In dichten Ballungsgebieten darf es keine Nachtflüge geben. Zur Bewertung von Lärm und Schadstoffen sollen die neuesten Erkenntnisse berücksichtigt werden, die dann auch eine standardisierte Bewertung und Vergleichbarkeit garantieren. Das ist wichtig an dieser Stelle, und das würden wir uns gerne auch in einem Konzept der Landesregierung wünschen.
Ich danke, dass die Grünen nach sieben Jahren diese Debatte gestartet haben, was einer Opposition immer schwer gelingt. Danke auch an die FDP für die Aktuelle Stunde. Ich hoffe, dass diese Debatte dafür sorgt, dass es in NRW bezüglich des Luftverkehrs zu
Positionen kommt, dass NRW sich positioniert, dass NRW weiterkommt und nicht auf Berlin wartet. Das kann nur schiefgehen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Bayer. – Für die Landesregierung hat das Wort jetzt noch einmal Herr Minister Groschek.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Leere Versprechen zu politischen Konzepten aufzubauschen hilft niemandem.
Deshalb noch einmal: Die Liberalisierung im Rahmen der Europäischen Union hat dazu geführt, dass Steuerungs- und Lenkungsmechanismen für die Politik – regional sowieso, aber auch national – beschränkt bleiben. Der Bund hätte die Möglichkeit, außereuropäische Verkehre über Slot-Zuweisungen zu lenken. National gibt es ansonsten keine Lenkungsmöglichkeit. Freie Marktwirtschaft durch liberalisierte EUPolitik! Wer anderes behauptet, verkennt die Realität.
Zweiter Punkt: Die Kurzstreckenverkehre sind ökologisch misslich, sind aber im Grunde nur dadurch verursacht, dass das Sammeltransportverkehre zu Luftverkehrskreuzen sind, die darauf angewiesen sind, Passagiere im Grunde zu highjacken. Weil im eigenen Umfeld nicht genügend Passagieraufkommen ist, muss eben in anderen Revieren gewildert werden. Deshalb gibt es Kurzstreckenverkehre Richtung Frankfurt, die weniger geworden sind, die aber noch immer da sind und die nur eines zeigen:
dass wir nämlich große Chancen in Nordrhein-Westfalen haben, auch unter Luftverkehrsgesichtspunkten, wenn wir die beiden Großflughäfen noch stärker konzentrieren auf das Feld, das wichtig ist, nämlich auf die Langstrecken und den Frachtbereich.
Was Lenkungswirkungen der Landesregierung angeht, ist es sträflich, zu glauben und zu suggerieren, wir könnten Verkehre auf einzelne Regionalflughäfen verteilen. Das entscheiden die Luftverkehrsgesellschaften autonom. Was die Positionierung angeht, ist das Schicksal vieler Flughäfen in Deutschland viel stärker vom wirtschaftlichen Zustand einzelner Carrier abhängig als von politischem Willen.
Das Schicksal von Air Berlin bestimmt maßgeblich über das Schicksal vieler Flughäfen. Die Tendenz, dass es im Grunde europaweit nur noch Low-CostVerkehre gibt, zeigt sich am Beispiel Eurowings und anderer. Wir werden in wenigen Jahren überhaupt
nichts anderes mehr als Billigflugverkehr innerhalb Europas Grenzen haben. Also ist das kein vernünftiges Entscheidungskriterium.
Nur der Verweis auf die „Ballermänner“ und „Ballerfrauen“, die man an welche Randflughäfen auch immer verlagern könnte, reicht nicht, weil Geschäfts- und Tourismusverkehre zunehmend sich überschneidende Mengen sind und Bulgariens Goldstrand oder Palma de Mallorca eben die Ausnahmen sind, wenn wir das gesamte Verkehrsaufkommen betrachten.
Lenkungswirkungen können im Grunde vernünftige Rahmenrichtlinien des Bundes erzeugen. Die Konkurrenz für die deutschen Flughäfen liegt im europäischen Ausland und liegt in Istanbul. Wir müssen in Deutschland begreifen, dass Istanbul zur neuen Benchmark für Logistik geworden ist: im Hafenbereich, im Lufthafenbereich. Und dieser Konkurrenz und diesem Wettbewerb müssen wir uns stellen.
