Sie zitieren in dem Antrag – Herr Sieveke, da ist Ihnen ein kleiner Fehler unterlaufen – den Staatsrechtler Siegel. Der kommt in seinem Gutachten aus dem Jahre 2011 – das haben Sie nicht zitiert – zu dem richtigen Schluss, dass eine flächendeckende Videobeobachtung in Deutschland aufgrund der gängigen Rechtsprechung nicht eingesetzt werden darf. Sie hätten Herrn Siegel vollständig zitieren sollen.
Es geht, wenn wir diese Diskussion führen – hoffentlich sachlich im Ausschuss –, um den Begriff der Verhältnismäßigkeit. Verhältnismäßigkeit, diesen Begriff lernt jeder Student, der den Polizeiberuf zukünftig ausüben will, schon im ersten Semester. Verhältnismäßigkeit heißt nämlich: Die Maßnahme muss geeignet sein, erforderlich sein und angemessen sein.
Diesem Grundsatz tragen wir im Polizeiorganisationsgesetz in Nordrhein-Westfalen Rechnung mit dem § 15a. Wir bauen die Videobeobachtung an bestimmten Kriminalitätsschwerpunkten aus, aber eine flächendeckende Videobeobachtung in NordrheinWestfalen lehnt diese Landesregierung ab. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/12121 an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Rechtsausschuss. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer hat etwas dagegen? – Niemand. Enthält sich jemand? – Auch nicht. Damit ist einstimmig so überwiesen.
Ich eröffne die Aussprache. Für die FDP-Fraktion begründet diesen Antrag nun der Kollege Brockes. – Bitte schön, Herr Brockes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Berlin bastelt die Bundesregierung derzeit an einem Klimaschutzplan. Inzwischen ist der erste Entwurf aus der Feder von SPDBundesumweltministerin Barbara Hendricks bekannt geworden. Der Entwurf enthält eine ganze Reihe von Maßnahmen – so wie der Klimaschutzplan Nordrhein-Westfalen –, die nie auf ihre Kosten überprüft wurden oder auf ihre Klimawirksamkeit.
Fatal ist insbesondere die Architektur des Klimaschutzplanes. Danach beabsichtigt die Bundesregierung den Bruch mit der europäischen Klimapolitik und will stattdessen eine Renationalisierung betreiben. Auch für Branchen, die bereits dem europäischen Emissionshandel unterliegen, werden hier neue zusätzliche sektorale nationale Einsparziele festgelegt.
Angesichts der kurzen Zeit möchte ich das an einem für Nordrhein-Westfalen besonders wichtigen Beispiel deutlich machen, nämlich am vorgezogenen Kohleausstieg.
„Daher strebt die Bundesregierung eine Halbierung der Emissionen der Energiewirtschaft gegenüber dem heutigen Niveau an.“
„Der genannte Zielkorridor für die Emissionen der Energiewirtschaft im Jahr 2030 lässt sich nur erreichen, wenn neben der Rückführung der Emissionen aus Kohlekraftwerken der Ausbau der erneuerbaren Energien dynamisch fortgesetzt wird.“
Mit erfolgreichem Klimaschutz hat dieser Anschlag auf den europäischen Emissionshandel nichts gemein. Welche verheerenden Folgen die Ziele und Maßnahmen des Klimaschutzplans für den Industriestandort Deutschland hätten, welche Auswirkungen auf Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit in der Energieerzeugung, wird überhaupt nicht berücksichtigt. Es steht nur lapidar dar – ich zitiere wieder –:
„Die Transformation zu einer Stromversorgung auf Basis von Erneuerbaren bis 2050 bei gleichzeitiger Wahrung der Versorgungssicherheit ist technisch machbar und bezahlbar.“
Meine Damen und Herren, bei solchen Formulierungen und angesichts der Diskussion um die Klimaabgabe müssten hier im Landtag bei allen Abgeordneten die Alarmglocken anschlagen.
Meine Damen und Herren, es ist noch nicht lange her, es war am 26. November, da berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die Forderung der SPDBundesumweltministerin, Barbara Hendricks, noch in dieser Legislaturperiode den auf 20 bis 25 Jahre angelegten Ausstieg aus der Kohleverstromung verbindlich zu organisieren. Sie hatte angekündigt, einen Ausstiegspfad auf 20 bis 25 Jahre organisieren zu wollen. Gegen diese Pläne wurde unmittelbar nach Bekanntwerden harsche Kritik geübt.
Meine Damen und Herren, die Ministerpräsidentin Kraft – sie war damals auf Südamerikareise unterwegs – meldete sich umgehend, was schon wirklich ein Wunder in diesem Land ist, aber sie meldete sich umgehend und ging verbal mit ihrer Parteifreundin hart ins Gericht. Sie sagte – ich zitiere –:
Wir halten das für inhaltlich falsch. Es sei ein Alleingang. – So wurde sie in zahlreichen Medien zitiert.
Meine Damen und Herren, in der darauffolgenden Plenardebatte zum Eilantrag der FDP „Sicherheit und Bezahlbarkeit der Energieversorgung erhalten – Kohleausstiegsgesetz verhindern“ erklärte Herr Kollege Thiel, der auch gleich spricht – ich zitiere –: „Ihr Anliegen im Eilantrag ist durch Regierungshandeln längst erledigt.“
Meine Damen und Herren, inzwischen haben wir es schwarz auf weiß und wissen es besser, Herr Kollege Thiel: Diese Landesregierung hat nichts, aber auch gar nichts erreicht.
