wir mit den Angestellten? - Bull hat vorgeschlagen - das können Sie gerne einmal nachlesen; ich empfehle es allen neuen Abgeordneten zur Lektüre -: Wir brauchen ein neues Dienstrecht. Es geht nicht darum, einfach nur die Beamten abzuschaffen und alle in den Angestelltenbereich zu überführen. Vielmehr ist Deutschland nur dann zukunftsfähig, wenn wir diesen öffentlichen Dienst vom Kopf auf die Füße stellen und das Ganze grundlegend renovieren, indem wir die Zweiteilung des Dienstrechts endlich aufgeben und zu einem einheitlichen Dienstrecht kommen. Alle anderen europäischen Länder haben das gemacht.
Vor diesem Hintergrund war unsere Position - Stichwort: Gesamtkonzept; das hat Bull auch weiter ausgeführt -: Wenn wir dort angekommen sind und das einheitliche Dienstrecht haben, müssen wir natürlich auch an das Landespersonalvertretungsgesetz heran. Und warum soll denn das Betriebsverfassungsrecht so schlecht sein? Dort sind die Mitbestimmungsmöglichkeiten gar nicht so schlecht geregelt. Wenn wir eine Vereinheitlichung des Dienstrechtes hinbekämen, könnten wir auch zu einem neuen Mitbestimmungsrecht im öffentlichen Dienst kommen.
Mitten in dieser Debatte kam dann die Idee: Wir können ja schon einmal bei den Staatsanwaltschaften anfangen. - Da haben wir gesagt: Nein, wir möchten den Druck aus dieser Debatte nicht herausnehmen und jetzt an der einen oder anderen Stelle an irgendwelchen Schrauben drehen. - Wir hatten die Hoffnung, dass sich Vernunft in diesem Land vielleicht durchsetzen kann. Da sind wir leider enttäuscht worden.
- Nein, es scheitert nicht an der SPD. Vor einigen Jahren haben beide Fraktionen und die alte Regierung in einer Regierungserklärung gemeinschaftlich ihren Willen bekundet, an diesem Ziel weiter zu arbeiten. Scheitern tut das an Ihnen, meine Damen und Herren; denn dafür müssen wir das Grundgesetz ändern, und eine entsprechende Zweidrittelmehrheit ist nicht in Sicht, weil rechts und nicht auf der linken Seite die Blockademehrheit sitzt.
Da ich Realpolitikerin bin, weiß ich, dass dieses Ziel zurzeit in sehr weite Ferne gerückt ist, und finde es daher auch richtig zu sagen: Wir müssen uns darüber unterhalten, wie wir Mitbestimmungsstrukturen gerecht gestalten.
Vor diesem Hintergrund ist es richtig, festzustellen, dass die Staatsanwälte bei den einzelnen Staatsanwaltschaften keine Personalvertretungen haben. Es gibt nur bei den Mittelbehörden einen Bezirks- und beim Justizministerium einen Hauptpersonalrat. Die Beamten des einfachen bis gehobenen Dienstes sowie die Angestellten haben eine meist sehr gewichtige und im Landespersonalvertretungsgesetz geregelte Vertretung vor Ort. Die Staatsanwälte haben dies nicht. Wenn wir über die Angleichung von Mitbestimmungsstrukturen reden, ist es nur richtig, dieses Problem hier noch einmal auf den Tisch zu legen.
Jede Stärkung der Staatsanwaltschaften in ihrer Unabhängigkeit und Selbstständigkeit - denn sie ist ja ein wichtiges Bindeglied zwischen Exekutive und Judikative - auch durch eine örtliche Interessenvertretung, kann man vom Grundsatz her doch nur begrüßen.
Ich glaube, vor dem Hintergrund immer knapper werdender Ressourcen - mehr Geld gibt es nicht, was natürlich ungeheure Verteilungskonflikte mit sich bringt - sollten die Rechte auf der anderen Seite auch gleich strukturiert sein.
Wir müssen Lösungen in den betreffenden Behörden finden, damit eine Mitbestimmung der Staatsanwälte auf Behördenebene, also vor Ort, stattfinden kann. Das heißt nur, dass sie in ihren Rechten auch an andere Personalvertretungen angeglichen werden. Ich glaube nicht, dass das jetzige Gremium des Bezirkspersonalrats der richtige Ort ist. Ich will niemandem das Engagement absprechen; lokale Probleme der einzelnen Staatsanwaltschaften werden letztendlich aber immer vor Ort am besten gelöst.
