Protokoll der Sitzung vom 24.10.2007

Wenn Sie sich mehr über den Haushalt 2006 ausgelassen haben, wenn Sie sich über den Landesjugendplan früherer Ordnung oder das Jugendfördergesetz ausgelassen haben, dann muss ich sagen: Ja. Wir haben auch bei Frauenhäusern die vierte Stelle gestrichen. Sie haben vergessen, das zu erzählen.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Schlimm genug!)

Aber wir haben es dann eben bei der einen Stelle gelassen, um nicht Strukturen zu zerschlagen. Darauf lege ich großen Wert. Und das ist uns gelungen.

Haben Sie jemals noch irgendetwas von Jugendgruppen gehört? Wir haben nämlich die Förderung umgestellt. Das haben wir als Zweites gemacht. Wir haben die vielen Projektförderungen, die nicht abgefordert wurden – Sie erinnern sich, das waren Ihre Etatposten in Höhe von 75 Millionen € –, auf Gruppenförderung umgestellt und gesagt: Ihr könnt eure Gruppen wieder mehr institutionell fördern. Und seitdem ist Zustimmung in diesen Reihen.

Natürlich hätte gerne jeder mehr; das ist völlig klar. Wenn wir aus dem Füllhorn leben könnten, würden wir vielleicht auch noch ein bisschen mehr machen.

Auch die Beamten haben – Frau Walsken, darauf haben Sie zu Recht hingewiesen – einen erheblichen Konsolidierungsbeitrag geleistet. Ich werde nicht müde, sie dafür auch zu loben, denn ich weiß, was wir Ihnen zugemutet haben. Wäre das nicht geschehen, wäre der Schlamassel so weitergegangen wie zu Ihren Zeiten, das heißt: permanent mehr Schulden machen.

(Beifall von der CDU)

Sie haben allein in den Jahren 2001 bis 2004 ein Viertel der Gesamtverschuldung des Landes draufgelegt. Die explodierte doch nur so. Die Bevölkerung hat uns doch deshalb in die Verantwortung gerufen, weil sie gemerkt hat, dass es so nicht mehr weitergeht. Diesem Auftrag werden wir gerecht werden.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, jede zusätzliche Steuereinnahme fließt in die Rückführung bei der Nachtragshaushaltsaufstellung. Ich habe Ihnen das zwar schon einmal gesagt, trotzdem gehen Sie mit dieser Unwahrheit weiter hausieren! Was stimmt, ist: Wir haben eine Rückführung der Nettoneuverschuldung von 4,4 Milliarden € bei Steuermehreinnahmen von 5,5 Milliarden €.

Sie, Frau Walsken, haben auch gemeint, die Steuereinnahmen würden systematisch heruntergerechnet. Das haben Sie ja auch die Experten in der Anhörung gefragt. Und da darf ich einmal – vielleicht auch für diejenigen, die nicht dabei waren – das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut an der Universität Köln mit seiner Antwort zitieren:

„Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass erwartete Steuereinnahmen eher behutsam kalkuliert werden. Angesichts der Unsicherheiten, die mit Steuerschätzungen einhergehen, sollte die Anwendung des Vorsichtsprinzips eine Selbstverständlichkeit sein.“

Das RWI schlussfolgert:

„Insgesamt erachten wir die Steuereinnahmen für solide geschätzt.“

Sie bekommen das wirklich von allen Experten um die Ohren geschlagen. Ich will Ihnen auch sagen, worin im Gegensatz zu früher das Verdienst dieses Parlamentes liegt: Dieses Parlament ist mit seiner Mehrheit in der Lage, jede Steuermehreinnahme im Nachtrag voll in die Rückführung der Nettoneuverschuldung zu stecken. Sie dagegen haben hier immer wieder kostenträchtige Anträge gestellt, weil Sie glaubten, im alten Stil weitermachen zu können. Gott sei Dank ist die Sensibilität in der Bevölkerung für Ihre unsolide Finanzpolitik so groß gewesen, dass sie daraus die Konsequenzen gezogen hat. Das war ein Hauptpunkt bei der Wahlentscheidung.

