Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Der zweite Punkt – das ist mir in diesem Zusammenhang ganz wichtig – ist, dass natürlich auch der zweite Nachtrag 2016 im Wesentlichen geprägt ist durch die Belastungen des Haushalts, die sich dadurch ergeben, dass wir hohe Ausgaben für die Flüchtlinge haben, für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge und in diesem Umfeld, was unsere Aufgabe angeht, diesen Menschen schnell zu helfen.

Aber genauso wichtig ist mir, gerade mit dem zweiten Nachtrag auch die Botschaft, dass es in diesem Land auch Aufgaben zu erledigen gibt, die nicht nur damit zusammenhängen, dass Menschen zu uns kommen, sondern auch weiterhin Dinge zu tun sind, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen, die auch mit der Zukunftssicherung dieses Landes zu tun haben.

Deswegen finde ich richtig, dass wir hier Verpflichtungsermächtigungen für die Hochschulmodernisierung im Haushalt haben, dass wir für den Justizvollzug Verpflichtungsermächtigungen eingestellt haben, dass wir Mittel für den Breitbandausbau eingestellt haben. Ich erlaube mir auch die Bemerkung, dass wir wieder einen weiteren Schritt im Bereich der Verbesserung und Modernisierung der Finanzverwaltung gehen. Das sind Dinge, die hier auch eine Rolle spielen.

Im Übrigen – das muss ich an dieser Stelle immer wieder erwähnen –ist das, was in diesem Land für Flüchtlinge ausgegeben wird, nicht bloß das, was die Menschen selbst bekommen und möglicherweise nach Hause schicken, sondern das hat zu tun mit Gehältern, mit Einkommen von Menschen, die als Lehrer, als Polizisten tätig sind oder die Immobilien vermieten.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Was ist das für eine geile Unterstellung!)

Das heißt, das ist am Ende auch noch ein enormes Konjunkturprogramm – mit Steuereinnahmen, die sich daraus ergeben. Das sollten wir nicht aus den Augen verlieren.

Deswegen noch etwas zu der Aussage, dass am Ende alles lokal ist und deswegen die Mittel besser auf der kommunalen Ebene aufgehoben sind: Ja, es stimmt, am Ende ist alles lokal, am Ende kumulieren und konzentrieren sich diese Probleme und die Herausforderungen auf der kommunalen Ebene.

Aber davon ist zu unterscheiden, ob dann auch alle Kosten in kommunalen Haushalten auftauchen. Da sind viele Kosten, da sind Lasten. Darüber muss man sich immer wieder unterhalten.

Aber dass das gerade von Herrn Kuper und der CDU-Fraktion genannt wird, die in ihrer Legislaturperiode, in der sie regiert hat, die Kommunen bis zum Abwinken geschröpft hat,

(Lachen von der CDU)

das ist schon eine ziemlich – ich sage mal – waghalsige Formulierung.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU] – Stefan Zimkeit [SPD]: Sie wissen, dass das die Wahr- heit ist!)

Ich sage jetzt an die Kommunalpolitiker aller Fraktionen: Die Ministerpräsidenten, die Regierungschefs und die Kanzlerin haben sich mit dem Bundesfinanzminister im Juni und im Juli verständigt, dass diese Lasten, die bei den Kommunen und bei den Ländern liegen, vom Bund ein Stückchen – ich betone das „chen“ – mehr getragen werden, als es bisher der Fall war.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Das führt dazu, dass im Juni ein Beschluss gefasst worden ist, der deutlich macht: Die Kommunen werden deutlich gestärkt im Bereich der Kosten der Unterkunft. Das wird das Land nicht nur vereinnahmen, es wird es in voller Höhe weitergeben.

Aber wir haben den Bundesfinanzminister auch darauf aufmerksam gemacht, dass es angemessen wäre, die Hälfte der Kosten zu tragen, die die Länder insgesamt nicht nur für die Kommunen, sondern auch für das, was sie selbst an Polizisten, an Lehrern usw. in die Haushalte einzustellen haben, dass auch dies also vom Bund mitfinanziert wird.

