Meine Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen zur heutigen, der 23. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich sechs Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich folgende Hinweise: Zu Tagesordnungspunkt 13 – „Verfassungsgerichtliches Verfahren wegen Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Vorschriften des Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2010 – Nachtragshaushaltsgesetz 2010“ – haben sich die Fraktionen verständigt, eine Debatte mit Redeblock I zu führen. Hierzu liegt inzwischen auch ein Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 15/1231 vor. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Ich darf außerdem bereits heute mitteilen, dass sich die Fraktionen auf Empfehlung der antragstellenden Fraktion Die Linke darauf verständigt haben, den Antrag Drucksache 15/661 – „Aufarbeitung der NSVergangenheit ehemaliger Landtagsabgeordneter in NRW“ –, der für morgen, Donnerstag, den 3. Februar, als Tagesordnungspunkt 9 vorgesehen war, nicht zu debattieren, sondern zurückzustellen. Der nachfolgende Tagesordnungspunkt wird dann entsprechend vorgezogen. – Auch dagegen sehe ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir morgen so.
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/1225
Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben mit Schreiben vom 31. Januar 2011 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung zum obengenannten Thema eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende Fraktion dem Herrn Abgeordneten Römer das Wort. Bitte schön.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Stunde ist nötig geworden, weil sich der baden-württembergische Ministerpräsident Mappus in einem Interview mit der „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ erdreistet hat, uns in Nordrhein-Westfalen Vorschriften zu machen, wie wir unsere Politik zu gestalten und wo wir politische Schwerpunkte – im Übrigen für eine bessere Zukunft der Menschen und für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land – zu setzen hätten.
Sein Vorwurf, unsere Ministerpräsidentin und die Koalition von SPD und Bündnis 90/Die Grünen würden Gelder aus dem Länderfinanzausgleich für soziale Wohltaten verschwenden, wie er sich ausdrückt, ist so durchsichtig wie Fensterglas und trifft ins Leere.
Seine Drohung, den jahrzehntelang bewährten Länderfinanzausgleich infrage zu stellen und aufzukündigen, verfängt bei uns jedenfalls nicht – auch dann nicht, wenn sich die Bundeskanzlerin, Frau Merkel, willfährig vor Mappus‘ Wahlkampfkarren spannen lässt. Wir knicken nicht ein und fallen schon gar nicht auf die Knie vor Herrn Mappus oder Frau Merkel. Dafür gibt es auch überhaupt keinen Grund.
Unser Land Nordrhein-Westfalen hat, seitdem es den Länderfinanzausgleich gibt, über die vielen Jahre und Jahrzehnte hinweg immer treu und brav gezahlt. Für uns war und ist Solidarität selbstverständlich – auch und besonders unter den Bundesländern. Deshalb hätten wir erwartet, Herr Laumann, dass dieses schamlose Wahlkampfmanöver auf dem Rücken der Menschen in unserem Land von der NRW-CDU entschieden zurückgewiesen worden wäre.
Der eigentliche Skandal ist, dass Sie bis heute nicht den Mut aufgebracht haben, entschieden die Interessen unseres Landes zu vertreten und Mappus und seine Helfershelfer in die Schranken zu weisen. Das Verhalten der NRW-CDU ist der eigentliche Skandal, meine Damen und Herren.
Ich gebe gerne zu: Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass es diese doch so stolze NRW-CDU zulassen würde,
dass den Menschen in unserem Land so vor den Kopf gestoßen wird. Nur um eines vermeintlichen parteipolitischen Vorteils wegen klatschen Sie auch noch Beifall, wenn Herr Mappus aus Stuttgart unser
Herr Laumann, das wird der NRW-CDU nichts helfen. Es bringt Ihnen nichts, für ein Linsengericht die Interessen unseres Landes einzutauschen.
