Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

Das stimmt aber nur, wenn der Wurm nicht aus dem Boden schaut.

(Lachen von der SPD und den GRÜNEN)

Die vorgelegte Novelle ist ein Zeugnis des immer wieder mehr als durchschimmernden Drangs der rot-grünen Koalition, dem Medienbereich die Zügel anzulegen, kurzum: den eigenen Einfluss auszubauen.

Aber wenn mehr politische Einflussnahme auf die Medien und die Durchsetzung eigener Interessen in den Gremien im Vordergrund stehen, gehen wir eine große Gefahr ein, denn dabei werden schwere Schäden für das Rundfunk-, Presse- und Mediensystem bewusst in Kauf genommen.

Wohin das führt, konnte man in diesen Tagen im Südwesten der Republik beobachten. Die skandalöse Einflussnahme von SPD und Grünen, wie sie

ein CDU-Generalsekretär zu Recht genannt hat, hat ein Trümmerfeld hinterlassen. Es ist überflüssig, den schweren Schaden zu betonen, den allein schon der Eindruck der politischen Einflussnahme verursacht.

(Nadja Lüders [SPD]: Oh!)

Die Geschädigten sind dabei nicht nur das Ansehen der und das Vertrauen in die öffentlich-rechtlichen Medien; das ist auch ein Verlust von Ansehen der und Vertrauen in die Politik.

(Beifall von der FDP)

Die Ministerpräsidentin hat sich in dieser Frage fürs Fähnchen im Wind entschieden. Nun, was sind die medienpolitischen Rahmenbedingungen in diesem Land? Es gibt leider einen Trend bzw. eine Tendenz einer ungebremsten Expansion gebührenfinanzierter Inhalte im Internet durch intransparente Beteiligung und Kooperation sowie durch zu viel Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das sind Unwuchten im Mediensystem, die entstanden sind und die behoben werden müssen.

Denn diese Unwuchten schaden nicht nur den Lokalradios, sie schaden allen privaten Anbietern von Presse- und Mediendiensten.

(Beifall von der FDP)

Denn sie verstärken den Druck des WDR als Konkurrent zu Angeboten privater Medienhäuser im Onlinebereich und sogenannten presseähnlichen Erzeugnissen.

Zur Meinungsvielfalt – ich möchte das noch einmal wiederholen – gehören aber private und öffentlichrechtliche Medienangebote. Sie müssen zusätzlich zum Rundfunk als gleichberechtigte Säulen nebeneinanderstehen.

Deshalb sind am Gesetzentwurf der Landesregierung Änderungen notwendig. Die haben wir in unserem Änderungsantrag skizziert, den wir heute zur Abstimmung stellen. Bestandteil davon ist ein echter Einstieg in die Werbefreiheit im öffentlich

rechtlichen Hörfunk, wie sie von SPD und Grünen ihn auch in den resolutionshaften Beschlüssen im Sommer des letzten und im Oktober des vorletzten Jahres gefordert und versprochen haben.

Die jetzigen Trippelschritte, die Sie in diesem Rückzugsgefecht gegen die Werbefreiheit in einem durch Beiträge hochfinanzierten Sender machen, und das, was Sie hier abliefern, ist den bisherigen Debatten und Ankündigungen nicht würdig. Ihre Verrenkungen sind bemerkenswert.

In der Ausschusssitzung der vergangenen Woche – insofern muss ich Prof. Sternberg völlig recht geben – haben SPD und Grüne noch behauptet, dass ihr Wortbruch in Sachen Werbung die Schuld der CDU sei, die nicht Mitantragsteller sein wolle. Okay, ich kann das verstehen: Sie wollten lieber Hähn

chen im kuscheligen Korb als Hähnchen auf dem Grill sein.

Jetzt reichen Sie im letzten Moment doch noch einen Änderungsantrag mit einer – nüchtern betrachtet – doch eher kosmetischen Anpassung ein. Sie tun so, als würden nun die Werbeakquisiteure der Lokalradios damit eine Suppenkelle in der Hand halten. Es kommt aber gar kein Suppentopf bei Ihrer Lösung hervor, sondern allenfalls eine halbvolle Espressotasse.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP)

Der Lokalfunk leidet an der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz bei der Akquise. Ihm wird finanziell die Luft zum Atmen genommen.

Bestandteil unseres Änderungsantrages ist darüber hinaus aber eben auch die Abwehr des offensichtlichen Versuchs von SPD und Grünen, mehr Einfluss in den Aufsichtsgremien zu bekommen. Der Rundfunkrat wird aufgebläht und ein wenig mehr auf RotGrün gebürstet.

Bei den Änderungsanträgen haben wir uns gerade gegen die Aufblähung des Rundfunkrats und die deutlich ersichtliche Versorgung der mit – ich sage es jetzt einmal vorsichtig – rot-grün-befreundeten Organisationen beschäftigt. Es geht dabei freilich um den Versuch der Koalition, größeren Einfluss zu bekommen – sicherlich auch im Hinblick auf die Wahl eines Rundfunkratsvorsitzenden.

Ein Punkt ist mir noch wichtig: Das Landesmediengesetz ist ein bisschen versteckt als Artikelgesetz bei der WDR-Gesetz-Novelle angetackert. Aber auch im LMG ist wieder dieses Gängelband zu spüren. Ein unliebsamer Direktor wird mit dem letzten Beschluss zum Landesmediengesetz entsorgt, indem man für einen medienpolitischen Spitzenjob die Anforderung auf eine Befähigung zum Richteramt verengt. Es geht einfach darum, unliebsame Personen zu entsorgen.

