Protokoll der Sitzung vom 01.12.2016

Meine Damen und Herren, selbstverständlich bleibt mein Haus nicht untätig. Deswegen haben wir den runden Tisch auch gemacht. Die Fragen sind alle aufgefächert. Aber natürlich nimmt sich mein Haus auch nicht heraus, irgendetwas vorzubereiten, ohne dass es dazu einen Auftrag der Bevölkerung und einen Auftrag dieses Parlaments gibt. Das betrachte ich als demokratische Kultur, zu der ich mich ausdrücklich auch verpflichtet fühle und die ich sehr wertschätze.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sollte ich nach der Wahl Verantwortung tragen, werde ich den runden Tisch wie gewünscht unmittelbar einberufen, um mit allen Beteiligten den besten Weg für Nordrhein Westfalen zu erarbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe daher die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 2.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der CDU hat direkte Abstimmung beantragt. Die führen wir jetzt durch, und zwar über den Inhalt des Antrages Drucksache 16/13529. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CDU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Piratenfraktion, der fraktionslose Abgeordnete Schulz und die FDP-Fraktion. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Antrag Drucksache 16/13529 der Fraktion der CDU abgelehnt worden.

Ich rufe auf:

3 Taskforce „Recht auf Bildung“ einrichten

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/13539

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/13625

Ich eröffne die Aussprache. Herr Dr. Stamp hat für die FDP-Fraktion das Wort.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Feststellung des Flüchtlingsrats, dass Tausende Flüchtlingskinder hier in Nordrhein-Westfalen nicht beschult werden, ist alarmierend. „Kein Kind zurücklassen“ wird auch an dieser Stelle wieder nur zur hohlen Phrase.

(Beifall von der FDP)

Wir haben deswegen gefordert, dass das Schulministerium als zuständiges Ministerium sofort handelt, dass eine Taskforce eingerichtet wird, um hier sofort Abhilfe zu schaffen. Wir haben auch vorgeschlagen, dass man eher unkonventionelle Möglichkeiten prüfen muss – beispielsweise, dass Akademiker ohne pädagogisches Studium Deutschunterricht leisten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das bis B1 sicherlich gut möglich ist. Für diejenigen, die einen Hochschulabschluss haben, sollte das ohne Weiteres möglich sein.

Wir müssen gucken, wer von den Lehrern unter den Flüchtlingen in der Lage ist, auch muttersprachlich zumindest einen Basisunterricht anzubieten. Darüber hinaus sollten wir gucken, wo nachmittags Klassenräume leer stehen, um diese dann entsprechend für die spezielle Unterrichtung von Flüchtlingskindern zur Verfügung zu stellen.

Ich hab mir das in Lesbos und in Athen zuletzt angesehen. Da werden nachmittags ab 14 Uhr die Flüchtlingskinder beschult. Meine Damen und Herren, was die Griechen in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage hinbekommen, das sollte hier in Nordrhein Westfalen auch möglich sein.

Wie ist die Reaktion von Rot-Grün auf unseren Antrag? Es gibt einen Entschließungsantrag mit einem ellenlangen Katalog von Maßnahmen, nur Aufzählung von Dingen, die Sie auf den Weg gebracht haben, nichts Neues. Sie feiern sich ab, geben aber keine Antwort auf die tatsächlichen Probleme.

Wir weisen auf ein dramatisches Problem hin, und Sie lesen uns quasi aus dem Telefonbuch vor. Das ist ein Offenbarungseid. Wir erwarten Antworten, damit diesen Kindern nicht die Zukunft verbaut wird.

Der zweite Punkt, mit dem wir uns in dem Antrag an Sie wenden, betrifft noch einmal die Frage nach der Erweiterung der Schulpflicht bis 25. Wir, die Kammern, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, alle seriösen Integrationsexperten und Ihr eigener Wirtschaftsminister Garrelt Duin haben gefordert, dass die Schulpflicht bis 25 Jahre erweitert wird, weil das notwendig ist.

Selbst die Sozialdemokraten haben das auf dem Sommerfest in Berlin noch intoniert. Zwei Tage später, bei den Beratungen um den Integrationsplan, hat es vorher offensichtlich ein Brainwashing gegeben, und dann war davon nicht mehr die Rede.

Dann kommt die Ministerin jedoch zwei Tage vor dieser Debatte – welch ein Zufall – mit dem Programm „Fit für mehr!“. Dazu fallen mir einige Assoziationen ein, die unparlamentarisch sind. Das Hauptproblem bei „Fit für mehr!“ ist, dass es wieder nur ein freiwilliges Programm ist.

Wir hingegen wollen eine Schulpflicht, weil wir wissen, dass junge Erwachsene in einer Konfliktsituation sind. Wenn beispielsweise ein 20-Jähriger aus Syrien bei uns angelandet ist, während sich die Familie möglicherweise noch unter widrigsten Umständen im Kriegsgebiet aufhält, dann hofft diese darauf, dass er hier so schnell wie möglich einen Hilfsjob annimmt, um Geld zu verdienen, das er in die Heimat schickt. Das jedoch ist unverantwortlich.

Wir wollen, dass die jungen Erwachsenen von Anfang an an die Hand genommen und in die Pflicht genommen werden, damit sie später auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben und selbstbestimmte Mitbürgerinnen und Mitbürger werden können.

