Protokoll der Sitzung vom 25.05.2007

Sie haben jetzt die vage Hoffnung, dass dies in Bremen geschieht. Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Mit der jetzigen Bundesregierung wird es jedenfalls nicht möglich sein.

Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab, zumal wir, wie gesagt, dafür überhaupt nicht zuständig sind. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Pick. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Wiegand.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Remmel, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Die SPD-Fraktion überreicht Ihnen heute ein Geburtstagsgeschenk: Sie stimmt Ihrem Gesetzentwurf heute zu

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir geben zu, dass wir in der ersten Beratung recht zurückhaltend waren. Die SPD ist aber nicht beratungsresistent. Die SPD-Fraktion hat sich von den Argumenten in der Anhörung überzeugen lassen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Diese Argumente waren folgende:

Erstens. Der Tierschutz hat bei uns derzeit weniger Rechte als der Naturschutz.

Zweitens. Das Verbandsklagerecht im Naturschutz ist bereits seit sehr vielen Jahren zugelassen. Innerhalb der letzten 23 Jahre hat es in diesem Bereich weniger als 400 Verfahren gegeben. Das sind weniger als 0,1 % aller verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Zu der befürchteten Klageflut kommt es also nicht; solche Befürchtungen brauchen wir nicht mehr zu haben.

Ein Grund für das Ausbleiben dieser Klageflut ist auch die Frage der Finanzierbarkeit. Die Tierschutzverbände müssten die bei ihren Klagen anfallenden Gerichtskosten selber finanzieren. Eine Klageerhebung scheitert meistens schon daran. Daher kommen auch im Naturschutzbereich eigentlich nur die Fälle vor Gericht, die Präventiv- oder Mustercharakter haben.

So ist es zum Beispiel auch bei den Legehennenbatterien. Seit 1972, also seit 35 Jahren, wird über die Größe der Legehennenbatterien diskutiert. In diesen 35 Jahren mussten die Tiere unter aus heutiger Sicht tierschutzwidrigen Bedingungen ihr Leben fristen.

(Beifall von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Auch die Seehofer-Käfige sind nicht allgemein akzeptiert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

So gibt es mittlerweile jahrzehntelange Unsicherheit – und zwar nicht nur aufseiten der Tierschützer, sondern auch aufseiten der Tierhalter. Diese jahrelange Unsicherheit hätte man mit einer Tierschutz-Verbandsklage schon vor Jahren aus dem Weg schaffen können.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Somit dient das Verbandsklagerecht nicht nur den Tierschützern, sondern auch den Tierhaltern, die durch solche Musterklagen auch eine Rechtssicherheit für sich bekommen können. So etwas muss man hier unterstützen, denke ich.

Letztendlich geht es auch nicht nur um das Verbandsklagerecht, sondern auch um das Mitwirkungsrecht. Bislang haben Tierschutzvereine ein Informationsrecht. Dieses Informationsrecht sollte man in Richtung eines Mitwirkungsrechts bei Verordnungen unterhalb des Gesetzesranges aufwerten.

Meine lieben Kollegen von CDU und FDP, in Ihrem Koalitionsvertrag vom 20. Juni 2005 steht auf Seite 56:

„Ein wichtiges Ziel ist die Verbesserung des Tierschutzes.“

Wie können Sie dieses Ziel besser umsetzen als durch ein Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Leider taucht diese Aussage aus dem Koalitionsvertrag in Ihrer Regierungserklärung vom 13. Juli 2005 – gerade einmal drei Wochen später – schon nicht mehr auf. – So viel zur Halbwertszeit der Aussagen der sogenannten Koalition der Erneuerung!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das Einzige, was in Ihrer Regierungserklärung noch auftaucht, ist die wahltaktische Harmonisierung auf europäischer Ebene, um die vermeintlichen Wettbewerbsbehinderungen in der gewerblichen Tierhaltung zu beseitigen.

Es geht Ihnen also primär darum, potenzielle und vermeintliche Benachteiligungen der nordrheinwestfälischen Landwirtschaftslobby zu verhindern. Natürlich ist eine nationale und europäische Einigung auch im Sinne der Tierschützer wichtig, damit man unfairen Tierhaltern nicht die Möglichkeit eröffnet, nicht ins Ausland oder ins Nachbarland

auszuweichen. Aber für Sie sind die Tiere nur Sache! Das ist schlimm! Für Sie sind die Tiere nur Betriebsmittel.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Vorsichtig!)

