Protokoll der Sitzung vom 25.05.2007

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Romberg, ich glaube, dass es nach zwei Jahren Regierungszeit langsam verbraucht ist, sich immer nur hier hinzustellen und sagen: Sie hätten auch etwas tun können.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Dies gerade von Ihnen in einer Diskussion über diesen Bericht zu hören, finde ich in Anbetracht

dessen, dass Sie zum Beispiel ein flächendeckendes Rauchverbot in Nordrhein-Westfalen verhindern, grotesk!

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zurufe von den GRÜNEN)

Aber auch die anderen Punkte, die wir gestern, als wir über die Leistungen diskutiert haben, die im SGB II für Kinder zur Verfügung gestellt werden: Gucken Sie sich im Nachhinein noch einmal Ihren Redebeitrag an!

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Hat er schon vergessen!)

Sie finden doch, dass 2,66 € für das Essen für Kinder genug sind und haben hier noch zynisch gesagt, davon könne man kein Biofleisch kaufen, das bräuchten die auch alle nicht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Angesichts dieses Berichts und Ihres Redebeitrags von gestern sollten Sie besser nicht mit dem Finger auf eine frühere Koalition zeigen. Sie sollten sich einmal hinsetzen und in Ruhe den Bericht lesen und bedenken, was Sie den Menschen mit Ihrem Redebeitrag zugemutet haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Wie immer!)

Aber nicht nur das! Wenn wir uns den Bericht ansehen, erkennen wir in dem Bereich der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen zunehmend Probleme. Das haben wir auch in der Anhörung gehört. Wir haben in der Anhörung mehrfach darüber diskutiert, dass der Bereich Kinder- und Jugendpsychologie, psychotherapeutische Angebote in Nordrhein-Westfalen, aber auch in anderen Bundesländern defizitär ist. Es gibt die Möglichkeit, schnell zu handeln, auf Bundesebene aktiv zu werden und zu sagen: Diese Kinder- und Jugendtherapeuten müssen separat zugelassen werden. Es kann nicht einen Topf geben – Erwachsene, Kinder und Jugendliche, alles zusammen –, sondern wir müssen es separieren.

Bayern hat dazu eine Bundesratsinitiative gemacht, zumindest ist da der Minister aktiv geworden. Ich würde mir wünschen, dass Sie gleich sagen, dass Sie in dasselbe Horn stoßen und sich dem anschließen. Das wäre ein erster Schritt.

Aber nun fehlen ja nicht nur die Therapeuten. In der Anhörung haben wir auch noch etwas anderes gehört, dass es nämlich ein massives Problem bei niedrigschwelligen Angeboten gibt: Lebensberatung, Erziehungsberatung, Beratung für Eltern,

für Mütter, für Eltern und Angehörige Frühgeborener. Diese Maßnahmen werden, soweit sie durch Landesmittel finanziert worden sind, zurückgefahren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie schaffen die Strukturen ab und lesen in diesem Bericht, dass die Strukturen notwendig sind. Es ist, finde ich, schon mutig, dass Sie das hier auf die Tagesordnung setzen. Dann würde ich mir aber auch wünschen, dass Sie daraus die Konsequenzen ziehen.

In dem Beschluss des Ärztetages steht auch eine Menge Wichtiges und Interessantes. Auch darin steht, dass mehr Einbeziehung in die Schulen stattfinden muss. Es wird gewünscht, dass therapeutisches Personal, aber auch die Ärzte stärker in die Schulen eingebunden werden und dass die Frühuntersuchung, die Reihenuntersuchung, die Regeluntersuchungen, die wir früher in Kindergärten und Kindergärten hatten, wieder stattfinden, dass man mehr von diesem Know-how mit in die Schulen bringt, um Beratung auch da durchzuführen, um die Eltern fit und fähig zu machen, damit sie wissen, was ihre Kinder haben, was ihre Kinder brauchen.

Ich warte darauf, dass Sie sagen, was Sie daraus machen. Ich finde es wichtig, dass da konkret gehandelt wird. Bisher wird an der Stelle nicht gehandelt. Da fehlt eine ganze Menge.

Ein weiterer Punkt: Was in dieser Studie ganz klar wird, ist, dass es neben der ökonomischen Situation, über die wir gestern geredet haben – ich habe es so verstanden, dass wir zumindest versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden und zu gucken, wo die Bedarfe von Kindern liegen –, drei wesentliche Punkte gibt.

Erster Punkt ist das Rauchen. Die CDU-Fraktion tut mir sehr leid. Ich weiß, Sie müssen gegen besseres Wissen handeln. Sie sind eigentlich genau wie wir der Überzeugung, dass wir flächendeckend ein konsequentes umfassendes Rauchverbot brauchen. Aber an der Stelle wedelt der Schwanz mit dem Hund, und die FDP setzt sich durch mit ihren lächerlichen Ns und Rs. Gut, da hätte ich von einer verantwortungsbewussten Fraktion wie Ihrer mit medizinischem Wissen etwas anderes erwartet, aber lassen Sie sich da ruhig treiben!