Ihre Politik setzt nicht auf Verbindlichkeit, Ihre Politik setzt immer nur auf Absichtserklärungen und Phrasen. Deswegen kann ich nur sagen: Liebe Sozialdemokraten, geben Sie sich einen Ruck! Kehren Sie zu Ihrer Position vom Sommerfest zurück und stimmen Sie unserem Antrag zu. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Stamp. – Für die Fraktion der SPD spricht Frau Kollegin Stotz.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörer! Mit ihrem Antrag greift die FDP ein Thema auf, das auch meiner Fraktion sehr am Herzen liegt. Dieses Thema wird nicht nur hier im Haus, sondern auch auf der kommunalen Ebene landauf, landab seit geraumer Zeit diskutiert: Wie schaffen es Land und Kommunen gemeinsam, die große Zahl von zugewanderten Kindern und jungen Menschen möglichst schnell in un

ser Bildungssystem zu integrieren und ihnen ein passendes Bildungsangebot zu machen? Dieses Thema kann man hier eigentlich nicht häufig genug aufrufen.

Wenn ich jedoch den FDP-Antrag lese, wird mir klar, dass es der FDP nicht um die Sache geht, sondern das ist wieder der Versuch, eine Attacke gegen die Landesregierung zu fahren.

(Zuruf von der FDP: Das ist eine Unver- schämtheit!)

Sie waren uns gegenüber gerade auch nicht sehr nett. – Ich will aus dem Antrag zitieren. Dort wird formuliert:

„Spätestens seit den Verhandlungen zum Integrationsplan war absehbar, dass die Landesregierung die Herkulesaufgabe der Flüchtlingsintegration nicht mit dem notwendigen Ernst verfolgt.“

Weiter heißt es im FDP-Antrag über die Landesregierung:

„Vielmehr folgt sie ihrem eingespielten Handlungsschema, mit dürftiger Planung loszulegen, um, wenn es gar nicht mehr anders geht, mit Nachbesserungen nachzulegen.“

Das meine ich damit, wenn ich sage, dass es Ihnen nicht wirklich ernst ist. Angesichts der intensiven Diskussionen und zahlreichen Anhörungen zum Integrationsplan hier im Hause mit allen Beteiligten – seien es im Bildungsbereich die kommunalen Spitzenverbände, die Kirchen, die Gewerkschaften, die Wohlfahrtsverbände und andere mehr – ist es nämlich ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich mit aller Ernsthaftigkeit in die Debatte um den Integrationsplan eingebracht haben,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

die die Herausforderungen insbesondere im Bildungsbereich benannt und mit uns gemeinsam Lösungen aufgezeigt haben, die es braucht, um Integration durch Bildung zum Gelingen zu bringen.

Ich will in diesem Zusammenhang – vielleicht weiß Herr Dr. Stamp das nicht, weil er nicht im Schulausschuss ist – noch einige Dinge geraderücken.

Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage...

Nein, ich möchte das jetzt erst zu Ende führen. – Ich will an die Kommunalen Integrationszentren erinnern, die wir inzwischen flächendeckend im Land eingerichtet haben. Es ist deren Aufgabe, in enger Abstimmung mit den Kommunen und den Schulträgern dafür zu sorgen, dass die geflüchteten jungen Menschen einen Schulplatz bei uns bekommen. Es ist eine kommunale Pflichtaufgabe – daran möchte ich noch einmal erinnern –,

das zu regeln, natürlich immer in Zusammenarbeit mit der Landesregierung. Darum kümmern wir uns.

Bei den Haushaltsberatungen war eben schon das Programm „Gute Schule 2020“ Thema. Sie fordern Flexibilität, Räume für nachmittags und was auch immer. Wir jedoch sorgen dafür, indem wir den Kommunen 2 Milliarden € an die Hand geben, damit sie genau das umsetzen können.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wahrscheinlich ist auch das zu dürftig. Sie haben es nämlich nicht verstanden. Das hohe Maß an Flexibilität, das Sie einfordern, können die kommunalen Schulträger doch erbringen. Das müssen wir doch nicht in Düsseldorf entscheiden. Wo leben Sie denn eigentlich?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Daran merke ich, dass Sie überhaupt nicht wissen, wie die Dinge sortiert sind und wer wofür zuständig ist. So sieht es aus.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dann fordern sie mehr Lehrer. Natürlich! Wir haben mehr und mehr Lehrer eingestellt, um die zunehmende Zahl von Schülerinnen und Schülern im Land beschulen zu können. Wenn Sie jedoch genau hinschauen – ich unterstelle Ihnen, dass Sie das schaffen –, stellen Sie fest, dass gar keine Lehrer mehr auf dem Markt sind. Das ist nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern bundesweit der Fall, weil wir so viele Lehrer eingestellt haben. Da nutzt es nichts, wenn man wohlfeil hineinschreibt: Stellen wir noch ein paar Lehrer ein.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Rolle der Weiterbildung haben wir gemeinsam – da sind wir auch gar nicht weit auseinander, Frau Gebauer – mit allen, die da tätig sind, immer wieder in den Blick genommen. Dies geschah zuletzt beispielsweise in einer gemeinsamen Aktion, in der wir die Bundesbildungsministerin davon überzeugen konnten, dass auch an den Weiterbildungskollegs Flüchtlinge gefördert werden können. Das haben wir gemeinsam geschafft.

Dann haben Sie gerade gesagt: Zwei Tage vorher kommt ein neues Programm. – Ich will es nur einmal zeigen; es liegt Ihnen auch vor.