Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

und dadurch bedingten Netzkosten in Milliardenhöhe haben wir die Grenze des volkswirtschaftlich Machbaren schon längst überschritten.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, deshalb wäre es richtig, erstens die EEG-Subventionen insgesamt zurückzufahren, damit sich Stromerzeugung aus Biogas auf dem Markt behaupten kann, und zweitens den Strommarkt endlich grundlegend zu reformieren, damit das Vorhalten von gesicherter Leistung endlich bei der Preisbildung angemessen honoriert wird.

Wir brauchen endliche faire Wettbewerbsregeln, damit auch Biogasanlagen ihre Stärke ausspielen können, ohne den Stromverbraucher zusätzlich zur Kasse zu bitten. Aber anscheinend hat die Union, lieber Kollege Fehring, den Glauben in die Große Koalition bereits verloren, wenn sie sich nun auf das Kurieren von Symptomen beschränkt, statt an die Wurzeln des Problems zu gehen.

Meine Damen und Herren, das Ziel des Antrags teilen wir, den eingeschlagenen Weg lehnen wir ab. Deshalb müssen wir auch den Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Herr Brockes. – Für die Piratenfraktion spricht nun Herr Rohwedder.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) : Vielen

Dank. – Herr Präsident! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem eher humoristischen Beitrag meines Vorredners kommen wir jetzt zum Ernst zurück.

Beim vorliegenden Antrag der CDU stellt sich zunächst einmal die Frage, warum die CDU auf Landesebene versucht, die Sabotage der Energiewende in Berlin auch im Bereich der Nachwachsenden hier wieder gutzumachen, eine Sabotage der Energiewende, die sie selbst auf Bundesebene massiv betreibt. Immerhin stellt sie ja die Bundesregierung in wechselnden Konstellationen seit 2005, also seit gut zehn Jahren.

Auch im Bereich nachwachsender Energieträger muss nachhaltig gedacht und vorgegangen werden. Wesentliche Aspekte finden im vorliegenden Antrag überhaupt keine Erwähnung.

Wir Piraten wollen keine Agrarsteppe, keine Konkurrenz zwischen Teller und Tank. Wir wollen, dass primär genutzt wird, was ohnehin anfällt. Und wenn man Fläche zum Anbau von Energieträgern nutzen will, dann muss das mit Biodiversität gekoppelt werden, also keine Mais- oder Rapssteppe, sondern extensiver Anbau von zum Beispiel variablen mehrjährigen Wildpflanzenmischungen. Die bringen mehrfachen Nutzen, sowohl Biomasse für Biogasanlagen als auch Lebensraum und Nahrungsressource für Vögel und Insekten.

Wir wollen den Zusatznutzen für die biologische Vielfalt und die dadurch erbrachten Dienstleistungen für Ökosysteme, Habitate und Biodiversität.

Dazu kommt, was Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes, schon 2011 formulierte:

Es müssen deutlich weniger Treibhausgase entstehen als bei fossilen Energieträgern, und es dürfen keine Nachteile für die Umwelt auftreten.

Es gibt Probleme mit Altanlagen und finanziell überforderten Bauern. Die Folgen haben wir im Umweltausschuss schon mehrfach besprochen. Da liegt aber bei Weitem nicht der einzige Reformbedarf. Dieser Antrag greift daher viel zu kurz und ist so nicht zustimmungsfähig. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Rohwedder. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Remmel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich natürlich genauso artig, wie der Abgeordnete Fehring sich bei mir für das Engagement bedankt hat, bei ihm für den Antrag, in dem die CDU die Aktivitäten der Landesregierung im Bundesrat, aber nicht nur da, besonders erwähnt und unterstützt. Wir haben uns in der Tat zusammen mit Thüringen, Bayern, Rheinland-Pfalz und vielen anderen Ländern dafür eingesetzt, dass die Bundesregierung hier mutiger vorangeht, dass sie eine eigene gesetzliche Ausgestaltung vornimmt, nicht lediglich eine Verordnungsermächtigung erlässt, sondern auch die Frage der Deckelung insgesamt thematisiert.

