Vielen Dank, Herr Kollege Busen. – Nun spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Rüße.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war zunächst einmal ein bisschen überrascht, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. Denn ich habe versucht, mich zu erinnern, wann die CDU den letzten Antrag zur Landwirtschaft gestellt hat. Das ist nämlich schon ein bisschen länger her. Aber schön, dass Sie das mal wieder tun. Ich finde es auch gut, dass wir hier über die erneute Milchkrise in der Landwirtschaft miteinander diskutieren können. Das ist wichtig, weil es in der Tat ein Problem ist, das die Landwirte, die Milchbäuerinnen und Milchbauern intensiv bewegt.
Gut ist auch, dass wir darüber reden, weil ich glaube, dass wir damit zwei Dinge sichtbar machen können.
Erstens. Frau Schulze Föcking, Sie machen mit Ihrem Antrag deutlich, dass wir einen Bundeslandwirtschaftsminister haben, der nichts auf die Kette kriegt. Es ist auch kein Wunder, dass ihn draußen eigentlich niemand kennt. Wenn Sie die Bauern und Bäuerinnen draußen fragen, wie der Bundeslandwirtschaftsminister heißt, dann haben die meisten ein Problem und wissen es nicht.
Zweitens. Wir können in der Debatte hier noch einmal deutlich unsere unterschiedlichen Ansätze und Erklärungsmuster darlegen und klarmachen, warum es zu dieser erneuten Milchkrise gekommen ist.
Ich will deshalb zwei, drei Worte über die Krise an sich verlieren. Wir haben 2009 eine Milchkrise gehabt, wir haben 2012 wieder ein tiefes Tal gehabt, und wir haben jetzt schon wieder einen absoluten Tiefpunkt erreicht. Das heißt: In nicht einmal einem Jahrzehnt drei absolute Tiefphasen, obwohl Ihre Agrarpolitik den Bäuerinnen und Bauern eine rosarote
Welt versprochen hat: Sie könnten am Weltmarkt profitieren. Der Milchpreis werde nach oben gehen, weil die Weltbevölkerung wachse, was unglaubliche Chancen eröffnete.
Dann auch immer diese Schimäre, der Russlandboykott, das Russlandembargo sei schuld. Wenn Sie auf die in Deutschland vorhandene Statistik schauen, dann stellen Sie fest: Die Exporte brummen durchaus noch. Der Verlust des russischen Marktes ist kompensiert worden. Die Exporte sind auf einem hohen Niveau.
Damit sind wir beim eigentlichen Problem: Es ist einfach die Milchmenge, die am Markt viel zu groß ist. Wenn wir einmal genau hinschauen, sehen wir: Bis ungefähr 2007 lag die Milchproduktion in Deutschland jährlich immer zwischen 26 bis 27 Millionen t Milch. Ab 2007 – das kommt ungefähr hin – wurde den Bauern geraten: Los, Schleusen auf, Milch produzieren auf Teufel komm raus, der Weltmarkt wird es schon schaffen und wird alles abnehmen!
2010 hatten wir 29 Millionen t Milch, 2012 waren es dann schon 31 Millionen t Milch, und jetzt, 2015, sind wir bei knapp 32 Millionen t Milch. Und in diesem Jahr wird die Steigerung so weitergehen, weil natürlich die Bäuerinnen und Bauern verzweifelt versuchen, Geld auf ihre Höfe zu holen, indem sie noch mehr Masse produzieren.
Wir müssen mit einem Satz noch einmal ganz deutlich sagen, wie viel Verlust im Moment eingefahren wird. Wenn wir davon ausgehen, dass den Bäuerinnen und Bauern ungefähr zehn Cent pro Kilo Milch fehlen, dann reden wir in Deutschland zurzeit über 3 Milliarden € Jahr für Jahr – 2015 und 2016 wird es genauso kommen –, die den Bäuerinnen und Bauern fehlen.
Dann kommen Sie hier mit einer Vermarktungsplattform, die das Problem lösen soll. Das greift doch viel zu kurz. Diese Vorstellung, dass man damit wirklich etwas erreicht, ist doch abstrus.
Wir haben doch am Milchmarkt – darauf wurde hingewiesen – längst das Deutsche Milchkontor, auch ein großer Marktteilnehmer. 20 % der deutschen Milchmenge werden über das Deutsche Milchkontor abgewickelt. Das DMK ist ein Gigant am Milchmarkt, aber ein Gartenzwerg bei den Auszahlungspreisen, meine Damen und Herren.
