Protokoll der Sitzung vom 15.09.2005

Vielen Dank, Frau Freimuth. - Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kuschke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vier knappe Anmerkungen zum vorliegenden Antrag ohne Wiederholung dessen, was meine Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben:

Erstens. Ja, der Besuch eines in Deutschland geborenen Papstes in dieser Art und Weise im Jahr 2005 war und ist ein historisches Ereignis. Diesem historischen Ereignis war angemessen, was mehr als Begleitumstände waren, nämlich dass das Ganze im Zusammenhang mit dem Weltjugendtag passierte. Hunderttausende von Jugendlichen haben dort motiviert ihr Engagement gezeigt. Wir hatten es im Zusammenhang mit dem Besuch des Papstes mit einem Dialog der Religionen zu tun.

Nicht zuletzt - auch das ist erwähnt worden; ich will mich dem gerne anschließen - hat die Region bewiesen, dass sie angemessen gegenüber einem solchen Ereignis auftreten kann. Ich springe über meinen Schatten als Westfale, wenn ich insbesondere in Richtung der Kölnerinnen und Kölner ein riesiges Kompliment ausspreche: Manchmal ist ein mediterraner Zug ganz hilfreich bei solchen Veranstaltungen.

(Demonstrativer Beifall und Heiterkeit von der CDU)

Die zweite Anmerkung, meine Damen und Herren, bezieht sich auf etwas, was der Kollege Sternberg im Zusammenhang mit Veröffentlichungen genannt hat: Dort habe ein Abwägungsprozess insbesondere mit ökologischen Belangen stattzufinden. Ich will nicht verhehlen - das sage ich auch vor dem Hintergrund desjenigen, der über zwei Jahre mit den konkreten Vorbereitungen und Planungen beschäftigt war -, dass dieser Abwägungsprozess im Zusammenhang mit dem ursprünglich vorgesehenen Gelände umfassend und intensiv gemacht worden ist.

Nicht hier im Plenum, aber außerhalb wäre ich gerne bereit, meine persönliche Beurteilung dieses Abwägungsprozesses und der Gründe, die dort vorgebracht worden sind, zu verdeutlichen. Ich glaube, dass wir es uns in der Sache nicht leicht gemacht haben.

Das bedeutet aber drittens, meine Damen und Herren, dass man hier über seinen Schatten springen muss, jedenfalls diejenigen, die noch zögerlich sind. Man braucht ein Gefühl für die historische Dimension dieses Besuches und darf das nicht, verehrter Herr Kollege Sternberg, mit dem Feldhamster in Verbindung bringen - dem sollten wir endlich seine Ruhe gönnen; die hat er verdient -, wenn wir es mit dem Thema ernst meinen, das Sie in den Vordergrund Ihres Antrags gestellt haben.

Wir sollten ein Gefühl dafür entwickeln, dass dieses historische Ereignis auch ein historisches Dokument verdient. In einigen Jahren werden wir über ein Bodendenkmal sprechen, das erhaltungswürdig ist, auch das will ich in Erinnerung rufen. Das Ganze muss vernünftig in den notwendigen Abwägungsprozess eingebracht werden.

Vierte und abschließende Bemerkung: Ja, ich signalisiere für die SPD-Landtagsfraktion Zustimmung zum Anliegen des Antrags von CDU und FDP. Wir regen an, dass wir in den Beratungen des Hauptausschusses, wenn wir der Empfehlung zur Überweisung folgen, einige Punkte klären, die klärungsbedürftig sind, wenn wir uns schon mit der Angelegenheit beschäftigen, und zwar:

Wie sieht es mit der Finanzierung, Pflege und Wartung aus? Welche Vorstellung gibt es, was Konzepte der kulturellen Nutzung anbelangt? Wie sieht es mit den gegenwärtigen Eigentumsverhältnissen aus? Dazu ist schon etwas gesagt worden. Wenn das so ist und in diesem Rahmen zu regeln ist - umso besser. Ich denke aber, dass nichts dagegen spricht und es die Ernsthaftigkeit

des Anliegens unterstreicht, wenn wir diese Punkte im Rahmen der anstehenden Beratungen noch klären.

