Der Lohnabstand zu den Regelsätzen kann aus unserer Sicht und auch aus Sicht der SPD letztendlich nur durch einen gesetzlichen Mindestlohn sichergestellt werden.
Wirtschaftsminister Brüderle ist der Meinung, dass der derzeitige Aufschwung ein Beschäftigungsaufschwung sei. Das deutsche Jobwunder löse Hunderttausende persönliche Konjunkturprogramme
aus, konnte man von ihm lesen. Doch wie sehen diese denn aus? Diese persönlichen Konjunkturprogramme sind doch Armutsförderprogramme, sind Leiharbeitsprogramme.
Doch, Herr Laumann. – Sie tragen nicht zur Existenzsicherung von Alleinstehenden und schon gar nicht von Familien bei. Armut trotz Arbeit ist hier weiterhin an der Tagesordnung.
Ja, schön, nicht wahr? Das geht der CDU ja ab. Hören Sie doch auf zu poltern! Das ist ja schrecklich.
(Sören Link [SPD]: Herr Laumann, Selbstkri- tik kennen Sie überhaupt nicht! – Gegenruf von Armin Laschet [CDU]: Er verhandelt ja gar nicht mehr mit! – Ralf Witzel [FDP]: Die offenkundigste Arbeitsverweigerung kommt von den Grünen!)
Nein, das ist überhaupt nichts Neues, Herr Witzel. Diesen Schuh, sich ab und zu zu hinterfragen, könnten Sie sich auch mal anziehen.
Und deswegen darf ich mich hier nicht äußern? Was ist das für ein Demokratieverständnis, Herr Laumann?
(Heiterkeit und Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von der LINKEN – Rüdiger Sagel [LINKE]: Der kommt aus dem Müns- terland!)
Mit dem Münsterland hat das nichts zu tun, glaube ich. Das ist einfach schrecklich. – Sie sind doch sonst dafür, dass als Baustein im Rahmen von Jugendförderung soziale Kompetenz eingeführt wird. Einige Ihrer Herren könnten Sie mal dorthin schicken. Ich finde das unmöglich.
Jetzt möchte ich gerne weitermachen. Der heutige Aktionstag des DGB „Gegen Lohndumping – für sichere und faire Arbeit“ findet deshalb die volle Unterstützung der grünen Landtagsfraktion.
Nun komme ich zu Ihnen, Herr Sagel. Es ist richtig: Wir haben auch eine gewisse Rolle in Bezug auf den Missbrauch des Instruments „Leiharbeit“.
Das gebe ich hier zu; dazu stehe ich. Da haben wir letztendlich historisch auch eine Mitverantwortung,
und zwar dadurch, dass wir an der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Jahr 2002 mitgewirkt haben. Wir können uns im Gegensatz zu anderen Mitmenschen hier vor Ort aber kritisch hinterfragen und haben erkannt, dass es so nicht weitergehen kann.
Damals war das Instrument „Leiharbeit“ als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt angedacht. Dies ist eindeutig fehlgeschlagen. Wenn man sieht, dass im Rahmen des sogenannten Klebeeffektes nur rund 7 % in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden, muss man sich eingestehen, dass der Klebeeffekt ein Mythos ist und dass Leiharbeit absolut kein arbeitsmarktpolitischer Segen ist.
Herr Laumann, das hat auch Ihre Studie ergeben: Wer vorher arbeitslos war, ist es nach der Leiharbeit mit hoher Wahrscheinlichkeit auch.
Herr Bischoff sprach es schon an: Wir haben rund 1 Million Menschen, die von Leiharbeit betroffen sind. In NRW sind es 180.000.
Wir wollen die Leiharbeit generell begrenzen, aber nicht unmöglich machen. Wir sehen ein, dass sie gerade für kleine und mittlere Unternehmen ein Instrument sein kann, insbesondere in Bezug auf Auftragsspitzen oder Krankheitsfälle. Nach unserer Auf
fassung muss Leiharbeit aber wieder stärker reguliert werden. Des Weiteren brauchen wir für die Leiharbeit auch in verleihfreien Zeiten einen Lohn. Zudem möchten wir die Durchsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ durch die Streichung des Tarifvorbehalts einführen. Die Menschen müssen wieder angemessen bezahlt werden. Sie müssen würdig behandelt werden.
Meine Damen und Herren, die Leiharbeit ist kein Wachstumszuwachs. Was für uns Wachstumszuwachs ist, sind reguläre Beschäftigungsverhältnisse. Sozial ist nicht, was Arbeit schafft; sozial ist, was gute Arbeit schafft. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Minister Schneider hat uns in langen Worten erzählt, dass er auf ein gutes Ergebnis hofft, und die NRWErfolge bei den Verhandlungen hier blumig erwähnt. Trotzdem will Nordrhein-Westfalen nicht zustimmen, hat das Kabinett beschlossen. Das ist aus meiner Sicht völlig verquer und paradox. Sie haben völlig an Glaubwürdigkeit verloren.
Die Landesregierung schadet mit diesem sozialpolitischen Eiertanz einerseits natürlich den armen Kindern in diesem Land, aber andererseits den Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Aus unserer Sicht ist das unverantwortlich.
Minister Schneider, Sie haben aus der Landesverfassung zitiert: „Der Lohn muss der Leistung entsprechen“. – Mein Eindruck war: Das war bei Minister Schneider heute Morgen nicht der Fall. Manche können den Eindruck haben, die Landesregierung hätte damit heute Morgen wieder gegen die Landesverfassung verstoßen.
Das war wohl wirklich ein schwieriges Unterfangen in den letzten Monaten. Die Regierungskoalition aus CDU und FDP ist mit dem am Sonntag vereinbarten Kompromiss, wonach der Regelsatz in zwei Schritten angehoben wird, der Opposition entgegengekommen. Natürlich ist das ein Kompromiss, in dem sich nie alle wiederfinden können, jedenfalls nicht vollständig, aber teilweise. Rückwirkend zum 1. Januar soll es eine Erhöhung um 5 € auf 364 € geben.
Anfang 2012 kommen weitere 3 € als Inflationsausgleich hinzu. Auch über die Ausgestaltung des Bildungspaketes wurde Einigkeit erzielt: 2,5 Millionen Kinder aus Familien, die Hartz-IV-Leistungen erhalten, bekommen Zuschüsse zum Schulessen und für die Nachhilfe.
Gestern hat der Vermittlungsausschuss die letzten Streitigkeiten über die Finanzierung des Bildungspaketes beigelegt. Danach erhalten die Kommunen bis 2013 jährlich weitere 400 Millionen € für die Finanzierung der Schulsozialarbeit oder das Mittagessen in Horten. Außerdem will der Bund ab 2012 die Kosten für die Grundsicherung im Alter anteilig und ab 2014 komplett übernehmen. Das ist für unsere Kommunen natürlich ein riesiger Schritt.
Außerdem stockt der Bund seinen Anteil an den Kosten für Unterkunft und Heizung für SGB-IIEmpfänger um 1,2 Milliarden € auf. Auch das ist eine enorme Entlastung für die Kommunen.