Sie monieren gleichzeitig, dass wir das Haushaltsvolumen ausgedehnt haben. Ich gestehe gerne: Wir geben mehr für die Schulen aus. Wir haben allein 4.880 Lehrer im Zeitraum bis 2007 eingestellt. Das ist der Hauptausgabeposten.

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Und wie viele sind ausgeschieden?)

Wir machen im Hochschulbereich mehr als bisher, weil wir uns auf mehr Studenten in diesem Bereich vorbereiten. Wir tun mehr für Kinder und Bildung. Wir haben im KiBiz rund 150 Milliarden € mehr allein im Jahr 2009 und stocken weiter auf: in 2009 auf 1,024 Milliarden € und im Jahre 2010 auf 1,1 Milliarden €. Wir stehen dazu, dass wir im Land bei diesen Aufgaben Prioritäten gesetzt und trotzdem die Konsolidierung in einem Maße vorangetrieben haben, mit dem offensichtlich niemand gerechnet hat. Nicht zuletzt sind neben dem Akzent Bildung, Familie und Kinder Haushaltskonsolidierung und solide Finanzen ein Markenzeichen dieser Koalition. Und dabei bleibt es.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Finanzminister Linssen. – Für die SPD spricht nun noch einmal die Kollegin Walsken. – Frau Walsken, möchten Sie noch einmal?

(Gisela Walsken [SPD]: Nein!)

Gut. – Dann spricht Herr Kollege Klein für die CDU.

Wenn man die jetzige Diskussion Revue passieren lässt, dann kann man sagen: Sie hat für uns durchaus einen äußerst beruhigenden Charakter, vielleicht aber auch einiges

an Komik. Auf der einen Seite wirft Frau Kollegin Walsken der Landesregierung vor, sämtliche Erfolge im finanzpolitischen Bereich wären uns durch größere Steuereinnahmen nur so zugeflogen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Die Erfolge gibt es gar nicht!)

Auf der anderen Seite redet Herr Groth davon, das Land würde kaputtgespart, es sei ein richtiger Sparkurs, brachial und und und.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Ist ja nicht wahr! Sie geben mehr aus!)

Mit einem gewissen Amüsement möchte ich mir einmal eine fraktionsinterne Konferenz zwischen den geschätzten Kolleginnen Walsken und Altenkamp zu der Frage vorstellen: Wie viel Sparkurs gibt es jetzt eigentlich?

(Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Sie sind herzlich eingeladen!)

Passiert jeglicher Erfolg, den die Landesregierung aufzuweisen hat, von ganz alleine, oder gibt es hier einen deutlichen Sparkurs? – Wenn Sie sich auf diesem Niveau streiten, ist das für uns die Bestätigung, dass wir wirklich den richtigen Kurs fahren.

(Beifall von der CDU)

Keiner von uns streitet ab, dass wir mit der wirtschaftlichen Entwicklung erhebliches Glück haben und dass deshalb mehr Steuergelder in die Kasse des Landes kommen. Allerdings – und genau darum tobt doch hier immer eine stundenlange Debatte – haben wir auch den Mut und die Kraft gehabt, hier Entscheidungen zu treffen, die nicht einfach sind, die natürlich Eingriffe bedeuten, die aber nötig sind, wenn wir es schaffen wollen, im Interesse unserer Kinder zu handeln, und das gleich zweifach, nämlich um einerseits die galoppierende Neuverschuldung der Vergangenheit endlich einzudämmen und uns damit eben nicht mehr so generationenungerecht zu verhalten und um andererseits trotzdem noch Geld freizuschaufeln, damit wir wesentlich mehr Geld für Kinder und für Schulen in diesem Lande ausgeben können. Beides ist notwendig.

(Zustimmung von Christian Möbius [CDU])

Wenn jetzt gesagt wird, es gebe auch Mehreinnahmen, die überhaupt nicht in die Reduzierung der Neuverschuldung gesteckt worden seien, dann schauen Sie sich bitte auch einmal die Regeln in diesem Lande, liebe Frau Kollegin

Walsken. Nehmen Sie allein das Gemeindefinanzierungsgesetz als Beispiel!