Wenn es uns dann noch gelingen würde - vielleicht kann man das in einen Wettbewerb einbeziehen -, einen anderen Namen als „Weltjugendtagshügel“ zu finden, fände ich das des Schweißes der Edlen wert. Er hört sich etwas sperrig an; aber vielleicht wird uns das noch gelingen. Dann kann das Ganze zu einem vernünftigen Abschluss gebracht werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD, CDU und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kuschke. - Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Priggen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Anspruch, über den Schatten zu springen, ist gut gemeint, aber - das kam in allen Beiträgen bis auf eine kleine Randbemerkung bei Herrn Kuschke nicht vor -: Was kostet es, über den Schatten zu springen? Das taucht nirgendwo auf. Das gehört vernünftigerweise aber dazu.

Bei allem Respekt für das große Ereignis, auch für die Freude in der Region - ich selbst habe in Aachen die Pilger aus Belgien kommend am Haus vorbeiwandern sehen -, will ich diesen Eindruck nicht schmälern; aber es gibt auch andere Reaktionen. Eine Besuchergruppe hat mich heute gefragt: Zu welchem Thema musst du reden? - Ich habe den Antrag gezeigt. Darauf kam die Frage: Habt ihr eigentlich nichts Wichtigeres zu tun, als über den Erhalt des Hügels zu reden?

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich habe ihnen geantwortet: Seitdem die neue Koalition dran ist, reden wir über ganz andere Themen. Wir reden darüber, ob man in der Schule ein Kopftuch tragen darf. Wir reden über die Standspur auf der B 1 und über Reiterstaffeln. Wir haben eine neue Ministerin, die durch das Haus läuft und nach Weihnachtsbaumstandorten sucht. Wir haben auch an anderen Stellen ein ganz anderes Niveau in der Debatte.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Als mein Fraktionsvorstand am Montag gesagt hat, dass ich zu dem Thema reden soll, bin ich Montagmittag nach Kerpen gefahren und habe mir den Standort angesehen. Ich war bei den Feierlichkeiten nicht dabei und wollte diesen Hügel einmal kennen lernen.

Man muss ein bisschen vorsichtig sein, ob man sich im Gedenken an dieses gute Ereignis nicht etwas vormacht, wenn man meint, diesen Hügel zu einigermaßen vernünftigen Kosten erhalten zu können. Man kommt an das Gelände nicht heran. Das ist ein ruhiges Naherholungsgebiet für Fußgänger und Radfahrer. Sie laufen gut 2,5 km, bis Sie den Hügel erreichen.

Das Gelände darum herum, wo die Million Leute gewesen ist, wird im Moment wieder aufgearbeitet. Das heißt - das ist auch vernünftig bei solch einer Veranstaltung -, die Straßen, die so verlegt sind, dass man sie wegnehmen kann, werden ordnungsgemäß wieder beseitigt. Das Gelände soll wieder als Ackerland aufbereitet werden, und mittendrin liegt der Hügel.

Darunter muss sich niemand, der nicht da war, etwas Besonderes vorstellen. Darum herum sind die Halden. Das ist nichts anderes als ein 12, 15 m hoher aufgeschütteter Hügel mit einer Teerstraße, der als landschaftliche Erscheinung im Vergleich zu anderen nichts Besonderes ist. Deswegen habe ich auch kein Problem damit, wenn er erhalten bleibt. Er fällt nicht weiter negativ auf. Es ist kein dramatischer Landschaftseingriff. Diese Probleme kann ich nicht erkennen.

Nur: Man sollte sich nicht vorstellen, dass man mit dem Erhalt des Hügels etwas Besonderes schafft. Man kann dort ein paar Schautafeln und Bilder von dem Ereignis aufstellen. Wer dort wandert, spazieren geht oder mit dem Rad fährt, kann sich an der Stelle daran erinnern.

