Christina Schulze Föcking

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich teilen wir den Ansatz, dem Verbraucher Qualitätsstandards und umfangreichen Schutz vor mangelnder Hygiene zukommen zu lassen. Wir haben sehr engagierte Lebensmittelkontrolleure, die nicht erst seit diesem neuen Gesetzentwurf für die Aufgabe in unserem Land unterwegs sind und sehr, sehr gute Arbeit leisten.
Wir finden es auch gut, dass Verbraucher die Chance erhalten, einen einfachen Eindruck zu bekommen, ob ihr Bäcker, Metzger oder Gastronom vor Ort hygienisch einwandfrei arbeitet. Genau das verspricht das Gesetz. Allerdings wird es diesem Anspruch nicht gerecht. Das Gesetz schafft nicht mehr Transparenz, sondern es gaukelt eine Pseudotransparenz vor.
Es führt Verbraucher in die Irre. Es stellt nämlich auf ein Bewertungssystem ab, das für den angestrebten Zweck untauglich ist. Der Nutzen für den Verbraucher ist zu klein. Dafür aber kann das Risiko für die betroffenen Betriebe existentiell sein. Bei der Expertenanhörung – und daraus sollten wir lernen – haben
sich nämlich nicht nur die Gastronomie und das Lebensmittelhandwerk gegen dieses Gesetz ausgesprochen. Auch Lebensmittelkontrolleure bewerten es ablehnend. Kostensteigerungen in den Kommunen bleiben weiterhin zu erwarten.
Wir haben somit wieder einmal einen Gesetzentwurf der Landesregierung, der komplett an den Bedürfnissen der Betroffenen und Verbraucher vorbeigeht.
Aber das ist aus dem Hause Remmel hinreichend bekannt. Denken wir nur an das Landesjagdgesetz oder auch an das Landesnaturschutzgesetz.
Wissen Sie, zahlreiche meiner Kolleginnen und Kollegen und auch ich selbst haben Betriebsbesuche in Metzgereien und Bäckereien gemacht und auch viele Familienbetriebe mit langer Tradition besucht.
Häufig waren es Betriebe, die noch nach alter Handwerkskunst frisches Brot und regionale Würste erzeugen.
Das ist eigentlich genau die Gruppe von heimischen Unternehmen, denen Sie Ihre Aufmerksamkeit schenken sollten.
Auch mit zahlreichen Gastronomen haben wir gesprochen. Überall sind die Sorgen groß, extrem groß.
Basis Ihres Gesetzes ist die AVV RÜb. Hierzu hat der Landesverband der Lebensmittelkontrolleure schon bei der Expertenanhörung klargemacht, Frau Kollegin Blask: Diese Verordnung eignet sich aus fachlicher Sicht nicht für eine Hygieneampel.
Ja, herzlich gerne.
Frau Blask, das ist ganz einfach. Zuerst einmal sind wir jetzt im Jahr 2017
und sollten die Expertenanhörung dem zugrunde legen, was in Ihrem Gesetzentwurf steht. Wenn wir die Experten ernst nehmen und die Betroffenen ernst nehmen und Gespräche führen, stellen wir ganz schnell fest: Das passt so nicht.
Sie kennen gewiss auch die Einschätzung der Clearingstelle Mittelstand des Landes zum Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz. Wörtlich heißt es in dieser Stellungnahme vom 5. Juli 2016 – ich zitiere –:
„Allerdings ist das vorliegende Konzept des Kontrollbarometers aus Sicht der Clearingstelle Mittelstand nicht geeignet, diesen Informationsanspruch des Verbrauchers zu erfüllen.“
Und weiter:
„In Anbetracht seiner Gestaltung sowie der unzureichenden Auskunft über die genauen Inhalte der Prüfbereiche ist zu befürchten, dass das Kontrollbarometer eher Verständnisprobleme oder gar Missverständnisse bei Verbrauchern verursacht, als Klarheit zu schaffen.“
Daher „lehnt die Clearingstelle Mittelstand die Einführung des geplanten Kontrollbarometers ab“.
Finden Sie noch immer, Frau Blask, dass dieses Gesetz im Interesse der Betroffenen ist? Was entgegnen Sie der Clearingstelle Mittelstand, die immerhin von der rot-grünen Landesregierung eingerichtet wurde? Ich denke, so etwas muss man doch hören und auch daraus lernen und dieses dementsprechend umsetzen.
Also kommen wir zurück zur AVV-RÜb. Denn diese Verwaltungsvorschrift ist ursprünglich dafür gemacht worden, eine Risikobewertung vorzunehmen, um beispielsweise festzulegen, wie häufig kontrolliert werden soll. Es werden deutlich mehr Aspekte beleuchtet als nur die Hygiene- und Qualitätsstandards der Betriebe. Auch das OVG in Münster kommt zu diesem Ergebnis, als es im Dezember letzten Jahres
die von Ihnen so gelobte Gastro-Ampel in den Städten Bielefeld und Duisburg und die damit verbundene App der Verbraucherzentrale stoppte.
Wörtlich heißt es in dem Urteil unter anderem:
„Der Punktwert enthält … auch keinen Aussagewert dahin gehend, ob es in den Restaurants oder Imbissbuden sauber zugeht, ob auf der Pizza nicht falscher Schinken oder nachgemachter Käse aufgetischt wird, … ob sich ein Betrieb in Sachen Sauberkeit und Kundeninformation korrekt verhält.“
Ist es nicht widersinnig, wenn es, wie das „WestfalenBlatt“ vom 9. Februar schreibt, schon „Minuspunkte dafür gibt, wenn der Kellner sein Hemd zu Hause wäscht, selbst wenn es nachher so rein ist wie ein Hemd aus der Großwäscherei“? Was interessiert den Kunden tatsächlich: wo die Kleidung des Kellners gewaschen wurde oder ob er gerade echten Käse auf seinem Essen hat? Ist es nicht genauso widersinnig, dass bauliche Gegebenheiten, für die der Betrieb nichts kann, schon zu Punktabzügen führen können? Das hat rein gar nichts mit Hygiene zu tun.
Jetzt nicht, Herr Präsident.
Fragen Sie doch einmal bei einer Bäckerei in Nettersheim nach, was die davon hält, ein Traditionsbetrieb. Die Bäckerei wird wohl zukünftig allein aufgrund ihrer baulichen Situation Minuspunkte bekommen. Nicht umsonst hat diese Bäckerei in der letzten Zeit keinerlei Beanstandungen erfahren. Damit ruinieren Sie Existenzen und dienen nicht dem Verbraucherschutz. Das hier ist pure Pseudotransparenz.
Der Betrieb produziert hygienisch einwandfrei.
Warum gibt es diesen roten Barometerbereich? Rot bedeutet Stopp, bedeutet Gefahr, Anforderungen nicht erfüllt. Eine gastronomische Einrichtung, die eine rote Barometer-Bewertung hat, muss geschlossen werden.
