Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Was hat all das mit einer Entscheidung zu tun, in deren Zusammenhang Jens Spahn sagt: „Es ist integrationsfeindlich, wenn man sich nicht für eine Staatsbürgerschaft entscheidet“? – Das ist doch Irrsinn, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Lassen Sie doch die Menschen entscheiden, ob und wann sie eine Wahl treffen wollen! Sie sollten sich nicht in Gegenwelten verlieren müssen. Die Menschen sollten nicht gezwungen werden, eine solche Entscheidung treffen zu müssen. Ich bitte Sie daher: Bekennen Sie hier klar Farbe!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich will Ihnen noch eines deutlich sagen. Wir kennen Armin Laschet auch ganz anders. Zu Beginn dieses Jahres war es so, dass Herr Kruse mit einigen – wie ich finde – verfassungsfeindlichen Äußerungen auffällig geworden ist.

(Beifall von Norwich Rüße [GRÜNE], Martin- Sebastian Abel [GRÜNE] und Ali Bas [GRÜNE] – Zuruf von der CDU: Unglaublich! – Weitere Zurufe von der CDU)

Lassen Sie mich erst zu Ende reden, Herr Kollege. Armin Laschet hatte da nicht gezögert, auf den Kollegen Kruse zuzugehen. Herr Kruse hat das Ganze richtiggestellt und sich dafür entschuldigt. Sie haben sehr klar Profil gezeigt und klargestellt, dass so etwas nicht zur CDU-NRW passt.

Das war ein bemerkenswerter Vorgang. Ich würde mich freuen, wenn Sie heute in der Lage wären, sehr klar zum Thema „Optionspflicht“ Stellung zu beziehen und zu klären, wo die NRW-CDU steht. Uns hätten Sie dabei an Ihrer Seite; denn wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass Nordrhein-Westfalen

ein integrationsfreundliches und friedliches Bundesland bleibt. Dafür brauchen wir alle Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus. Dem sollten Sie sich anschließen! – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Kuper.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Wir konnten zu Beginn dieser Debatte schon feststellen, dass wir hier eine interessante Inszenierung erleben – die Inszenierung eines Bundesthemas, das man gerne hierher in den Landtag verlagern möchte, um so von den Missständen auf Landesebene abzulenken.

(Beifall von der CDU)

Im Jahre 1863 wurde mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein der Vorläufer der SPD gegründet. Das ist inzwischen 153 Jahre her, und von diesen 153 Jahren hat die SPD stolze 118 Jahre auf der Oppositionsbank gesessen

(Marc Herter [SPD]: Während der nationalso- zialistischen Gesetze hatten wir keine Gele- genheit gehabt!)

und 35 Jahre lang Regierungsverantwortung in Deutschland getragen.

(Marc Herter [SPD]: Das ist eine Unverfroren- heit! – Weitere Zurufe)

Sie können ruhig schreien, das ist mir egal. – Zum Vergleich: Die CDU wurde bekanntlich

(Unruhe – Glocke)

erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet und hat schon 44 Jahre in der Regierungsverantwortung gestanden.

(Zurufe von der SPD)

Vor diesem Hintergrund ist es in gewisser Weise verständlich, dass die Beschlüsse eines CDU-Bundesparteitages von Sozialdemokraten offenbar schon als offizielles Regierungshandeln angesehen werden,

(Beifall von der CDU)

über das der NRW-Landtag am besten noch gleich, am selben Tage, in einer Aktuellen Stunde diskutieren muss. Warum wir nun in einer Aktuellen Stunde über dieses Thema diskutieren, mag jeder für sich persönlich beurteilen. Ihnen allen sollte jedenfalls aus eigener Erfahrung bekannt sein, dass sich Parteitagsbeschlüsse nur selten eins zu eins im Regierungsprogramm wiederfinden.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das macht die Sa- che nicht besser! – Michele Marsching [PIRATEN]: Soll die Basis entscheiden, was sie will, wir machen eh etwas anderes! – Wei- tere Zurufe von der SPD)

Aber sei es drum, meine Damen und Herren: Sie wollen die Debatte, und Sie sollen sie auch bekommen.

Bevor SPD und Grüne beim Thema „Optionspflicht“ weiter versuchen, Legendenbildung zu betreiben, wie es meine Vorredner zum Teil schon gemacht haben, möchte ich der guten Ordnung halber erst mal noch einiges klarstellen: Sowohl die Ministerpräsidentin Kraft als auch unser Fraktionsvorsitzender Armin Laschet befinden sich zurzeit – das war schon längerfristig zugesagt – bei der Verabschiedung des langjährigen Chefredakteurs vom „Kölner Stadtanzeiger“. – Dies nur zur Klarstellung; zum Zeitpunkt der Einladung war diese Aktuelle Stunde noch gar nicht angesetzt.

