Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

Teile der Ärzteschaft befürchten, dass die Meldepflicht ihr Vertrauensverhältnis zu den Patienten beeinträchtigen könnte. Ihrem Vorschlag, stattdessen die Eltern selbst melden zu lassen, kann ich mich nicht anschließen. Viele Eltern würden die Meldung vielleicht einfach nur vergessen, die Kommunen aber hätten unnötige Arbeit.

Dennoch nehme ich die Sorge der Ärzteschaft ernst. Deshalb begrüße ich den im Ausschuss mehrheitlich verabschiedeten Änderungsvorschlag. Er stellt klar, was im Übrigen auch in der Verordnung so vorgesehen war: Es geht ausschließlich um die Mitteilung von Personenstandsdaten und um das Datum der Untersuchung.

Das Verfahren wird im Übrigen so gestaltet werden, dass möglichst wenig bürokratischer Aufwand entsteht. Meine Fachabteilung führt dazu bereits seit einiger Zeit intensive Gespräche mit allen Beteiligten.

Ich betone abschließend noch einmal: Die Meldepflicht dient keinem Selbstzweck. Sie kann und darf nur ein Instrument auf dem Weg sein, die Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen verbindlicher zu gestalten. Diese Untersuchungen sind wiederum nur ein Baustein im Rahmen des umfassenden Maßnahmenkatalogs, den die Landesregierung mit dem Handlungskon

zept für einen besseren und wirksameren Kinderschutz beschlossen hat.

In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen damit zum Ende der Beratung und zur Abstimmung.

Wir stimmen erstens ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/5457. Wer ist für diesen Änderungsantrag? – SPD-Fraktion und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung Drucksache 14/5362. Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Wer ist für diese Annahme? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Die Grünen. Wer enthält sich? – Die SPD-Fraktion. Damit ist mit den Stimmen der Mehrheitsfraktionen diese Empfehlung angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 14/4324 in zweiter Lesung verabschiedet.

Meine Damen und Herren, bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, hat Frau Steffens um das Wort zur Geschäftsordnung gebeten. Bitte sehr.

Wir würden gern die beiden letzten Tagesordnungspunkte, über die eine Debatte vorgesehen ist, tauschen, weil es Irritationen gegeben hat. Die Fachpolitiker hatten versucht, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen, und deswegen hat die Datenschutzbeauftragte das Haus verlassen. Aus diesem Grunde möchten wir gern den Punkt tauschen, damit sie vielleicht noch zurückkommen und bei der Debatte anwesend sein kann.

Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung? – Die gibt es nicht. Dann müssen wir über diesen Vorschlag von Frau Steffens abstimmen. Wer ist dafür, diesen Vorschlag anzunehmen und die Behandlung der Tagesordnungspunkte 11 und 12 zu tauschen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Niemand. Damit tauschen wir die Tagesordnungspunkte 11 und 12.

(Unruhe – Glocke)

Ich bitte um Ruhe im Saal. Ich weiß, dass es spät ist und dass manches ein wenig verwirrend ist. Hin und wieder gibt es auch Leute, die uns hier oben Informationen geben, die anschließend dann doch nicht so sind, wie wir uns das vorher zurechtgelegt hatten.

Wir kommen also zu Tagesordnungspunkt

12 Schulen Luft holen lassen – zentrale Prüfungen entzerren

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/4328

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses

für Schule und Weiterbildung

Drucksache 14/5288

Der Antrag wurde gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung überwiesen mit der Bestimmung, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt.

Ich eröffne die Beratung und erteile Frau Beer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Die Zuhörerinnen und Zuhörer aus den Schulen in NRW, die am 10. Oktober im Schulausschuss gesessen haben, als der Antrag dort zum ersten Mal beraten wurde, haben sich höchst verwundert die Augen gerieben, als der Kollege Hollstein von der CDUFraktion blumig davon erzählt hat, dass von Termindruck wegen der Lernstandserhebungen und zentralen Prüfungen überhaupt keine Rede sein könne. Das habe ihm auch noch niemand vorgetragen.

Mich hat diese Wahrnehmung nur im ersten Moment verwundert. Das zeigt nämlich erstens, wie weit Sie sich insgesamt von der Realität des Schulalltags wegbewegt haben, und zweitens, dass viele Schulen kein Veränderungspotenzial bei vielen aus den Regierungsfraktionen wahrnehmen und sich dies nicht erhoffen, weil sie diese Praxisferne immer wieder erleben und die Fraktionen nur das verkünden, was ihnen aus dem Ministerium vorgegeben wird.

Ein eigener, schulpolitisch wirksamer und kritischer Geist wird auch in der CDU-Fraktion nicht

sichtbar. Ich will Ihnen das gerne noch einmal vorrechnen:

Mit Lernstandserhebungen in der Klasse 8, den Abschlussprüfungen in der Klasse 10 und den Abiturprüfungen sind in einem Zeitraum von neun Wochen und damit von maximal 44 Tagen allein 40 Tage von möglichen Prüfungen betroffen. Vergegenwärtigen Sie sich dabei bitte, dass nicht nur die direkten Prüfungstage anfallen. Es müssen unter anderem auch mündliche Prüfungen, Nachprüfungstermine, Korrekturphasen und Abweichungsprüfungen eingerechnet werden.

Einerseits sind die Schulen, die den mittleren Bildungsabschluss und das Abitur anbieten können, besonders von diesem Terminstress betroffen. Sie stehen vor kniffeligen schulorganisatorischen Aufgaben mit hohem Aufwand. Andererseits sind es immer wieder die Kolleginnen und Kollegen gerade der Korrekturfächer, für die sich diese Arbeit in dieser Zeit extrem verdichtet. Sie haben schließlich auch noch in anderen Klassen und Jahrgängen Unterrichtsverpflichtungen.

