Protokoll der Sitzung vom 03.03.2016

Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Rohwedder.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) : Vielen

Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Im vorliegenden Antrag wird gefordert, kleine und mittelständische Schlachtbetriebe zu unterstützen. Das findet auch unsere Zustimmung. Denn damit stützen wir regionale Wertschöpfungsketten und erreichen kurze Transportwege für Schlachttiere.

Für die Verbraucher bedeutet die regionale Schlachtung mehr Transparenz. Das Schlachtvieh kommt vorwiegend aus einem Umkreis von etwa 20 km, und durch die Warmverarbeitung kann auf den Zusatz von Phosphat bei der Wurstherstellung komplett verzichtet werden.

Die Vorteile und die Notwendigkeit einer dezentralen Schlachthofstruktur sind bisher vor allem bei Insidern bekannt. Das sollte geändert werden, und das kann es wohl auch, wenn die Inhalte tatsächlich umgesetzt werden. Die regionale Schlachtung ist bisher noch kein sonderlich bekanntes Verkaufsargument, für das die Betriebe höhere Verkaufserlöse bekommen.

Viele Verbraucher zeigen aber sehr wohl die Bereitschaft, höhere Preise für artgerechtere Tierhaltung, für Tier- und Umweltschutz zu bezahlen.

Dazu ist es notwendig, dass die Mehrkosten für die regionalen Schlachthöfe in einem Gesamtkonzept für artgerechtere Haltung und das Tierschutzkonzept insgesamt kommuniziert werden. Das in NordrheinWestfalen existierende Konzept „Nachhaltige Nutztierhaltung“ bietet dafür den Rahmen. Denn zu einer nachhaltigen Nutztierhaltung gehört am Ende natürlich auch die tierschutzgerechte regionale Schlachtung, Verarbeitung und Vermarktung.

Trotz der seit Jahrzehnten EU-weit betriebenen Zentralisierung von Schlachthöfen gibt es bei uns etwa 450 kleinere und mittlere Schlachtstätten, darunter solche, die saisonal oder nur an einem Tag oder an zwei Tage in der Woche schlachten. Für diese kleinen Schlachtbetriebe, die vor allem von Biolandwirten bzw. bäuerlichen landwirtschaftlichen Betrieben genutzt werden, sind die behördlichen Rahmenbedingungen besonders schwierig. Das wurde hier schon ausgeführt; darauf gehe ich nicht im Detail ein. Aber hier eine Unterstützung und gegebenenfalls eine Förderung zu erreichen, ist auch in unserem Sinne. Der Antrag findet daher unsere Zustimmung.

Eine persönliche Bemerkung zum Abschluss: Ich wohne in Dortmund. In ganz Dortmund ist kaum mal eine geräucherte Schweinebacke aufzutreiben. Ich hoffe sehr, dass sich das ändert, sodass ich nicht mehr bis nach Hamburg oder Schleswig-Holstein fahren muss, um mal ein vernünftiges Stück Fleisch zu bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN – Josef Hovenjür- gen [CDU]: Geben Sie mal eine Anzeige auf: Suche Leute mit Schweinebacke!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. Bei Ihren Einkaufsbemühungen in Dortmund wünschen wir Ihnen natürlich alle viel Erfolg.

(Heiterkeit)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht ist der aktuelle Vorschlag der CDU in Schleswig-Holstein auch die richtige Lösung, um in Dortmund das Angebot für Herrn Rohwedder zu komplettieren.

(Heiterkeit – Hendrik Schmitz [CDU]: Sehen Sie: Gar nicht so dumm der Vorschlag!)

Aber in der Tat, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben alle Rednerinnen und Redner die Problematik dargestellt sowie richtige und wichtige Vorschläge gemacht. Insofern unterstützt die Landesregierung voll und ganz das, was die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag dargelegt haben.

Wenn man eine Tierhaltung haben möchte, die nachhaltig organisiert ist, die regional organisiert ist und die biologisch und ökologisch organisiert ist, dann reicht es nicht aus, auf der einen Seite Wünsche von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu formulieren und auf der anderen Seite die Landwirte dazu aufzufordern, genauso zu produzieren.

Was oft fehlt und in den letzten Jahren und Jahrzehnten weggefallen ist, ist das, was dazwischen liegt, nämlich eine möglichst regionale Verarbeitung.

Zu einer solchen Verarbeitung gehören auch der Metzger vor Ort, der vielfach durch den Supermarkt oder den Discounter ersetzt worden ist, und der regional orientierte und überhaupt noch vorhandene Schlachthof. In den letzten Jahrzehnten hat es auf diesem Gebiet eine Entwicklung gegeben, die nicht so einfach wieder zurückzudrehen ist.

Die vorhandenen Strukturen zu stützen und an der einen oder anderen Stelle neue Möglichkeiten zu eröffnen, um die Wertschöpfungskette in den Regionen zu halten und nachhaltige Tierhaltung regional abzusichern und zu unterstützen, ist ein lohnenswerter Ansatz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine Zahl nennen, die für Nordrhein-Westfalen auch ökonomisch interessant ist. 65 % der Wertschöpfung der landwirtschaftlichen Betriebe in Nordrhein-Westfalen kommen über die Nutztierhaltung. Wenn wir den Anspruch haben, stärker regional zu agieren, spielen gerade regionale Schlachthöfe eine besondere Rolle. Hier gibt es Anknüpfungspunkte, um die erzeugungsnahe Wertschöpfungskette, die Regionalität, die Spezialitäten aus der Heimat und die tiergerechte Erzeugung in Einklang zu bringen. Das ist auch Gegenstand der Brancheninitiative „Tierwohl“ und verschiedener anderer Labelinitiativen, die gerade an dieser Stelle einen besonderen Schwerpunkt setzen.

Wir als Landesregierung versuchen durch die Initiative „Meisterwerk NRW“, die Strukturen auch in der Vermarktung zu unterstützen. Das Projekt ist von unserem Haus initiiert worden, um insbesondere die Betriebe des Fleischerhandwerks, des Bäcker- und des Brauhandwerks dadurch zu unterstützen. Das sind nämlich Handwerkskünste, die verloren zu gehen drohen. Solche Künste brauchen die Unterstützung. Unser Land ist ein Land der Handwerkerinnen und Handwerker. Was wäre das Quartier, was wäre das Dorf und was wäre der Stadtteil ohne den Metz

ger und den Bäcker? Das sind Meisterwerke in Nordrhein-Westfalen, oft mit speziellen Produkten, die auch beworben und vermarktet werden sollen.

Hier hat es in den letzten Jahren fatale Entwicklungen gegeben. Strukturen sind weggebrochen. Zu einem örtlichen Metzger gehört eben auch der regionale Rohstoffbezug. Meistens fördert es auch das Überleben dieser Betriebe, wenn sie darauf verweisen können, woher das Tier kommt, wer es geschlachtet hat und wo es auf der Weide gestanden hat. All das sollte in einem solchen System, welches stärker in Richtung Tierschutz geht, auch stärker durch uns unterstützt werden.

Ich bin sehr damit einverstanden, die vorgeschlagenen Verbesserungen im Einzelnen fachlich zu erörtern. Ich würde auch darauf setzen, die in der Debatte oder in der Diskussion im Ausschuss angeführten Punkte sehr intensiv zu untersuchen und zu erörtern, damit wir dann zu einer guten gemeinsamen Lösung kommen.

Das Ziel ist klar. Manchmal ist das eine oder andere auf der Wegstrecke nicht ganz so einfach. Aber ich hoffe, durch diese gemeinsame Initiative werden wir hier noch einiges bewegen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/11230 an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. – Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

6 Dem Ungleichgewicht im Milchmarkt begeg

nen – Dumpingpreise verhindern – Gründung einer gemeinsamen Vermarktungsplattform vorantreiben

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/11223

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDUFraktion Frau Schulze Föcking das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Milchbauern und nicht nur die, sondern insgesamt die Landwirte, stehen derzeit mit dem Rücken zur Wand. Die Lage sowohl auf dem nationalen als auch dem europäischen Milchmarkt und auf dem Weltmilchmarkt ist extrem angespannt. Vor 25 Jahren bekamen die Landwirte noch rund 80 Pfennige pro Liter Milch ausgezahlt. Heute sind es im Durchschnitt nur noch 27 Cent oder weniger. Das ist mehr als ein Drittel weniger. Die schwächelnde Nachfrage in China sowie das Russlandembargo führen in Verbindung mit dem Auslaufen der Milchquote nach wie vor zu einem Überangebot an Milch.