Meine Damen und Herren, Ihr Gesetz verfehlt eindeutig genau das. Ihr Gesetz verfehlt eindeutig seinen Regelungszweck.
Die Betroffenen haben das in der letzten Woche noch einmal eindrucksvoll dargelegt und dies an vielen Punkten deutlich gemacht. Wir sagen Ja zu guten und hohen Hygienestandards,
Ja zu vernünftigen und zielführenden Kontrollen, aber Nein zu diesem Gesetz. Ich bin sicher, Eckhard Uhlenberg und die damalige Landesregierung hätten es besser gemacht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, das Waschbecken gehört in der Tat definitiv zur Hygiene.
Ich komme aber noch einmal auf Folgendes zurück: Die baulichen Gegebenheiten haben definitiv nichts mit Sauberkeit zu tun.
Wir reden über Denkmalschutz, dementsprechend über Bauten, die schon lange stehen. Gerade da brauchen die Betriebe Unterstützung, dafür dürfen sie keine Minuspunkte bekommen.
Reden Sie mit den Betrieben bzw. mit den Betroffenen vor Ort. Ich kann nur noch einmal diesen Appell an Sie richten; denn die Bäcker, Metzger und Gastronomen sind überhaupt nicht gegen Hygiene, sondern ganz im Gegenteil dafür. Sie werden aber zu Unrecht an den Pranger gestellt.
Gerade das Handwerk braucht jetzt unsere Unterstützung. Sie machen es umgekehrt. Der Kollege Höne sagte es bereits: Sie unterstützen die Großen
und treiben den Strukturwandel an. Reden Sie nicht nur, sondern handeln Sie auch danach. Reden Sie lieber mit den Menschen vor Ort, damit dieses Gesetz so nicht verabschiedet wird.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahr 2010 hatten wir ein Haushaltsvolumen von rund 776 Millionen €. Mittlerweile sind wir bei deutlich über 1 Milliarde € angelangt. Das ist eine Steigerung von 40 %.
Im Jahr 2010 hatte Ihr Haus, Herr Remmel, noch 395 Stellen. Im kommenden Jahr werden es 441 Stellen sein. Das sind allein hier 46 Stellen mehr.
Vielleicht werden die Kollegen der Grünen jetzt nicht mehr applaudieren; denn noch nie gab es mehr Beschäftigte in diesem Ministerium, und noch nie war der Anteil der Ministerialbeschäftigten am gesamten Personalbestand höher als während Ihrer Amtszeit.
Die Sache ist: Nachhaltig zu wirtschaften bedeutet – so kenne ich diesen Begriff aus der Forstwirtschaft –, nicht mehr zu entnehmen als das, was auch nachwächst. Nachhaltige Haushaltspolitik bedeutet in meinen Augen somit, dass wir unsere Kinder nicht mit immer neuen Schulden belasten.
46 Stellen Aufwuchs: Ist das nachhaltig für den Finanzhaushalt unseres Landes?
Wir sehen also, dass Sie viele neue Stellen geschaffen und viel Geld im Haushalt verplant haben. Somit sind das viele Mittel, die Sie für die Land- und Forstwirte hätten einsetzen können. Schließlich sind es die Landwirte, die für unser aller Ernährung sorgen. Niemand muss sich Sorgen machen, dass der Teller leer bleibt; niemand muss Hunger leiden – ganz im Gegenteil.
Nicht zuletzt ist der Agrarsektor einer der wichtigen Wirtschaftsfaktoren im ländlichen Raum und bietet
viele Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich.
Es sind die Landwirte, die unsere Kulturlandschaft prägen – die Münsterländer Parklandschaft, die Landschaften des Niederrheins, die beeindruckende Eifel, das wunderschöne Sauerland, um nur einiges zu nennen. Wir alle können stolz auf das sein, was unsere Land- und Forstwirte hier geschaffen haben und bieten.
Von dieser vielfältigen Kulturlandschaft profitiert auch der Tourismus. Zum sechsten Mal in Folge hat dieser ein Rekordergebnis eingefahren – über 6 Millionen Übernachtungen allein im Sauerland, 3 Millionen in der Eifel. Das sind hervorragende Ergebnisse.
Fakt ist aber auch: Die Landwirtschaft steht derzeit unter massivem Druck. Vor wenigen Tagen wurden die Unternehmensergebnisse für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 veröffentlicht. Im Durchschnitt erzielte ein landwirtschaftlicher Betrieb ein Unternehmensergebnis von 37.600 €. Das sind 15,5 % weniger als im Vorjahr. Das ist dramatisch.
Dramatisch ist es vor allem deshalb, weil auch das Jahr davor massive Ertragseinbußen mit sich gebracht hat. Gerade in dieser schwierigen Situation wäre es also wichtig, dass die grünen Berufe bei Ihnen, Herr Minister, ein offenes Ohr finden, dass Sie ihre vielfältigen Möglichkeiten nutzen und dass Sie sich für die Menschen ins Zeug legen. Aber nichts ist passiert.
Von dem ungeheuren Stellenplus, dem deutlichen Aufwuchs des Haushalts in den letzten Jahren, haben die Landwirte und der ländliche Raum nicht profitiert. Gleiches gilt für die Waldbauern, den Gartenbau oder auch für die Jäger.
Und wie sieht es bei den Verbrauchern aus? Sind diese wenigstens Gewinner Ihrer Politik? Ich mache da einmal ein ganz großes Fragezeichen.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: Warum das denn? – Das erkläre ich Ihnen, Herr Rüße. – Ganz aktuell wollen Sie mit dem Ampelsystem die Hygienestan- dards jedes Bäckers, jeder Fleischerei und jedes Gastronomiebetriebs darstellen. Damit belasten und gefährden Sie aber genau diese familiengeführten Handwerksbetriebe im Lebensmittelbereich. (Beifall von der CDU und der FDP)
Das sind genau die Handwerksbetriebe, die auch noch regionale Spezialitäten erzeugen und diese vor Ort verkaufen. Niemand ist gegen guten Verbraucherschutz auf höchstem Niveau – wir nicht, die Bäcker nicht, die Metzger nicht und die Gastronomen auch nicht. Ihr Gesetz aber bietet lediglich eine
Scheinsicherheit, schafft eine Pseudotransparenz und belastet Betriebe und Kommunen unnötig.
Wir wünschen uns eine positive Kennzeichnung der Betriebe, die bereits jetzt weit überdurchschnittlich arbeiten. Warum sollen erst Betriebe mit gravierenden hygienischen Mängeln eine rote Ampel bekommen? Solche Läden müssen nicht verwarnt, sondern geschlossen werden. Das ist auch heute der Fall.
Wenn Ihnen die kommunalen Spitzenverbände, die betroffenen Betriebe und selbst die Lebensmittelkontrolleure ebenfalls ein so schlechtes Zeugnis ausstellen, dann sollte Ihnen das doch zu denken geben. Eine Anhörung findet doch statt, damit Sie auch darüber nachdenken.
Am Ende bleibt ein Haushaltsentwurf, in dem Sie Einnahmen durch ein Gefahrtiergesetz verbuchen, das noch nicht einmal existiert.
Das von Ihnen jetzt eingebrachte neue Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz verursacht zukünftig erhöhten Personalbedarf, steigende Kosten und weitere Schulden für das Land. Für alle Beteiligten bringt es wenig.
Wenn ich mir den ländlichen Raum anschaue, dann erkenne ich nicht, dass dieser von Ihrer Politik profitiert hätte und profitieren würde. Infolgedessen werden wir diesem Haushalt natürlich nicht zustimmen.
Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ist Ihnen noch im Gedächtnis, dass wir hier 2014 einen gemeinsamen Antrag zu einer Art Verbraucherbildung an Schulen verabschiedet haben? Damit wollten wir den Schülern Landwirtschaft und Ernährung wieder nahebringen. Warum ist das bis heute nicht umgesetzt worden?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zeiten, in denen Kinder widerspruchslos ausschließlich das zu tun und zu lassen hatten, was Eltern, Lehrer und andere Autoritätspersonen vorgaben, sind Gott sei Dank vorbei. Auch wir hier im Landtag haben uns immer wieder mit dem Thema „Rechte von Kindern und Jugendlichen“ beschäftigt und mit unseren Mitteln vorangetrieben.
Einen neuen Impuls hat zweifellos die UN-Kinderrechtskonvention gebracht, die in Deutschland seit dem Jahr 1992 gültig ist, und seither ist viel geschehen: Die Rechte der Kinder in Deutschland wurden in vielfältiger Weise gestärkt und ausgebaut. Das gilt sowohl für den rechtlichen als auch den sozialen Bereich.
Der Jugendschutz wurde mehrfach verbessert. Die Straftatbestände zum sexuellen Missbrauch von Kindern wurden mehrfach überarbeitet und verschärft. Im Jahr 2012 wurde mit dem Bundeskinderschutzgesetz gleich ein ganzes Gesetzesbündel novelliert. Das Ziel war es, das Kindeswohl zu stärken und die körperliche und geistige sowie die seelische Entwicklung von Kindern zu fördern. Gesetzgeberisch waren wir daher auf vielen Gebieten aktiv. Vieles wurde neu geregelt und aktuellen Entwicklungen angepasst.
Tatsache ist und bleibt aber: Es gehört auch und vor allem zu den Rechten der Kinder, ohne Armut aufzuwachsen,
denn eines ist klar: Arme Kinder aus armen Familien sind bei der gesellschaftlichen und sozialen Teilhabe massiv benachteiligt. Arme Kinder haben laut dem Armutsbericht des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes einen schlechteren Zugang zu Bildung, einen schlechteren Zugang zu außerschulischer Bildung wie Musikschule oder Sportverein, ein schlechteres Wohnumfeld, und sie sind häufiger krank. Jedes arme Kind sollte für uns also Ansporn sein, politisch aktiv zu werden.
Möglichst vielen Kindern gute Chancen zu eröffnen, sollte unser Ziel sein. Wie sieht es in NordrheinWestfalen aus? Passen der viel beschworene Anspruch „Kein Kind zurücklassen“ und die Realität überein? Wie haben sich die Zahlen entwickelt?
Die Zahlen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sprechen eine klare Sprache. Zwischen 2010 und
2014 ist die Armutsquote in Nordrhein-Westfalen um 2,1 Prozentpunkte von 15,4 auf 17,5 Prozentpunkte gestiegen.
Kein anderes Bundesland zeigt in mehrjähriger Sicht eine schlechtere Entwicklung als Nordrhein-Westfalen. Während 2014 bundesweit jedes sechste Kind unter drei Jahren in Armut lebte, so galt dies in Nordrhein-Westfalen für jedes fünfte Kind. Besonders dramatisch ist die Lage im Ruhrgebiet. Im Jahr 2015 lag dort die Hartz-IV-Quote bei Kindern insgesamt bei 28 %, in Gelsenkirchen erreichte sie den traurigen Spitzenwert von 40 %.
Armut ist für mehr als die Hälfte der betroffenen Kinder ein anhaltender Zustand. Sie ist tagtägliche Normalität, oftmals über Jahre. Die Folgen dieses Mangels sind für die Kinder und Jugendlichen verheerend.
Was glauben Sie, was die Kinder empfinden, wenn sie in der Schule mit ihrer Kleidung auffallen? Was glauben Sie, wie sich die Kinder fühlen, wenn sie aufgrund ihrer Wohnsituation keine Freunde einladen können? Was mögen diese Kinder empfinden, wenn sie nach den Sommerferien die Urlaubsschilderungen der Klassenkameraden hören und selbst nicht einmal ins Schwimmbad gehen konnten?
Wie würden Ihre Kinder reagieren, Frau Asch? Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie würden Sie sich als Eltern fühlen? – In ihrem Antrag fordern SPD und Grüne Handlungskonzepte …
Die Wahrheit tut scheinbar weh. – … gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Sie führen zahlreiche Punkte an, sodass der Antrag schließlich 15 Seiten umfasst. Außer Acht lassen Sie dabei jedoch das wichtigste Instrument gegen Kinderarmut, Frau Hack: Kinderarmut ist untrennbar mit Elternarmut verbunden.
Wer Kinderarmut wirklich bekämpfen will, muss bei den Eltern ansetzen. Wir begrüßen daher jede gute Initiative, die uns dem Ziel näherbringt, die Kinderarmut in NRW zu verringern.
Bei dieser Landesregierung fehlt mir allerdings offen gestanden der Glaube daran. Seit sechs Jahren lese und höre ich Ankündigungen. In ihrer Regierungserklärung von 2010 verkündete die Ministerpräsidentin, den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen. Sie wollte den sozialen Zusammenhalt stärken, NRW menschlicher machen und vor allem kein Kind zurücklassen.
2012 erklärte sie, über den Tag hinauszudenken, und bezeichnete die Armutsentwicklung, die der Armuts- und Reichtumsbericht der Landesregierung aufgezeigt hatte, als besorgniserregend. Sie wollte diese Entwicklung stoppen und die Schere zwischen arm und reich schließen.
Sehe ich mir diese Ankündigungen und die Zahlen des Paritätischen an, so muss ich feststellen:
Frau Kraft ist gescheitert. Diese Landesregierung ist auf diesem Gebiet komplett gescheitert. Für die Betroffenen bedeutet das sechs verlorene Jahre, und das ist bitter.
Der Paritätische trägt jedoch nicht nur Zahlen zusammen, er weist auch den Ausweg. Ich zitiere aus dem Armutsbericht, Seite 9:
„Damit stellt sich die Frage, was getan werden kann, um Armut zu vermeiden. Wie sowohl die Vergleiche zwischen den Regionen als auch zwischen verschiedenen Einwanderergruppen gezeigt haben, ist die Einbindung in den Arbeitsmarkt entscheidend. Der einfache Grund besteht darin, dass Lohnarbeit für die meisten Familien die einzige Einkommensquelle darstellt, die auf Dauer ein Leben oberhalb der Armutsgrenze ermöglicht.“
Sie müssen daher endlich die richtigen Rahmenbedingungen für mehr Arbeitsplätze schaffen; das ist nach allen Zahlen und Statistiken nachweislich der Fall. Wir brauchen mehr als PR-Modellprojekte. Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die diesen Namen wirklich verdient, und keine Erklärungsversuche für Ihr fortgesetztes Scheitern.
Wir brauchen eine solide und durchdachte Schulpolitik für mehr sozialen Aufstieg durch Bildung. Wir brauchen eine Inklusionspolitik, die Teilhabe ermöglicht und einen echten Fortschritt für alle darstellt, und keine Inklusionspolitik light, die niemandem gerecht wird.
Auch hier gilt es, den Rechtsanspruch mit wirklichem Leben zu füllen – nicht nur heiße Worte zu verbreiten.
Wir brauchen starke Eltern, denn nur das bedeutet auch starke und selbstbewusste Kinder,
Kinder, die später ihr Leben eigenverantwortlich in die Hand nehmen können.
Uns als CDU liegen Kinder am Herzen. Ich bin deshalb gespannt auf die Debatte im Ausschuss.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Milchbauern und nicht nur die, sondern insgesamt die Landwirte, stehen derzeit mit dem Rücken zur Wand. Die Lage sowohl auf dem nationalen als auch dem europäischen Milchmarkt und auf dem Weltmilchmarkt ist extrem angespannt. Vor 25 Jahren bekamen die Landwirte noch rund 80 Pfennige pro Liter Milch ausgezahlt. Heute sind es im Durchschnitt nur noch 27 Cent oder weniger. Das ist mehr als ein Drittel weniger. Die schwächelnde Nachfrage in China sowie das Russlandembargo führen in Verbindung mit dem Auslaufen der Milchquote nach wie vor zu einem Überangebot an Milch.
Das Besondere an der Milchproduktion ist, dass erstens es sich bei unverarbeiteter Milch um ein sehr schnell verderbliches Produkt handelt, zweitens die Vielzahl der Milcherzeugerbetriebe – betriebswirtschaftlich gesehen völlig sinnvoll – weiterhin voll produziert, solange der Milchpreis ihre variablen Kosten deckt und drittens dieses Angebot auf dem wichtigsten, dem heimischen Markt im Wesentlichen durch den Flaschenhals des Lebensmitteleinzelhandels muss. Damit kommen wir zu dem Problem.
Unsere Milcherzeuger sehen sich fünf großen Abnehmern gegenüber. Diese fünf großen Abnehmer haben 85 % des gesamten Milchmarkts unter sich. Mehr als 70.000 Bauernfamilien stehen dem gegenüber. Das ist ein völliges Ungleichgewicht der Kräfte. Hinzu kommt, dass Wirtschaftsminister Gabriel der Fusion von Tengelmann und Edeka zugestimmt hat. Die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels wird also noch erdrückender.
Wie weit der Einfluss der Großen reicht, sieht man an dem Druck, den Lidl ganz aktuell auf die Milcherzeuger und Molkereien ausübt.
Bis ins kleinste Detail wird zukünftig von Lidl vorgeschrieben, wie die Milcherzeuger ihren Betrieb zu führen haben und was im Einzelnen zu dokumentieren ist. Ein paar Cent mehr auf den Basispreis dafür oder Unterstützung für das, was die Landwirte bereits von sich aus in Richtung Nachhaltigkeit unternommen haben, bleiben aus. Gespräche im Vorfeld hat es nicht gegeben. Für mich ist das alles sehr unverständlich.
Meine Damen und Herren, wir verfolgen mit unserem Antrag einen anderen Ansatz. Wir wollen das gegenseitige Ausspielen beenden und dem Ungleichgewicht im Milchmarkt begegnen. Wir fordern die Landesregierung mit diesem Antrag auf, die Initiative zu ergreifen und die Akteure der NRW-Milchwirtschaft an einen Tisch zu holen.
Andere Länder wie beispielsweise Sachsen-Anhalt machen das bereits. Dort überlegt man gemeinsam,
wie man den Landwirten helfen kann. Das könnte auch in NRW Schule machen – schön wär’s. Es geht konkret darum, die Bereitschaft der Akteure und die kartellrechtlichen Möglichkeiten auszuloten, um durch eine gemeinsame Vermarktungsplattform die Angebotsseite in die Lage zu versetzen, mit dem Lebensmitteleinzelhandel auf Augenhöhe zu verhandeln und zu diskutieren.
Der Lebensmitteleinzelhandel tritt selbstbewusst auf. Warum nicht auch die andere Seite am Verhandlungstisch? Rechtlich ist das möglich, und genau das sollten wir auch ausschöpfen. Unsere Vorschläge sind zum Nutzen der Erzeuger und der Verbraucher, denn eines ist doch klar:
Dieser ständige Unterbietungswettbewerb hat die Betroffenen längst an ihre Grenzen gebracht. Wir haben in Deutschland den Mindestlohn, aber in der Milchwirtschaft und auch in vielen anderen Bereichen der Landwirtschaft zahlen die Landwirte obendrauf. Es kann nicht sein, dass die Erzeuger von unseren hochwertigen Nahrungsmitteln, an deren Qualität uns allen gelegen sein sollte, dauerhaft Verluste machen. Auch unsere Landwirte brauchen einen auskömmlichen Stundenlohn.
Wir brauchen daher dringend gerechte Preise sowie eine angemessene Anerkennung für die Arbeit. Lassen Sie uns zusammen das tun, was wir hier in Nordrhein-Westfalen tun können, und ein Zeichen für unsere heimische Milchwirtschaft setzen.
Lehnen Sie unseren Vorschlag daher bitte nicht von vornherein ab, sondern lassen Sie es uns zum Wohle der Menschen und Landwirte in unserem Land probieren.
Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Ich zitiere gerne aus einer Pressemitteilung:
„Der Vizepräsident und Milchbauernpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Udo Folgart, begrüßt die Initiative von CDU-Agrarpolitikern zur Bündelung des Angebots von Milchprodukten:“
„‚Um bessere Milchpreise im Markt zu erzielen, benötigen wir neue Konzepte,“
Herr Rüße,
„mit denen unsere Molkereien ihre Verhandlungsposition gegenüber den Konzernen des Lebensmitteleinzelhandels stärken können.‘„
Liebe Kolleginnen von Rot-Grün, springen Sie endlich über Ihren Schatten! Ehrlich gesagt finde ich es äußerst seltsam, dass diejenigen, die den Landwirten in Nordrhein-Westfalen sonst mit vielen Auflagen wie dem Landesnaturschutzgesetz oder dem Landeswassergesetz
das Leben schwer machen, nun nach dem Bund rufen.
Wir brauchen endlich faire Preisverhandlungen auf Augenhöhe und keine Augenwischerei.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was hat den Landwirten das letzte Jahr gebracht? Schaut man sich die Bilanzen an, so muss man sagen: 2015 war ein verheerendes Jahr. Auf breiter Front sind die Gewinne eingebrochen, und zwar im Schnitt um sage und schreibe 32.500 € je Betrieb. Knapp 46 % der Höfe erwirtschaften nur 30.000 € oder weniger.
Herr Minister, keine Sorge, ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie für die Weltmärkte verantwortlich sind. Aber auf völliges Unverständnis stößt, dass Sie in einer solch schwierigen Situation den Landwirten das Leben noch schwerer machen und immer noch einen obendrauf setzen.
Warum zum Beispiel brauchen wir jetzt unbedingt ein neues Landesnaturschutzgesetz, das im Ergebnis noch mehr Kontrollen, noch mehr Bürokratie und noch mehr Einschränkungen bringen wird?
Sie gehen bei diesem Gesetz auch sehr in Details. Sie machen sich intensiv Gedanken darüber, dass es Ihrer Meinung nach sinnvoll ist, Naturwächter einzustellen und diese in einheitliche Uniformen zu stecken. Andere Sachverhalte hingegen hinterfragen Sie nicht oder nur unzureichend.
So wollen Sie demnächst unter dem Deckmantel des Naturschutzes die Streuobstwiesen noch stärker gesetzlich reglementieren und nehmen damit dem Eigentümer die freie Verfügbarkeit über den eigenen Grund und Boden.
Was, glauben Sie, macht aber jemand, der seine Wiesen bislang gerne und freiwillig gepflegt hat und der nun durch Sie durch dieses Vorhaben Einschränkungen in seinem Besitz erfährt? Ich kann es Ihnen sagen und nenne Ihnen gern ein konkretes Beispiel.
Es war auf einer Ortslandwirtetagung: 60 Landwirte kümmern und bemühen sich tagtäglich um ihr Eigentum. Für die Obsternte haben sie sich gerne und freiwillig Streuobstwiesen in Hofnähe angelegt. Deren erster Gedanke war, dass es sehr bedauerlich ist, dass diese Obstbäume nun gegen ihre eigene Überzeugung werden fällen müssen, um auch zukünftig ihr Grundstück zu nutzen und ihre Rechte weiterhin frei wahrnehmen zu können. Das ist wirtschaftlich vernünftig und nachvollziehbar, aber äußerst schade um die Bäume.
Sie schieben mit Ihrer Politik eine Entwicklung an, die die Landwirte so eigentlich nicht möchten. Sie erreichen damit genau das Gegenteil von dem, was Sie bezwecken wollen. Sie, Herr Minister, schaden dem Naturschutz.
Ähnlich widersinnig sind auch Ihre Bewirtschaftungseinschränkungen beim Grünland, und unlogisch ist auch Ihre Politik, die den Druck auf den landwirtschaftlichen Bodenmarkt einerseits kritisiert, aber dann andererseits durch das geplante Vorkaufsrecht für Naturschutzverbände diesen Druck noch einmal erhöht. Für alle Maßnahmen tragen alleine Sie die Verantwortung.
Noch mehr Unverständnis kommt bei folgendem Vorgang auf. In einer Kleinen Anfrage hatte ich zusammen mit dem Kollegen Rainer Deppe gefragt, wie Sie eine „Streuobstwiese“ oder eine „natürliche Felsbildung“ definieren. Beides sind Begrifflichkeiten aus Ihrem Entwurf zum Naturschutzgesetz. Ich nehme an oder hoffe zumindest, dass Sie sich intensiv mit dem Gesetzentwurf befasst haben. Oder? Eine Antwort sollte somit eigentlich ganz leichtfallen.
Was aber machen Sie? Sie antworten auf unsere einfache Frage: „Was ist eine Streuobstwiese?“, es habe noch keine formalisierte Willensbekundung
der Landesregierung als Verfassungsorgan stattgefunden. Wollen Sie mir allen Ernstes sagen, dass sich das Landeskabinett mit der Definition von Streuobstwiesen oder von natürlichen Felsformationen beschäftigen muss? Es ist ein Ausdruck der Arroganz der Macht,
uns Parlamentariern die uns zustehenden Auskünfte zu verweigern. Transparenz und Offenheit, Dialog und Mitsprache sind Schlagworte, die in keiner Ihrer Reden fehlen, Herr Minister. Die Remmel-Realität sieht jedoch entschieden anders aus.
Seit 2010 ist der Etat um 34 % auf fast 1 Milliarde € gestiegen. Allein die Mittel für den Naturschutz haben sich auf 18 auf 36 Millionen € erhöht. Jetzt in den Haushaltsberatungen hat Rot-Grün noch einmal eine Mittelerhöhung von 6,5 Millionen € gefordert – natürlich ungedeckt.
Bei einem Haushalt von fast 1 Milliarde € soll es nicht möglich sein, diese Mittel an einer anderen Stelle einzusparen? Das ist ein Armutszeugnis, Herr Minister.
Selbst da, wo es nichts kostet, tritt diese Regierung auf der Stelle. Warum zum Beispiel wurde der Entschließungsantrag von SPD, CDU und Grünen zur Verbraucherbildung an Schulen vom März 2014 nicht mit mehr Nachdruck betrieben? Umgesetzt ist davon bislang lediglich ein Leitprojekt. Eine Rahmenvorgabe und eine Handreichung sollen – drei Jahre später – bis zum Jahr 2017 erarbeitet werden.
Da, wo es wirklich wichtig ist, lassen Sie Elan und Leidenschaft vermissen. Aktiv sind Sie hingegen dort, wo es Ihren parteipolitischen Interessen nützt, wo sie Ihre Klientel bedienen können und wo es in Ihre Ideologie passt. Ich aber sage Ihnen: Tun Sie etwas für unseren ländlichen Raum, und zwar mit Weitblick. Und legen Sie endlich Ihre Scheuklappen ab!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine ganze Generation liegt zwischen dem letzten Familienbericht und dem, der uns heute vorliegt, den wir diskutieren. Wir alle wissen: Seither hat sich vieles verändert.
Diejenigen, die zum Zeitpunkt des letzten Familienberichtes geboren wurden, gründen heute ihre eigenen Familien. Eltern sind Großeltern geworden, Großeltern Urgroßeltern, Ehen wurden geschlossen, andere geschieden, neue Beziehungen wurden eingegangen mit unterschiedlichem rechtlichem Status. Und auch das Familienrecht und die familienpolitischen Leistungen wurden an vielen Stellen deutlich verändert.