Von daher finde ich es richtig, die Debatte jetzt zu führen. Wir haben sie damals nicht geführt, weil wir in einer ganz anderen Zukunftsdebatte waren. Ich sehe aber - das muss man hier einfach noch einmal sagen -, dass in dieser Republik zurzeit keine Vernunftsmehrheiten zustande zu bringen sind, was wirklich tief greifende Reformen für den öffentlichen Dienst angeht. Das hält uns nicht davon ab, im Einzelfall, wie auch hier, Gerechtigkeitsfragen zu diskutieren und Lösungen zu finden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir schon von Geschichte reden, sei angemerkt: Die
erste Umweltpartei Deutschlands war die FDP. Und die Partei, die hier zusammen mit der CDU das Ganze in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht hat, war natürlich auch die FDP.
Aber wir haben aus der Opposition heraus natürlich nur das gemacht, was wir meinten, mit einer behäbigen SPD, die einen Bremsklotz Grüne am Bein hat, überhaupt machen zu können.
Heute sind wir in einer besseren Situation. Heute sind wir in der Situation, dass wir unsere ureigensten Vorstellungen auch komplett durchsetzen können.
Daher müssen Sie sich nicht wundern, wenn wir dem jetzigen Gesetzentwurf der SPD-Fraktion skeptisch gegenüberstehen. Wenn, dann möchten wir eine komplettere Regelung haben. Wir werden im Ausschuss auch nähere Ausführungen dazu machen.
Es ist ja schön: Sie haben jahrelang Gesetzentwürfe geschrieben. Man merkt, dass es Ihnen Spaß macht, auch weiter Gesetzentwürfe zu schreiben. Das dürfen Sie gerne tun. Allerdings brauchen Sie nicht zu erwarten, dass wir alle diese Entwürfe annehmen - auch wenn wir früher einmal selber versucht haben, Entsprechendes umzusetzen. Wir sind heute halt weiter.
Frau Düker, wenn ich mir vorstelle, wie Frau Haußmann in den letzten fünf Jahren hier agiert hat, muss ich sagen: Es lag sicherlich nicht unbedingt an Bull, dass wir noch keine Personalvertretung für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Deutschland haben, sondern eindeutig an Ihrer - ich sage einmal: teilweise geschätzten - Kollegin Frau Haußmann. Wenn es um Interessen von Richtern und Staatsanwälten ging, legte sie nämlich häufig eine etwas merkwürdige Sichtweise an den Tag. Sie hatte immer eine Grundskepsis diesen beiden berufsständischen Organisationen gegenüber.
Von daher hat es auch nicht verwundert, dass es letztendlich an den Grünen gescheitert ist, dass wir noch immer keine Personalvertretung haben.
Wir sind gerne bereit, im Ausschuss noch näher über den Gesetzentwurf zu sprechen. Wir wollen eine entsprechende Priorität setzen, aber nicht in dem beschränkten Maße, wie Sie ihn hier vorgelegt haben. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Orth. - Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Müller-Piepenkötter das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gegen das Ziel des Entwurfs, bei den 19 Staatsanwaltschaften und drei Generalstaatsanwaltschaften des Landes örtliche Personalvertretungen auch für Staatsanwälte einzurichten, ist - da besteht offenbar Einigkeit - nichts einzuwenden. Insbesondere entspricht die zweistufige Struktur der Personalvertretung im staatsanwaltschaftlichen Bereich - das wurde erwähnt - nicht dem üblichen Personalvertretungsrecht. Örtliche Personalvertretungen sind gerade in Zeiten der Umstrukturierungen und neuer Aufgaben hilfreich.
Das demnach richtige Ziel der Einführung einer Personalvertretung für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sollte aber nicht isoliert betrachtet werden. Mein Haus prüft derzeit eine Neuordnung des Landesrichtergesetzes, und es ist zu überlegen und wird in diesem Rahmen auch geprüft, ob es sinnvoll ist, eine justizeinheitliche Regelung unter Einbeziehung der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu schaffen. Dabei können auf allen drei Ebenen besondere staatsanwaltschaftliche Vertretungen gesetzlich verankert werden. Im Hinblick auf dieses Gesetzesvorhaben wäre eine Teillösung durch Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hilfreich. - Danke schön.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD Drucksache 14/272 an den Rechtsausschuss - federführend - und den Innenausschuss. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ist jemand dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.