Das Besondere an der Milchproduktion ist, dass erstens es sich bei unverarbeiteter Milch um ein sehr schnell verderbliches Produkt handelt, zweitens die Vielzahl der Milcherzeugerbetriebe – betriebswirtschaftlich gesehen völlig sinnvoll – weiterhin voll produziert, solange der Milchpreis ihre variablen Kosten deckt und drittens dieses Angebot auf dem wichtigsten, dem heimischen Markt im Wesentlichen durch den Flaschenhals des Lebensmitteleinzelhandels muss. Damit kommen wir zu dem Problem.

Unsere Milcherzeuger sehen sich fünf großen Abnehmern gegenüber. Diese fünf großen Abnehmer haben 85 % des gesamten Milchmarkts unter sich. Mehr als 70.000 Bauernfamilien stehen dem gegenüber. Das ist ein völliges Ungleichgewicht der Kräfte. Hinzu kommt, dass Wirtschaftsminister Gabriel der Fusion von Tengelmann und Edeka zugestimmt hat. Die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels wird also noch erdrückender.

Wie weit der Einfluss der Großen reicht, sieht man an dem Druck, den Lidl ganz aktuell auf die Milcherzeuger und Molkereien ausübt.

(Beifall von der CDU)

Bis ins kleinste Detail wird zukünftig von Lidl vorgeschrieben, wie die Milcherzeuger ihren Betrieb zu führen haben und was im Einzelnen zu dokumentieren ist. Ein paar Cent mehr auf den Basispreis dafür oder Unterstützung für das, was die Landwirte bereits von sich aus in Richtung Nachhaltigkeit unternommen haben, bleiben aus. Gespräche im Vorfeld hat es nicht gegeben. Für mich ist das alles sehr unverständlich.

Meine Damen und Herren, wir verfolgen mit unserem Antrag einen anderen Ansatz. Wir wollen das gegenseitige Ausspielen beenden und dem Ungleichgewicht im Milchmarkt begegnen. Wir fordern die Landesregierung mit diesem Antrag auf, die Initiative zu ergreifen und die Akteure der NRW-Milchwirtschaft an einen Tisch zu holen.

(Beifall von der CDU)

Andere Länder wie beispielsweise Sachsen-Anhalt machen das bereits. Dort überlegt man gemeinsam,

wie man den Landwirten helfen kann. Das könnte auch in NRW Schule machen – schön wär’s. Es geht konkret darum, die Bereitschaft der Akteure und die kartellrechtlichen Möglichkeiten auszuloten, um durch eine gemeinsame Vermarktungsplattform die Angebotsseite in die Lage zu versetzen, mit dem Lebensmitteleinzelhandel auf Augenhöhe zu verhandeln und zu diskutieren.

Der Lebensmitteleinzelhandel tritt selbstbewusst auf. Warum nicht auch die andere Seite am Verhandlungstisch? Rechtlich ist das möglich, und genau das sollten wir auch ausschöpfen. Unsere Vorschläge sind zum Nutzen der Erzeuger und der Verbraucher, denn eines ist doch klar:

Dieser ständige Unterbietungswettbewerb hat die Betroffenen längst an ihre Grenzen gebracht. Wir haben in Deutschland den Mindestlohn, aber in der Milchwirtschaft und auch in vielen anderen Bereichen der Landwirtschaft zahlen die Landwirte obendrauf. Es kann nicht sein, dass die Erzeuger von unseren hochwertigen Nahrungsmitteln, an deren Qualität uns allen gelegen sein sollte, dauerhaft Verluste machen. Auch unsere Landwirte brauchen einen auskömmlichen Stundenlohn.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir brauchen daher dringend gerechte Preise sowie eine angemessene Anerkennung für die Arbeit. Lassen Sie uns zusammen das tun, was wir hier in Nordrhein-Westfalen tun können, und ein Zeichen für unsere heimische Milchwirtschaft setzen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Lehnen Sie unseren Vorschlag daher bitte nicht von vornherein ab, sondern lassen Sie es uns zum Wohle der Menschen und Landwirte in unserem Land probieren.

(Beifall von der CDU und der FDP)