Schauen Sie in die Bibel; dann wissen Sie, dass das überhaupt nichts bringt. Lassen Sie das sein! Sie haben ja gleich die Gelegenheit, das geradezurücken
Was sind die Fakten? – Nordrhein-Westfalen war jahrzehntelang starkes Geberland im Länderfinanzausgleich. Nordrhein-Westfalen hat von 1950 bis 2008 – Herr Kollege Laumann, in diesem Jahr war es zum ersten Mal anders; da haben Sie regiert – knapp 17,3 Milliarden € eingezahlt. Damit ist Nordrhein-Westfalen bis heute das viertstärkste Geberland.
39 Jahre trugen wir die Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen. Jahr für Jahr ist eingezahlt worden. In Ihrer Regierungszeit war dies zum ersten Mal nicht der Fall.
Dazu sage ich: Herr Mappus weiß offensichtlich nicht einmal, wie der Länderfinanzausgleich funktioniert, denn dieser hat mit der Ausgabenseite überhaupt nichts zu tun, sondern orientiert sich ausschließlich an der Finanzkraft der Länder, also an der Einnahmenseite.
Ein Land, das mit seinen Pro-Kopf-Einnahmen über dem Bundesdurchschnitt liegt, ist ausgleichspflichtig. Die anderen erhalten Zuschüsse. Die Finanzkraft eines Landes bemisst sich an der Summe seiner Einnahmen und anteilig, zu 64 %, an der Summe der Einnahmen seiner Gemeinden. Diese fallen wegen wirtschaftlicher, geografischer und regionaler Besonderheiten je nach Land unterschiedlich hoch aus.
Dass wir finanzschwache Gemeinden in NordrheinWestfalen haben und diese auch ihren Anteil am Länderfinanzausgleich einbringen müssen, ist im Übrigen auch Ihrem Raubzug durch die kommunalen Kassen zu verdanken. Auch dafür tragen Sie Schuld, meine Damen und Herren.
(Beifall von der SPD und von den GRÜNEN – Karl-Josef Laumann [CDU] winkt ab. – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Herr Laumann, ich habe jedenfalls bisher an keiner Stelle gehört, dass Sie Ihren Parteifreunden in Süddeutschland einige Hinweise gegeben hätten.
Ich füge hinzu, dass noch etwas verschwiegen wird. Der bundesdeutsche Finanzausgleich besteht nicht nur aus dem Länderfinanzausgleich, sondern auch aus einem Ausgleich bei der Umsatzsteuer, in den Nordrhein-Westfalen 2010 immerhin noch 2,2 Milliarden € einzahlt, weil es das umsatzstärkste Bundesland ist. Das heißt also: Zieht man die 358 Millionen €, die wir aus dem Länderfinanzausgleich bekommen, davon ab, fließen immer noch 1,8 Milliarden € aus Nordrhein-Westfalen in andere Länder. Auch das gehört mit zur Wahrheit. Herr Laumann, ich erwarte, dass Sie dies Ihren Parteifreunden endlich sagen.
Wenn wir schon darüber reden, dass aus den süddeutschen Ländern jetzt mit Fingern auf uns gezeigt wird,
will ich nur daran erinnern, dass gerade das Montanland Nordrhein-Westfalen viele Jahre – bis 1992 hat Bayern aus dem Länderfinanzausgleich Zahlungen bekommen – mitgeholfen hat, dass sich Bayern von einem Agrarland mit schönen touristischen Zielen zu einem hochmodernen Land entwickeln konnte. Das wurde aus Nordrhein-Westfalen auch in einer Zeit geleistet, als es uns hier bei Kohle und Stahl dreckig ging, meine Damen und Herren.
Deshalb lautet meine herzliche Bitte an die Adresse der CDU – die FDP erwähne ich in diesem Zusammenhang gar nicht –: Sorgen Sie endlich dafür, dass dieser Wahlkampf auf Kosten der Menschen in Nordrhein-Westfalen ein Ende hat. Sagen Sie Ihren Parteifreunden in den süddeutschen Ländern, dass sie das sein lassen sollen.
Herr Stoiber hat immer wieder darauf hingewiesen, dass der Länderfinanzausgleich vernünftig und notwendig ist. Seine Nachfolger sollten das auch tun. Herr Laumann, helfen Sie ihnen, sich daran zu erinnern. Sie haben gleich alle Chancen, das hier richtigzustellen. – Vielen Dank.