Protokoll der Sitzung vom 15.05.2008

Sie alle wissen: Es gibt zu diesem Weg keine Alternative. Ich bin froh darüber, dass wir die Kraft entwickelt haben, alle freien Potenziale in diese Aufgabenstellung zu stecken und dass der Einstieg in den Ganztag bei Realschulen und Gymnasien ebenfalls gelingt.

Auch in Fragen des Kinderschutzes bedarf es weiterhin unserer ganzen Aufmerksamkeit sowie

der Zusammenarbeit mit den Kommunen und den vielen Ehrenämtlern im Land. Auch an der Stelle ein Dankeschön für ihre Unterstützung.

Die Fortsetzung des Aktionsplans Integration ist eine Herausforderung, die durch unser Integrationsministerium in herausragender Weise gemeistert wird. Dabei gehen wir einen sehr konsequenten Weg. Wie ernst wir die Aufgabe der Chancengerechtigkeit nehmen, zeigt unter anderem der Topf zur Förderung von Mittagsmahlzeiten. Auch das ist gegenüber der letzten Legislaturperiode ein Qualitätssprung.

Dass Bildung bei all diesen Maßnahmen wesentlicher Baustein ist, war schon in der Vergangenheit bekannt. Nur: Jetzt ist die Zeit der Erkenntnisse und Umsetzungsdefizite vorbei. Wir setzen um! Wir sorgen dafür, dass Bildung wieder greift.

Wir sind uns der Bedeutung der kreativen und kulturellen Förderung unserer Kinder bewusst und fördern deshalb mit großer Konsequenz das Projekt „Schule und Kultur“.

Die Förderung kulturell-musischer Fähigkeiten ist zum Beispiel aus der Initiative „Jedem Kind ein Instrument“ als Basisprojekt der Kulturhauptstadt Essen 2010 ablesbar.

Sie sehen, meine Damen und Herren, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen verstehen diese Aufgaben ressortübergreifend als Querschnittsaufgabe. Wir, die CDU-Fraktion, sind uns bewusst, dass wir die soziale Benachteiligung von Kindern in das öffentliche Bewusstsein rücken müssen. Nicht verschweigen, sondern nach Lösungen suchen!

Das vorbildliche Engagement vieler freier Träger der Wohlfahrtspflege, der Kirchen und privater Initiativen kann dabei gar nicht hoch genug bewertet werden. Das macht eine Bürgergesellschaft aus. Auch hier arbeiten wir sorgfältig und initiativ. Jedes Kind zählt! Jedes!

Der von der Landesregierung einberufene runde Tisch „Hilfe für Kinder in Not“ findet dabei unsere ausdrückliche Zustimmung und wird von uns begrüßt. Er wird zu einer Clearingstelle für politische Entscheidungen reifen.

Wir treten deshalb dafür ein, dass in enger Zusammenarbeit zwischen diversen Initiativen und den Kommunen eine Basis im jeweiligen Sozialraum geschaffen wird, dass regionale Bildungsnetzwerke eine möglichst schnittstellenfreie Bildungslandschaft vor Ort schaffen, die den Kindern und Jugendlichen sowie der Bevölkerung dient, dass die Landesregierung weiterhin dafür sorgt, dass die Qualität des Angebots in den Tagesein

richtungen und Schulen kontinuierlich, Schritt für Schritt, verbessert wird!

Wir treten dafür ein, dass Kindergärten über die Weiterentwicklung der Bildungsvereinbarung hinaus Kinder stärken können!

Wir treten dafür ein, dass wir im Ausbau der Unter-Dreijährigen-Betreuung trotz einer Vervielfachung der Plätze nicht stillstehen!

Wir treten dafür ein, dass der Ausbau von Ganztagsschulen für alle Schulformen in enger Zusammenarbeit zwischen außerschulischen Partnern, der Schule und der Jugendhilfe konsequent weiterentwickelt wird, dass Kinderschutz und die Entwicklung sozialer Frühwarnsysteme weiterhin ein Schwerpunkt der Regierungsarbeit bleibt!

Wir treten dafür ein, dass die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf mehr Chancen in einem sich verändernden familiären und wirtschaftlichen Umfeld bietet und dass aus den in Deutschland insgesamt 145 bestehenden familienbezogenen Leistungen ein Portfolio entwickelt werden kann, das den bedürftigen Familien wirklich hilft!

Wir treten dafür ein, dass die Anhebung des Kindergeldes für kinderreiche Familien genauso berücksichtigt wird wie die Ausweitung der Anspruchsberechtigten für den Kinderzuschlag!

Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht unser Nordrhein-Westfalen in den vier Themen Technologie, Talente, Toleranz und Tradition hervorragend aufgestellt. Wie sie es anlässlich des Zukunftskongresses der CDU-NRW bekräftigte, liege das insbesondere daran, dass wir in Nordrhein-Westfalen mit Bedacht und klarem Plan an wichtigen Zukunftsaufgaben wie Bildung, Wissenschaft, Forschung und Integration arbeiten. Wir werden dort weitermachen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kern. – Für die FDP-Fraktion erhält das Wort der Abgeordnete Lindner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fortschritte, die in Nordrhein-Westfalen für die Chancen von Kindern und Familien erreicht worden sind, kann man insbesondere daran ablesen, wie stark sich die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen im Bereich der Kinderbetreuung engagieren.

Wir haben bei den unter Dreijährigen eine Bedarfsdeckungsquote von 2,8 % vorgefunden. Bis in das nächste Jahrzehnt hinein werden wir auf

20 % und mehr in der Bedarfsdeckung kommen. Das ist eine echte Schwerpunktbildung.

Der Haushaltsbereich, der in diesem und im nächsten Jahr am stärksten besser finanziert werden wird, ist der Bereich von Generationenminister Armin Laschet. Dort ist an Zahlen ablesbar, wie sich diese Koalition für Kinder und Familien engagiert.

(Beifall von der FDP)

Aber nicht nur das! Wir haben in der Vergangenheit unter der Vorgängerregierung nicht nur große Defizite auf dem Feld der Kinderbetreuung erlebt, sondern Kinder standen generell nicht im Zentrum der Bemühungen von Rot-Grün.

Das lässt sich auch symbolhaft an nichts so deutlich zeigen wie an der beklagenswerten Rolle, die der frühere Kinderbeauftragte der Landesregierung hatte. Die Vorgängerregierung hatte Mitte der 90er-Jahre mit großer Geste einen Kinderbeauftragten eingerichtet. Er durfte zu Anfang Veranstaltungen machen. Es gab auch eine interministerielle Arbeitsgruppe. Wenn man sich zum Ende der rot-grünen Regierungszeit erkundigt hat, was eigentlich der Kinderbeauftragte macht, dann wurde mitgeteilt, er sei pensioniert worden; den gebe es gar nicht mehr. Die Funktion wurde damals heimlich still und leise beerdigt.

Das zeigt, welchen Stellenwert Kinder und Familien für Sie hatten: Letztlich nämlich keinen. Dieses Politikfeld ist zwischen den großen Mühlsteinen von Rot und Grün zermahlen worden. Es musste immer weitere Konsolidierungsbeiträge erbringen. Im Ergebnis hatten wir ausweislich der PISAStudie ein Land, in dem die Herkunft – letztendlich das Portemonnaie der Eltern – wie nirgendwo sonst über Bildungschancen entschieden hat.

Das ist auch für die Damen und Herren auf der Tribüne deshalb wichtig zu wissen, weil gleich wieder rote und grüne Abgeordnete mit großer Geste vor das Plenum des Landtags treten und allerlei zusätzliche Maßnahmen einfordern werden. Das alles ist unglaubwürdig, wenn man sich daran erinnert, wie Sie noch vor drei Jahren in eigener Verantwortung hier agiert haben, meine Damen und Herren.

Gleichwohl wollen wir den Blick mit dem Ihnen vorliegenden Antrag nach vorne richten. Ich will einige wenige Stichworte benennen, die aus Sicht der Freien Demokraten für die nächsten Jahre handlungsleitend für die Landespolitik sein sollten.

Wir haben deutlich gemacht, dass wir eine bessere Vernetzung auf der kommunalen Ebene benötigen. Das ist erforderlich, weil viele Impulse, die

wir seitens des Landes gegeben haben, vor Ort aufgenommen werden müssen. Nur in den Städten und Gemeinden wird wirklich über die Lebenswirklichkeit der Familien entschieden. Dort werden die Rahmenbedingungen gesetzt. Wir können vielfach nur anbieten. Die verschiedenen Bausteine müssen dann aber ganz konkret vor Ort angenommen werden.

Wir wollen die Qualität der Kindertageseinrichtungen stärken. Schon in der vergangenen Legislaturperiode habe ich es für erforderlich gehalten, die Bildungsvereinbarung und die trägerindividuellen Bildungskonzepte im Sinne eines Curriculums für Kindertageseinrichtungen, im Sinne eines offenen Bildungsplanes weiterzuentwickeln, wie es ihn in Hessen gibt. Daraus habe ich nie einen Hehl gemacht. Mehr methodische Verbindlichkeit, aber auch mehr Verbindlichkeit bei den Zielen sind nötig. Die vielen unterschiedlichen Dokumente, die wir vom Kinderbildungsgesetz über das Schulfähigkeitsprofil und die Bildungsvereinbarung haben, sollten in einem zentralen Dokument vernetzt werden, wie es das beispielsweise in skandinavischen Ländern gibt.