Unterschwellig steckt aber auch hinter dem Gedanken - das ist bei solchen Gelegenheiten immer so -, aufwendigere Einrichtungen zur Naherholung zu installieren. Ich will nur daran erinnern, dass anlässlich der Feiern auf dem Marienfeld 8.000 Dixi-Klos dorthin geschafft worden sind. Wer dort größere Veranstaltungen durchführen will, muss an der Stelle eine richtige Infrastruktur schaffen. Das bedeutet Investitionen. Er muss es auf Dauer für Autos und Busse zugänglich machen. Ob das irgendeinen Sinn macht, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Das ist nach meiner Überzeugung aber in starkem Maß eine kommunale Sache. Die Kommunen vor Ort müssen an dieser Stelle wissen, ob sie es erhalten und unterhalten können.

Aufgrund des ursprünglich vorgesehenen Abrisses zählt für mich das Argument mit dem Geld nicht so sehr. Die Weltjugendtags gGmbH, die dieses Bauwerk errichtet hat, muss ja auch Rückstellungen gebildet haben, um es wieder zu beseitigen. Schließlich gab es die bauliche Auflage, dass die Flächen und auch der Hügel wieder be

seitigt werden. Wenn man sich vernünftig dahin gehend verständigt, dass der Unterhalt gewährleistet wird, wenn das Ganze nicht abgerissen wird, sondern den Radfahrern und Fußgängern dient, habe ich, ehrlich gesagt, kein Problem damit.

In dem Fortbestand des Hügels kann ich auch keinen massiven Eingriff in Natur und Landschaft gegenüber dem bisherigen Status erkennen.

Ich warne nur davor, sich in der positiven Erinnerung an dieses sicherlich einmalige Ereignis ein Stück weit etwas vorzumachen und zu glauben, man könne aus diesem einen Akt etwas schaffen, was sich auf Dauer finanziell trägt und was auch wirklich schön in der Landschaft steht. Davor warne ich; denn auch an anderen Stellen haben wir so etwas gehabt. Und so viel Geld, dass man noch in aufwendiger Weise bauliche Einrichtungen ergänzen kann, ist an keiner Stelle vorhanden.

Deswegen ist meines Erachtens ein bisschen Vorsicht, ein bisschen Skepsis angebracht. Ich kann das alles verstehen. Ich habe in Gesprächen auch mitbekommen, dass es für die in der Umgebung wohnenden Leute wirklich ein unglaubliches und auch sehr positives Erlebnis war, den Weltjugendtag mit seinen ganzen Veranstaltungen zu sehen und die 1 Million Menschen dort zu erleben. Aber Vorsicht nach vorne! Das Erhalten dieses Hügels ist noch das kleinere Problem. Alles, was anschließend daran hängt, ist unter Umständen mit noch wesentlich mehr Kosten verbunden.

Mit meinem letzten Satz kann ich wieder an die Einleitung anknüpfen. Aus meiner Sicht ist nicht ganz klar, warum dies nun unbedingt ein landespolitisches Thema ist. Es ist Sache der Kommunen vor Ort. Wenn sie das machen wollen, kann das Land sie an dieser Stelle positiv begleiten. Eigentlich ist es aber nicht Sache des Landtags, zu schauen, was mit diesem Gelände passiert. - Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Priggen. - Jetzt hat für die Landesregierung Herr Minister Breuer das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Priggen, wenn wir über diesen Hügel reden, sollten wir uns meines Erachtens schon bewusst machen, warum wir heute darüber reden und warum sich so viele Leute gerne an den Weltjugendtag erinnern. Der Weltjugendtag

hat vielen Menschen Hoffnung gemacht. Vielen Menschen ging es auch darum, dass unsere Welt nicht von Krieg, Intoleranz und Hunger regiert wird. Der Weltjugendtag hat den jungen Menschen Hoffnung gemacht, dass sich die Fragen unserer Zeit nicht im Materiellen erschöpfen. Und immerhin war es - Herr Kuschke hat es angesprochen - die erste Auslandsreise des neuen Papstes Benedikt, die ihn nach Nordrhein-Westfalen geführt hat.