Wenn der Bund sich dann bereit erklärt, von knapp 20 % gerade mal in Richtung 30 % statt auf 50 % zu gehen, und damit der Automatismus verbunden sein soll, dass die die Bundesbeteiligung an den Lasten, die bei den Ländern liegen, automatisch dazu führt, dass auch die Kommunen die Hand aufhalten, dann sage ich an die Adresse der Kommunen: Das wird es mit mir nicht geben. Ich werde absolut dagegen eintreten.

Wir haben eine Verantwortung, die Kommunen anständig auszustatten. Aber diese Integrationspauschale ist schon von der Beschlussfassung her – der Beschluss des Bundeskabinetts mit der damit einhergehenden Pressemitteilung, die heute veröffentlicht worden ist – eindeutig klar.

Es gibt für die Kommunen für die Kosten der Unterkunft ein deutliches Stück mehr vom Bund, und es gibt die Integrationspauschale zur Entlastung der Länder, die damit bei Weitem nicht den Anteil erreicht, den der Bund bitte tragen müsste. Er macht sich einen schlanken Fuß, damit er seine schwarze Null weiter deutlich machen kann.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es ist ihm egal, ob die Gesamtheit der Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen das am Ende tragen kann.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Das sind nur ein paar Anmerkungen. Ich könnte jetzt zu vielem Weiteren etwas sagen, warum die Verfolgung von Steuerhinterziehung natürlich etwas mit der Solidität von Haushalten zu tun hat und dass Steuerquellen deshalb sprudeln, weil die Unternehmen hohe Gewinne machen, weil wir ein hohes Beschäftigungsmaß haben, weil wir gute Einkommen haben. Die kann man nicht in Steuersenkungen übersetzen, das müsste ja zwangsläufig dann, wenn die Konjunktur schlechter wird, wieder zu Steuererhöhungen führen. Das ist doch totaler Unsinn. Das investiert man besser. Und dann kümmert man sich besser nicht um die sprudelnden, sondern um die verstopften Steuerquellen. Da schieben Konzerne Milliarden Euro an der Steuer vorbei. Das sind die Dinge, bei denen man am Ende auch über Entlastungen reden könnte.

Das ist aber nicht Teil dieses Nachtragshaushalts. Das sind andere Punkte. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Nachtragshaushalt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Bleiben Sie am Pult, denn der schönste Teil Ihres Beitrags kommt jetzt noch, nämlich ausgelöst durch eine Kurzintervention, beantragt durch die FDP. – Herr Witzel hat das Wort. Bitte schön, Herr Witzel.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Finanzminister, Sie haben leider gerade sehr wenig zur Mittelaufbringung für diesen Nachtragshaushalt gesagt, obwohl wir Sie ausdrücklich darum gebeten hatten, Ihr Vorgehen hier noch einmal zu erläutern.

Zu Ihrer letzten Anmerkung: Selbstverständlich gibt es auch durch Entscheidungen dieses Landes Mehrbelastungen für Unternehmen und Bürger, beispielsweise durch die Verdoppelung bei der Grunderwerbsteuer, die ja auch einen Teil zu Ihrem jetzigen Steuerregen beiträgt.

Sie nutzen die stark steigenden Steuermehreinnahmen aber nicht zur Finanzierung der neuen Aufgaben, sondern machen wieder einen Taschenspielertrick. Ein weiteres Mal verbuchen Sie etwas beim BLB und schieben es zwischen Landeshaushalt und Sondervermögen hin und her. Sie haben das nie transparent kommuniziert.

Ich habe Ihnen eben anhand der neuen Zahlen, die jetzt aus dem Haushalt 2017 hervorgehen, etwas dargestellt. Wenn man die Istwerte des BLB 2015 mit den Planwerten seines Jahreswirtschaftsplans vergleicht und sich auch die Korrektur der Planwerte für 2016 anschaut, sieht man, dass viel mehr neue Kredite aufgenommen worden sein müssen, als Sie bislang eingeräumt haben.

Sie haben bislang aber alle Fragen der Opposition in diese Richtung nicht beantwortet. Warum der BLB, und was ist da passiert?

(Stefan Zimkeit [SPD]: Stimmt doch gar nicht! Erfunden!)

Bitte schön, Herr Minister. Sie haben 1:30 Minuten für die Antwort.