Kurzum: Wenn eine Landesregierung nach einem Vierteljahrhundert einen neuen Familienbericht vorlegt, dann kann man vor allem eines sagen: endlich! Dieser Bericht ist nicht allein im Ministerium erdacht worden. Besonders herzlich danke ich daher auch all jenen, die als Einzelpersonen, als Vertreter von Institutionen und Verbänden zu dem Bericht, wie er uns heute vorliegt, beigetragen haben.
Es ist gut, dass die Familienpolitik mit diesem Bericht stärker in den Mittelpunkt gerückt wird. Da gehört sie auch hin. Wir brauchen mehr Anerkennung und Wertschätzung für das, was Menschen in der Familie an Fürsorge, Zuwendung, Liebe, Pflege, Erziehung und Bildung geben, ohne einen Cent dafür zu verlangen. Das ist wunderbar. Ein Staat, der das, was in der Familie geleistet wird, komplett durch staatliche Leistungen ersetzen wollte, wäre schnell ruiniert.
Deshalb ist es wichtig, dass wir uns fragen: Wie leben Familien in Nordrhein-Westfalen heute? Welche Wünsche und Erwartungen haben Familien und junge Menschen an ein gelingendes Familienleben? Was kann und muss die Landespolitik leisten? Und wo besteht konkreter familienpolitischer Handlungsbedarf?
Der Blick in den Bericht zeigt – die Ministerin hat dies auch besonders herausgestellt –: Das Familienleben ist in den letzten 25 Jahren vielfältiger geworden. In annähernd jeder fünften Familie erziehen Mutter oder Vater die Kinder allein. 7,3 % der Familien sind sogenannte Lebensgemeinschaften mit Kindern; darunter auch gleichgeschlechtliche Eltern. Es ist wichtig, einen genauen Blick auf diese Veränderungen zu werfen.
Aber manches ist auch unverändert – und das hätten Sie, Frau Ministerin, ebenfalls erwähnen können. Ich nenne an erster Stelle die hohe Wertschätzung, die die Ehe genießt. Rund 75 % der Eltern, die Kinder unter 18 Jahren großziehen, sind verheiratet.
Ein Zweites ist die enorme Wertschätzung für die Familie, gerade auch unter den jungen Menschen. Familie ist „in“. Politik kann einen Beitrag leisten, damit Familie auch wirklich gelebt werden kann.
Das Dritte, das unverändert geblieben ist, ist die Überzeugung vieler Mütter und Väter, gerade in den ersten zwei Lebensjahren die eigenen Kinder zu Hause gut erziehen zu können. Das sind die objektiven Fakten des Berichts.
Jeder, der schon einmal über das Thema „Familie“ gesprochen hat, weiß, dass es sich um höchstpersönliche Überzeugungen und individuelle Erfahrungen handelt. Wie erlebe ich Familie?
Frau Asch: Ja, ich bin Mutter, und das von zwei schulpflichtigen Kindern. Ich weiß, wie das Leben mit Kindern ist. Sie machen glücklich, sie sind eine klare Bereicherung und ein großartiges Geschenk.
Aber natürlich gehören auch manche Sorgen dazu. Wenn ein Kind krank ist, wenn es in der Schule mal nicht so gut läuft – all das sind Sorgen, die sich Millionen Mütter und Väter machen. Hinzu kommen die Herausforderungen, wenn die eigenen Eltern krank werden und Hilfe benötigen. Auch dann stellt sich oft die Frage, wie all das bewältigt und mit dem Beruf in Einklang gebracht werden kann.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ergebnisse der Familienbefragung zeigen ebenfalls, vor welchen Herausforderungen Familien in NordrheinWestfalen stehen, vor allem Familien mit kleinen Kindern. Ich will nur einige nennen: Frauen und
Mütter wollen am Berufsleben teilhaben – zu einem nicht geringen Teil müssen sie das auch –, aber sie wünschen sich flexible Teilzeitmodelle und keine starr vorgegebene Stundenmodelle.
Besorgniserregend ist oftmals auch die Situation von Alleinerziehenden; Sie sagten es bereits. Auch die Erfahrung, dass es an Zeit für das Familienleben fehlt, bedeutet eine Herausforderung, ebenso wie die finanzielle Benachteiligung von Familien mit Kindern im Vergleich zu kinderlosen Paaren und Alleinstehenden.
Man muss sich schon fragen, was angesichts dieser zahlreichen Probleme, die der Bericht auflistet, die präventive Finanzpolitik der Ministerpräsidentin den Familien in unserem Land bisher eigentlich gebracht hat.
In der Summe ist der Familienbericht daher vor allem ein umfangreiches Lastenheft, das die scheidende Ministerin ihrer Nachfolgerin auf den Schreibtisch gelegt hat.
Denn im Familienbericht sind vor allem viele Aufgaben beschrieben. Was unsere Familien aber brauchen, sind Lösungen für ihre ganz konkreten Probleme. Wie müssen diese Lösungen aussehen? Was können wir tun? Für uns als Union ist die Wahlfreiheit der Maßstab. Wir tun gut daran, Familienpolitik auch einmal etwas grundsätzlicher zu diskutieren.
Die Einsicht liegt doch auf der Hand. Wenn sich die Familienpolitik konsequent an den Wünschen und Bedürfnissen von Familien orientieren soll, dann heißt das, Menschen dabei zu unterstützen, ihr höchstpersönliches Familienbild auch zu verwirklichen.
Das bedeutet, Freiräume für Familien zu schaffen – Freiräume, in denen sie über Familienmodelle, Kindererziehung und die Balance von Familienpflege und Erwerbsarbeit frei entscheiden können; darüber, ob Oma und Opa im hohen Alter in der eigenen Wohnung leben können und von den Kindern betreut werden, oder ob sie lieber in ein Seniorenwohnheim ziehen möchten; darüber, wie Vater und Mutter Erwerbsarbeit und Familienzeit untereinander aufteilen oder die Hausarbeit organisieren, ab welchem Zeitpunkt die Kinder in die Kita möchten und kommen, ob es eine städtische Kita sein soll oder eine, die beispielsweise von der Pfarrgemeinde oder dem DRK geleitet wird.
All das sind Entscheidungen, die Eltern eigenverantwortlich zum Wohle ihrer Kinder treffen wollen.
Das ist die Wahlfreiheit, wie wir sie als Christdemokraten verstehen.
Und an diesem Maßstab messen wir, wie es um die Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen steht.
Aber wie sieht die Realität aus?
Da kann man nichts schönreden, Frau Ministerin, gar nichts! Nordrhein-Westfalen bildet bei den U3Betreuungsplätzen noch immer das Schlusslicht in ganz Deutschland. Das ist das Gegenteil von Wahlfreiheit!
