Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

(Armin Laschet [CDU]: Sie sind kein Kollege!)

der im März letzten Jahres von diesem Pult aus behauptet hat, dass der Islam mit der freiheitlichen Grundordnung unserer Verfassung unvereinbar sei. Mit der freiheitlichen Grundordnung unserer Verfassung unvereinbar sei –

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Sie wissen ganz genau, dass das falsch ist!)

das ist, meine Damen und Herren – ich sage das in dieser Deutlichkeit –, AfD-Ideologie pur!

(Beifall von der SPD – Armin Laschet [CDU]: Sie machen Fackelzüge gegen Flüchtlinge! Wie schlecht geht es euch?)

Die Redezeit.

Und auch damit konfrontiere ich Sie jetzt: Ihr Fraktionsmitglied Werner Lohn sagte über die Kölner Silvesternacht: „Während die Politik- und Polizeispitze im Urlaub weilte, hat man das Volk in Köln in einen Krieg geschickt, den es nicht gewinnen konnte“.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Das ist die Sprache rechter Verschwörungstheoretiker und Untergangspropheten!

(Beifall von der SPD)

Also, meine Damen und Herren, …

Herr Kollege Römer, die Redezeit ist erheblich überschritten.

Herr Kollege Laschet, nur weil Sie ein schwacher Parteivorsitzender sind,

(Lebhafter Widerspruch von der CDU – Lutz Lienenkämper [CDU]: Sie sind ein schwacher Fraktionsvorsitzender!)

ist das noch längst kein Grund, …

Kollege Römer, die Redezeit.

… dass Sie hier in diesem Hohen Hause so überdrehen, wie Sie das vorhin gemacht haben.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, …

Herr Kollege Römer, die Redezeit.

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich das jetzt schon anhören.

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Eine Bemerkung zum Schluss: Die SPD kämpft seit mehr als 150 Jahren gegen Reaktionäre, gegen Faschisten, gegen Totalitaristen!

Herr Kollege Römer, die Redezeit!

Und wir wissen, meine Damen und Herren, was dieser Kampf bedeutet und was er erfordert!

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Hören Sie ein- fach auf! Lassen Sie es sein!)

Dafür brauchen wir keinen Nachhilfeunterricht – schon gar nicht, meine Damen und Herren, von deutschen Konservativen. Schon gar nicht von deutschen Konservativen!

(Lang anhaltender Beifall von der SPD – Lutz Lienenkämper [CDU]: Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der CDU – Abgeordnete der CDU-Fraktion, die den Saal verlassen hatten, nehmen wieder ihre Plätze ein.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte gerne zwei Anmerkungen machen.

Zum einen müssen bitte in jeder Debatte, und wenn Sie noch so hitzig und heftig geführt wird, zu Protesten Anlass bietet und ein Teil der Kolleginnen und Kollegen auszieht, die Redezeiten in etwa eingehalten werden. Wir versuchen hier, bei sehr bedeutsamen Debatten, die ja angemeldet werden, die Vereinbarung großzügig so auszulegen, dass sie gerecht bleibt. Das wird aber schwierig, wenn einzelne Kolleginnen und Kollegen die Redezeit in der Weise überziehen.

Zum anderen bitte ich doch darum, dass wir auch daran denken, dass nicht alle Menschen, die unsere Debatte verfolgen, wirklich Tag für Tag auch verstehen, in welcher Situation wir hier miteinander reden. Und manche der Bilder, die wir auch in die Welt senden und die wir über den Stream hinausschicken, …

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Ich habe keinerlei Schuldzuweisungen vorgenommen. Dass ich nach dem SPD-Vorsitzenden in dieser Weise agiere, sollte Ihnen ja auch deutlich machen, an wen ich mich auch richte.

(Klaus Kaiser [CDU]: Nee! Unglaublich! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ich bitte daher, dass wir bedenken, welche Wirkung wir mit einer Debatte erzeugen.

Herr Kollege Lindner für die FDP-Fraktion hat jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Römer, die Rede, die Sie hier gehalten haben, war diesem Haus und auch Ihrer Person nicht würdig.

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)

Das sage ich in aller Klarheit: Bei aller politischen Auseinandersetzung, die wir hier auch herzhaft führen und in der wir auch gerne einmal mit Zuspitzungen arbeiten: Wenn Sie den Kolleginnen und Kollegen der CDU Rechtspopulismus vorwerfen, dann verharmlosen Sie die wahren Feinde unserer Gesellschaft.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ich möchte Ihnen deshalb dringend raten, diese Bemerkung noch am heutigen Tag aus der Welt zu schaffen und sich bei der CDU zu entschuldigen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Und das meine ich wirklich kollegial. Wenn Sie es nicht machen: Wie soll die Debatte denn weitergehen? Wollen wir dann hier Debatten über die Äußerungen von Sigmar Gabriel führen, der im „Stern“ gesagt hat: „Es gibt ein Recht darauf, deutschnational zu sein“? Sollen wir das dann demnächst diskutieren und so auslegen, dass wir sagen: Aha, er äußert Verständnis für Rechtspopulismus? Wollen wir uns auf Dauer mit den drei SPD-Ortsvereinen beschäftigen, die mit Pegida-Parolen auf der Straße unterwegs sein wollen?

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)

Wollen wir das so machen? Hören Sie auf damit! Dieses Niveau beschädigt uns und unser demokratisches Miteinander.

Wir sehen doch, dass überall in Europa die Rechts- und Linkspopulisten wachsen. Natürlich steht Europa vor großen Herausforderungen, das ist doch klar: Eurokrise, Flüchtlingskrise und auch die nicht problemlösungsfähigen Strukturen in Europa. Das besorgt mich aber weniger; denn im Zweifel wird Europa mit Eurokrise, Flüchtlingskrise und seinen strukturellen Problemen fertig werden. Das Problem sind die Rechtspopulisten. Denn wenn eins die Grundfesten der europäischen Einigung erschüttert, dann das: wenn wieder eine nationale Abschottungspolitik gemacht werden würde! Und dagegen müssen wir uns gemeinsam wehren!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Und dagegen müssen wir uns gemeinsam wehren – auch in Deutschland. In Frankreich hat sich Le Pen von den Radikalen getrennt, um bürgerlicher wirken zu können. In Deutschland hat sich die AfD von den Bürgerlichen getrennt, um radikaler sein zu können.

Die sprechen, wie es gesagt worden ist – Herr Römer, Sie haben sie zitiert –, vom „Schießbefehl an der deutschen Grenze“. Sie verwenden den Begriff „Volksgemeinschaft“, als sei das noch eine kulturelle, religiöse oder ethnische Identität, mit der man wie vor 150 Jahren Politik machen könnte. Das sind autoritäre Begriffe. Das sieht man auch daran, dass sie mehr Verständnis für Putin als für Obama haben.

Das ist eine Partei, die allen Ernstes wieder rassetheoretische Redner in ihren Reihen toleriert. Herr Gauland sagt, die aktuelle Flüchtlingskrise sei ein „Geschenk“ für seine Partei. Wenn es ein ungeschriebenes Kapitel des Grundgesetzes gibt, das eine historische Lehre aus 1945 enthält, dann doch dieses: Eine Partei, die wieder völkisch denkt, die Rassepolitik macht und die Krisen nicht lösen will, sondern sie geradezu herbeisehnt, darf in Deutschland niemals mehr politische Bedeutung erlangen.

(Beifall von allen Fraktionen)