztlich anstreben. Darum ist – das hat die Frau Ministerin eben auch gesagt – der regionale Konsens von eminenter Bedeutung. Es darf kein Verdrängungswettbewerb stattfinden.

Ich habe gewiss auch Verständnis für die Bemühungen von Kommunen oder auch von Beratern, Ideen zu entwickeln, mit denen ein qualifiziertes Angebot sichergestellt werden soll. Doch ich sage genauso ehrlich und offen: Die hier tätigen Berater sollten und müssten bei ihren Vorschlägen bitte auch berücksichtigen, welche Auswirkungen

das auf die gesamte Region hat und was das Schulgesetz hergibt.

Hier bietet das Schulgesetz – die Frau Ministerin hat es eben gesagt – eine Fülle von Möglichkeiten, die von der Landesregierung gewiss in großer Verantwortung geprüft werden und die wir auch sehr gern positiv begleiten.

Aber eines sage ich auch deutlich: Ich halte viel davon, nach der Wahl das zu tun, was wir vorher angekündigt haben.

(Beifall von der CDU)

Wir haben vor der Wahl ein klares Bekenntnis zum gegliederten Schulwesen abgegeben. Dafür haben uns die Bürgerinnen und Bürger klar ihr Vertrauen ausgesprochen.

(Beifall von der CDU)

Frau Schäfer, besonders schäbig finde ich – damit schaden Sie seitens der SPD der Sache –, dass Sie zu diesem Zeitpunkt einen solchen Antrag vorlegen. Hier geht es wirklich nur um ein parteipolitisches Spiel. Wenn Sie es mir nicht glauben können, dann darf ich Prof. Rösner aus einem Schreiben vom 17. Mai, das ich erhalten habe, zitieren.

Ihre Redezeit ist gleich zu Ende.

Ja. – Herr Prof. Rösner schreibt:

„Nun habe ich nicht ohne Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass die SPD-Landtagsfraktion durch einen Landtagsbeschluss das Vorhaben in Horstmar/Schöppingen fördern will – mit Verwunderung deshalb, weil den Fraktionen noch keine Details des Schulkonzepts vorliegen und die Elternbefragung erst noch stattfindet.

Insofern ist der SPD-Antrag aus meiner Sicht voreilig und nicht hilfreich. Schlimmer noch, möglicherweise ist er geeignet, eine im Interesse der Gemeinden Horstmar/Schöppingen kontraproduktive, mit aller Rhetorik aufgeladene Debatte zu führen, die niemandem nutzt.“

(Beifall von der CDU)

So Herr Rösner.- Ich sage auch für die CDU: Wir wollen und werden im Interesse der Kinder gemeinsam mit Horstmar/Schöppingen eine Lösung finden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Recker. – Für Bündnis 90/Die Grünen hat die Fraktionsvorsitzende, Frau Löhrmann, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein wichtiges Thema. Wenn ich mir anhöre, was die Kolleginnen und Kollegen von der Regierungsfraktion und auch die Frau Ministerin sagen, stelle ich fest, dass eine ganze Menge Angst daraus spricht: Angst vor Veränderungen und Angst vor Bewegungen; Angst davor, dass man sich bewegen muss, obwohl man doch vorher festgelegt hatte, dass nichts passiert; Angst davor, dass etwas bewegt werden könnte, obwohl man vor der Wahl etwas anderes gesagt hat. Ihre Fliege, Herr Recker, spricht nicht für die Bewegung, auf die ich gehofft habe.

Meine Fraktion wünscht sich für die Gemeinden, die diesen Antrag auf Errichtung einer Gemeinschaftsschule in Vorbereitung haben, sehnlich, dass er verwirklicht werden kann. Wir wünschen uns das sehnlichst, und es hat uns auch gejuckt – das gebe ich ganz offen zu –, das hier parlamentarisch zu beraten. Wir haben uns dagegen entschieden. Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden.

Wir haben die Ministerin unmittelbar nach Bekanntwerden angeschrieben, weil wir genau das befürchtet haben, was jetzt passiert, nämlich dass es eine parteipolitische Debatte gibt und dass den Menschen vor Ort – den Bürgermeistern und vor allem den Kindern – perspektivisch nicht geholfen wird.

Deswegen haben wir einen Brief mit der Bitte um wohlwollende Prüfung geschrieben. Wir stellen uns hier selbstverständlich der Diskussion. Wenn ich Frau Pieper-von Heiden und auch die Frau Ministerin höre, stelle ich fest, dass einige ganz schön auf der Bremse stehen. Ich habe heute nicht viel Hoffnungsvolles gehört, das darauf hindeutet, dass sich für die Gemeinden etwas bewegen wird.