Zur Wahlfreiheit gehört auch die Trägervielfalt. Wenn die Kirchen und andere Träger in NordrheinWestfalen Alarm schlagen, weil die Kindpauschalen nicht auskömmlich sind, dann ist auch das eine große familienpolitische Herausforderung, der wir uns stellen müssen.
Des Weiteren darf es auch nicht sein, dass nach den BAföG-Mitteln nun auch die Mittel aus dem Betreuungsgeld im allgemeinen Haushalt versickern. Diese Mittel müssen konkret den Familien zugutekommen.
Immer mehr Eltern wünschen sich einen Ausbau von Beratungs- und Unterstützungsangeboten. Auch hier muss die Landesregierung mehr tun. Die gute Arbeit der Familienzentren sowie der Familienberatung und Familienbildung – insbesondere die der Kirchen und der freien Wohlfahrtspflege – braucht mehr politische Unterstützung.
Und ja, mit dem Zuzug von Hunderttausenden von Flüchtlingen ist eine weitere gewaltige Aufgabe für die Familienpolitik hinzugekommen. Wir müssen alles dafür tun, damit die Kinder, die aus Syrien oder dem Irak nach Deutschland kommen, eine gute Zukunft in unserem Land haben.
Gerade erst am Samstag habe ich ein kleines Mädchen aus Syrien kennengelernt. Sie hat binnen vier Monaten ein richtig gutes Deutsch gelernt. Hier steckt unglaublich viel Potenzial. Wir müssen diesen Kindern eine Chance geben, sie integrieren und ihnen vor allem helfen.
Schließlich müssen wir mehr denn je in die frühkindliche Bildung investieren, so wie das alle Fraktionen im gemeinsamen Bericht der Enquetekommission
„Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte“ formuliert haben.
Hier im Landtag und vor allem in der Enquetekommission „Zukunft der Familienpolitik in NordrheinWestfalen“ muss es darum gehen, die Familien zu stärken und den Kindern gute Perspektiven zu bieten. Wir brauchen aber nicht nur Reden und Gipfel – es muss angepackt werden!
Ziel meiner Fraktion ist es, Familien dort zu unterstützen, wo sie Hilfe benötigen, damit sie ihre Aufgaben verlässlich und aus eigener Verantwortung heraus erfüllen können. Wir wollen ein positives Klima für Familien, wir wollen ein NordrheinWestfalen, das Kindern Chancen eröffnet und ihnen Wege bereitet. Wir wollen ein zukunftsfähiges Nordrhein-Westfalen, das auch in Zeiten demografischer Veränderungen stark und liebenswert bleibt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die CDU-Landtagsfraktion steht der Gentechnik kritisch gegenüber.
Das haben wir mehrfach klar zum Ausdruck gebracht, zuletzt mit unserem Entschließungsantrag im April.
Herr Rüße, Verunsicherungen bei den Bürgerinnen und Bürgern möchten wir gar nicht erst aufkommen lassen. Unser Ziel ist es, den kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland flächendeckend zu verbieten.
Allerdings – und da unterscheiden wir uns – kommt es auf den Weg an. Wie können wir rechtssicher ein flächendeckendes Anbauverbot von GVO erreichen? Bundesminister Christian Schmidt hat bei der Frage des Opt-out eine Lösung vorgelegt, die aus unserer Sicht genau das ermöglicht, was wir wollen: nämlich eine Lösung, die auch vor Gericht Bestand hat. Es ist ein Gesetzentwurf, der sauber begründet ist, der den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet und der praktisch durchführbar ist.
Im Kern will Christian Schmidt, dass künftig der Bund und/oder die Länder ein Anbauverbot aussprechen können. Wer die Verbote erlässt, hängt dann davon ab, wer sie rechtssicher begründen kann. Wie Sie wissen, sind Anbauverbote nicht pauschal möglich, sondern sie müssen in jedem Einzelfall anhand plausibler Daten begründet werden.
Anbauverbote sind ein Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit, in die Grundrechte der Berufsfreiheit und die Eigentumsgarantie. Ohne gute Begründung darf der Staat in diese fundamentalen Rechte nicht eingreifen. Das sagt im Übrigen selbst das Gutachten, das Minister Remmel gemeinsam mit seinen Kollegen aus fünf weiteren Bundesländern in Auftrag gegeben hat. Wenn ein Eingriff rechtssicher zu begründen ist, sind also künftig schon nach dem
Gesetzentwurf von Agrarminister Schmidt bundesweit Anbauverbote möglich.
Tatsache ist, Herr Sundermann: Die inzwischen vorliegenden Gutachten treffen unterschiedliche Aussagen. Dem trägt der Gesetzentwurf nun Rechnung. Gleichzeitig gibt es keinen Zweifel daran, dass es keinen Sinn macht, die Entscheidung über konkrete Verbote im Gesetz selbst zu treffen; denn diese Entscheidung muss nach EU-Richtlinie bezogen auf jeden einzelnen Zulassungsantrag geschehen.
Ich habe es bereits gesagt, aber ich wiederhole es hier gerne noch einmal: Pauschale Anbauverbote für GVO widersprechen EU-Recht. Mit Ihrem Vorstoß wollen Sie sich aus der Verantwortung ziehen. Sie wollen den Bundesländern die Möglichkeit entziehen, eigene Verbote auszusprechen.
Was würde passieren, wenn wir beispielsweise einmal eine Bundesregierung bekommen, die Anbauverbote ablehnt? – In diesem Fall soll es wohl nach Ihren Vorstellungen gar keine Möglichkeit mehr geben, Anbauverbote auszusprechen.
Dann sagen Sie aber auch bitte der Öffentlichkeit, dass Sie die rechtlichen Möglichkeiten für ein künftiges Anbauverbot von Gentechnik in Deutschland nicht ausbauen, sondern einschränken wollen.
Denn was Sie vorschlagen, das bedeutet für die Zukunft nicht mehr, sondern weniger Möglichkeiten für Anbauverbote, und nicht mehr, sondern weniger Rechtssicherheit und damit genau das Gegenteil dessen, was von Ihnen behauptet wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was mich an dieser Stelle grundsätzlich wundert, geradezu erstaunt, ist dieser vehemente Ruf von Ihnen nach einer Lösung aus Berlin. Im Bereich „Finanzen“ kennen wir das. Ich nenne aber nur drei Stichworte: Tariftreue- und Vergabegesetz mit dem eigenen NRWMindestlohn, Verbandsklagerecht und Klimaschutzgesetz. Das waren alles Maßnahmen, die Sie ohne übergeordnete Koordination und Abstimmung
durchgeführt haben oder durchführen wollen. Hier war und ist es Ihnen völlig egal, den schon vorhandenen Flickenteppich der Einzelmaßnahmen noch größer und noch breiter zu machen.
Zuletzt mussten Sie beim Thema „Jagd“ unbedingt ein eigenes Jagdgesetz vorlegen und durchpeitschen, obwohl Sie wussten, dass in Berlin eine Novellierung ansteht. Hier haben Sie ganz bewusst von Ihren Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht – von der Arroganz der Macht, lieber Herr Rüße, ganz zu schweigen.
