Übrigens, meine Damen und Herren, ist auch ein Blick über die Landesgrenze höchst spannend. Ich nehme beispielhaft das Bundesland, dem der SPD-Vorsitzende Kurt Beck vorsteht. Nach meinen Informationen findet die Bewertung dort mit einer vierstufigen Skala von „sehr gut“ bis „unbefriedigend“ statt, wobei die Aussage „unbefriedigend“ in jedem Fall begründet werden muss. In den dualen Oberschulen wird ein festgelegter Kriterienkatalog zur Beurteilung vorgegeben. Und das im Land Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren! Das sollten Sie vielleicht dort diskutieren!
möchte ich mit der Stellungnahme eines Praktikers, eines Abnehmers, eines Dachdeckermeisters; die Adresse kann ich Ihnen gerne geben. Er sagt:
Die jetzigen Benotungen der einzelnen Unterrichtsfächer in Zeugnissen geben mir als Ausbilder im Dachdeckerhandwerk keinerlei Möglichkeit, Erkenntnisse über wichtige Schlüsselqualifikationen wie Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Kreativität oder Belastbarkeit zu gewinnen. Mühsam quäle ich mich durch manches Zeugnis auf der Suche nach Aussagen über Teamfähigkeit, logisches Denken, Konzentrationsfähigkeit usw. Mir als Ausbilder fehlen ganz klar die Kopfnoten, die zumindest ansatzweise die mir gegenübersitzende Persönlichkeit erkennen lassen.
Vielen Dank, Herr Kollege Recker. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Kollege Groth das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Du, Frau Sommer, manchmal rede ich hier gerne im Plenarsaal, wenn du mir auch zuhörst.
Du, Frau Pieper-von Heiden, hast zu den Kopfnoten gesagt, sie seien geeignet, Sozialverhalten zu vermitteln. Das ist Quatsch; und das fängt mit Q an. Das ist wirklich Quatsch. Denn Kopfnoten sind in keiner Weise geeignet, irgendetwas zu vermitteln.
Kopfnoten sind etwas anderes. Kopfnoten schreiben etwas fest. Wenn es darum geht, den Erziehungsgedanken, die Wertevermittlung, das Sozialverhalten und die Teamfähigkeit zu stärken, dann finden Sie uns Grüne auf der Seite derjenigen, die dafür sind und sagen: Ja, das ist richtig. Ja, das brauchen wir. – Das erreichen Sie aber nicht mit Ihren Kopfnoten. Das ist doch das Problem.
Also tun Sie nicht immer so, als ob wir in grundsätzlichen Fragen der Erziehung auseinander wären. Nein, das sind wir eben nicht. Wir haben lediglich unterschiedliche Vorstellungen über den richtigen Weg dorthin. Hier brauchen unsere Lehrerinnen und Lehrer und unsere Schulen Unterstützung.
Herr Kaiser, Sie fordern, den Erziehungsgedanken zu stärken. Da kann ich Ihnen nochmals „Ja!“ zurufen. Einen Erziehungserfolg erreichen Sie mit Kopfnoten allerdings nicht. Das sind die Weihnachtsmärchen, die Sie hier heute verbreiten wollen.
Die Festschreibungen, die Sie damit vornehmen wollen, werden lebenslang an den jungen Menschen kleben, und das ist ein weiteres Problem.
Die Kopfnoten sind ein weiteres Selektionsinstrument; das ist doch klar. Es wird selektiert zwischen denjenigen, die es können, und denjenigen, die es nicht können. Dies schreiben Sie mit Kopfnoten fest.
Die Sprecherin der Landesschülerinnenvertretung hat gesagt: Kopfnoten sind wie Pickel und kommen am heftigsten in der Pubertät.
Ja, meine Damen und Herren, das ist richtig: Sie kommen in der Pubertät. Sie wollen, dass diese Pickel ein Leben lang bleiben, und das wollen wir eben nicht.
Es ist schon ziemlich starker Tobak – ja, ja, Herr Hovenjürgen –, dass Sie jetzt hergehen und die Kirchen als rot-grüne Bodentruppen zu unserer Unterstützung erklären.
Wir wollen die Sozialkompetenz und die Teamfähigkeit stärken; das ist doch ganz klar. Auch uns geht es um Pünktlichkeit und Genauigkeit. Ja, aber warum führen Sie in Ihrer Fraktion nicht endlich die Einheitsnote für gutes Benehmen ein, Herr Witzel?
Das wäre mal was, was Sie durchsetzen könnten. Das würde uns im Parlament insgesamt ein Stück weit helfen. Sie müssten dazu allerdings ein kleines Training absolvieren. Dann wären Sie auf unserer grünen Schiene.
Denn wir wollen nicht, dass Sie so festgeschrieben werden. Wir glauben nämlich, dass auch Sie in Fragen des guten Benehmens noch lernfähig sind.
Und, meine Damen und Herren, warum wollen Sie eigentlich nur sechs Kopfnoten? Warum wollen Sie nicht gleich zehn? – Sie sagen doch, dass diese Festschreibungen so gut seien und das Sozialverhalten stärken würden. Dann nehmen Sie doch zehn. Auf jeden Fall sollte es mehr Kopfnoten als Fachnoten geben.
Dann sieht man zumindest, was Sie von unseren Bildungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen halten und wohin Sie uns führen wollen.
Noch was: Bevor die Kopfnoten hier in NordrheinWestfalen abgeschafft wurden, haben wir auch den Rohrstock abgeschafft. Sie führen die Kopfnoten jetzt ein. Was kommt denn demnächst?
Meine Damen und Herren, das, was Sie hier tun, ist nicht nur absurd, sondern es hilft uns auch nichts. Es führt uns in die Vergangenheit. – Vielen Dank.
(Lachen und demonstrativer Beifall von SPD und GRÜNEN – Zuruf: Der Herr der Text- bausteine spricht!)
hat im letzten Jahr das modernste Schulgesetz in ganz Deutschland verabschiedet. Und zu diesem modernsten Schulgesetz in Deutschland gehören selbstverständlich auch die Kopfnoten. Wir haben nämlich ein ganzheitliches Bildungsverständnis, das eben nicht nur auf stichtagsbezogene Prüfungen von Fachwissen abstellt,
sondern das selbstverständlich auch menschliches Verhalten und Sekundärtugenden mit bewertet und in den Blick nimmt.
Deshalb müssten Sekundärtugenden eigentlich Primärtugenden heißen. Denn sie sind die Voraussetzung für das Zusammenwirken von Menschen.
Meine Damen und Herren, wir haben gestern sehr intensiv über Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gesprochen. Sind uns solche Aspekte egal? Geht es uns nur darum, dass ein Schüler Fachwissen auswendig gelernt hat?