Wenn das Land mehr Steuereinnahmen erhält – das sind natürlich zum großen Teil Gemeinschaftssteuern –, ist es für uns selbstverständlich und richtig, davon einen entsprechenden Teil sozusagen direkt durchzuleiten und an die Kommunen weiterzugeben. Natürlich ist dieses Geld dann in den Kommunen und nicht mehr für das Land zur Reduzierung der Neuverschuldung nutzbar. Wollen Sie das denn abschaffen? Wir wollen das nicht! Wir halten das für eine richtige Lösung. Abgesehen davon müssen wir von Jahr zu Jahr mehr Zinsen zahlen, weil das Zinsniveau steigt und uns der Riesenberg an Schulden, den Sie hinterlassen haben, von Jahr zu Jahr teurer kommt.

Sie sagen: Aber es wird auch sonst Geld für andere Dinge ausgegeben, beispielsweise für die Pensionsrückstellungen. – Das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut hat uns nicht nur gesagt, dass diese Entscheidung richtig ist, sondern hat diese Ausgaben richtigerweise mit den regulären Personalausgaben gleichgestellt, die genau die gleiche Funktion erfüllen wie die Beiträge für die gesetzlich rentenversicherten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes. Bisher haben wir – aus beiden Quellen gespeist – insgesamt erst 2 Milliarden € Rücklagen für künftige Pensionsverpflichtungen, jedoch Zusagen in Höhe von 116 Milliarden €. Es gibt immer noch eine riesengroße Lücke, die faktisch eine Staatsverschuldung bedeutet. Die haben wir jetzt zu einem Teil abgebaut.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Dieser Nachtragshaushaltsplan ist ein weiterer Baustein für eine gelungene Finanzpolitik, die eine weniger galoppierende Schuldensteigerung für Nordrhein-Westfalen bedeutet und gleichzeitig Geld freischaufelt, sodass wir für Schule und für Kinder insgesamt mehr ausgeben können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Klein. – Für die SPD spricht nun noch einmal Frau Walsken.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Den Beitrag des Kollegen Klein kann man nicht so versickern lassen.

Herr Kollege Klein, ich will noch einmal ganz deutlich machen, worum es hier geht: Ja, die rot-grüne

Landesregierung hat Schulden gemacht, wie übrigens andere – von CDU und FDP geführte – Landesregierungen in anderen Bundesländern auch. Das haben wir zum größten Teil deswegen gemacht, weil die Steuereinnahmen wegbrachen und wir nicht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung entlassen wollten.

Und, Herr Kollege Klein, schon damals haben wir klargemacht, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem die Steuereinnahmen wieder fließen, auch andere Haushaltsschwerpunkte möglich sind.

Eines unterscheidet uns von Ihnen, Herr Kollege Klein: Wir haben nicht zulasten von Kindern, Jugendlichen und Familien gekürzt

(Beifall von der SPD)

und gleichzeitig Geld in den Ausbau von Flughäfen und in die Landwirtschaftskammern gesteckt! Das war unser zentraler Vorwurf in den Beratungen 2006 und 2007. Dass Schuldenabbau zum reinen Selbstzweck wird, das ist auch nicht unsere Politik. Wir haben Sie dafür kritisiert, dass Sie falsche Schwerpunkte gesetzt haben. Ich kritisiere den Herrn Finanzminister dafür, dass er damals vollmundig erklärt hat, alle Steuermehreinnahmen würden in den Abbau von Schulden fließen, und zu diesem Zeitpunkt nicht genau hingeschaut hat, was er an Strukturen in der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik kaputt macht. Das war unsere Kritik, Kollege Klein, und dazu stehen wir auch. Man braucht ein gutes, soziales Augenmaß, um zu erkennen, welche Strukturen man in diesem Land zerstört. Das war unser Ansatz.

(Beifall von Norbert Römer [SPD])

Meine Damen und Herren, wenn man 6,8 Milliarden € mehr in der Kasse hat, fällt es erheblich leichter, dafür zu sorgen, dass in der Sozial-, in der Kinder- und Jugendpolitik keine Strukturen zerstört werden, als wenn man auf dieselbe Summe verzichten muss. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Sie haben 6,8 Milliarden € Mehreinnahmen. Sie können deshalb andere Schwerpunkte setzen. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Sie geben schon wieder Geld aus!)

Danke schön, Frau Walsken. – Herr Groth für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort.