Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Nachgang zu den Erfahrungen mit Stuttgart 21 – es ist vielleicht wichtig, noch einmal auf die Geschichte hinzuweisen – wurden die Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung verbessert. In diesem Rahmen haben sowohl der Bundesgesetzgeber – ich betone ausdrücklich: der Bundesgesetzgeber; das ist also ursprünglich nicht hier im Land passiert – als auch die Landesgesetzgeber mit der Neuregelung des § 27a Verwaltungsverfahrensgesetz nachgezogen und entschieden, dass immer dann, wenn das Fachrecht eine öffentliche Auslegung von Unterlagen vorschreibt, diese ohnehin öffentlich auszulegenden Unterlagen auch über das Internet zugänglich gemacht werden sollen.
Dies dient der Erleichterung des Zugangs zu relevanten Informationen und trägt zudem der von der Landesregierung initiierten Open-Government-Strategie Rechnung.
Ich glaube, diese beiden Herleitungen müssen betrachtet und entsprechend gewürdigt werden: zum einen die Erfahrung einer besseren Öffentlichkeitsbeteiligung aus vergangenen Projekten und zum anderen der Wunsch, der wohl von allen Fraktionen des Hauses getragen wird, Verwaltungshandeln, Handeln der öffentlichen Behörden, transparent zu gestalten. Das ist der Grundsatz der Open-Government-Strategie.
Von Offenheit und Transparenz einer Open-Government-Strategie profitieren Wirtschaftsverbände sowie Bürgerinnen und Bürger, indem sie kostenfrei auf staatliche Daten zugreifen können, die auch zur kommerziellen Verwendung bereitgestellt werden. Das ist auch ein Grundsatz der Open-Government-Strategie. Deshalb muss man schon den Blick öffnen und alles betrachten, was in diesem Zusammenhang diskutiert wird.
Verwaltungsverfahrensgesetzes – auch auf die öffentliche Auslegung von Unterlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz anzuwenden ist. Dabei werden nur die Unterlagen – das betone ich – über das Internet zugänglich gemacht, die ohnehin mehrere Wochen öffentlich ausgelegt werden und auch über das Umweltinformationsgesetz zur Verfügung gestellt werden müssen.
Auch das sei hier noch einmal erwähnt: Es stimmt nicht, dass alle Daten zur Verfügung gestellt werden. Von der Veröffentlichung ausgenommen sind ausdrücklich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Auch wenn der Antragsteller befürchtet, dass bestimmte Anlagenteile die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden könnten, sobald sie veröffentlicht werden, kann der Antragsteller dies mit der Behörde klären und eine Veröffentlichung ausschließen.
Informationen, die Marktkonkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen offenbaren und so die Wettbewerbsposition des betroffenen Unternehmens nachteilig beeinflussen könnten, wurden weder in der Vergangenheit noch werden sie heute ausgelegt und über das Internet zugänglich gemacht. Mir ist wichtig, auch das zu unterstreichen. Daher ist aus meiner Sicht nicht erkennbar, inwieweit durch eine ergänzende Information über das Internet Wettbewerbsnachteile entstehen können.
Darüber hinaus sind auch Informationen – ich betone das noch einmal –, deren Bekanntgabe die öffentliche Sicherheit gefährden könnte, von der öffentlichen Auslegung ausgenommen. Dies muss jeweils im Einzelfall geklärt werden, und selbstverständlich kann es der Fall sein, dass die zuständigen Sicherheitsbehörden hinzuziehen bzw. einzubinden sind, um das zu beurteilen. Das war aber auch in der Vergangenheit schon der Fall, wenn es darum ging, diese Unterlagen nur auszulegen und nicht im Internet zu veröffentlichen. Insofern hat sich hier nichts geändert.
Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss und hoffe, dass wir dort eine sachliche Klärung der anstehenden Fragen herbeiführen können. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Das war die letzte Wortmeldung zu diesem Tagesordnungspunkt. Damit schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/14016 – Neudruck – an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Die Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, den Antrag zur Mitberatung auch an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu überweisen. Die abschließende Abstimmung soll dann im federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk in öffentlicher Sitzung erfolgen. Möchte jemand gegen diese Überweisung stimmen? – Das ist nicht der Fall. Sich enthalten? – Auch nicht. Dann haben wir so überwiesen.
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales Drucksache 16/14039
Ich weise Sie gerne darauf hin, dass der Antrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/12837 gemäß § 82 Abs. 2 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen wurde mit der Maßgabe, dass eine Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Da die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit Drucksache 16/14039 vorliegen, können wir heute zur Behandlung des Antrags kommen.
Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Spanier-Oppermann das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit vielen Teilen des Antrags, den Sie gestellt haben, stimme ich überein, doch nicht mit den Schlussfolgerungen.
Unstrittig ist, dass die Weiterbildung drei zentrale Ziele und Funktionen zu erfüllen hat: Sie fördert und unterstützt das politische Bewusstsein und das bürgerschaftliche Engagement der Bevölkerung. Sie fördert und unterstützt den Erwerb beruflicher Kompetenzen und Qualifikationen. Und sie fördert und unterstützt die persönliche Entwicklung eines jeden einzelnen Individuums.
Diese Funktionen werden seit zwei Dekaden immer intensiver in einen übergreifenden Bildungskontext gestellt – unter dem Begriff „lebenslanges Lernen“, den Sie alle kennen.
Es ist festzuhalten, dass wir in Nordrhein-Westfalen eine politisch gewollte plurale Weiterbildungsland
schaft haben, die für die Versorgung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorteilhaft ist, da sie eine große Vielfalt an Zugängen verschiedener Personen und Zielgruppen zur Weiterbildung gewährleistet.
Über den Bildungsscheck fördert das Land NRW zudem kleine und mittlere Unternehmen, die eine Arbeitsstätte bei uns in NRW haben. Diese können über den Bildungsscheck einen Zuschuss für die berufliche Weiterbildung ihrer Mitarbeiterschaft erhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Piraten, lieber Torsten Sommer, eine Ihrer Forderungen im Antrag ist, die Ortsgebundenheit aus dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz zu streichen sowie im Gesetz explizit die Möglichkeit einer Onlineweiterbildung zu verankern.
Zu Ihrer ersten Forderung – schauen wir uns einmal die Ausgangslage an –: Die Gesetzesänderung 2009 wurde notwendig, weil die Europäische Kommission die Ortsgebundenheit in § 9 Abs. 3 des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes bemängelte. Und das ist richtig. Denn vor dieser Gesetzesänderung musste der Weiterbildungsort für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in NRW oder in einem angrenzenden Land liegen. Eine Anpassung wurde also notwendig und geschah mit der Änderung.
Nun gilt ein Richtwert von 500 km ab der Landesgrenze von NRW. So sind alle Beneluxstaaten, Teile Frankreichs, Dänemarks und Teile Osteuropas mit inbegriffen.
Bereits im Gesetzentwurf der Landesregierung zum Dritten Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes stellte die Landesregierung dazu fest:
„Das Änderungsgesetz vom 8. Dezember 2009 hat die Anforderungen an das EU-Recht erfüllt. Das Vertragsverletzungsverfahren wurde eingestellt. Schwierigkeiten in der Anwendungspraxis … in wesentlichem Ausmaß sind nicht bekannt geworden.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war lange Zeit, fast 20 Jahre, Gesamtbetriebsratsvorsitzende und habe in meiner aktiven Zeit selbst dafür gesorgt, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen bestmöglichen Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen erhielten, egal ob vor Ort oder online. Schon vor 20 Jahren richteten wir Online-Workplaces ein. Ich weiß ziemlich genau, wenn ich so die Jahre zurückschaue, wovon ich spreche.
So kann ich sagen, dass die Unternehmen und Mitarbeiter genau wissen, in welcher Art und Weise sie Weiterbildung durchführen. Es muss immer beachtet werden, welche Art der Durchführung zum Unternehmen und zur Belegschaft passt. Es gibt eine so große Bandbreite an Weiterbildungsmaßnahmen. Das, was Sie fordern, ist längst gelebte Praxis.