Deshalb ist es richtig, dass wir die Logistikdrehscheibe Nummer eins Nordrhein-Westfalen weiterentwickeln werden. Nachdem wir Straße und Schiene und Binnenwasserstraße geklärt haben bezüglich der einzelnen Konzepte und Ausbaumaßnahmen, werden wir das Luftverkehrskonzept hinzufügen, wenn wir endgültig die Rahmenrichtlinien des Bundes haben.
Dann in der Tat ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir qualifiziert, weil in Heller und Pfennig und mit Planungen belegt, darüber sprechen können, wie denn die integrierte Mobilitätsplanung in diesem Land aussieht. Der Bund hat es nicht geschafft, aus konkurrierenden Bundesverkehrswegeplänen eine integrierte Mobilitätsplanung zu machen.
Wir werden uns dieser Mühe unterziehen und für das Land Nordrhein-Westfalen eine Mobilitätsplanung auf den Tisch legen, die deutlich macht: Wir brauchen tri- und multimodale Verkehre, die jeweils die spezifischen Stärken nutzen.
Eine Luftverkehrsqualität, die Nordrhein-Westfalen im Gegensatz zu 14 anderen Bundesländern, im Gegensatz zu Bayern und anderen hat, ist, dass binnen 24 Stunden von Köln/Bonn aus jeder beliebige Punkt in den Vereinigten Staaten mit Luftfracht erreicht werden kann. Das ist eine Luftbrücke, die sich natürlich in Heller und Pfennig, in Arbeitsplätzen und Wachstum auszahlt.
Deshalb ist Luftverkehr als integraler Bestandteil der Mobilitätsperspektive unverzichtbar und wichtig. Wir werden die Entscheidungen treffen, die notwendig sind, sobald das nationale Konzept vorliegt.
Auf das Genehmigungsverfahren bezogen gilt: Wir werden den Angerlandvergleich nicht aufbohren. Wir werden keine Tricksereien starten, um dieses Korsett
zu sprengen, sondern wir werden im Rahmen des Angerlandvergleichs unsere Entscheidung treffen. Der Angerlandvergleich ist quasi eine Ewigkeitsperspektive, von Oberverwaltungsgerichten immer wieder bestätigt. Ob einem das passt oder nicht, spielt keine Rolle. Das ist der rechtliche Korridor, innerhalb dessen sich Genehmigungsverfahren bewegen.
Und unser Genehmigungsverfahren wird rechtlich unzweifelhaft sein und zu belastbaren Ergebnissen kommen. Wir wollen nichts aufbohren, wir wollen nichts verschleiern, sondern wir wollen einen transparenten Genehmigungsprozess – so kurz wie möglich. Aber die Fristen sind nicht in der Hand der Landesregierung, sie sind durch Planungsgesetzgebung und durch die Zahl der Einsprüche, die zu erwarten sind, vorgegeben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Groschek. – Nun hat sich für die SPD noch einmal Herr Kollege Ott zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil das, was Kollege Rasche sagt, auch wenn er es wiederholt und noch mal sagt, nicht besser wird. Dann gibt es auch noch ein paar Dinge, die einfach unter den Tisch fallen gelassen werden.
Natürlich haben wir mit der Ansiedlung von Germanwings und den Möglichkeiten der Eurowings in unserem Bundesland bedeutende Player gerade mit enormen Wachstumsbereichen bekommen. So zu tun, als ob in Berlin nur finstere Mächte darüber entscheiden, was passiert, ist natürlich grober Unfug. Man muss schon den gesamten Blick haben.
Noch einmal – ich habe das in dem Zwischenruf von Christian Lindner eben gemerkt –: Auch bei euch ist eine Unklarheit in der Frage: Was bedeutet denn Nachtflugverbot? Auch ihr habt euch nicht auseinandergesetzt mit der Frage: Geht es jetzt um Personen oder Fracht oder was im Allgemeinen? Das ist ziemlich deutlich geworden.