Es würde ebenfalls zur Qualität beitragen, wenn Grundschulen und Kindertageseinrichtungen noch stärker miteinander kooperierten. Es gibt in manchen Bundesländern Modellprojekte wie offene Bildungshäuser von null bis zehn Jahren. Darin wird der Elementarbereich institutionell mit dem Primarbereich verbunden, um einen langsamen Steigflug in der Art der pädagogischen Zuwendung für die Kinder zu erreichen. Ich halte das für sinnvoll und erforderlich.

Es geht beispielsweise darum, das selbstgesteuerte Lernen, das in Kindertageseinrichtungen Gegenstand eines pädagogischen Konzeptes ist, zunehmend auch durch angeleitetes Lernen zu ergänzen. Es geht aber auch darum, dass selbstgesteuerte Lernprozesse, wie sie im sozialpädagogischen Bereich üblich sind, stärker im Bereich der Grundschule Einzug halten. Wenn man so will, handelt es sich einerseits um eine Sozialpädagogisierung der Grundschule, andererseits aber auch um eine Stärkung der Elemente des schulischen Lernens in Kindertageseinrichtungen.

Entsprechende Modellprojekte zum Beispiel in Baden-Württemberg haben sich als sehr erfolgreich herausgestellt. Sie greifen die langjährige Praxis skandinavischer Länder auf.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Stellen Sie doch bitte eine Zwischenfrage, wenn Sie weiteren Aufklärungs- und Fortbildungsbedarf haben, Frau Löhrmann.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Sie haben doch eigentlich eine gute Kinderstube genossen. Melden Sie sich, dann können wir Ihren Aspekt gerne diskutieren.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Wenn es um die quantitative Dimension geht, unterstreichen wir als Freie Demokraten, dass wir ab dem Kindergartenjahr 2010/2011 einen Rechtsanspruch ab dem zweiten Lebensjahr benötigen. Familien müssen planbar wissen, dass ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr ihres Kindes in jeder Kommune Nordrhein-Westfalens ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen muss. Es darf keine Kommune geben, die sich stärker auf andere Altersgruppen konzentriert oder entsprechende Wünsche aus anderen Gründen abweist. Wir benötigen eine Platzgarantie ab dem zweiten Lebensjahr. Für den Zeitraum vorher haben wir Lohnergänzungsmaßnahmen wie das Elterngeld. Familien haben dann auch keinen so starken Betreuungsbedarf. Ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr steigt dieser aber stark an.

Damit das gelingen kann, müssen wir die Trägerlandschaft weiter pluralisieren. Ich unterstütze die Bundesfamilienministerin von der Leyen ausdrücklich in ihrer Initiative, auch privat-gewerblichen Trägern eine finanzielle Unterstützung ihrer Arbeit zu ermöglichen. Das ist nicht notwendigerweise von jeder Kommune vorzusehen. Dort, wo es sinnvoll und auch vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gewünscht ist, soll es aber rechtlich möglich sein. Wir sollten darüber zu Beginn des nächsten Jahrzehnts sprechen.

Nicht zuletzt benötigen wir mehr betriebliche Kindertagesbetreuung. Es gibt bei Unternehmen noch vielfach Hemmnisse und Vorbehalte wegen der langen Planungszeiträume sowie Unklarheiten über Bedarf und die Förderung des Landes. Ich rege an, eine entsprechende Initiative zu ergreifen.

Wenn wir diese Wegstrecke in qualitativer und quantitativer Dimension weiter bestritten haben – das wird mit Sicherheit erst in einigen Jahren der Fall sein –, wird es möglich sein, darüber nachzudenken, ob wir Familien stärker finanziell entlasten. Das ist kein Projekt für diese Legislaturperiode. In der kommenden Legislaturperiode sollte dieser Landtag aber darüber beraten, ob Familien nicht auch durch eine schrittweise Abschaffung des Elternbeitrags für Kindertageseinrichtungen in dieser finanziell angespannten Lebensphase ent

lastet werden können. – Haben Sie vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Hack das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Herr Lindner, ich bin, wie schon so oft, ganz entzückt von Ihren seherischen Fähigkeiten. Sie wissen jetzt schon, was die SPD an dieser Stelle hier fordern wird.

(Christian Lindner [FDP]: Warten Sie es ab!)

Genau. Warten Sie es doch auch bitte ab! Ich habe mich gefreut, dass Sie im Zuge Ihrer Rede – das sage ich direkt vorab – einige Konkretisierungen zu Sachverhalten vorgebracht haben – darauf komme ich noch zu sprechen –, die uns im Antrag wirklich schmerzlich fehlen.