Ich komme zur Optionspflicht, die von SPD und Grünen hier und heute so massiv bekämpft wird. Wer hat sie denn erfunden? – Das ist eine rot-grüne Erfindung! Sie ist nämlich im Rahmen der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts durch die damalige rotgrüne Bundesregierung im Jahr 2000 eingeführt worden.

(Beifall von der CDU – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Weil die CDU das im Bundesrat blo- ckiert hat!)

Sie sind es gewesen! In der Drucksache 14/533 des Deutschen Bundestages findet sich Folgendes – ich zitiere –:

„Insbesondere unter Ordnungsgesichtspunkten besteht ein staatliches Interesse, die Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit einzuschränken. (...)

Kinder ausländischer Eltern, die aufgrund des Geburtsortsprinzips oder durch Einbürgerung im Rahmen der Altfallregelung für vor Inkrafttreten des Gesetzes Geborene die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, haben daher nach Vollendung des 18. Lebensjahrs binnen fünf Jahren zwischen der deutschen und der von den Eltern abgeleiteten ausländischen Staatsangehörigkeit zu wählen. Eine solche Entscheidungspflicht ist zulässig.“

So weit die Begründung von Rot-Grün. – Da Sie somit selbst Urheber der Optionspflicht sind, muss man sich für diese scheinheilige Debatte heute fast fremdschämen.

(Beifall von der CDU)

Sie tun gerade so, als sei das ein Relikt aus dem damaligen Staatsangehörigkeitsrecht von 1913 – dabei haben Sie es vor 16 Jahren ins Gesetz geschrieben.

Wenn Sie daher die Optionspflicht in Ihrem Antrag als „Gift für die Integration“ bezeichnen, sollten Sie dringend Ihre eigene Giftküche aufsuchen und Ihre Parteikollegen zur Rede stellen; denn die haben Ihnen das Süppchen eingebrockt.

(Beifall von der CDU)

Sie führen weiter aus, die Optionspflicht löse einen hohen bürokratischen Aufwand aus. Das ist, mit Verlaub, blanker Unsinn. Das Ganze gilt erst mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres, und da erst im Jahr 2000 darüber beschlossen wurde, wird die Wirkung erst im Januar 2018 eintreten, liegt also noch in der Zukunft. Von daher ist Ihre Behauptung nicht nachvollziehbar.

Fakt ist jedenfalls: Die Große Koalition auf Bundesebene hat 2013 vereinbart, die Optionspflicht für diejenigen abzuschaffen, die in Deutschland aufgewachsen sind und dadurch enge Beziehungen zu Deutschland haben. Diese Vereinbarung wurde 2014 umgesetzt. Weil die CDU selbstverständlich koalitionstreu ist, wird sie sich in der laufenden Wahlperiode an diese Regelung halten und daran nichts ändern. Darauf hat die Kanzlerin zu Recht hingewiesen.

(Beifall von der CDU)

Fakt ist aber auch, dass Koalitionsvereinbarungen – anders als das Grundgesetz – keiner Ewigkeitsgarantie unterliegen, sondern mit dem Ende der Wahlperiode erledigt sind. Auch das ist nichts Neues, sondern eine demokratische Selbstverständlichkeit.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Wie ist Ihre Hal- tung zu der Frage?)

Dass auf Parteitagen Beschlüsse gefasst werden, die sich mit dem Inhalt von Koalitionsvereinbarungen auch mal nicht decken, ist ebenfalls nichts Ungewöhnliches. Das müssten gerade Sie von der nordrhein-westfälischen SPD am besten wissen; denn bei Ihnen hat es in den letzten Jahren auf Parteitagen immer wieder abweichende Beschlüsse – auch von Koalitionsverträgen – gegeben.

Zuletzt konnten wir das noch gestern erleben, als es um den Landesentwicklungsplan ging. Auf Ihrem Landesparteitag war beschlossen worden, alle Flughäfen im Land gleichermaßen einzustufen. Gestern jedoch haben Sie all das mit Ihrem Beschluss hier in diesem Hohen Hause links liegenlassen.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der CDU: Aha! Oh! – Nadja Lüders [SPD]: Wir stehen dazu!)

Man kann das Gleiche auch in Richtung der Grünen feststellen. Hier braucht man nur an den Braunkohleausstieg 2025 zu denken. Da sagt selbst Herr Priggen, dass das so nicht möglich und reiner Unsinn sei.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Dazu wur- den Beschlüsse gefasst! – Sigrid Beer [GRÜNE]: Beschlüsse auf dem Parteitag!)

Ich könnte noch viele weitere Dinge bringen.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Wir haben das be- schlossen!)

Dass Sie uns das vorwerfen, ist nicht nachvollziehbar. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, liebe Genossinnen und Genossen und liebe Damen und Herren von den Grünen!

(Beifall von der CDU)