Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Stattdessen sind Sie auf CDU- und FDP-Seite leider bemüht, den längst überwunden geglaubten Konflikt um Wirtschaft und Umwelt an jeder Stelle eigentlich wieder aufleben zu lassen. Wo Sie die Möglichkeit haben, versuchen Sie, das zu beschwören. Das ist ein Irrtum. Sie sind damit auf einem toten Pfad, auf einem Abstellgleis. Darum geht es in der Zukunft nicht mehr. Es geht darum, aus Umwelt und Wirtschaft ein Win-win-Team zu machen. Da werden die Arbeitsplätze entstehen. Ich lade Sie ein, in Nordrhein-Westfalen daran mitzuarbeiten. Wir werden dafür sorgen, dass Wertschöpfung in diesem Bereich im Land bleibt und nicht in anderen Ländern aufgebaut wird.

(Ralf Witzel [FDP]: So wie in Datteln!)

Das gemeinsame Credo ist: Ausgaben senken, Wirtschaftskraft und Einnahmen stärken. Wir brauchen dazu eine starke mittelständische Wirtschaft, die ein starker Partner für Ausbildung und stabile Wertschöpfung ist. Der Einzelplan 14 verankert das auch in den Haushaltsansätzen: Förderung des Mittelstands 101 Millionen €, vorgesehen in 2011. Zusammen mit dem EU-Gemeinschaftsprogramm stehen 351 Millionen € für die Förderung von Wirtschaftsentwicklung zur Verfügung. Es gibt ein Mikrodarlehensprogramm für Kleingründungsvorhaben, es gibt die Förderung des Handwerks in 2011 und insgesamt einen steigenden Haushalt des Wirtschaftsministeriums von 3,9 auf 4 Milliarden €.

Sehr geehrte Damen und Herren, damit ist klar: Rot und Grün richten in Nordrhein-Westfalen die Wirt

schaftspolitik entlang einer nachhaltigen Linie aus, versehen mit einer starken Mittelstandsförderung. Das sind die Leitlinien der Wirtschaftsförderung des Landes. Unser Ziel ist es, damit einen Beitrag zur Herstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu leisten.

Ich zitiere ganz kurz das DIW, das für 2011 gesagt hat: Während 2008 noch die Steuereinnahmen sprudelten, muss man für 2011 einen Rückgang des Wirtschaftswachstums befürchten.

Das ist unsere Situation. Sie ist insofern noch unklar, als sich auch Japan und Fukushima auf das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht auswirken

werden. Unser Interesse ist es, Investitionen zu ermöglichen, die die wirtschaftliche Stabilisierung im Land befördern und es uns ermöglichen, wieder an das Niveau von 2008 anzuschließen, das wir immer noch nicht erreicht haben. – Besten Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und von der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schneckenburger. – Für die Fraktion der FDP spricht der Abgeordnete Brockes.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es noch eines Belegs bedurft hätte, dass die rot-grüne Landesregierung nicht in der Lage ist, das Land mit der notwendigen Professionalität zu regieren, ist dieser Beweis eben in der vor dieser Plenarsitzung durchgeführten Sondersitzung zu den angeblich verschwundenen Brennelementekugeln im Forschungszentrum Jülich erbracht worden.

(Beifall von der FDP)

Bereits letzte Woche räumte Staatssekretär Horzetzky in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses ein – ich zitiere aus dem Protokoll –: Es gibt Anlass, Informations- und Kommunikationsprozesse zu optimieren. – Das sagt die Landesregierung selbst.

Das ist aber, ehrlich gesagt, eine äußerst freundliche Umschreibung dafür, dass in der Landesregierung das schiere Chaos herrscht. Nicht einmal ein Jahr im Amt müssen wir leider feststellen: Herr Minister Voigtsberger ist offensichtlich damit überfordert, ein Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr mit zehn Abteilungen und 600 Mitarbeitern zu führen. Das Vertrauen der nordrhein-westfälischen Unternehmen in die Wirtschaftspolitik des Landes ist zutiefst erschüttert.

(Zuruf von der SPD: Quatsch!)