Im Übrigen haben weder die Sachverständigenanhörungen noch die Auswertung, die wir im Ausschuss vorgenommen haben, Erkenntnisse geliefert, die im Sinne Ihres Antrages Handlungsbedarf aufgezeigt hätten. Daher sehen wir von der SPD-Fraktion eine Änderung des Gesetzes für nicht erforderlich an und lehnen Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Spanier-Oppermann. – Für die CDUFraktion erhält Herr Kollege Kerkhoff jetzt die Möglichkeit, zu reden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dem Antrag werden in der Tat viele wichtige Fragen aufgeworfen. Das hat die Anhörung bestätigt, wenn auch der Antrag das komplexe Thema zu sehr auf die Frage der Ortsgebundenheit reduziert hat.
Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt, und sie wird auch die Weiterbildung verändern – verändern müssen, wenn wir unserem Anspruch, die Digitalisierung der Arbeitswelt gestalten zu wollen, gerecht werden wollen. Es geht dann darum, zu organisieren, dass die Beschäftigten in einer sich rasant verändernden Arbeitswelt Schritt halten können und nicht von Entwicklungen überrollt werden.
Das Thema „Weiterbildung“ ist dabei natürlich ganz zentral. Denn einmal gelernt und dann 40 Jahre im gleichen Unternehmen die gleichen Tätigkeiten auszuüben, das sind Bedingungen, die es heute schon kaum noch gibt. Das wird in Zukunft, wenn überhaupt, umso seltener der Fall sein. Deshalb gilt es, sich weiterzubilden, am Ball zu bleiben und die eigene Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten.
Wie verändert sich Weiterbildung technisch, inhaltlich, organisatorisch? Welchen veränderten Weiterbildungsbedarf gibt es in den Unternehmen, die Teil der digitalisierten Welt werden oder bereits sind? Welche neue Anforderungen ergeben sich, die erlernt werden müssen?
Ein Thema ist die Präsenzpflicht. Es wird zunehmend so sein, dass man Weiterbildungsangebote auch oder ausschließlich online wahrnimmt. Dazu gibt es heute schon Beispiele – es ist in der Anhörung genannt und auch diskutiert worden – bei der Deutschen Rentenversicherung. Ich weiß es von Kliniken. Bei der Anzahl der Staus in Nordrhein-Westfalen kann man allein aus dem Grund vielen Leuten nur dazu raten, es so zu organisieren.
Es ergeben sich aber auch weitere Vorteile. Es spart Zeit. Wenn der Teilnehmer selber bestimmen kann, wann er sich weiterbildet, ist das auch ein Baustein
Nehmen Sie Homeoffice-Situationen. Da macht es erst recht Sinn, Weiterbildung so zu organisieren, dass man sie am heimischen Arbeitsplatz wahrnehmen kann. Es macht keinen Sinn, Menschen, die von zu Hause arbeiten, für Phasen der Weiterbildung an irgendeinen anderen Ort im Land zu schicken. In der Anhörung wurde so schön formuliert: „liquides Lernen“, also Lernen besser mit der Lebenswirklichkeit zu vereinbaren.
Wir müssen aber auch ernst nehmen, dass es Lern- und Weiterbildungssituationen gibt, in denen auch künftig die physische Anwesenheit Sinn macht. Das ist dann keine altmodische Veranstaltung aus der analogen Welt, sondern das wird auch künftig Teil der Weiterbildungswelt sein und bleiben und damit einen berechtigten Platz behalten.
Ebenso mag es Modelle geben, in denen Module so gestaltet sind, dass beide Elemente kombiniert werden: die Präsenz, der Austausch miteinander, die Diskussion, die Präsentation auf der einen Seite und auf der anderen Seite Vorbereitungen, lernen, alles, was Vorlesungscharakter hat, eher online von zu Hause aus. Solche Modelle werden zunehmen.