Bedauerlich hingegen finde ich, dass diese Unterstützung vonseiten der CDU nicht schon viel früher erfolgt ist. Wir hatten nämlich schon eine EEGNovelle, bei der ich darauf hingewiesen habe, dass der Deckel in der Tendenz dazu führt, dass wir anstatt eines Ausbaus einen Rückbau erleben werden, weil – erstens – die Dynamik nach vorne und die Investitionssicherheit nicht gegeben sind und weil – zweitens – die Bereiche, die wir noch in die Biomassenutzung führen müssen, nämlich Reststoffverwertung, keine ausreichenden Anreize bekommen.

Es ist doch – wenn ich das hier festhalten darf – unser gemeinsames Ziel, im Bereich Zubau von Biomasse auf dem Feld zurückhaltend zu sein, umzustellen, das Ganze nachhaltiger zu gestalten, aber da, wo wir noch Potenziale haben – das sind insbesondere die Reststoffe, ob Gülle, Siedlungsabfall oder Bioabfall –, gemeinsame Wege nach vorne zu finden.

Dies dann auch in die Bundestagsberatung einzubringen, ist ein hehres Anliegen. Deshalb bedauere ich, dass heute hier eine direkte Abstimmung stattfindet. Das eine ist es, das zu proklamieren.

Aber es wäre doch spannend, über eine gesetzliche Ausgestaltung des EEG 2016 an dieser Stelle und darüber zu reden, welche Bedingungen unsererseits von der Bundesregierung eingefordert werden müssen. Ich habe den Eindruck, dass innerhalb der Bundesregierung, und zwar gerade aus Bayern, jetzt eine gesetzliche Gestaltung gefordert wird. Es macht Sinn, sich hier vorzubereiten, inhaltliche Forderungen zu formulieren und gerade diese Ausgestaltung auch miteinander zu diskutieren.

In Nordrhein-Westfalen sind 800 MW Leistung installiert. Die Stromerzeugung aus Biogasanlagen oder Bioenergie insgesamt beläuft sich auf gut 5 Terawatt im Jahr. Was wir erreichen müssen, ist eine bessere Wärmenutzung.

Insofern rege ich an, die Diskussion bezogen auf die Bioenergie etwas wegzuschwenken von dem Bereich Erneuerbare hin zu dem Bereich Brückentechnologie, hin zu dem Bereich Speichertechnologien. Da, in der Tat, kann die Bioenergie wesentliche Dienste leisten. Deshalb muss man dafür werben, das nicht abbrechen zu lassen. Wir brauchen die Bioenergie als wichtigen Systemfaktor – das ist wichtig – in einem erneuerbaren System.

Deshalb müssen die Anlagen, die jetzt auslaufen, auch ein Angebot bekommen, sich weiterzuentwickeln. Das heißt nicht, dass jede Anlage erhalten werden kann, aber eine Anlage, die systemrelevante Dienste im Sinne von Wärmelieferung, im Sinne von nachhaltiger Energienutzung leisten kann. Denken Sie an die vielen Projekte, die es gibt, eine eigene Dorfenergie- und Wärmeversorgung aufzubauen, hier den Grundstein zu legen.

Deshalb wäre es falsch, einen Abbruch vorzunehmen. Stattdessen müssen wir erhalten und zubauen. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine gute Beratung in Berlin, um genau das zu erledigen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Weitere Wortmeldungen liegen hier vorne nicht vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Die CDUFraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Die CDU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Piraten, SPD, Grüne und FDP sowie Herr Schwerd (fraktionslos). Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 16/11435 mit breiter Mehrheit im Hohen Haus abgelehnt.

Ich rufe auf:

4 Keine Reform der Pflegeberufe zu Lasten von

Ausbildungsqualität und Ausbildungskapazitäten

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/11420

Ich darf die Aussprache eröffnen. Für die FDPFraktion spricht Frau Kollegin Schneider.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Pflegekräfte in der Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege verdienen unseren größten Respekt für ihre verantwortungsvolle Arbeit im Angesicht hoher Anforderungen und Arbeitsbelastungen. Ohne sie wäre die Versorgung der Patientinnen und Patienten in unseren Krankenhäusern sowie der pflegebedürftigen Menschen in Heimen oder durch ambulante Dienste nicht denkbar.

