Andere Länder, unter schwarz-gelber Regierung beispielsweise, haben in diesem Zeitraum sogar Stellen abgebaut, genau wie der Bund Stellen abgebaut hat. Weil Sie das wissen und weil Sie gegen diese Zahlen nicht ankommen, versuchen Sie die Masche „Feeling over Facts“.
Herr Kollege Abel, vielen Dank, dass ich die Frage stellen darf. Ich möchte gerne zum parlamentarischen Gebrauch bei Ihnen nach Ihrem Selbstverständnis fragen. Sind Kleine Anfragen nicht gerade dazu da, Fakten abzufragen?
Herr Kollege, ich glaube nicht, dass Sie aus meiner Äußerung schließen können, dass ich etwas gegen Kleine Anfragen habe. Aber wenn Sie sich einmal die Überschriften und die Begleittexte Kleiner Anfragen insbesondere Ihrer Fraktionskollegen anschauen, in denen einfach Behauptungen aufgestellt werden, die dann teilweise in der Antwort der Landesregierung widerlegt werden müssen, dann muss man sich schon fragen, ob es wirklich nur dazu dient, Fakten zu erfragen, was das Recht eines jeden Parlamentariers ist, oder ob es dazu dient, Stimmung zu machen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Die parlamentarische Arbeit hier zensieren! – Fortgesetzt Zurufe)
Sie sind sich insbesondere im Innenbereich für nichts zu schäbig. Sie fordern Taser für die Polizei, eine flächendeckende Videoüberwachung, martialischere Uniformen von Einsatzkommandos und Panzerungen für Polizeiautos.
Zwei dieser Dinge stimmen nicht. Sie haben gerade eben gesagt, offensichtlich wissen Sie es selber nicht. Ja – weil man Ihnen in diesem Bereich alles zutraut, weil Sie sich nicht zu schade sind, uns hier mit populistischen Forderungen zu überziehen. Und so überziehen Sie auch an anderer Stelle. Sie überziehen einfach maßlos, weil Sie glauben, kurzfristig Geländegewinn damit machen zu können. Aber ich kann Ihnen nur sagen: Das schadet am Ende uns allen!
Kommen wir zu den Stellen in der Umweltverwaltung. Sie verweigern sich. Sie erkennen nicht an, dass das eine Aufgabe ist, die wir erfüllen müssen, dass es übergeordnete Rechtskreise gibt, dass EURecht und Bundesrecht umgesetzt werden muss, was die Schaffung neuer Stellen nach sich zieht.
Sie vergessen auch, dass es 2009, am Ende Ihrer Regierungszeit, Bettelbriefe des ehemaligen Regierungspräsidenten Diegel, der zu Ihren Reihen gehört, an den damaligen Umweltminister Uhlenberg gegeben hat, worin er sich beklagt, dass einige Hoheitsaufgaben in diesem Lande nicht mehr erfüllt werden können, weil zu wenig Stellen vorhanden sind.
Wie sonst verstehen Sie eigentlich die Aufgabe der Landesregierung, die ihre Verpflichtungen ernst nehmen muss, wenn sie Dokumente vorfindet, in denen schon die Vorgängerregierung auf das Problem hinweist und Leute in Ihren eigenen Reihen davor gewarnt haben, dass es viel zu wenig Stellen gibt? Das ist doch Augenwischerei. Dann sagen Sie doch, welche der Aufgaben zum Schutz der Bevölkerung, zum
Dann kommen Sie immer mit Beispielen wie der Hygiene-Ampel, und Sie erzählen irgendwas von grünem Kontrollwahn oder Bürokratiewahn. Ich nenne Ihnen jetzt mal ein Beispiel, mein Damen und Herren von der CDU, das sich auf etwas bezieht, was auf Bundesebene kommt, nämlich das Prostitutionsschutzgesetz.
Der Bund selbst veranschlagt inzwischen einmalig administrative Kosten in Höhe von 11 Millionen € und eine jährliche Dauerbelastung in Höhe von 13,4 Millionen €. Schauen Sie einmal in die Gesetzesbegründung. Da steht, das habe keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt, weil das Kosten sind, die die Länder tragen müssen. Wir bekommen hier im schlimmsten Fall eine gesetzliche Regelung, die den Menschen überhaupt nicht helfen wird. Sämtliche Interessensverbände, alle Schutzgruppen, die es da gibt – von der Diakonie bis hin zu anderen Vertretern, die in diesem Bereich tätig sind –, sagen: Dieses Gesetz wird die Lage der Menschen verschlimmern; die Situation wird nicht besser.