Führende Vertreter der NRW-Wirtschaft beschweren sich öffentlich über die Wirtschafts- und Industriepolitik der Regierung Kraft. In dieser Form hat es das noch nie gegeben. Ich bringe einige Beispiele:

Zitat: Es sei zu bedauern, dass wir zurzeit eine Landesregierung haben, die sich über die Zukunftsfä

higkeit von Nordrhein-Westfalen als Wirtschaftsstandort offensichtlich überhaupt keine Gedanken macht.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Das war 2008, o- der?)

Klare Bekenntnisse zum Industriestandort Nordrhein-Westfalen höre man von der neuen Landesregierung nie oder nur selten.

Das war ebenfalls ein Zitat aus der Wirtschaft; alles in den Zeitungen nachlesbar.

Ein weiteres Zitat: Noch keine Landesregierung, noch kein Wirtschaftsminister haben es geschafft, das Verhältnis zur Industrie so schnell zu zerrütten, wie Harry K. Voigtsberger.

Und noch on the top: Zur alten Landesregierung – Herr Kollege Eiskirch – hätte es einen guten Kontakt gegeben. Diesen Meinungsaustausch habe die neue Regierung nie aufgenommen. Sie wollten gar nicht mit uns reden. Denn es sei egal, was die Wirtschaft denkt, Hauptsache, wir zahlen unsere Steuern.

Herr Minister Voigtsberger, wenn sich Vertreter von Industrieunternehmen und mittelständischen Unternehmen mit so deutlichen Worten an die Öffentlichkeit wenden, muss man sich selbstkritisch fragen: Bieten nicht nur die Informations- und Kommunikationsprozesse Anlass zur Optimierung, sondern vielleicht auch die gesamte Wirtschafts- und Mittelstandspolitik?

(Beifall von der FDP – Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

In Ihrem Wirtschaftsbericht 2011 schreiben Sie: Die Wirtschaftspolitik wird die Rahmenbedingungen für Mittelstand und Handwerk verbessern. Man sei gefordert, die notwendigen Freiräume für die kleineren und mittleren Unternehmen zu schaffen.

Was haben Sie in Ihrer bisherigen Amtszeit getan, um den Unternehmen in Nordrhein-Westfalen neue Freiräume zu schaffen? – Auch nach intensiven Recherchen muss ich sagen: Nichts! Oder wollen Sie etwa die Reform des Gemeindewirtschaftsrechts als eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Mittelstand und Handwerk verkaufen,

(Thomas Eiskirch [SPD]: Absolut!)

dass jetzt die Stadtwerke den kleinen Mittelständlern Konkurrenz machen und mittlerweile sogar Fahrräder und Glühbirnen verkaufen? – Wohl kaum. Denn damit haben Sie den kommunalen Unternehmen Tür und Tor geöffnet, um in die Geschäftsfelder der kleinen und mittelständischen Wirtschaft einzudringen und dem Handwerk die Aufträge wegzunehmen.

Es ist schon bemerkenswert, dass es nach Vorlage Ihres 80-seitigen Jahreswirtschaftsberichts nur

exakt einen Presseartikel dazu gegeben hat. Bei der

großen öffentlichen Veranstaltung zur Vorstellung des Plans ist ein Großteil der Wirtschaftsvertreter schon während der Ausführungen des Ministers gegangen, so enttäuschend waren die.

Noch bemerkenswerter ist die inhaltliche Botschaft, die Sie gebracht haben: Voigtsberger bekräftigt seine Pläne, in Nordrhein-Westfalen nach dem Ende des subventionierten Steinkohlenabbaus 2018 ein Referenzbergwerk für wissenschaftliche Zwecke zu erhalten. – Ist das alles, was Sie an Ideen für die Zukunft Nordrhein-Westfalens zu bieten haben? Neue Steuermittel für ein Steinkohlenbergwerk?

Dankenswerterweise hat Kollege Priggen direkt reagiert und klargestellt, was davon zu halten ist – Herr Kollege Priggen, da bin ich bei Ihnen –, nämlich nichts. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, keine Landesmittel für den Bergbau auszugeben. Das gelte auch für ein Forschungsbergwerk.

