Protokoll der Sitzung vom 14.06.2007

(Dr. Jens Petersen [CDU]: Was für eine Sauerei!)

Darüber könnte man ja reden – das hat die Kollegin Walsken auch schon in der Öffentlichkeit gesagt –, wenn das Teil einer langfristig angelegten finanzpolitischen Strategie wäre.

(Zustimmung von Gisela Walsken [SPD])

Aber Ihr Spiel ist durchsichtig, denn Sie planen nicht mit Blick auf eine finanzpolitische Strategie, sondern Sie planen in Wahrheit den Landtagswahlkampf 2010 und opfern letztlich staatspolitische Verantwortung der parteipolitischen Dramaturgie,

(Zuruf von der CDU)

nämlich den angeblichen Sparhöhepunkt für das Jahr 2010 zu inszenieren.

(Dr. Jens Petersen [CDU]: Nein, das haben Sie erkannt?)

Das muss man Ihnen vorwerfen, und das müssen Sie sich vorhalten lassen!

(Beifall von der SPD)

Das, Herr Minister, hat mit Ehrlichkeit und Solidität wahrlich nichts mehr zu tun. Selbst die Ihnen wohl gesonnenen Medien geißeln das.

(Zustimmung von Gisela Walsken [SPD])

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ spricht beispielsweise von einem „Trick aus der Kiste der politischen Taschenspieler“. Die „Rheinische Post“ spricht von einer Sparsünde, die kein gutes Licht auf Sie, Herr Finanzminister, werfe.

(Zuruf von der CDU: Sie lesen aber auch Zeitungen!)

Spätestens jetzt ist klar: Sie haben sich gewandelt vom eisernen Helmut zum Pappkameraden; Sie sind von einem ehrlichen Kaufmann zu einem Trickser und Hütchenspieler degeneriert.

(Beifall von der SPD – Christian Weisbrich [CDU]: Ehrbarer Kaufmann!)

Bevor die Kollegin Walsken in der zweiten Runde auf Einzelheiten dieses Nachtragshaushaltes eingeht,

(Zuruf von der CDU)

möchte ich allerdings, weil uns das sehr auf der Seele liegt, noch einen zweiten Punkt ansprechen, der uns bei diesem Nachtragshaushalt wirklich große Sorgen macht und zu dem der Finanzminister gerade bis auf ein kurzes rein deskriptives Element kaum ein Wort verloren hat, ge

schweige denn eine Analyse durchgeführt hat, nämlich die scheinbar gute Nachricht, die eigentlich ein gewaltiges Problem kaschiert, in das Sie uns hineinregiert haben.

Sie müssen nämlich zum wiederholten Male den Ansatz für den Länderfinanzausgleich senken. Im Nachtragshaushalt 2006 gab es schon eine Senkung der Zahlungen in den Länderfinanzausgleich in Höhe von 280 Millionen €. Im Nachtragshaushalt 2007 kommt noch eine weitere Senkung der Zahlungen in den Länderfinanzausgleich in Höhe von 150 Millionen € dazu. Das hört sich gut an, könnte man meinen, weil dadurch der Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen weniger belastet wird.

(Dr. Jens Petersen [CDU]: Sehr gut! – Weite- re Zurufe)

Aber ich prophezeie Ihnen und uns: Wenn das in diesem Tempo weitergeht, ist NordrheinWestfalen bald Nehmerland im Länderfinanzausgleich.

(Beifall von der SPD)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen und Herr Finanzminister, offenbart dann doch ultimativ Ihr dramatisches Versagen. Dafür sind – zugegeben, Herr Finanzminister – nicht Sie alleine verantwortlich, sondern das gesamte, wieder einmal durch Abwesenheit glänzende Kabinett mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze. Denn unter Ihrer Regierung – das muss man sagen, weil der Länderfinanzausgleich ein Indikator für die Steuerkraft aller 16 Bundesländer ist – fällt NRW zurück.

(Zustimmung von Gisela Walsken [SPD] – Zuruf von Christian Weisbrich [CDU])

Das Land hält weder seinen Platz, noch steigt es gar nach oben, sondern es fällt zurück und wird unter den Bundesländern nach hinten durchgereicht.

Das ist eine Katastrophe. Das ist ein dramatisches Signal. Das muss uns allen zu denken geben. Deswegen kann ich nur die Bitte an Sie richten: Kehren Sie als gesamtes Kabinett und als die regierungstragenden Fraktionen um, denn wir müssen Nordrhein-Westfalen wieder nach vorne bringen und dürfen uns nicht nach hinten durchreichen lassen. Glauben Sie uns von der Opposition: Über diesen Sachverhalt kann sich wahrlich niemand freuen, nicht einmal die Opposition. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Börschel. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Klein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Börschel hat seine Oppositionsaufgabe tapfer bewältigt.