Der Besuch und die Begeisterung der Pilgerinnen und Pilger, die Fröhlichkeit und die Zuversicht haben in unserem Land einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

(Beifall von der CDU)

Die Fröhlichkeit der Pilger hat auch eine gute Laune in Nordrhein-Westfalen in diesen Tagen geschaffen. Wenn wir den Schwung dieser Tage für viele unserer Aufgaben bewahren, wäre das ein sehr schöner Beitrag.

Nordrhein-Westfalen hat sich als weltoffener Gastgeber für Papst Benedikt und Hunderttausende Pilger präsentiert. Der Papst und die jungen Menschen aus aller Welt haben ein schönes, vielfältiges und ungemein starkes Land erlebt. Dieses Bild unseres Landes haben nicht nur die Hunderttausende Pilger aus allen Teilen der Welt nach Hause mitgenommen; dieses Bild unseres Landes haben auch Millionen Menschen an den Fernsehschirmen in nahezu allen Ländern, in allen Kontinenten erfahren können.

Wie sehr die jungen Menschen ein neues Bild unseres Landes nach Hause mitgenommen haben, können Sie übrigens erfahren, wenn Sie im Ausland sind und darauf angesprochen werden. Übrigens sind wir auch auf unserer Polenreise darauf angesprochen worden. Es gab dort viele junge Leute, die sich mit diesem Weltjugendtag an Nordrhein-Westfalen erinnern.

Der Weltjugendtag ist sicherlich mit vielen Orten verbunden - natürlich mit Köln, aber ebenso mit Bonn und Düsseldorf sowie mit vielen Städten und Gemeinden im ganzen Gebiet. Dennoch wird ein Ort immer in ganz besonderer Weise mit dem Weltjugendtag verbunden sein, nämlich das Marienfeld bei Kerpen. Wer erinnert sich nicht an die eindrucksvolle Vigil und die Abschlussmesse, an die überwältigende Gemeinschaft von über 1 Million Pilgerinnen und Pilgern?

Wer diese Gottesdienste und diese Gemeinschaft miterleben durfte, versteht die jungen Menschen gut, die nach dem Weltjugendtag gesagt haben: Zu dem Weltjugendtagshügel des Marienfeldes

wollen wir auch mal wieder zurückkehren. - Deshalb kann ich den Wunsch der Menschen gut verstehen, denen es wichtig ist, den Weltjugendtagshügel des Marienfeldes für die Zukunft zu erhalten.

Die Begegnungen mit vielen Menschen bestärken mich auch darin, diesen besonderen Ort der Begegnung und des Zeichens für eine gemeinsame Zukunft jetzt nicht einfach - in der Sprache der Jugend formuliert - platt zu machen, sondern ihn als Ort der Begegnung für die Zukunft zu erhalten.

Deshalb begrüße ich den Antrag der Koalitionsfraktionen sehr. Ich kann allen Beteiligten zusichern, dass die Landesregierung dieses Anliegen im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Kräften unterstützen wird.

Herr Priggen, ich weiß sehr wohl, dass es noch sehr viele Fragen im Detail zu klären gibt und auch noch viele Probleme zu lösen sind. Ich weiß aber auch, dass uns das nicht daran hindern darf, jetzt ein gemeinsames politisches Zeichen zu setzen. Denn all das, was der Weltjugendtag und der Besuch des Papstes uns in Nordrhein-Westfalen geschenkt und gebracht haben, war nicht etwas für wenige Tage, sondern ist etwas, was bleibt und was alle am Weltjugendtagshügel des Marienfeldes immer wieder finden werden.

(Beifall von der CDU)

Deswegen teile ich auch nicht Ihre Einschätzung, das sei eigentlich eine Sache der Kommune vor Ort. Ich weiß, dass wir alle in Deutschland, aber gerade in Nordrhein-Westfalen von diesem Ereignis profitiert haben. Deswegen freue ich mich, dass dieser Antrag eingebracht worden ist. Ich finde, dass Nordrhein-Westfalen an dieser Stelle doch einen Beitrag der Koordinierung und Hilfe leisten sollte. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Breuer. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Beratung.