Denn mit dem Klimaschutzplan setzt Frau Hendricks ihre unverantwortliche Politik unbeirrt fort – und dies, obwohl die Länder, also auch Nordrhein-Westfalen, durchaus vorab in den Prozess der Planerstellung eingebunden waren. Es rächt sich wieder einmal, dass die Ministerpräsidentin mit ihrer Ankündigung, nie, nie nach Berlin gehen zu wollen, das einwohnerstärkste Bundesland in der Bundespolitik zur Bedeutungslosigkeit verurteilt hat.
Meine Damen und Herren, der Klimaschutzplan soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. In dieser Woche wird sich die Wirtschaftsministerkonferenz mit dem Klimaschutzplan beschäftigen. Der Wirtschaftsminister ist leider heute nicht anwesend. Wir haben direkte Abstimmung beantragt, damit der Landtag der Landesregierung eine klare Linie vorgibt, meine Damen und Herren. Deshalb bitte ich um Ihre Unterstützung.
Lassen Sie mich das noch zum Schluss sagen: Herr Kollege Thiel, Sie haben mit dem Kollegen van den Berg und dem Kollegen Sundermann in der letzten Woche im „Erft-Kurier“ in Grevenbroich einen schönen Artikel gehabt mit der Überschrift „Unmöglich: Raus aus Kernkraft und raus aus der Braunkohle!“ Recht haben Sie mit der Position. Aber dann müssen Sie heute auch unserem Antrag zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Dietmar Brockes, der „Erft-Kurier“ wird sich freuen, dass Sie ihn hier im Landtag zitiert haben – das auch noch in richtiger
Der Antrag der FDP hat zwei Teile. Einerseits wollen Sie, dass NRW sich gegen einen vorzeitigen Kohleausstieg wehrt. Andererseits wollen Sie den Klimaschutzplan der Bundesregierung verhindern. So steht es in Ihrem Antrag. Die Diskussion um eine nationale Klimaschutzabgabe im letzten Jahr hat aber ganz klar gezeigt: NRW hat sich erfolgreich gegen eine Politik gewehrt, die hier bei uns einen Strukturbruch zur Folge gehabt hätte.
Wir wissen alle, dass Strukturwandel auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaftsweise unvermeidlich ist, und wir wollen diesen Strukturwandel gestalten.
Wir wissen aber auch, dass eine solch gewaltige Aufgabe wie die Energiewende in einem Industrieland mit starken energieintensiven Betrieben nicht beliebig schnell erreicht werden kann, wenn Strukturbrüche, Wohlstandsverlust und Vernichtung guter Arbeitsplätze vermieden werden sollen.
Wir wollen NRW als energiewirtschaftliches Kraftzentrum in Deutschland sichern. Sichere, saubere und bezahlbare umweltfreundliche Energieversorgung bleibt unverzichtbares Fundament moderner Industriepolitik.
Statt der Klimaschutzabgabe gibt es nun einen für NRW verträglichen Weg. Fünf Blöcke gehen in eine Sicherheitsreserve und werden schrittweise bis 2023 vom Netz genommen. Bis 2030 werden durch weitere Stilllegungen – hören Sie gut zu, Herr Brockes – sowie durch Effizienzsteigerung 40 % bis 50 % CO2Minderung im Rheinischen Revier erreicht werden. Fragen Sie beim RWE nach! Das sind Zahlen, die dort glaubhaft vorgerechnet wurden – ein deutlicher Beitrag, höher als in anderen Sektoren und das Ganze ohne Strukturbrüche.
Die gesetzliche Regelung der Sicherheitsreserve muss nun noch in Berlin umgesetzt werden. Es macht überhaupt keinen Sinn, jetzt erneut Vorschläge auf den Markt zu bringen, die Strukturbrüche und Kapitalvernichtung zur Folge hätten –
Kapital, das im Übrigen dringend für einen ordnungsgemäßen Abschluss der Tagebaue gebraucht wird. Ich bin sicher, dass NRW sich weiter deutlich gegen solche Vorschläge zur Wehr setzen wird. Für Klimaschutzpolitik ohne Rücksicht auf wirtschaftliche und soziale Folgen gibt es nirgendwo eine Mehrheit oder Akzeptanz. Das will auch niemand wirklich haben.
Wir in NRW haben einen Klimaschutzplan beschlossen. Darin haben wir noch einmal unsere Ziele deutlich gemacht: bis 2020 25 % CO2-Minderung, bis 2050 mindestens 80 %. Das sind unsere fürs Land
verträglichen Ziele. Sie wollten damals bei SchwarzGelb 33 %. Das wäre ein Strukturbruch für NRW geworden, der uns in die Knie gezwungen hätte.
Klimaschutz im Industrieland Nordrhein-Westfalen ist Bestandteil einer Gesamtstrategie, die sich an wirtschaftlicher Stärke, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Vernunft orientiert – so heißt es im Begleitbeschluss zum Klimaschutzplan aus dem letzten Jahr. Daran hat sich in den letzten sechs Monaten natürlich nichts geändert.