Stadt Hagen: 2010 einen Aufwand von 580 Millionen €, ein Defizit von 126 Millionen €. Im Haushaltsjahr 2016 sprechen wir hier von einem Defizit von
12,6 Millionen € und einem Aufwand von 687 Millionen €. Anders formuliert: Wir haben das Defizit im rund 90 % reduzieren können.
Stadt Duisburg: 2010 ein Defizit von 163 Millionen €. Sie hat erstmalig mit der Haushaltsrechnung 2015 einen Überschuss von 11,5 Millionen € ausgewiesen.
Letztendlich zeigen auch die Berichte – Herr Kuper, laufen Sie nicht weg, sondern hören Sie zu! –, die wir dazu erhalten haben, dass der Stärkungspakt seine Wirkung entfaltet. Das sagen auch die kommunalen Spitzenverbände. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Realität wahrnehmen würden. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon auffällig, dass die Vertreter der Regierungsfraktionen die Stärkungspaktstufen in die Höhe heben, als ginge es um ein neues Apollo-Raketen-Programm. In der Tat: Da wurden auch Stufen in die Höhe geschossen – die anschließend verglüht sind.
Die Stärkungspaktrakete hat in der ersten Stufe – die ja unser Wohlgefallen fand – zwar eine gewisse Umlaufbahn erreicht. Bei der zweiten Stufe wurde dann aber schon unfairerweise Fremdtreibstoff aus den gut wirtschaftenden Städten genutzt, damit sie sich überhaupt im Orbit halten konnte; denn das Land hatte sich einen schlanken Fuß gemacht.
Jetzt kommt die dritte Stufe. Angetrieben und finanziert wird sie über die Mittel, die die Kommunen der ersten und zweiten Stufe nicht mehr benötigen oder über neue Kredite – und das ist wohl das Wahrscheinlichere.
Es ist zu bezweifeln, dass die dritte Stufe des Stärkungspaktes überhaupt eine Flughöhe und den gewünschten Erfolg erreichen wird. Die zusätzlichen hohen Belastungen der in Notlage geratenen Kommunen aufgrund steigender Soziallasten – gerade der Eingliederungshilfe und der Hilfen bei Arbeitslosigkeit – lassen das als sehr fragwürdig erscheinen.
Herr Kollege Kuper hat recht, wenn er sagt: „Es ist nicht nachhaltig“, denn es wird wieder nur an einem einzelnen Symptom herumgedoktert. An keiner Stelle wird klar, wie die Landesregierung den Kommunen helfen will, das strukturelle Defizit abzubauen.
Besser wäre es gewesen, der Antragsinitiative der FDP zu folgen, die forderte, die Finanzierung der Kommunen neu zu überdenken und am tatsächlichen Bedarf zu orientieren. Das wäre wirklich ein erster Schritt in die richtige Richtung gewesen. Das hätte den Kommunen auch geholfen.
Erstens. Das Stärkungspaktgesetz wird bis zum Jahre 2022 verlängert, statt ein Ende im Jahr 2020 einzuleiten.
Drittens. Die Berechnungsgrundlage wird angepasst. Dafür habe ich allerdings ein gewisses Verständnis: dass die Landesregierung die unzureichende Berechnungsmethode des Stärkungspaktgesetzes jetzt auf fundierte Füße zu stellen versucht. Die Vorgehensweise des bisher noch geltenden Rechts ist, glaube ich, nicht zielführend. Denn absolut veraltete Daten entscheiden darüber, ob und in welcher Höhe die Kommunen Stärkungspaktmittel erhalten. Das kann grundsätzlich nicht richtig sein.
Darüber hinaus kann ich auch nachvollziehen, dass die Landesregierung weiteren Kommunen den Zugang zu den Mitteln des Stärkungspakts gewähren will. Die nackten Zahlen lassen vermuten, dass es weitere Bedürftigkeit bei den Kommunen geben wird. Allein im Jahr 2015 ist der Schuldenberg der Kommunen bekanntlich um über 260 Millionen € angestiegen.