10 Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung von § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Ausführungsgesetz zu § 15a EGZPO - AG § 15a EGZPO)
Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Frau Ministerin MüllerPiepenkötter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aufgrund von § 15 a EGZPO ist zum 1. Oktober 2000 in Nordrhein-Westfalen mit dem Gütestellen- und Schlichtungsgesetz für bestimmte bürgerlichrechtliche Streitigkeiten die obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung eingeführt worden. Das betrifft vermögensrechtliche Streitigkeiten vor dem Amtsgericht mit einem Streitwert bis 600 € sowie bestimmte Nachbar- und Ehrschutzstreitigkeiten. Die Regelungen sind zum 31. Dezember dieses Jahres befristet. Die Landesregierung schlägt vor, diese Regelungen um zwei Jahre zu verlängern.
Im Auftrag des Justizministeriums ist das Gesetz evaluiert worden. Die Evaluation hat ergeben - das möchte ich ganz klar sagen -, dass die mit dem Gesetz verbundenen Ziele - Entlastung der Justiz, Etablierung eines schnelleren und kostengünstigeren Verfahrens zur Konfliktbeilegung, Sicherung eines dauerhaften Rechtsfriedens und Schaffen einer neuen Streitkultur - leider nur zum Teil erreicht worden sind. Insbesondere ist die spürbare Entlastung der Ziviljustiz ausgeblieben. Durch die obligatorische Streitschlichtung sind jährlich nur etwa 5.000 Verfahren vermieden worden. Das sind bezogen auf schlichtungsfähige und -pflichtige Verfahren kaum 5 %, bezogen auf alle amtsgerichtlichen Verfahren weniger als 2 %.
Der Erfolg unterscheidet sich aber erheblich hinsichtlich der Tatbestände. Während die streitwertabhängige obligatorische Schlichtung wenig erfolgreich war, konnten Nachbar- und Ehrschutzstreitigkeiten wesentlich häufiger außergerichtlich beigelegt werden.
Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in den Stellungnahmen der beteiligten Institutionen und Verbände wider. Während die nordrheinwestfälischen Rechtsanwaltskammern übereinstimmend für die Abschaffung der außergerichtli
chen Streitschlichtung votiert haben, setzt sich der Bund der Schiedsmänner und Schiedsfrauen für eine Ausweitung des Gesetzes ein. Die gerichtliche Praxis differenziert. Die Streitschlichtung bei den Nachbar- und Ehrschutzstreitigkeiten wird durchgängig positiv bewertet. Die vermögensrechtliche Schlichtung stößt auf Bedenken, insbesondere weil, wie gesagt, messbare Erfolge ausgeblieben sind.
Schließlich haben sich auch die beteiligten Wirtschaftskreise unterschiedlich geäußert. Der Westdeutsche Handwerkskammertag möchte auf die außergerichtliche Streitschlichtung verzichten, während die nordrhein-westfälischen Industrie- und Handelskammern eine solche Abschaffung ablehnen, weil sie darin für die grundsätzlich positiv bewertete außergerichtliche Streitschlichtung ein falsches Signal sehen.
Aufgrund der Erkenntnisse aus der Evaluation des Gesetzes sollte meines Erachtens trotz einer sicherlich angebrachten Skepsis jetzt noch kein endgültiges Urteil über Erfolg oder Misserfolg gefällt werden.
Unter meinem Vorsitz hat die 76. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister im Juni in Dortmund eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe beauftragt, Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung der außergerichtlichen Streitschlichtung zu prüfen, insbesondere Anknüpfungstatbestände. Kommt die Arbeitsgruppe zu sinnvollen Möglichkeiten, ist zunächst das Bundesrecht zu ändern. Erst dann kann der Landesgesetzgeber eine Neujustierung der außergerichtlichen Streitschlichtung vornehmen.
Die Arbeitsgruppe wird von meinem Haus geleitet und hat bereits die ersten Schritte für die weitere Prüfung eingeleitet. Bevor diese Prüfung und die Änderung des Bundesrechts nicht abgeschlossen ist, sollte daher, wie ich bereits anfangs gesagt habe, kein endgültiges Urteil über die außergerichtliche obligatorische Streitschlichtung gefällt werden.
Um auf der einen Seite eine Unterbrechung der außergerichtlichen Streitschlichtung in NordrheinWestfalen zu vermeiden, auf der anderen Seite dem Prüfungsprozess zur Änderung der bundesrechtlichen Vorgaben ausreichend Zeit zu geben, sollte das Gütestellen- und Schlichtungsgesetz um weitere zwei Jahre - aber auch nicht mehr - verlängert werden. Die Zeit von zwei Jahren sollte ausreichen, um die skizzierten gesetzgeberischen Schritte sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene zu bewältigen. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Ministerin Piepenkötter. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung Drucksache 14/244 an den Rechtsausschuss. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.