Man hat ja den Eindruck, die FDP hat das Ablehnungsschreiben schon in der Tasche und in der Fraktion beschlossen. Herr Winands muss jetzt nur noch dafür sorgen, dass die Ministerin es auch umsetzt. Da hat es sehr unterschiedliche Töne gegeben.

Frau Kollegin Löhrmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Schäfer?

Frau Kollegin Löhrmann, ist es nicht genau richtig, dieses parlamentarisch zu beraten – ich habe eben schon Frau Beer gefragt –, wenn man im Vorfeld dieser Debatte bereits von einem Mitglied einer Regierungsfraktion lesen konnte, dass hier überhaupt keine Offenheit herrscht, sich als Gesetzgeber mit diesem Vorfall intensiv zu beschäftigen?

Manchmal muss man auch das Wasser halten und auf den richtigen Zeitpunkt warten, liebe Ute Schäfer. Wenn ich an Deinen heutigen Beitrag denke und mich erinnere, wer dafür gesorgt hat, dass das, was Schöppingen und Horstmar heute wollen, im rotgrünen Schulgesetz gestanden hat, und wie sehr wir es auch Dir – Dir ganz persönlich – abringen mussten, dass die Öffnung zu Verbundsystemen einschließlich Gymnasien

(Demonstrativer Beifall von CDU und FDP)

möglich gewesen ist, und wenn ich weiß, wie schwer es auch im Wahlkampf war, eine offensive Auseinandersetzung über die Veränderung der Schulstrukturen zu führen, liebe Ute Schäfer, dann kann ich Dir nicht ersparen zu sagen, dass mich Dein Beitrag heute ein bisschen daran erinnert hat: Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.

Im Wahlkampf war Peer Steinbrück weiter als Du, weil auch Du Angst vor dieser Diskussion hattest. Auch das gehört zur Wahrheit und zur Diskussion über Gemeinschaftsschulen in NordrheinWestfalen.

(Demonstrativer Beifall von CDU und FDP)

Ihren Beitrag, liebe Frau Pieper-von Heiden, macht das mitnichten besser.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich bin froh, dass sich die SPD da weiterentwickelt hat. Ich habe das auch hier an verschiedenen Stellen ausdrücklich gelobt, und ich habe Herrn Stahl angesprochen, der heute nicht hier ist – auch der Ministerpräsident ist heute nicht da –, um zu aufzufordern: Machen Sie sich auf den Weg! Sie werden von der Diskussion vor Ort überrollt werden. – Es ist doch absurd, was wir heute gehört haben, dass eine große Koalition in Schleswig-Holstein mehr Freiheit gibt als eine Koalition in NRW.

Dass Sie für Freiheit stehen, das ist heute abschließend aus Ihrem Parteiprogramm gestrichen

worden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPD.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das können Sie sich abschminken, weil Sie den Menschen vor Ort keine Freiheit einräumen wollen, wenn diese erkennen, einen anderen, neuen Weg gehen zu wollen – jenseits der ideologischen Diskussion – nach dem Motto: Wir haben PISA verstanden, wir wollen vorangehen.

Für die Grünen kann ich erklären: Egal, mit wem wir in eine Gestaltung kommen, die Grünen sind die Garanten dafür, vor der Wahl und nach der Wahl, dass Gemeinschaftsschulen in NordrheinWestfalen möglich werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die FDP hat Herr Witzel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin meiner Vorrednerin für die Klarheit und Offenheit – auch der Worte – dankbar. Frau Löhrmann, wir haben als Koalition der Erneuerung inhaltlich grundlegend andere Auffassungen von Bildung als die Grünen. Aber es ist im Wettstreit der Ideen unter Demokraten legitim, das vernünftig miteinander zu diskutieren oder auszufechten.

Ungeachtet dessen kann ich Sie beruhigen – ich greife jetzt Ihre Worte auf –: Niemand von uns hat Angst, dass er von Frau Beer und Ihnen überrollt wird, was dieses Thema angeht. Positionieren Sie sich so! Das ist legitim, das haben Sie getan, und das ist auch glaubwürdig. Das haben wir Ihnen nie abgesprochen. Ich weiß auch, dass mehrere Mitglieder Ihrer Fraktion Kinder zur Gesamtschule geben. Es ist völlig in Ordnung, sich für dieses Angebot zu entscheiden. Genauso legitim ist es, sich anders zu entscheiden, wie es andere aus anderen Gründen tun.