Ich will deshalb noch einmal ganz klar feststellen: Die Verhandlungsposition ist nicht wegen der kleinen Molkereien so schlecht, die Verhandlungsposition ist deshalb schlecht, weil die Menge viel zu groß ist. Es ist zu viel Milch am Markt, und genau das Problem müssen wir angehen. Wir bekommen es aber nicht durch eine Vermarktungsplattform in den Griff.
das hat Herr Busen schön angedeutet, nur auf Standardware, auf Massenware setzt und nicht in Richtung Spezialisierung geht, wie wir es bei anderen Molkereien haben. Vielleicht kann eine große Molkerei das auch so nicht leisten.
Ich denke, Ihr Antrag zeigt eigentlich nur eins: Ihr Antrag zeigt, dass das agrarpolitische Credo Ihrer Partei „Weltmarkt, Weltmarkt, Weltmarkt“ krachend zusammengebrochen ist.
Ich habe Ihren Antrag gelesen. Er war einseitig, und nur diese Vermarktungsplattform reicht überhaupt nicht aus. Ich finde, das zeigt, dass Sie von Milchpolitik weit entfernt sind.
Und was mich am meisten wundert, ist, dass Sie ja noch nicht einmal mehr die Unterstützung des Raiffeisenverbandes haben. Selbst die sagen, dass diese Vermarktungsplattform der falsche Weg sei. Selbst von der Seite bekommen Sie keine Unterstützung. Meine Unterstützung und die meiner Fraktion haben Sie auch nicht. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Es gibt seit April 2015 keine Milchquote mehr. Das hat dazu geführt, dass immer mehr Milch produziert wird und die Preise für Milch unter die Erzeugerpreie gefallen sind. Die Milchbauern bangen um ihre Existenz. Im September 2015 gab es eine große Demonstration der Milchbauern in Brüssel. Die haben den Einsatz von Kriseninstrumenten inklusiv freiwilliger Lieferverzichte gefordert.
Der EU-Milchmarkt ist überschwemmt, die Preise sind abgestürzt. In einigen Ländern sind sie schon nah an der 20-Cent-Marke pro Liter. Und ohne eine Reduktion der Produktion wird sich der Markt weiter rapide verschlechtern. Ein Großteil der Michbauern fordert einen EU-weiten Produktionsrückgang. Dazu soll ein Marktverantwortungsprogramm kommen, das unter anderem Bonuszahlungen für freiwillige Produktionskürzungen der Erzeuger vorsieht.
Nationale Ansätze können laut European Milk Bord die Lage nicht stabilisieren, genauso wenig können das regionale ausschließlich in Nordrhein-Westfalen.
Ähnliche Programme fordert auch der Bund der Deutschen Milchbauern. Der hat schon seit Längerem ein Milchmarktkrisenmanagementkonzept entwickelt, unter anderem mit einer privaten Lagerhaltung und noch einigen weiteren Schritten.
Diese vorhandenen Vorschläge und ihre möglichen Kombinationen sind es allemal wert, untersucht und erprobt zu werden. Denn die erscheinen mit den bestehenden Instrumenten machbar. Für die Erzeuger geht es um die Existenz der Höfe, für die Verbraucher um eine EU-weite regionale und gesunde Lebensmittelproduktion, und für die EU um einen stabilen und wettbewerbsfähigen Milchsektor.
Dazu braucht man politische Mehrheiten in der EU und keine Anträge auf regionaler Ebene, wie hier von der CDU vorgeschlagen. Denn EU-weit hat die Politik, vor allem die der CDU in Deutschland, Berlin und in der EU, wo die konservativen Politiker die Mehrheit haben, eine starke Exportorientierung mit Mengenanstieg verfolgt. Sie haben das Fiasko, vor dem Sie jetzt stehen, durch Ihren Marktradikalismus selbst verursacht. Das ist absolut schiefgegangen und muss nun auch auf EU-Ebene wieder korrigiert werden. Alleine werden die Länder, die Einzelstaaten und auch die Bundesländer, keine langfristige und nachhaltige Lösung erreichen.
Selbst die Verbände der Milchviehhalter lehnen nationale Alleingänge als nicht zielführend ab, und da sind Alleingänge von Bundesländern noch viel weniger zielführend. Insbesondere der EU-Agrarkommissar Phil Hogan und der deutsche Agrarminister Christian Schmidt – falls Sie nicht gewusst haben sollten, wie er heißt – müssen hier ihre Haltung aufgeben. Denn die Maßnahmen wie beispielsweise die private Lagerhaltung, die man seit letztem Jahr einsetzt, konnten angesichts eines weltweit überfluteten Milchmarktes keine stabilisierende Wirkung bringen. So wird die Kritik an dieser aktuellen marktliberalen Exportpolitik auch immer lauter.
