Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Das ist Heuchelei! – Weitere Zurufe von der SPD)

Alle, die in Banken- und Sparkassenfragen unterwegs sind, wussten und wissen: Nach dem Wegfall von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast im Jahr 2005 bleibt es zwar wichtig, wie sich Gemeinderäte, wie sich Repräsentanten von Sparkassenverbänden positionieren. Die Erwartung jedoch, man könnte sich darüber von den Bedingungen und Konditionen abkoppeln, welche die Kapitalmärkte setzen, wäre leichtfertig, naiv und sogar verantwortungslos.

(Beifall von den GRÜNEN: Das habt Ihr doch im Sommer getan!)

Die bisherigen Krisen haben uns doch vor allem eines gelehrt: Über das Wohl und Wehe auch des Sparkassensektors fällen nicht in erster Linie die Räte von Gemeinden oder die Vertreter von Verbändeversammlungen ihr Urteil. Taktvorgeber sind die weltweit agierenden Kapitalmärkte, sind die Ratingagenturen.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Jede noch so gelungene Versammlung in der Sparkassenfamilie beeindruckt die Kapitalmärkte nicht. Beeindrucken lassen sich die Kapitalmärkte ausschließlich durch unternehmerisches Handeln. Das zu übersehen und Tabus zu errichten, welche

die Wettbewerbsfähigkeit des Sparkassensektors hemmen, wäre ebenso unverantwortlich wie das weitere Festhalten am subventionierten Steinkohlebergbau.

(Horst Becker [GRÜNE]: Jetzt meint er den Breuer!)

An der Wettbewerbsfähigkeit unserer Sparkassenfamilie und an nichts anderem entscheidet sich die Zukunft.

Sich diesen Realitäten zu stellen, erwarten die Menschen in Nordrhein-Westfalen von uns. Diesen Weg haben wir mit dem Kompromiss vom 8. Februar begonnen. Jetzt kommt es darauf an, ihn zügig fortzusetzen. Jeder muss seine Verantwortung wahrnehmen. Das erwarten die Bürger in unserem Land, und zwar auch von der Opposition. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Stahl. – Für die FDP-Fraktion hat jetzt ihr Vorsitzender Dr. Papke das Wort.

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Kraft hat heute Morgen eine bemerkenswerte Mischung aus Unwahrheiten, Halbwahrheiten und Tatsachenverdrehungen vorgetragen, die nicht kommentarlos im Raum stehen bleiben kann. Darauf werde ich gleich noch zu sprechen kommen.

Vorab will ich aber für meine Fraktion darauf hinweisen, dass die bedauerlichen Vorgänge bei der WestLB, die wir momentan erleben und mit denen wir uns heute nicht zum ersten und mit Sicherheit auch nicht zum letzten Mal im Landtag NordrheinWestfalen zu beschäftigen haben, eine traurige Bestätigung für die jahrelangen Warnungen der FDP sind. Wir waren damit leider einsamer Mahner in der Wüste, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Bei allen Debatten der vergangenen Jahre und auch in der letzten Legislaturperiode dieses Parlaments haben wir immer wieder gesagt: Eine international agierende Großbank gehört nicht in den Besitz der öffentlichen Hand.

(Beifall von der FDP)

Für die Risiken einer international tätigen Großbank im Staatsbesitz muss am Ende immer der Steuerzahler bluten. Das ist die traurige Wahrheit, vor der wir seit vielen Jahren gewarnt haben. Man hat nicht auf uns gehört. Die Situation hat sich lei

der wieder einmal und noch weiter zugespitzt und so entwickelt, wie es in der Grundanlage absehbar war.

Dieses Problem muss endlich gelöst werden. Am Ende des Prozesses, über den wir heute diskutieren, muss die WestLB aus dem Besitz der öffentlichen Hand in private Hand übergehen oder zumindest muss es eine starke Beteiligung Privater geben.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Herr Remmel, nur so kann das Ziel erreicht werden, die mit der Geschäftspolitik einer Großbank wie der WestLB verbundenen Risiken von den Steuerzahlern zu nehmen.

(Beifall von der FDP)

Deshalb sage ich für die FDP in aller Klarheit: Wer sich dem Engagement Privater und der Einbeziehung privaten Kapitals bei der WestLB auf Dauer verweigert, muss verantworten, weshalb er die Risiken weiter ausschließlich dem Steuerzahler zumuten will; denn das ist dann die Konsequenz. Das muss jedem klar sein.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Deshalb wäre es besser gewesen – das ist gar keine Frage –, wenn sich das Land viel früher von seiner Beteiligung getrennt hätte. Nach unserer Überzeugung hätte das schon in der letzten Wahlperiode erfolgen können.