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Stefan Romberg [FDP])

Sie schaden jedoch den Kindern und Jugendlichen weiterhin ganz massiv. Herr Romberg, ich nenne die schwangere Frau, die in der Gaststätte

arbeitet, die gerade weiß, dass sie schwanger ist, und dem Qualm in ihrer Raucherkneipe ausgesetzt ist: Die Belastungen, die das Kind erleidet, das sind die Belastungen, für die Sie perspektivisch verantwortlich sind.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zuruf von Dr. Stefan Romberg [FDP])

Brüllen Sie ruhig herum, rufen Sie dazwischen! Es ist Ihr Gesetz, das Sie so haben wollen. Sie wollen, dass in den Kneipen geraucht wird und dass die Schwangeren zugequalmt werden. Sie haben keinen Arbeitnehmerinnenschutz. Sie wollen freies Rauchen für freie Raucher statt Schutz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Zuruf von Minister Karl-Josef Laumann)

Das hat er doch mehrfach gesagt. Das geht überall rauf und runter. Das will er haben. Setzen Sie sich durch! Ich bekomme doch mit, was Sie da gemeinsam diskutieren. Ich bekomme mit, wie Ihre Koalitionsabgeordneten darunter leiden und wie sie jammern, dass so ein Mist auf den Tisch kommt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Legen Sie etwas anderes vor! Überzeugen Sie uns von etwas Besserem. Dann werde ich Sie gerne loben. Aber leisten Sie das erst einmal! Wir werden hier noch darüber diskutieren.

Ein anderer Punkt, von dem ich nicht möchte, dass er hinten runterfällt: Es geht nicht nur ums Rauchen, sondern es geht in dem Bericht auch ums Trinken. Auch dazu hat der Ärztetag etwas gesagt. Da hätten Sie die Möglichkeit gehabt, zumindest bezogen auf das Flatratesaufen eine klare Ansage zu machen, dass dieses unterbunden werden muss. Aber auch da ist es so, dass die FDP freies Komatrinken für freie Bürger will. Deshalb ist klar: Sie gehen in eine andere Richtung.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Letzter Punkt, dann ist meine Redezeit auch bald zu Ende: häusliche Gewalt. Die Diskussion führen wir in diesem Parlament schon lange. Ihre Positionen zu häuslicher Gewalt sind auch an vielen Stellen klar und deutlich. Dass Sie sich hier hinstellen und sagen, man müsse etwas tun, nachdem Sie im letzten Haushalt die Beratungsstrukturen in den Frauenhäusern zerschlagen haben und eine Stelle gekürzt haben, finde ich unsäglich. Jeder in diesem Land weiß, dass diese zusätzliche Stelle, die Sie gestrichen haben, die Stelle war, die sich überwiegend mit den Kindern von den Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden, be

schäftigt haben und die die Arbeit in der Form geleistet haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Und dann fordern Sie, es müsse dagegen etwas passieren. – Ja, es muss etwas passieren: Die Regierung darf diese Politik so nicht fortsetzen!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Steffens. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Laumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich eine Anmerkung zur Kollegin Steffens machen: Ich gehöre jetzt 17 Jahre Parlamenten an. Aber einen Menschen, der sich auf dem kurzen Weg vom Platz zum Rednerpult so verändert, wie Sie das immer wieder zeigen, habe ich in keinem Parlament kennengelernt. Das möchte ich vorweg einmal sagen.

(Beifall von der CDU – Zurufe von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen – das sagt die Studie auch – hat gesunde Kinder. Daran kann es keinen Zweifel geben. Das RobertKoch-Institut hat sich intensiv mit der Kinder- und Jugendgesundheit beschäftigt. Das Ergebnis der ersten KiGGS-Studie liegt nun vor.

Auch viele Kinder aus Nordrhein-Westfalen haben an der repräsentativen Stichprobe teilgenommen. Wir sollten uns erst einmal darüber freuen, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen überwiegend gesund sind.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Anders wäre auch schlecht!)

Dies haben die Untersuchungsergebnisse gezeigt. Das wurde auch durch die subjektive Einschätzung der Kinder und Jugendlichen bestätigt. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Zu nennen sind zum Beispiel die fortschreitende Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen, die besseren hygienischen Verhältnisse und die Qualität der medizinischen Versorgung.

Allerdings haben die Studienergebnisse auch erneut den Zusammenhang von sozialer Lage und Gesundheit belegt. Kinder und Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte und aus sozial schwachen Schichten sind häufiger übergewichtig und stärker von Essstörungen sowie motorischen und psychischen Auffälligkeiten betroffen. Diese Er

gebnisse haben mich nicht überrascht, da schon unser aktueller Sozialbericht, den wir gestern Morgen diskutiert haben, auf den Zusammenhang zwischen Armut und ungünstigen Gesundheitsbiografien hinweist.

Auch hier zeigen die Ergebnisse, dass Armut bei Kindern häufig zu einem ungünstigen Gesundheitsverhalten, psychosozialen Belastungen und Defiziten bei sozialen Kompetenzen führt. Diese Aussagen machen einmal mehr deutlich, dass die Entwicklung und Verbesserung der Gesundheitschancen von Kindern aus benachteiligten Schichten nach wie vor eine wichtige Herausforderung bleibt.

In Nordrhein-Westfalen sind bereits eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet worden. Folgende Beispiele will ich nennen:

Mit dem Präventionskonzept des Landes werden konkrete Ziele verfolgt, die durch die Landesgesundheitskonferenz vereinbart wurden. Dazu gehören die verschiedenen Landesinitiativen mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten, zum Beispiel die Initiative „Leben ohne Qualm“, die sich an Kinder und Jugendliche richtet.

Auch zukünftig werden wir hier einen Schwerpunkt setzen und Schulen dabei unterstützen, rauchfrei zu werden und zu bleiben. Ferner wird das in Erarbeitung befindliche Nichtraucherschutzgesetz Nordrhein-Westfalen mit dazu beitragen, von Kindern und Jugendlichen besuchte Einrichtungen konsequent rauchfrei zu halten.

Gezielte Programme sind auch die Initiative „Gesundheit von Mutter und Kind“ und die Initiative zur Vermeidung von Übergewicht und Fettleibigkeit. Hier geht es uns zum Beispiel darum, durch verschiedene Maßnahmen darauf hinzuwirken, die Säuglingssterblichkeit weiter zu verringern.