Wenn man sich die Wirtschaftskapitel des von Ihnen zur verantwortenden Haushaltsplans anschaut, stellt man fest, dass sich gegenüber dem letzten schwarz-gelben Haushalt wenig – eigentlich fast gar nichts – geändert hat. Die Ansätze sind weitestgehend fortgeschrieben worden. Neue Akzente, wie angekündigt, sucht man vergebens. Das ist, ehrlich gesagt, auch gut so. Denn schließlich haben wir als Koalition Ihnen mit dem Haushaltsentwurf 2010 eine ausgezeichnete Vorlage geliefert.

Meine Damen und Herren, eine erfolgreiche Wirtschafts- und Mittelstandspolitik lässt sich auch nicht an den einzelnen Stellen im Haushaltsansatz ablesen; denn die Unternehmen in diesem Land, gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen, wollen eben keine staatlichen Subventionen, sondern vernünftige wirtschaftliche Rahmenbedingungen.

Doch wenn der Wirtschaftsminister selbst schon keine entsprechenden Initiativen startet, kann man doch erwarten, dass er sich bei Maßnahmen seiner Kabinettskollegen, die dem Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen nachweislich schaden, für die Interessen der Unternehmerinnen und Unternehmer einsetzt. Aber, wo war denn der Wirtschaftsminister, als der Innen- und der Finanzminister die verfassungsrechtlich höchst bedenkliche Bettensteuer landesweit zugelassen und sie den Kommunen auch noch als richtigen Weg empfohlen haben?

(Zustimmung von der SPD)

Meine Damen und Herren, er ist abgetaucht. Jetzt kommt die Quittung dafür. Während sich die Hotellerie in allen anderen Städten im Aufwind befindet, geht es in den Städten mit Bettensteuer bergab. Gerade sind die neuen Zahlen erschienen – Herr Finanzminister, hören Sie gut zu; denn Ihre Heimatstadt ist dank Ihrer Empfehlung leider auch dabei –: In Duisburg sank die Anzahl der Übernachtungen im Dezember um 18,6 % und im Januar um 23 % gegenüber dem Vorjahr, während landesweit ein

Anstieg um knapp 10 % zu verzeichnen ist. Die Hotellerie in Duisburg ruft klar zum Widerstand auf. Sie informiert alle ihre Gäste über diese verfehlte Politik, die – wie auch im Landtag – von SPD, Grünen und Linken so getragen wird, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Herr Finanzminister, Sie wollten es ja unbedingt in Köln so haben. In Köln ging der Umsatz des Hotelgewerbes in den ersten beiden Monaten des Jahres um 6,4 % gegenüber dem Vorjahr zurück. Meine Damen und Herren, zum Vergleich: In Düsseldorf und Bonn dagegen verzeichneten die Hotels ein Umsatzplus von 20,6 % und 17,8 %.

(Martin Börschel [SPD]: Sie wissen, dass die Zahlen nicht stimmen! Das ist Propaganda! Auf welche Zahlen beziehen Sie sich denn?)

Also, Herr Kollege, wenn die Zahlen nicht stimmen, dann hat „Ihr“ Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik hier völlig versagt. Dann würde ich dort mal aufräumen, wenn Ihre Behauptungen stimmen.

Meine Damen und Herren, der Dehoga sagt hierzu …

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

Hören Sie gut zu. Es betrifft nämlich Ihren Ort, Herr Börschel. Sie haben das dort zu verantworten.

(Martin Börschel [SPD]: Ja!)

Der Dehoga sagt:

„Wir sehen unseren Kongress- und Tagungsmarkt bereits in andere Städte abwandern, nehmen als Hotellerie und Gesamtstandort Köln am allgemeinen Wirtschaftsaufschwung nicht teil und verlieren Marktanteile in unseren stärksten Bereichen.“

Meine Damen und Herren, damit ist genau das eingetreten, wovor wir und zahlreiche Sachverständige in der Anhörung des Wirtschaftsausschusses gewarnt haben.