Schauen Sie sich doch einmal an, wo es überall im Hinblick auf 2017 Nachtragshaushalte gibt, wo Kommunen, die sich jede Stelle abknapsen müssen, jetzt gezwungen sind, zusätzliche Stellen bei den Ordnungsbehörden zu schaffen. Das ist ein völlig bürokratisches und nutzloses Gesetz, das uns zudem noch belastet.
Fangen Sie doch mit dem Bürokratieabbau an, indem Sie, meine Damen und Herren von der CDU, Ihrer Bundestagesfraktion und Ihrem Finanzminister sagen: Hört auf, Gesetze zu machen, die am Ende die Länder belasten und bei denen es keine Gegenleistungen gibt! Das würde uns helfen, meine Damen und Herren!
Ein letzter Satz zur Lebensmittelampel. Ich verweise nur auf den Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz vom 19. Mai 2011: Dieser Beschluss ist mit 17:0 ergangen; der Bund hat bei der Beschlussfassung mitgewirkt. Dieser Umweltminister ist der einzige Umweltminister, der genug Hintern in der Hose hat, das umzusetzen, was auch Ihre Minister von der CDU gefordert haben, was sich aber niemand sonst umzusetzen traut. Die Mehrheit der Bevölkerung findet das gut; ich kenne nämlich keinen, der gegen Sicherheit und Transparenz bei Lebensmittelkontrollen ist.
Die Fraktionen haben Änderungsanträge eingereicht. Wir werden heute in den Fachhaushalten darüber reden, und dann bin ich mal gespannt, ob Sie das Kunststück fertigbringen, sich noch mal hier hinzustellen und nur zu kritisieren, was schlecht läuft. Ich
bin wirklich gespannt, ob Sie tatsächlich auch eigene Anträge einbringen oder ob Sie uns erst wieder zur dritten Lesung ein Telefonbuch vorlegen und dann behaupten: Das ist unser Haushaltskonzept. – Das wird nicht reichen, um die Menschen zu überzeugen.
Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, die sich in unserem Haushalt wiederfinden. Wir investieren in die Zukunft unseres Landes, wir konsolidieren, und wir verweigern uns nicht den notwendigen Herausforderungen, die vor uns liegen.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Die Piratenfraktion lehnt den Haushalt 2017, wie er von der Landesregierung vorgelegt wird, ab.
Wie schon in den Jahren zuvor ist die Haushaltspolitik in unserem Land durch eine fehlende Zukunftsorientierung geprägt. Verwalten statt gestalten, Stillstand statt Fortschritt und Hinterherhecheln statt Vorsorge – das sind die Markenzeichen der Regierung Kraft/Löhrmann.
In Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen und historisch niedriger Zinsen versäumt es die Landesregierung, unser Land für die durchdigitalisierte Zukunft fit zu machen. Anstatt flächendeckend Glasfaseranschlüsse voranzutreiben, dem Investitionsstau bei Brücken und Straßen entgegenzuwirken und eine zukunftsorientierte Bildungspolitik zu machen, verwaltet diese Landesregierung nur den Notstand der Gegenwart.
„Investition/investieren“ kommt vom lateinischen „investire“ und bedeutet ursprünglich „einkleiden“. Man könnte also bildlich davon sprechen, dass man mit einer Investition der Zukunft ein Gewand und damit eine Gestalt geben will, also gestalten möchte. Der Finanzminister kommt mir aber eher wie ein Flitzer im Stadion vor, der sich nackt am besten gefällt, während sich das Publikum entsetzt abwendet und darauf hofft, dass ihn die Ordner schnell einfangen und vom Platz begleiten.
Der absolut zukunftsentscheidende Glasfaserausbau in NRW wurde von Ihnen komplett verschlafen und kommt jetzt nur mit der Geschwindigkeit eines 14k-Modems voran. Ein wesentlicher Grund dafür, nämlich die selbst gewählte fiskalische Fesselung der Haushaltspolitik in Form der Schuldenbremse, schnürt unserem Land die Luft ab.