Das sollte auch die CDU hier im Landtag zur Kenntnis nehmen, und ihre Freunde in der Bundespolitik, den Agrarminister, und in der EU entsprechend auffordern, Konzepte mit den Milchbauern zusammen zu erstellen, um die bäuerlichen Milchbetriebe zu erhalten.
Der EU-Agrarkommissar Phil Hogan ist Mitglied der EVP. Im Europäischen Parlament stellt die EVP seit 1999 die größte Fraktion. Derzeit gehören 216 Abgeordnete der EVP-Fraktion an, darunter die Europaparlamentsmitglieder von CDU und CSU. Schildern Sie denen die Probleme und lassen Sie sich auch von denen auslachen, wenn Sie ihnen mit einer kurzfristigen Vermarktungsplattform nur für NordrheinWestfalen kommen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Antrag der CDU-Fraktion wird sozusagen das derzeitige Horrorbild, was der Milchmarkt hergibt, richtig beschrieben:
Es gibt kein Marktgleichgewicht; das ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Es gibt keine kostendeckenden Milchauszahlungspreise. Es geht sogar noch weiter: Mit dem erzielten Preis kann auch nichts für notwendige Investitionen zurückgelegt werden. Die Betriebe sind in ihrer Existenz bedroht.
In der Tat: Wenn man mit den Michbäuerinnen und Milchbauern spricht, dann tränen einem selbst die Augen, wenn geschildert wird, dass man die Situation, wie sie jetzt ist, vielleicht noch ein halbes Jahr, vielleicht noch ein Jahr wird durchstehen können, aber dann der Betrieb am Ende ist, weil die Einkünfte einfach unterhalb dessen liegen, was für das Überleben des Betriebs als auch für den Lebensunterhalt der Familien notwendig ist. Das ist eine hochdramatische Entwicklung und in der Tat für uns alle alarmierend.
Der Einschätzung kann ich zustimmen, gar keine Frage. Man kann es den Menschen und auch den Bäuerinnen und Bauern nicht erklären, warum auf dem Oktoberfest für einen Liter Bier über zehn Euro gezahlt werden, aber im Supermarkt Milch für unter 60 Cent angeboten wird.
Frau Schulze Föcking hat die Preisentwicklung genannt. Vor 20 Jahren waren es 80 Pfennig, heute sind wir nahe bei 20 Cent. Das stimmt in keiner Weise mit realen Gegebenheiten überein. Das entspricht auch nicht dem Wert des Produkts.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Wenn wir die Milchbäuerinnen und Milchbauern in unserer Region halten wollen, dass sie weiter ihren landwirtschaftlichen Betrieb führen können, dann geht das in erster Linie nur dadurch, dass sie für ihr gutes Produkt einen besseren Preis bekommen.
Diesen besseren Preis wird man nur erzielen, wenn es wieder ein Marktgleichgewicht gibt. Das Grundprinzip des Marktes ist, dass Angebot und Nachfrage übereinstimmen müssen. – Sehr geehrte Frau Schulze Föcking, da vermisse ich Ihre Analyse des Marktes. Wir haben hier ein Überangebot. Darüber sprechen Sie überhaupt nicht.
Da muss ich Sie schon fragen, ob Sie in der Vergangenheit einfach nicht wühlen wollen. Gerade Ihre politischen Freundinnen und Freunde haben doch dazu beigetragen, die Quotenregelung auf europäischer Ebene zu beseitigen. Wir kommen auch nicht wieder zurück zu der Quotenregelung. Aber wir brauchen trotzdem Regulierungsinstrumente,
wenn ein Markt nicht funktioniert, um von diesen hohen Mengen herunterzukommen. Dazu kein Wort von Ihrer Seite!
Sie antworten auf die hohen Mengen mit dem Hinweis auf die Konzentration im Einzelhandel. Ja, auch das gefällt mir nicht. 80 % sind hier in der Tat konzentriert. Aber es kann doch nicht richtig sein, auf Konzentration mit Konzentration zu antworten. An der Schraube wollen Sie offensichtlich noch weiterdrehen. Es geht doch darum, wenn wir Wertschöpfung erzielen wollen, von dieser Konzentration wegzukommen, gerade die Konzentration der Vermarktungsseite, der Molkereien zu betrachten. Die lassen Sie völlig aus dem Fokus.
Es geht nicht darum, dass mehr Menge angeboten wird, sondern wir müssen davon wegkommen, dass es auch genossenschaftliche Molkereien gibt, die die Bauern am Markt am meisten drücken. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Die Molkereien haben hier eine große Verantwortung wahrzunehmen, was sie derzeit nicht tun, meine sehr geehrten Damen und Herren.