Herr Witzel, zunächst einmal bin ich nicht davon ausgegangen, dass ich hier in einer Fragestunde stehe, sondern davon, dass ich meinen Beitrag zu diesem Nachtragshaushalt zu leisten habe.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn Sie mir jetzt eine Frage stellen, kann ich Ihnen aber gerne dazu sagen:

Erstens. Sie kennen den Anteil, den die Grunderwerbsteuer am gesamten Steueraufkommen des Landes ausmacht, und wollen mir doch wirklich nicht erzählen, dass die zusätzlichen Steuereinnahmen ausschließlich aus der Erhöhung der Grunderwerbsteuer kommen. Im Übrigen hat die Erhöhung der Grunderwerbsteuer mitnichten bewirkt, dass Immobilienverkäufe zurückgegangen wären. Vielmehr hat sie auch in diesem Bereich geradezu zu sprudelnden Steuerquellen geführt.

Zweitens. Die von Ihnen immer als zu hohe Belastung bezeichnete Steuerhöhe führt insgesamt dazu, dass die Unternehmen mehr Gewinn machen als je zuvor, dass wir einen hohen Beschäftigungsstand haben und dass es auch ein gutes Einkommen gibt. Daher kommen die Steuermehreinnahmen.

Man muss sich bewusst sein, dass das nicht auf alle Zeit immer so bleibt. Wenn man vorsorgt, muss man deswegen, bitte schön, damit vorsorgen, dass man entweder Kredite abbaut oder, was in diesem Bereich aus meiner Sicht wichtiger wäre, auf Bundesebene und auf Landesebene, und zwar nicht nur in Nordrhein-Westfalen, in die Zukunft investiert, damit diese Steuerquellen auch erhalten bleiben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Und was den BLB angeht – darüber haben wir auch schon mehrfach gesprochen –: Der BLB zahlt 4 % Zinsen an das Land. Wenn der BLB umschulden könnte – wobei erst einmal überhaupt die Frage ist, ob er sich verschulden muss –, würde jede Umschuldung für den BLB zu einer günstigeren Belastung führen.

Dass das ein Teilbeitrag dazu ist, die volatilen Ausgaben des Landes so zu glätten, wie der Bundesfinanzminister das mit Sonderfonds und anderen Dingen tut, habe ich nie bestritten. Es geht darum, dass wir einen klaren Weg aufzeigen, wie wir diese in ihrer Größenordnung schwer kalkulierbaren Ausgaben, die auf uns zukommen, so in den Griff bekommen, dass wir unsere Aufgaben leisten können und die Schuldenbremse einhalten können.

Herr Minister, …

Es geht also darum, dass wir damit einen Weg aufzeigen, der machbar ist, so wie das der Bund und andere Länder auch tun.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Die 1:30 Minuten haben wir sehr großzügig

ausgelegt. – Damit sind wir am Ende dieses Teils der Debatte. – Nein, es gibt noch eine Wortmeldung. Herr Dr. Optendrenk hat sich für die CDU-Fraktion noch einmal zu Wort gemeldet. Seine Restredezeit beträgt eine gute halbe Minute – mit ein bisschen Spielraum; wir sind hier ja nett.

Danke schön, Herr Präsident, dass Sie mir noch einmal das Wort geben. – Ich möchte das Angebot einer Wette an den Herrn Finanzminister wiederholen; denn er ist in seinem Wortbeitrag leider nicht darauf eingegangen.

Ich möchte Ihnen noch einmal die Wette anbieten, dass Sie noch einen dritten Nachtrag machen, und zwar zur Verringerung der 434 Millionen € aus den Bundesmitteln – siehe Pressemitteilung von heute.

Gleichzeitig will ich Ihnen die Wette anbieten, dass Sie diese Mittel nicht zur Absenkung der Nettoneuverschuldung verwenden und nicht für Investitionen ausgeben, sondern für andere Dinge nutzen.

Zweitens – Sie haben es eben in Ihrem Beitrag bewusst weggelassen –: Der entscheidende Punkt, warum diese Landesregierung Flickwerk betreibt, ist, dass sie sich ständig Ermächtigungen holt, die sie nachher nicht nutzen kann, weil sie gar kein Konzept hat, wie sie es umsetzt. Ich nenne hier nur einmal das Stichwort „innere Sicherheit“. Die allermeisten der Polizeistellen, die wir im Januar dieses Jahres hier diskutiert haben, sind bis heute nicht besetzt.