Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

aufzuheben, sodass wir uns alle auch aus dem Ausland Livestreams und Inhalte aus den Mediatheken anschauen können. Da könnte man entsprechend Geld in die Hand nehmen, um zum Beispiel auch auf EU-Ebene damit anzufangen.

Wir Piraten schlagen vor, dass die Mehrmittel ganz klar darin investiert werden, dass Inhalte in Mediatheken besser gefunden werden können, in Investitionen in mehr Formate zur Vermittlung von Politik und Kultur – damit meine ich nicht Anne Will und Lanz – und für mehr Inhalte unter freien Lizenzen, für Bildungsinhalte und neben all dem in weniger Werbung. Ziel sollte es sein, Werbefreiheit herzustellen. Das ist eine Forderung der Piraten, die wir in den vergangenen Monaten immer wieder gestellt haben. Die jetzige Werbung sorgt dafür, dass die Akzeptanz für die Rundfunkgebühr vielerorts einfach nicht vorhanden ist. Und das ist sehr schade.

Der Trend geht aber auch bei den Regierenden in eine völlig andere Richtung. Wie wir auf unsere Berichtsanfrage im Ausschuss in der letzten Woche gehört haben, überlegen Landes- und Bundesregierung, uns bald zu zwingen, Werbung im Internet anzuschauen, weil Adblocker marode Geschäftsmodelle im Netz bedrohen – so zumindest der Diskussionsstand. Ich kann Ihnen dazu sagen: Dazu werden wir hoffentlich noch viel und lange diskutieren. Von uns Piraten werden Sie dazu noch einiges hören.

Wir Piraten wollen die Menschen draußen nicht mit Werbung zuballern; wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, ihr individuelles Recht einzufordern und umzusetzen, eben selbst entscheiden zu können, ob man Werbung sehen möchte oder nicht. Und das gilt auch für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Es ist längst Zeit für ein werbefreies Angebot auch vor 20 Uhr.

Was soll der Unfug, die Sicherung der Medienvielfalt mit solchen Ideen aufs Spiel zu setzen? Überall wird es uns sonst normalerweise vorgehalten. Was soll das an dieser Stelle? Wieso? In diesem Zusammenhang schon erwähnt, nicht zu vergessen, ist die neueste Populismusgranate aus den Reihen der CDUSchwesterpartei, ARD und ZDF zusammenzulegen – ja, Kruzifix, Stammtischforderungen zur Oktoberfestzeit, na Prosit! Ist ja großartig; das bringt uns echt weiter.

Gut, zurück zum FDP-Antrag: Am Ende des Antrags steht, Sie wollten einen gerechteres Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das hört sich auf den ersten Blick vernünftig an. Aber es bedarf schon ein bisschen weiterer Ausführungen. Welches „gerechter“ meinen Sie? Meinen Sie das „gerecht“ im Sinne der FDP oder das „gerecht“ im Sinne des größten Teils der Menschen da draußen? Das führen Sie nicht weiter aus.

Fällt Ihnen auf, liebe FDP, dass Sie mit diesem Antrag genau die Menschengruppe ansprechen, die

sonst nur die Abschaffung der Zwangsgebühr fordern und gegen die „Lügenpresse“ auf die Straße gehen? Klar fällt es Ihnen auf, natürlich fällt es Ihnen auf. Es ist politisches Kalkül der FDP, hier eine neue Wählergruppe zu erreichen.

Wir werden diesen Antrag ganz klar ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Lersch-Mense.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Nach dieser Debatte und nach den vielen Debatten, die wir zu diesem Thema in diesem Hohen Haus schon geführt haben, wird es Sie nicht weiter verwundern, wenn ich erkläre, dass auch die Landesregierung den Vorschlag der FDP-Fraktion ablehnt, den Rundfunkbeitrag abzusenken und strukturell zu verändern.

In der Tat hat die KEF den Vorschlag gemacht, den Rundfunkbeitrag um 30 Cent monatlich abzusenken. Wie Sie alle wissen, hat darüber auch schon die Ministerpräsidentenkonferenz im Juni dieses Jahres beraten. Es gab dort eine Minderheit von Ländern, die den Rundfunkbeitrag um 30 Cent absenken wollen. Die Mehrzahl der Länder will den Rundfunkbeitrag in der bisherigen Höhe beibehalten.

Natürlich hat auch Nordrhein-Westfalen sich, wie Sie wissen, entsprechend dem Koalitionsvertrag und der Entschließung des Landtages dafür eingesetzt, die Werbung zu reduzieren und dazu auch die Höhe des Rundfunkbeitrages beizubehalten. Diese Linie wird die Landesregierung auch bei den anstehenden Konferenzen, auch bei der MPK im Oktober, fortsetzen.