Als wir 2002 die Neuaufstellung der WestLB im Landtag Nordrhein-Westfalen debattiert und beschlossen haben, haben wir, die FDP, als Einzige dieses Mutter-Tochter-Modell abgelehnt, weil es uns nicht weit genug ging. Wir haben damals gesagt, der Ansatz sei richtig, die alte WestLB in eine klassische Landesbank und in eine Geschäftsbank aufzuteilen. Aber dann muss sofort der zweite Schritt folgen: Dann muss diese Geschäftsbank, die im Besitz der öffentlichen Hand nichts mehr zu suchen hat, sofort materiell privatisiert werden.

So haben wir im Interesse der Steuerzahler argumentiert. Wir sind damit nicht durchgedrungen. Heute muss und kann man, glaube ich, zur Kenntnis nehmen, dass wir damit leider nicht durchgedrungen sind.

(Zurufe von der SPD)

Aber ich rate sehr dazu, bei den detaillierten Fachdebatten, die jetzt geführt werden müssen, dieses eigentliche strategische Ziel im Interesse der Steuerzahler niemals aus dem Blick zu verlie

ren. Am Ende – wie auch immer die Neuaufstellung der WestLB jetzt vollzogen wird – müssen die Steuerzahler dauerhaft und verlässlich von den Risiken dieser Großbank befreit werden können.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Dafür machen wir als FDP-Fraktion Politik und beteiligen uns an der Neuaufstellung der WestLB.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das sah aber im letzten Jahr ganz anders aus!)

Da Frau Kollegin Kraft das auch noch einmal aufgegriffen hat: 2007 war es für die Veräußerung der WestLB respektive des Landesanteils definitiv zu spät. Das ist überhaupt keine Frage.

Als die Probleme im Eigenhandel der Bank zu erkennen waren und dann die Subprime-Krise hinzukam, war klar, dass der Landesanteil jetzt nicht mehr zu veräußern war und dass auf dieser Basis keine tragfähigen Fusionsgespräche mehr geführt und schnell abgewickelt werden konnten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten, diese Illusion nähren Sie seit Monaten. Es war immer Ihre zentrale Argumentationslinie, das Land hätte die WestLB schnell an die LBBW veräußern sollen; dann hätten wir jetzt keine Probleme mehr.

(Zuruf von der SPD: Quatsch! – Weitere Zu- rufe von der SPD)

Das ist hier immer so vorgetragen worden. Frau Kollegin Kraft hat es gerade wieder anklingen lassen. Das ist völlig absurd.

(Beifall von FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, eine Großbank verkauft man nicht wie einen Gebrauchtwagen – gekauft wie gesehen –, wobei das auch da erfreulicherweise nicht mehr geht.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wer sagt das denn? – Zuruf von der SPD: Herr Papke, Sie sagen die Unwahrheit!)

Wenn wir das gemacht hätten, wenn der Finanzminister dem gefolgt wäre, was Sie, Frau Kollegin Kraft, und die Ihren monatelang gefordert haben: Wissen Sie, welche Situation wir jetzt hätten?

(Hannelore Kraft [SPD]: Nebelbomben!)

Dann wäre die WestLB weg, aber die Altrisiken und die damit verbundenen Schulden befänden sich nach wie vor in Nordrhein-Westfalen. Dann hätte ich Ihr Geschrei hören wollen. Ich hätte hören wollen, was Sie der Landesregierung vorge

worfen hätten, wenn wir das getan hätten, was Sie monatelang eingefordert haben. Das ist doch die Realität!

(Beifall von FDP und CDU)

Frau Kollegin Kraft, Sie können noch so vehement einfordern, wir sollten doch mit dieser Erblastdebatte aufhören. Ich sage Ihnen: Diese Erblastdebatte muss erst richtig geführt werden, denn zu den Tatsachen im Zusammenhang mit der WestLB gehört, dass diese Landesregierung massiv damit beschäftigt ist, die Trümmer wegzuräumen, die Sie, auch bei der Westdeutschen Landesbank, hinterlassen haben.

(Beifall von der FDP)

Der Großteil der risikobehafteten Engagements, die der WestLB und uns jetzt Probleme bereiten – daran wird das schon deutlich –, ist bei der WestLB unter rot-grüner Regierungsverantwortung eingegangen worden. Frau Kollegin Kraft, das werden Sie nicht wegdrücken können. Das werden wir nicht zulassen.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])