Bedenklich finden wir – darauf möchte ich noch mal zu sprechen kommen – die Verlängerung des von uns kritisch betrachteten Gesetzes bis 2022. Denn es ist ersichtlich, dass die skizzierten Änderungen im Stärkungspaktgesetz sicherlich nicht ausreichen werden, um aus der Feuerwerksrakete einen tragfähigen Flugkörper zu machen. Insbesondere aufgrund der Abundanzumlage der Kommunen ist die Systematik des Stärkungspaktes unfairer Murks. Den sollten wir nicht um weitere zwei Jahre verlängern. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal – sehr zahlreich heute, das ist schön – und na
türlich am Livestream! Wir sprechen über einen Solidarpakt. Bei einem Solidarpakt des Landes und der Kommunen würde man eigentlich erwarten, dass das Land einen großen Teil davon übernimmt.
Das soll jetzt zumindest beim dritten Teil nicht der Fall sein, sondern hier gibt es einen Solidarpakt innerhalb der kommunalen Familie plus die Möglichkeit, neue Schulden aufzunehmen. Bis zu 150 Millionen € sind in der Vorlage bisher für hochverschuldete Kommunen vorgesehen. Das wirkt ein bisschen so, als würde man einem Ertrinkenden ein Glas Wasser reichen, damit es ihm besser geht. Neue Schulden gegen alte Schulden – auf mich wirkt das seltsam, nicht so richtig dolle.
Wir haben gerade schon viele Einschätzungen zu der Datenlage gehört. Wenn man die ältere Datenlage als Grundlage nimmt und schaut, wie es weitergehen soll, dann stellt man fest, dass der Stärkungspakt vielen Kommunen ein bisschen Zeit erkauft – aber mehr auch nicht. Das grundsätzliche Problem wird nicht gelöst.
Das grundsätzliche Problem kann gelöst werden, wenn wir tatsächlich ein weiteres Wachstum haben oder wenn die Steuereinnahmen weiter steigen. Dann könnte es für die Kommunen ein bisschen besser aussehen, auch für die Zukunft. Alles, was wir bis jetzt als Vorlagen haben, erkauft vielleicht ein bisschen Zeit, das war es dann aber auch.
Daten und Fakten sind, gelinde gesagt, ein bisschen veraltet: Und da liegt unser Hauptkritikpunkt. Wir müssten für eine sehr viel bessere Datenlage und viel mehr Transparenz sorgen. Zum Beispiel liegen bei den NKF-Daten, glaube ich, noch nicht einmal die Hälfte aller Abschlüsse vor. Solange „zeitnah“ und „vollständig“ da absolute Fremdwörter sind, ist das ein Herumstochern im Nebel.
Dazu kommt, dass wir durch den Stärkungspakt, durch das, was aktuell in Stufe 1 und 2 passiert – Herr Kuper führte es schon aus –, einen unheimlichen Spread bei den Hebesätzen haben. Bei der Gewerbesteuer ist Monheim bei 285 Punkten, die Stadt Duisburg bei 510 Punkten. Bei der Grundsteuer ist das Missverhältnis noch stärker: Monheim
Wir sollten, wenn wir das Problem tatsächlich angehen wollen, ähnlich dem inzwischen bestehenden Mindesthebesatz einen maximalen Spread festlegen. Es wäre natürlich sinnvoll, das möglichst bundesweit zu machen.
Das sind die reinen Finanzdaten, wie sie dem Finanzmathematiker vorliegen: was wir eventuell an Prozenten, an neuen Steuereinnahmen und so weiter generieren können. Was hier völlig außen vor gelassen worden ist – und das finde ich sehr schade –, ist die Steigerung der Sozialausgaben. Darauf sind wir bisher viel zu wenig eingegangen.
Ich nehme einmal das Beispiel Dortmund. Da haben sich die Sozialausgaben in den letzten fünf Jahren um entspannte 30 % erhöht. Wenn das nur ansatzweise so weitergeht, können wir hier Stärkungspakte machen, wie wir wollen – die Städte werden das nicht weiter finanzieren können.
Kollege Krüger sprach eben schon diese ominösen 5 Milliarden € an, die von der Bundesebene kommen sollen. Das muss endlich kommen! Und dann muss aber auch tatsächlich das Land noch etwas zur Entlastung tun. Ich sehe das bis jetzt noch nicht.