Meine Damen und Herren, völlig unverständlich ist nach dem vorliegenden Antrag, wie denn die FDP den Rundfunkbeitrag reformieren will. Ihr Antrag enthält dazu – darauf ist schon hingewiesen worden – wenig Konkretes.

Sie wissen, dass gerade mit der letzten Reform und mit der Umstellung von der nutzungsabhängigen Gebühr auf den nutzungsunabhängigen Haushaltsbeitrag sowohl die Beitragsgerechtigkeit, die Sie fordern, verbessert worden ist als auch die Einnahmen insgesamt verbessert und stabilisiert worden sind. Sie wissen auch, dass sich dank dieser Umstellung bereits eine Absenkung des Beitrages um 48 Cent hat umsetzen lassen.

Eine weitere Absenkung trifft auf die Ablehnung der meisten Bundesländer, auch deshalb, weil der hier

auch schon zitierte Jo-Jo-Effekt zu befürchten ist, weil wir alle wissen, dass bei der Annahme normaler Kostensteigerung schon 2021 mit einer deutlichen Beitragssteigerung zu rechnen wäre. Da ist es natürlich sehr viel sinnvoller, Rücklagen zu bilden – abgesehen vom Thema „Strukturreform“, das natürlich auch angepackt werden muss –, um diese Beitragsanhebung, die dann notwendig werden wird, aller Voraussicht nach nicht zu hoch ausfallen zu lassen.

Eine weitere Absenkung trifft deshalb auf die Ablehnung der meisten anderen Länder. Ich hoffe, dass es gelingt, sich zumindest im Rahmen der MPK darauf zu verständigen, den Beitrag für weitere vier Jahre konstant zu erhalten.

Schön wäre es, wenn wir uns auch auf eine Reduzierung der Werbung einigen könnten. Da gibt es auch eine breite Übereinstimmung hier im Hause, dass dieses Ziel angestrebt werden soll. Wie das allerdings gehen soll, wenn gleichzeitig der Rundfunkbeitrag gesenkt werden soll, das müsste von Ihnen noch erklärt werden.

Deshalb sind wir für stabile Beiträge. Wir sind für einen unabhängigen, vielfältigen, meinungsstarken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. – Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Lersch-Mense. – Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kann ich die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 5 schließen.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der FDP hat direkte Abstimmung beantragt. Die führen wir jetzt durch, und zwar über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/12849. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, Piraten und der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Antrag der FDP-Fraktion Drucksache 16/12849 abgelehnt.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, teile ich Ihnen gerne mit, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sich alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen zwischenzeitlich darauf verständigt haben, die Tagesordnungspunkte 6 und 7 zu tauschen. – Da ich keinen Widerspruch sehe, verfahren wir auch so.

Ich rufe nun auf:

6 Immer noch viele Missstände in der nordrhein

westfälischen Flüchtlingsaufnahme: Die Landesregierung muss endlich für Gewaltschutz, Transparenz und Kontrolle sorgen

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/12841

Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion hat Frau Kollegin Brand jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Heute Morgen haben wir uns mit Ihrem Integrationsplan beschäftigt und erklärt, warum er ungenügend ist. Nicht nur ich, sondern auch die Experten in der entsprechenden Anhörung haben deutlich gemacht, dass Gesundheit und Integration eng miteinander verbunden sind. Nur wer in Sicherheit lebt, Privatsphäre genießt und mit der jedem Menschen zustehenden Würde behandelt wird, kann sich in eine Gesellschaft integrieren.

Dass das nur bedingt funktioniert, haben wir bereits 2014 erfahren dürfen, als Burbach das erste Mal mit einem Misshandlungsskandal durch die Medien ging. Damals schworen Sie, Minister Jäger, Stein und Bein, Sie und die gesamte Landesregierung würden alles tun, damit es nicht mehr zu solchen unsäglichen Vorkommnissen kommen kann. Das Ergebnis war ein Achtpunkteplan mit schicker Taskforce und tollen Worten.

Vor einigen Monaten wurden wir Piraten informiert – nicht durch die Landesregierung, versteht sich –, dass es zu weiteren Misshandlungen gekommen sei, und das ausgerechnet in Burbach, wo sich doch der Innenminister persönlich kümmern wollte, dass alles gut wird. Daraufhin haben wir Kontakt gesucht: mit dem Innenministerium, der Bezirksregierung und Staatsanwaltschaften. Wir haben Anfragen gestellt und mit Betroffenen gesprochen.