Deshalb muss man hier noch einmal eindeutig festhalten, auch wenn der Kollege jetzt abgelenkt war: Es hilft nicht, wenn die FDP sich hier als Hüter der Wirtschaft hinstellt und da, wo es um Entscheidungen geht, vor Ort in den Wahlkämpfen das Gegenteil sagt.
Ich erwarte von Vertretern der Marktwirtschaft, dass sie diese Position von unten bis nach oben durchhalten.
Sie sind genauso wie die Grünen eine Partei, die bewusst sagt: Wir haben eine bestimmte Unterstützergruppe. Dass die Grünen für ihre Gruppe ihre Position klar formulieren, ist korrekt. Warum ihr euch an den Grünen abarbeiten müsst, ist mir absolut schleierhaft, und es ist unehrlich.
Das ist kein Eigentor. Das war ein wunder Punkt, nicht? Christian Lindner ist in an einem wunden Punkt getroffen, weil der Landtag festgestellt hat, dass die FDP immer wieder Schimären vor sich herschiebt, aber in der normalen Auseinandersetzung dann auf einmal andere Thesen vertritt.
Ich halte es – das ist das Zweite, was du gesagt hast – für nicht hilfreich in diesem Landtag, symbolische Diskussionen zu führen. Herr Kollege Bayer, deshalb sage ich ganz deutlich:
Ich glaube, ein solcher Prozess über die Glaubwürdigkeit des Luftverkehrs ist dringend nötig. Wir müssen mit der Bevölkerung darüber reden: Was wollen wir? Was brauchen wir? Was muss vielleicht auch sein? Dieser Prozess muss stattfinden.
Aber was macht es für einen Sinn, wenn ein Bundesland anfängt, und kurze Zeit später kommt dann der Bund und sagt: „Ätschi, bätschi, wir haben jetzt eine ganz andere Idee“? Das bringt nichts. Es muss einen gemeinsamen Aufschlag geben, der dann diskutiert wird, weil wir doch alle wissen, dass die Leute bei dem Luftverkehrskonzept nicht vor Begeisterung in die Hände klatschen werden.
Deshalb will ich noch einmal darauf hinweisen, dass es für uns natürlich auch wichtige Fragen mit den Frankfurtern zu klären gibt in einem solchen Diskussionsprozess, nämlich zum Beispiel, dass sie, wenn sie so schön entscheiden, Nachtflug nicht zu machen, bestimmte laute Maschinen nicht bei uns abladen können.
Lange Rede, kurzer Sinn: Es geht am Ende darum, einen Ausgleich zu schaffen. Ich nenne ein Beispiel: Wenn die Bundeswehr zu Auslandseinsätzen fliegt und die Transall nachts vom militärischen Teil des Flughafens unterwegs ist, dann gibt es enorm viele Beschwerden der Bevölkerung nach dem Motto: Es kann ja wohl nicht wahr sein, die sind ja stinkelaut, weil das alte Maschinen sind.
Herr Müller nickt. Sie kennen das auch. Jetzt will ich einmal die Initiative sehen, die dann sagt: Okay, wir können leider diese Form der Flüge der Bundeswehr nicht mehr durchführen. Dann gibt es vielleicht auch Leute, die das politisch wollen.
Sie sehen daran, es braucht einen Konsens über die Frage, wer wann wo fliegt und warum. Wenn wir das wollen, geht das nur, wenn wir das gemeinsam diskutieren und angehen.
Ein Letztes ist mir noch wichtig: Es ist schon interessant, wenn man sich das Verhältnis der Umlandgemeinden zum Köln/Bonner Flughafen und zum Düsseldorfer Flughafen anguckt. Daran kann man auch eines lernen – und das ist parteiübergreifend ein wichtiges Thema –, nämlich: Wie man mit den Menschen umgeht, wie man sie unterstützt, wie man ihnen hilft, hat auch einen Anteil daran, wie stark die Proteste jeweils sind. Es ist schon augenfällig, wenn man das vergleicht.