Auf Landesebene macht die Schuldenbremse so gar keinen Sinn, also noch weniger als im Bund. NRW hat praktisch keinerlei Kompetenzen, um seine Einnahmeseite selbstständig zu verbessern. Außer der Grunderwerbsteuer, deren Aufkommen im Verhältnis zum Landeshaushalt jedoch vernachlässigbar ist, hat NRW keinerlei steuerliche Gestaltungskompetenzen, im Gegensatz zum Bundeshaushalt, wo ein Haushaltsdefizit auch über die Verbesserung der Einnahmeseite durch Steuererhöhungen kompensiert werden könnte.
Eine Schuldenbremse auf Landesebene ist daher eine reine Ausgabenbremse und damit eine Aufgabenbremse, vor allem dann, wenn Konzerne durch ihre aggressiven Steuervermeidungsstrategien die Einnahmeseite der Haushalte systematisch schwächen.
So sind dem deutschen Fiskus alleine durch sogenannte Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte bis zum Jahr 2012 schätzungsweise mindestens 12 Milliarden € an Steuereinnahmen entgangen. Banken und Finanzdienstleister haben im Rahmen dieser zwielichtigen Geschäfte um den Dividendenstichtag herum Aktienpakete hin und her geschoben; dann ließen sie sich die nur einmal abgeführte Kapitalertragsteuer mehrfach vom Finanzamt erstatten.
Wohlgemerkt – die Behörden und die Politik wussten schon seit 2002 über diese Steuerschlupflöcher Bescheid. Dennoch brauchte der Gesetzgeber bis 2012, um diese Lücken im Steuerrecht auch nur ansatzweise zu schließen. In dieser Zeit saß ein von der Finanzindustrie bezahlter Maulwurf im Bundesfinanzministerium und wachte darüber, dass die Banken durch Dividendenstripping den Staat und seine Bürger über mehr als ein Jahrzehnt abzocken konnten.
Hier in NRW gab es unlängst, am 3. November 2016, bei der landeseigenen Portigon/Ex-WestLB eine Steuerrazzia in Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften aus der Zeit der WestLB. Auch die Staatsbank WestLB zockte den Staat durch Dividendenstripping ab, und die Politiker in den Aufsichtsgremien taten nichts dagegen. – Unglaublich!
Nach eigenen Angaben des Finanzministers sind dem Haushalt von NRW alleine durch die Cum-CumGeschäfte schätzungsweise 1 Milliarde € entgangen. Vor dem Hintergrund dieser milliardenschweren Einnahmeausfälle, die nur durch Ausgabenkürzungen im Haushalt mit schwerwiegenden Folgen für die Schwächsten in unserer Gesellschaft kompensiert werden, ist die Einführung und Einhaltung der Schuldenbremse moralisch nicht zu rechtfertigen.
Solange Großkonzerne wie Apple, Google und Amazon durch die Ausnutzung von Steuerschlupflöchern Steuersätze im Promillebereich zahlen, ist eine Schuldenbremse mit dem fatalen Kürzungsautomatismus für den Landeshaushalt abzulehnen.
Als Argument für die Schuldenbremse wird häufig die Generationengerechtigkeit angeführt. Generationengerechtigkeit wird aber nicht in erster Linie durch staatliche Verschuldung beeinträchtigt, sondern vor allem durch die Unterlassung von wichtigen Zukunftsinvestitionen und Bildungsausgaben. Die Einführung der Schuldenbremse ist nichts anderes als die fiskalpolitische Unterlassung gegenüber der jungen Generation.
Der Haushalt 2017 dieser Landesregierung macht das exemplarisch deutlich; denn er wird auf Kosten elementar wichtiger Zukunftsinvestitionen konsolidiert. Zurzeit beträgt die Investitionsquote nur knapp 9 %. 2020, im Jahr der Einführung der Schuldenbremse, wird sie voraussichtlich auf 8,3 % absinken. Damit wirkt die Schuldenbremse wie eine Investitions- und Innovationbremse, und damit wird die Schuldenbremse für unsere Gesellschaft zur Zukunftsbremse.