(Beifall von der SPD – Gisela Walsken [SPD]: Das war mehr als tapfer!)

Aber ein bisschen bedauert haben wir ihn schon,

(Martin Börschel [SPD]: Davon habe ich aber nichts bemerkt! Sie sind doch die tragische Figur der Haushälter!)

denn er hatte ja durchaus eine schwierige Aufgabe vor sich.

(Martin Börschel [SPD]: Sie kennen sich ja aus!)

Er musste natürlich den Versuch unternehmen, an der Bilanz des erfolgreichsten Finanzministers seit Jahrzehnten in diesem Land

(Beifall von CDU und FDP)

ein ganz kleines bisschen zu kratzen. Das verstehen wir auch; das ist bei einer Opposition eben so.

(Martin Börschel [SPD]: Ich habe nur die letzten Lackreste entfernt! Da war nicht mehr viel!)

Ich vermute, dem Kollege Börschel wird es selber so gegangen sein, dass sich die dadurch ausgelöste Heiterkeit auch ein Stück weit auf ihn selber ausgewirkt hat.

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Nein, das ist nicht nur bei Kölnern so. An der Stelle sollten wir Ihnen das nicht zur Last legen.

(Lachen von der CDU – Martin Börschel [SPD]: Gleich spricht Kollege Möbius für Sie!)

Kommen wir zum eigentlichen Haushalt: Der Finanzminister hat schon ein wenig dargestellt, was der Inhalt dieses Nachtragshaushaltsplans ist. Ich will einfach noch einmal unterstreichen – das hat Kollege Börschel auch schon bestätigt –, dass der Schwerpunkt dieses Nachtragshaushaltsplans glücklicherweise auf der Frage liegt, wie man mit Haushaltsverbesserungen richtig umgeht. Wie gehen wir damit um, dass wir tatsächlich rund 1,5 Milliarden € mehr zur Verfügung haben? Wie können wir damit wirklich an die Zukunft denken? Das Motto dieses Nachtragshaushaltsplans könn

te gerade auch im Vergleich zu vergangenen Haushaltsplänen lauten: Der Rausch der Sorglosigkeit ist zu Ende.

(Beifall von der CDU – Martin Börschel [SPD]: Die neue Gemütlichkeit ist eingetre- ten!)

Es wäre auch ein Beifall des Kollegen Börschel angemessen gewesen.

Die Antwort lautet: Wir müssen verstärkt nachhaltige Politik betreiben. Sie alle wissen, dass dieser Begriff ursprünglich aus der Forstwirtschaft kam, der aber zu Recht auf die Finanzwirtschaft angewandt wird. Wir können heute nicht mehr verfrühstücken, wir können heute nicht mehr verbrauchen, als wir erbringen. Wir dürfen nicht generationenungerecht sein und die Belastungen in die Zukunft verschieben. Wir müssen uns heute schon mit den Belastungen, die uns frühere Regierungen hinterlassen haben – ich sage es einmal ganz neutral –, herumschlagen und jedes Jahr 4,7 Milliarden € Zinsen bezahlen. Das heißt, wir müssen rund 10 % unserer Ausgaben dafür reservieren, um die Zinsen zu bezahlen. Damit haben wir weniger Spielraum, heute politisch zu gestalten.

Wir wollen diese Ungerechtigkeit in der Zukunft nicht weiter praktizieren. Wir wollen unsere Philosophie der Nachhaltigkeit umsetzen. Das tun wir dadurch, dass wir die Verschuldung in doppelter Weise anpacken – vielleicht müssten wir dazu einmal ein kleines Seminar veranstalten.

(Gisela Walsken [SPD]: Melden Sie sich an, Herr Kollege! – Gegenruf von der CDU: Es reicht schon, wenn Sie zuhören!)

Erstens gehen wir an die explizit ausgewiesene Staatsverschuldung heran. Wir reduzieren die Nettokreditaufnahme ganz erheblich. Ich will noch einmal in Erinnerung rufen, wo wir herkommen, nämlich aus einem Zeitalter der finanzpolitischen Sorglosigkeit und der Ausgabensteigerungen, die völlig zügellos waren. Sie haben dazu geführt, dass wir im Jahr 2003 eine Nettokreditaufnahme von 6,6 Milliarden € hatten, im Jahr 2004 eine von 6,7 Milliarden € und der gleiche Betrag noch einmal im Jahr 2005.