Ich glaube: Mindestens hier wäre eine Korrektur notwendig, denn die Menschen merken, wenn es Parteien eben nicht um die Stärkung von Vielfalt, sondern einfach um knallharte Machtpolitik geht. – Danke sehr.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Lamla.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier auf der Tribüne und zu Hause im Stream!

„Zugleich werden wir uns dafür einsetzen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf Werbung und Sponsoring verzichtet. Werbung und Spon

soring sollten ausschließlich der Finanzierung kommerzieller Medienangebote dienen.“

Kommt das jemandem hier bekannt vor?

(Zustimmung von Prof. Dr. Thomas Stern- berg [CDU])

Zumindest einigen müsste es bekannt vorkommen, denn so zumindest hieß es im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen, und auch so wurde im Wahlkampf dafür getrommelt.

Werbeverzicht – genau das aber findet jetzt nicht statt. Es wurde ein fauler Kompromiss gefunden, bei dem Werbung bis 2019 schrittweise von 90 auf 60 Minuten reduziert wird. Was heißt das in Zahlen? – Würde man tatsächlich die komplette Werbefreiheit herstellen, würde das für den WDR ein Minus von ca. 3 % des Gesamtbudgets bedeuten. Diese 3 % würden weder die Existenz des WDR gefährden, noch zu Massenentlassungen führen. So etwas wird allerdings in der einen oder anderen Stellungnahme suggeriert.

Ich habe an dieser Stelle wirklich den allerhöchsten Respekt für gewerkschaftliche Arbeit und auch für die Personalverantwortung des Intendanten. Aber ich wünsche mir auch an dieser Stelle ein bisschen mehr verbale Abrüstung.

Wir Piraten stehen für einen unabhängigen und starken öffentlichen Rundfunk. Um diesen zu erreichen, müssen wir uns allerdings von den Werbeeinnahmen und Sponsoringverträgen befreien, meine Damen und Herren.

(Beifall von den PIRATEN)

Mit einem komplett werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk würden wir zudem die Akzeptanz der Haushaltsabgabe erhöhen; denn ich kann wirklich keinem Rundfunkbeitragszahler erklären, warum er trotz einer Haushaltsabgabe mit Werbung bedudelt wird. Diese aktuelle Mischform aus öffentlich-rechtlichem Rundfunk mit Werbezeiten ist ein kaputter Zustand. Es erfordert sichtlich einer politischen Entscheidung, um dies zu reparieren. Leider ist man seitens der rot-grünen Regierungsfraktion nicht bereit, diesen mutigen Schritt zu gehen, versteckt sich hinter faulen Kompromissen und schiebt die Zuständigkeit wie so oft hier im Landtag plötzlich und scheinheilig auf die Bundesebene.

(Beifall von den PIRATEN)

Ich bin davon überzeugt, dass es unser öffentlichrechtlicher Rundfunk locker mit Netflix und anderen neuen Teilnehmern an der Medienlandschaft aufnehmen könnte. Dazu bedarf es aber eines Ausbaus der Onlinemediatheken. Die Archive müssen geöffnet und den Menschen, die die Inhalte bereits schon bezahlt haben, rund um die Uhr online und werbefrei zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Wenn sie für etwas bezahlen, möchten die Menschen die Werbefreiheit genießen. Sie möchten einen Unterschied erleben. Sie möchten die Möglichkeit bekommen, zwischen Programmen mit und ohne Werbung wählen zu können. Diese Möglichkeit bekommen sie jetzt nicht. Dazu bedarf es einer klaren und offensichtlich mutigen Entscheidung, zu der die Mehrheit im Landtag allerdings nicht fähig ist.

Ich gehe noch ein bisschen weiter in die Zukunft. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, für klare und werbefreie Verhältnisse zu sorgen, gefährden wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Allgemeinen; denn Netflix und Co. sind in ihrer Entwicklung und Marktdurchdringung nicht etwa am Ende. Sie sind erst am Anfang. Ich würde Ihnen ungern in einigen Jahren sagen, wir Piraten haben es Ihnen doch gesagt. Ich könnte an dieser Stelle noch so viele andere Dinge sagen und auf so viele andere Punkte eingehen. Allerdings wird mir die Zeit dazu fehlen.

Sitze für die Vertreter von neuen Medien, NGOs und Gruppen oder Organisationen aus diesem Bereich im Rundfunkrat? Fehlanzeige! Jetzt können Sie natürlich sagen, diese können sich auf die paar Sitze bewerben. Wie gut das geklappt hat, haben wir bei der Landesmedienkommission gesehen. Die Liste mit den Vorschlägen der Vertreter der neuen Medien wurde hier im Landtag von der Mehrheit einfach weggestimmt. Jetzt sitzt in der Kommission kein Vertreter. Super! Was sollen wir mit solch einer Regelung?

Eben wurde das Onlinekonsultationsverfahren angesprochen. Das Onlinekonsultationsverfahren hat ergeben, dass Werbefreiheit gut ist. Es war eine Forderung daraus. Was haben wir jetzt? Nichts! Das war kein Onlinekonsultationsverfahren, sondern es war eine Beteiligungssimulation, meine Damen und Herren.

Ich fasse zusammen: Dieses Gesetz ist nichts. Noch einmal neu, bitte! – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die Landesregierung spricht Herrn Minister Lersch-Mense.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Medienwelt ist mit Blick auf seinen Auftrag, seine Struktur und seine Finanzierung immer wieder zu überprüfen und neu zu bestimmen. Dies haben wir mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung getan.

Es ist unsere Aufgabe, den WDR als größte Landesrundfunkanstalt und als Garanten für demokratische Informationsvermittlung und Meinungsbildung