Beim Thema „Opt-out“ soll das plötzlich nicht mehr gehen? Beim Thema „Opt-out“ haben Sie auf einmal eine ganz andere Meinung. Die ehrliche Aussage Ihrerseits an die Öffentlichkeit müsste deshalb lauten: Es gibt Opt-out-Gründe, die auf Länderseite genutzt werden können. Diese Gründe wollen Sie als rot-grüne Landesregierung aber nicht zur Anwendung bringen. Die rot-grüne Landesregierung verlässt sich hier lieber auf den Bund. Eigene Verantwortung übernehmen Sie lieber nicht; das könnte ja gefährlich werden. Sie fordern also lieber, anstatt selbst zu handeln.
Wir als CDU begrüßen die in Berlin gefundene Lösung. Sie ist rechtssicher für Bund und Land, und die Menschen werden davon profitieren.
Herr Meesters, dass Sie schnell flüchten wollen, kann ich in diesem Fall sogar verstehen.
Sie sagen, die Kompetenz der Jägerschaft sei Ihnen wichtig. Ich glaube Ihnen kein Wort!
Sie haben auch schon andere Dinge behauptet: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. – Das haben wir sowohl von Ihnen als auch vom Minister und anderen Akteuren in den vergangenen Wochen immer wieder gehört. Aber was allein in den letzten sieben Tagen hier im Haus passiert ist, hat weder etwas mit Gründlichkeit geschweige denn mit einem ordentlichen parlamentarischen Verfahren zu tun.
Genau vor einer Woche, letzten Mittwoch im Ausschuss, haben Sie, Herr Meesters, erklärt, Sie könnten uns Ihre Änderungsvorschläge nicht mitteilen, Sie könnten sie nicht mit uns diskutieren, weil Sie
diese noch nicht in Ihrer Fraktion verabschiedet haben.
Wörtlich haben Sie gesagt: Sie kennen das doch, Frau Schulze Föcking, wie das ist in parlamentarischen Verfahren. Wir sprechen erst einmal in der Fraktion darüber. – Wörtlich!
Herr Ott, Politik wird mit dem Kopf gemacht und nicht mit dem Kehlkopf. Von daher beruhigen Sie sich!
Herr Meesters, nur zwei Tage später, am Freitag, pünktlich für die Wochenendausgabe der Zeitung gehen Sie einträchtig mit den Grünen ohne jegliche Fraktionssitzung vor die Presse
und erläutern genau das, was Sie uns Parlamentariern vorher versagt haben.
Das heißt, Sie haben uns im Ausschuss schlichtweg belogen. Belogen!
Genau das, was Sie der Presse erklärt haben, hätten Sie mit uns im Ausschuss besprechen müssen …
… und nicht nur mit der Presse. Ich nenne das ganz klar pure Arroganz der Macht und Verweigern des Parlaments!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon mehrfach haben wir hier zu diesem Thema intensiv und ausführlich diskutiert, zum letzten Mal im Mai 2013. Wir führen also keine neue Debatte. Und da wir schon viele Argumente bereits ausgetauscht haben, sollten wir nach wie vor sehr sensibel mit diesem Thema umgehen. Und das machen wir ja auch.
Mitunter kommt es auf jedes Wort und jeden kleinen Nebensatz an. Sachlichkeit, Klarheit und Verbindlichkeit in der Aussage sind ein absolutes Muss, wie Herr Sundermann es bereits schon sagte.
Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren der Piraten, ein wenig Kritik an Ihrem Antrag: Die Überschrift erweckt den Eindruck, die Bunderegierung habe für ein flächendeckendes Fracking Tür und Tor geöffnet. Das stimmt nicht. Und Sie wissen das, zumindest hoffe ich, dass Sie das wissen.
Weder will die Bundesregierung gefährliches Fracking in Deutschland ermöglichen, noch ist es bereits als Gesetz verabschiedet. Wir stehen am Anfang einer intensiven parlamentarischen Debatte mit Befassung in den Ausschüssen, Anhörungen und allem, was dazu gehört. Sie fordern in Ihrem Antrag ein Komplettverbot und stellen den Antrag hier und heute zur direkten Abstimmung. Das zeigt, dass Sie nicht wirklich willens sind, sich entsprechend intensiv mit der Materie und dem Vorhaben der Bundesregierung auseinanderzusetzen. Sie stellen heute eine Maximalforderung zur Abstimmung. In unseren Augen geht es Ihnen um den Effekt, nicht aber wirklich um die Sache.
Wir als CDU haben jedoch den Anspruch, das Thema „Fracking“ ganzheitlich zu betrachten und differenzierte Antworten zu geben. Sie bekommen von uns weder die Zustimmung zu einem immer währenden Komplettverbot noch die Zusage zu einem Start ohne Auflagen. Unsere Position ist klar: Wir lehnen die Erdgasgewinnung aus unkonventionellen Lagerstätten durch Fracking mit den zurzeit angewandten Technologien ab.
Herr Rohwedder, am 14. Mai 2013 haben wir bereits in einem Entschließungsantrag hier im Hause unsere Haltung wie folgt dargelegt:
„Der Landtag lehnt die Erdgasgewinnung aus unkonventionellen Lagerstätten durch Fracking nach dem jetzigen Stand der Technik ab.
Die Ausbeutung dieser Lagerstätten kann erst dann zugelassen werden, wenn sie technisch ohne den Einsatz giftiger und wassergefährdender Stoffe möglich ist.“
Diesem Antrag haben neben der CDU die SPD, die Grünen und die FDP zugestimmt. Wie gesagt, unsere Position ist klar. Wir brauchen hier keine Ängste zu schüren.
Sollte es zukünftig eine Technik geben, die irgendwann eine unbedenkliche Förderung zulässt, können wir dann über das Thema auf dieser neuen Grundlage sprechen. Wir werden auch dann den gesamten Sachverstand zu Rate ziehen und alle Stimmen hören, denn Sorgfalt und ein ganzheitlicher Ansatz sind bei einer solchen Entscheidung wichtiger als vorschneller Tatendrang.
Und nebenbei: Mitunter wird über das Fracking gesprochen, es läge darin die einzige Lösung unserer Energiefrage. Wie aber sehen die Fakten genau aus? Nach Erhebung der Internationalen Energieagentur betragen die Schiefergasreserven in
Deutschland rund 200 Milliarden m3. Bedenkt man jedoch, dass alleine der Erdgasverbrauch in Deutschland im letzten Jahr rund 84 Milliarden m3 betrug, dann relativiert sich diese Zahl sehr schnell.
Die Gesundheit des Menschen, eine intakte Natur und die Reinheit unseres Trinkwassers sind für uns nicht verhandelbar. Dazu stehen wir nach wie vor.