Aber dort, wo wir erwartet haben, die zuständigen Behörden würden aktiv, wurde gebremst, abgewiegelt, es wurden Fehlinformationen verbreitet und Druck ausgeübt. Öffentlich wurden die Zwischenfälle in Burbach und Olpe dann aber nicht durch die Behörden, sondern durch Blogger und Journalisten.

In den Sicherheitsdiensten arbeiten Rechtsradikale. Geflüchtete berichten von Einschüchterungen, sexuellen Belästigungen und einem Klima der Angst. Mitarbeiter, die aussagen, werden von den Behörden unter Druck gesetzt und diffamiert.

Aber es gibt ja die tolle Taskforce. Die kümmert sich. Ich zitiere einen fachkundigen Informanten: Wenn die Taskforce in eine Unterkunft kommt, dann ist das so, als würde man einen Bäcker schicken, um ein Auto zu reparieren. – Nichts ist passiert, gar nichts! Der Innenminister und sein Achtpunkteplan sind gescheitert. Mitarbeiter bei Sicherheitsdiensten sollten

verfassungsrechtlich überprüft werden. Aber der Verfassungsschutz und auch der Arbeitgeber sind nicht einmal in der Lage, Namen bei Google einzugeben.

In der Sitzung des Innenausschusses letzte Woche kamen Sie damit, wir Piraten würden eine Onlineüberwachung fordern. Wenn Sie nicht den Unterschied zwischen Überwachung und Ermittlung kennen, dann tut es mir wirklich leid. Bisher konnten wir immer noch lachen, wenn Sie im Umgang mit dem Netz unfähig waren. Aber Ihre Unfähigkeit gefährdet jetzt Menschen.

Zur Schande von Burbach kommen also die Schande von Bad Berleburg, die Schande von Essen, die Schande von Olpe und wieder die Schande von Burbach. Die Antworten, die ich auf meine Anfragen der letzten Monate bekommen habe, sind erschreckend und skandalös. Kein Bewohner der Einrichtungen bekommt den Schutz, den er oder sie verdient. Es müssen sinnvolle Mechanismen etabliert werden, um solche Zustände zu verhindern. Wir haben sie alle in unserem Antrag einfach einmal für Sie aufgeschrieben.

Ganz egal, was sich letztlich von der Vielzahl der Anschuldigungen bewahrheitet – das ist ganz egal –, die Forderungen in unserem Antrag sind absolute Selbstverständlichkeiten und keine schicken

Obendrauf-Extras.

Natürlich gibt es häusliche und sexuelle Gewalt auch außerhalb der Unterkünfte. Aber da sitzen Ihre Mitarbeiter nicht mit am Küchentisch und sind direkt für die Sicherheit verantwortlich. Handeln Sie jetzt, machen Sie Ihren Job! Und wenn Sie das nicht können, Minister Jäger, machen Sie Platz für jemanden, der das kann, und legen Sie Ihren Posten nieder! – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brand. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Heinrichs.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Brand, es wird Sie nicht verwundern, dass wir dem Antrag der Piraten nicht zustimmen werden. Ich will Ihnen auch erklären, warum. Bei einigen der beantragten Punkte haben wir rechtliche Bedenken, einige sind längst bearbeitet worden, und andere werden im Moment gerade umgesetzt.

Lassen Sie mich das weiter kurz erläutern: Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass es immer noch Missstände in der nordrhein-westfälischen Flüchtlingsaufnahme gebe – Sie haben es gerade erläutert – und verweisen insbesondere auf die Einrichtungen in

Burbach und Olpe; eben haben Sie auch noch Bad Berleburg und andere genannt.

Die angeblichen Vorkommnisse in diesen drei Unterkünften können keinesfalls als erwiesen betrachtet werden – auch wenn Sie eben gesagt haben, es sei Ihnen egal, ob sie erwiesen seien oder nicht.

Wir haben das zum Anlass genommen, neue Sicherheits- und Gewaltschutzkonzepte zu fordern, und Sie werfen der Landesregierung Nachlässigkeit vor!

Im Mittelpunkt steht unter anderem ein Vorwurf in Burbach, es sei zum sexuellen Missbrauch einer besonders schutzbedürftigen Frau gekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich deutlich sagen: In den Flüchtlingsunterkünften in Nordrhein-Westfalen werden weder Gewalt oder Missbrauch noch Verfolgung oder Unterdrückung geduldet.