Überlegungen zu einer Neuordnung der Pflegeberufe gibt es schon seit Jahren. Der Pflegekräftemangel und die Veränderung der Versorgungslandschaft durch den demografischen Wandel waren der Anlass, um eine stärkere Verknüpfung der Ausbildungen in den Pflegeberufen und eine Steigerung der Attraktivität des Berufsfeldes anzustreben.

Mehr Attraktivität und Qualität der Ausbildungen in den Pflegeberufen sind auch das Ziel der FDP. Wir brauchen zusätzliches qualifiziertes Personal für die wachsende Zahl der Pflegebedürftigen.

Jetzt strebt die Bundesregierung eine Umsetzung in Form der generalistischen Pflegeausbildung an. Doch stellt der vorliegende Gesetzentwurf wirklich die richtige Lösung dar? Werden mit ihm die angestrebten Ziele erreicht? Da hat die FDP-Fraktion erhebliche Zweifel. Wir sehen die Gefahr, dass die Reform zulasten der Qualität der Ausbildung geht und zum Abbau von Kapazitäten in der Ausbildung führen wird.

(Beifall von der FDP)

Beides wäre fatal für die Zukunft der Pflege in Deutschland.

Zur Frage der Qualität: Nach den endlich vorliegenden Eckpunkten zur Ausbildungsordnung wird maximal etwas über die Hälfte der praktischen Ausbildungszeit im Trägerbetrieb, das heißt im gewählten Schwerpunkt des Berufsfeldes, absolviert. Die insgesamt verfügbare Ausbildungszeit wird zwischen den drei bisherigen Berufen aufgeteilt. In der Folge wird die Praxiszeit zum Beispiel im Altenheim verkürzt und dadurch der Aufbau persönlicher Bindungen zu

den Bewohnern erschwert. Das Erlernen der notwendigen Sensibilität ist aber ein elementarer Bestandteil der Altenpflegeausbildung, der in der Einheitspflege unter die Räder kommen wird.

(Beifall von der FDP)

Andererseits wird der theoretische Ausbildungsstoff verdichtet. Die Anforderungen im Unterricht werden sicher steigen. Das wird aber zum Problem gerade für die jungen Menschen mit einem erweiterten Hauptschulabschluss, die bisher eine Ausbildung in der Altenpflege gewählt haben, die dabei aber auch mehr Lernzeit gebraucht haben, um erforderliche Qualifikationsniveaus zu erreichen. Diese Schülerinnen und Schüler werden künftig sicher davon abgeschreckt, eine Pflegeausbildung anzustreben.

Aber auch die Ausbildungskapazitäten sind in Gefahr. Der Trägerbetrieb soll künftig dafür verantwortlich sein, auch alle anderen praktischen Einsätze in der Ausbildung zu koordinieren. Zudem soll künftig für die Erstattung der Ausbildungsvergütung ein sogenannter Wertschöpfungsanteil der Auszubildenden berechnet werden, und zwar selbst dann, wenn diese in ambulanten Diensten praktisch nicht ohne Begleitung tätig sein können.

Diese Belastung gerade kleinerer Pflegeheime und ambulanter Dienste durch zusätzliche Bürokratie und unzureichende Finanzierung fördert sicher nicht die Bereitschaft zur Ausbildung.

(Beifall von der FDP)

Der Aufbau zusätzlicher Ausbildungskapazitäten in der Altenpflege wird sich so wieder umkehren und letztlich den Pflegekräftemangel verstärken. Das ist gerade die falsche Weichenstellung, sehr geehrte Damen und Herren.

Ich finde es schade, dass nicht intensiver über eine integrative Form der Ausbildung nachgedacht wurde, wie zum Beispiel das 2-plus-1-Modell: zwei Jahre gemeinsame Grundausbildung und ein Jahr Spezialisierung auf den jeweiligen Abschluss hin. Bei den vielfältigen Anforderungen in der Pflege braucht es auch künftig unterschiedlich spezialisiertes Fachpersonal statt einer Einheitspflege.

(Beifall von der FDP)