Dazu kommt von uns immer die geforderte Transparenz. Die ist weder bei den NKF-Daten vollumfänglich gegeben noch bei den sonstigen aktuellen Datenlagen. Das verschulden die Kommunen größtenteils selbst. Wir müssen da von Landesseite aus sehr viel mehr helfen. Da würden einheitliche Standards sehr viel Sinn machen. Es muss auch nicht jede Stadt mit einem eigenen Produktkatalog daherkommen. Es wäre sehr viel sinnvoller, zu gemeinsamen Standards zu kommen. Vielleicht könnte man der einen oder anderen Kommune auch beim Controlling hilfreich unter die Arme greifen; das ist auch nicht immer besonders ausgeprägt.
Letztendlich brauchen wir, um weiter Vertrauen in unsere Politik wecken zu können, Haushalte, die die Menschen verstehen. Da sind wir gerade bei den Kommunalhaushalten und den Beziehungsgeflechten zwischen Land und Kommunen ganz, ganz weit hinten. Hier müssen wir sehr viel mehr tun. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir das in unsere Beratungen im Ausschuss einfließen lassen. Ich freue mich deshalb sehr auf die Ausschussberatungen. – Vielen Dank.
Danke schön, Herr Kollege Sommer. – Für die Landesregierung spricht noch einmal Herr Minister Jäger.
Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kuper, ich will die Diskussion hier jetzt nicht in die Länge ziehen, weil wir sicherlich im Fachausschuss noch ausreichend Gelegenheit haben werden, das Ganze zu diskutieren. Ein paar Ihrer Vorwürfe möchte ich aber nicht im Raum stehen lassen.
Erstens: Stärkungspakt führt zu Steuererhöhungen. – Ja, in Teilen! Wir haben ein Verhältnis von 70:30. 70 % dessen, was die jeweiligen Städte, die die Landeshilfe erhalten, im Rahmen ihrer Konsolidierung erwirtschaften, geht auf eigene Maßnahmen
Zweiter Vorwurf: Der Stärkungspakt nimmt die Flexibilität, weil der Haushaltsausgleich herbeigeführt werden muss. – Herr Kuper, glauben Sie ernsthaft, wir könnten diesen Städten helfen, indem wir ihnen Geld geben, aber das Geldgeben nicht an den Haushaltsausgleich knüpfen? Ich glaube, das wäre ein Fehlanreiz, den wir so nicht schaffen sollten.
Drittens: keine Altschuldenreduzierung. – In der Tat sind wir jetzt dabei, dafür zu sorgen, dass 61 Städte in Nordrhein-Westfalen wenigstens keine neuen Schulden mehr machen, einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Altschulden abzusenken muss der nächste Schritt sein. Wie das geht, Herr Kuper, das werde ich Ihnen gleich noch sagen.
Viertens: Die Auswahl sei zu eng; man müsse sich an Pro-Kopf-Verschuldung orientieren. – Wir orientieren uns daran, ob Kommunen bereits objektiv überschuldet sind, also ob das gesamte Vermögen einer Stadt nicht mehr den Bürgern gehört, sondern den Banken. Daran orientieren wir uns. Eine ProKopf-Verschuldung – diese Vorstellung ist gelinde gesagt, ein bisschen putzig, Herr Kuper.
Ich will mal ein ganz normales Beispiel nennen. Wenn jemand ein Einkommen von 70 000 € im Jahr hat, dann kann er sich eine Eigentumswohnung oder ein Haus von vielleicht 150 000 € leisten. Wer 700 000 € im Jahr verdient, der kann sich eine große Villa leisten. Das heißt, die Pro-Kopf-Verschuldung ist kein realistischer Maßstab für den tatsächlichen Zustand der kommunalen Finanzen.
Fünftens: Die Kommunen zahlen mit. – Ja. Das hat damit zu tun, dass wir in diesem Stärkungspakt auch in Teilen diejenigen Kommunen heranziehen, die abundant sind, deren Steuerkraft über die Ausgaben hinausgeht. Ich finde das nur gerecht. Bei der Spreizung, die wir zwischen sehr armen und sehr wenig armen Kommunen haben, ist das gerechtfertigt. Ich will es mal andersherum formulieren: Die Bürgermeister und Oberbürgermeister, die im Stärkungspakt sind – egal, ob in Stufe 1, 2 oder 3 –, würden gerne auf die Finanzhilfe des Landes verzichten und stattdessen die Soli-Umlage zahlen. Davon bin ich zutiefst überzeugt.