Die frühen Sommerferien haben zwar zusätzlich für Termindruck gesorgt, wie Frau Ministerin Sommer immer gerne ausführt, aber das Grundproblem ist davon nicht abhängig. Ich will es noch einmal am Beispiel der Lehrstandserhebungen ein bisschen spezieller erörtern.

Sie haben diese Instrumente zur Qualitätsentwicklung inzwischen immer mehr sinnentfremdet und setzen sie auch sinnentfremdend ein. Lernstandserhebungen dienen eigentlich dem Bildungsmonitoring. Das ist etwas grundsätzlich anderes, als eine Klassenarbeit zu schreiben oder einen eindimensionalen Test vorzugeben. Zum Bildungsmonitoring gehört zum Beispiel auch eine intensive Fortbildungs- und Reflektionszeit und für die Jahrsgangsteams Zeit für Fortbildung, zur Unterrichtsentwicklung als Ergebnis der Reflektion und auch Zeit für die Beratung mit Eltern und Schülerinnen über die Ergebnisse, also die Diskussion in der Schulgemeinde.

Die Lernstandserhebungen müssen aus der zeitlichen Verkettung herausgeholt werden. Das Verfahren bei den teilzentralen und zentralen Prüfungen muss überdacht werden, was vor allen Dingen die Gewichtung, die beteiligten Fächer und ihre Prüfungsanteile sowie die Prüfungsformen angeht. Das sind Ihre Hausaufgaben, Frau Ministerin. Wir fordern Sie auf, diese endlich zu erledigen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Kaiser das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Lektüre des Antrags möchte ich als erstes festhalten und erfreut zur Kenntnis nehmen, dass es in dieser und in der letzten Periode der erste Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist, der schwerpunktmäßig das Gymnasium zum Inhalt hat. Das ist begrüßenswert. Ich befürchte nur, dass das keine Erkenntnis war, sondern einfach nur der eigenen Oppositionsstrategie entsprach. Was Sie hier machen, wird in dem Antrag deutlich.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Schulessen und Ganztagsschule! Vergessen?)

Zweite Bemerkung: Es bewahrheitet sich, dass es eben keine Strategie ist, wenn man mäkelt, wenn man Details kritisiert und dabei die große Linie vergisst.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Das Mäkeln ist keine Bildungsstrategie. Das wird in Ihrem Antrag sehr deutlich.

Dritte Bemerkung: Die Prüfungstermine für das Jahr 2008 liegen fest und sind bei der Stundenplanung für alle Schulen hinreichend bekannt. Wenn Schulen selbstständig sind und Eigenverantwortung haben, sind sie auch bei der Gestaltung ihres Stundenplans selbstständig und eigenverantwortlich. Nirgendwo wird ein Lehrer, eine Lehrerin gezwungen, an allen drei Prüfungsverfahren teilzunehmen. Verantwortliche Schulleitung heißt auch, dafür zu sorgen, dass gerade die Korrekturfachlehrer eben nicht an allen drei Prüfungsszenarien beteiligt sind. Von daher ist es eine Sache, die bei jeder Schule bekannt ist und die durch entsprechende interne Maßnahmen geregelt werden kann.

Frau Beer, was Sie beschreiben, ist die Beschreibung des worst case. So schlimm, wie Sie es beschreiben, wird es an keiner Schule kommen. Deshalb ist der Antrag überflüssig, wie wir es bereits in der Ausschussberatung gesagt haben.

Vierte Bemerkung: Richtigerweise nehmen wir die Anregung auf, dass bei der Gestaltung der Termine für alle drei Prüfungen – Abitur, Abschluss nach Klasse 10 und Lernstandserhebungen – entsprechende Flexibilität eingeführt wird – wenn es die Ferienordnung hergibt. Sie wissen aber, es sind gegebene Zwangstermine. Unsere Schulen haben das hervorragend geregelt und zeigen damit, dass sie selbstständig und eigenverantwort

lich handeln. Von daher handeln sie alle zum Wohle der Ministerin, die sich darüber freut, das gleich noch kommentieren zu dürfen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU – Frank Sichau [SPD]: Handeln zum Wohle des Landes!)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Hendricks für die Fraktion der SPD das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir perpetuieren den Bildungsauftrag der Schule ganz nett, wenn wir die Prüfungen jetzt zum Wohle der Ministerin durchführen, Herr Kaiser. Gemach, gemach! Ich habe immer gedacht, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Ich habe immer gedacht, Prüfungen sind eigentlich auch zum Wohle der Schülerinnen und Schüler da, um sie sozusagen mit verbindlichen Prüfungen zu entlassen, damit wir sicher sein können, dass sie die Standards, die wir von ihnen erwarten, auch tatsächlich mit hinaus ins Leben nehmen.

Lassen Sie uns noch einmal den Antrag von den Grünen anschauen, Herr Kaiser. Wir hatten die Diskussion bereits im Ausschuss. Wir hatten schon im Ausschuss die sehr unterschiedliche Einschätzung zwischen den jeweiligen Fraktionen.

Wir von der SPD haben sehr deutlich gemacht, dass die Rückmeldungen, die wir aus den Schulen haben, in der Tat der Beschreibung der Grünen im Antrag entsprechen. Wir haben uns in der Tat auch mokiert und uns gefragt, woher Sie eigentlich Ihre praktischen Erfahrungen nehmen, wenn Sie mit einer Nonchalance behaupten, es wäre gar nicht so schlimm.

(Beifall von den GRÜNEN – Carina Gödecke [SPD]: Richtig!)