Zum Abschluss noch eine Anmerkung an Herrn Pick: Für Sie ist das Land nicht mehr zuständig; wir sehen das nach Art. 74 des Grundgesetzes anders.

(Zuruf von Frank Sichau [SPD])

Die Länder haben sehr wohl eine große Verantwortung für diesen Bereich.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Daher erwarte ich hier und jetzt von Ihnen, liebe Kollegen von CDU und FDP, dass Sie sich dieser Sache nicht länger verschließen und dass Sie sich nicht hinter fadenscheinigen und falschen Aussagen verstecken, sondern Farbe bekennen und sich ganz klar positionieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wiegand. – Für die FDP-Fraktion erhält der Abgeordnete Ellerbrock das Wort.

Kollege Remmel, von dieser Stelle aus kommt der adäquate Glückwunsch zum Geburtstag.

Herr Kollege Remmel, Sie haben gesagt, wenn wir jetzt das Gesetz beschließen, wäre NordrheinWestfalen vorne. Das mag von der zeitlichen Seite her richtig sein, aber diese Koalition ist der Überzeugung, dass wir in den letzten zwei Jahren soviel getan haben,

(Lebhafter Widerspruch von SPD und GRÜ- NEN)

dass wir sagen können: Nordrhein-Westfalen ist ohnehin vorn. Deswegen bedarf es dieses Punktes nicht.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Das war der humoristische Teil des Tages! – Weitere Zurufe)

Wir haben gestern darüber gesprochen, dass man ein Geschenk überreicht, wenn Kaisers Geburtstag ist. Mit der FDP gibt es gewisse Schwierigkeiten, weil wir eine Bündelung von Individualisten sind.

(Zustimmung von der SPD)

Deswegen haben wir uns gedacht: Wir können nicht über den Schatten springen, das so zu machen. Deshalb haben wir das individuell gemacht.

Ich habe mir überlegt, was man dem Kollegen Remmel Adäquates schenken könnte. Ich bin auf Tucholskys Buch „Wenn die Igel in der Abendstunde“ gestoßen, das Lebensumstände beschreibt, die bei den oftmals wertkonservativen Vorstellungen von uns beiden nicht unbedingt unsere Zustimmung finden. Gleichwohl ist es das pralle Leben. Was darin beschrieben wird, gibt meiner Meinung nach zum Schmunzeln Anlass. Deswegen hoffe ich, dass dieses Schmunzeln die Trauer um das nichtüberreichte Geschenk von der FDP ausgleicht.

Meine Damen und Herren, was die Föderalismusreform angeht und die formalen Sachen, über die Herr Kollege Pick gesprochen hat, so brauche ich das nicht zu wiederholen. Ich brauche auch nicht zu wiederholen, dass auf der Bundesebene allein schon die Frage, welche Verbände klageberechtigt sind, zu erheblichen Problemen geführt hat. Letztlich hatte die Bundesregierung das auf die Naturschutzverbände beschränkt.

Wir als FDP haben in diesem Parlament den Begriff „Staatsziel“ für den Tierschutz unterstützt. Das ist wesentlich mehr als nichts, aber es bedeutet, dass ein Abwägungsvorgang stattzufinden hat. Ich glaube, es ist richtig, dass wir diesen Abwägungsvorgang durchführen.

Vor dem Hintergrund eines anthropozentrischen Weltbildes gab es eine Empfehlung der Ausschüsse im Bundesrat. Daraus möchte ich zitieren:

„Durch mögliche verbandsklagebedingte Verzögerungen wird für die Medikamentenentwicklung in Deutschland ein zusätzlicher Risikofaktor geschaffen, der Firmen u. U. dazu zwingt, entscheidende Medikamentenentwicklungen nicht mehr in Deutschland durchzuführen. Mit der vorgeschlagenen Regelung würden zudem zukünftige Investitionen in innovative und forschungsintensive Projekte verhindert.

Aus den vorgenannten Gründen kann ein Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine nicht unterstützt werden. Den Tierschutzvereinen stehen zudem ausreichende Möglichkeiten zur Verfügung, um die Rechte der Tiere zu befördern. Der Schutz von Tieren spielt in der Öffentlichkeit schon eine wesentliche Rolle, so dass weitere Rechte für Tierschutzvereine für die Durchsetzung der Rechte für Tiere nicht notwendig sind.“