Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Auch die Frage der Hochschulautonomie ist hier thematisiert worden; wie ich finde ein sehr wichtiges Thema. Ich würde Ihnen da eine Studie der KonradAdenauer-Stiftung empfehlen, weil sie unverdächtig ist, die SPD-Regierung und die Grünen unterstützen zu wollen.

Diese Studie zur Autonomie der Hochschulen beschreibt ganz klar, dass Nordrhein-Westfalen auf Platz eins ist. Ich weiß nicht, was wir mehr erreichen sollen als Platz eins. Ich finde: Das ist eine Leistung und das zeigt, wie viel Freiheit für Forschung und Lehre wir hier haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Gerade, was den neuen Landeshochschulentwicklungsplan und den Prozess betrifft, den wir dort angestoßen haben, empfehle ich Ihnen, einmal mit den Hochschulen darüber zu reden.

Alle Hochschulen sagen uns inzwischen, dass das eine sehr gute Diskussion ist, dass es gut ist, sich und auch Bedarfe miteinander abzustimmen, und in eine gemeinsame Diskussion zwischen der Politik und den einzelnen Hochschulen einzutreten, auch um später rechtzeitig Mittel zur Verfügung zu haben. – Also auch das ist eine wirkliche Scheindiskussion.

Sie haben über die vielen Statistiken diskutiert. Ich halte es da mit dem, was Sonia Mikich vor Kurzem in einem Kommentar gesagt hat: Jeder hat ein Recht – ein Recht natürlich auf eigene Meinung. Aber nicht jeder hat ein Recht auf eigene Fakten.

Die Fakten müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Kein anderes Land gibt einen größeren Anteil des Haushalts für Grundmittel der Hochschulen aus als wir in Nordrhein-Westfalen. Kein anderes Bundesland! Was wollen Sie eigentlich noch mehr?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Dr. Stefan Berger [CDU])

5,6 Milliarden €! Bayern 3,5 Milliarden €. Und dann sagen Sie: Das ist ja klar. Das ist ja normal. – Nein, das ist eine bewusste politische Schwerpunktsetzung, die wir hier in Nordrhein-Westfalen getroffen

haben. Es ist übrigens auch nicht aus Zufall so oder gottgegeben, dass wir hier die wichtigste Forschungslandschaft, die dichteste Bildungslandschaft in Europa haben. Das ist eine bewusste Entscheidung gewesen.

Bewusst sind die Hochschulen vor über 40 Jahren aufgebaut worden. Johannes Rau hat bewusst ein Forschungsministerium, ein Wissenschaftsministerium erstmalig hier in diesem Bundesland verankert. Es ist ganz bewusst diese Wissenschafts- und Forschungslandschaft aufgebaut worden. Das waren politische Rahmenbedingungen, die gesetzt wurden. Das ist genau richtig so.

Sie haben auch problematisiert, dass wir bei den EUMitteln angeblich nicht so klar vorn liegen. – Auch da empfehle ich einen Blick auf die Fakten: Kein anderes Bundesland hat im Verhältnis zur Anzahl der Beschäftigten in Wissenschaft und Forschung – also nicht absolut – mehr Geld von der EU bekommen als wir: absoluter Spitzenplatz! 550 Millionen € in „Horizon 2020“, über eine Milliarde € im letzten Forschungsrahmenprogramm. Das sind Zahlen, die sich wirklich sehen lassen können. Die können Sie auch nicht wegdefinieren. Deswegen sage ich es hier noch einmal so klar.

Hier ist angesprochen worden – und darauf möchte ich auch eingehen – die Frage der Digitalisierung. – Da, liebe Opposition, müssen Sie sich einmal entscheiden. Als die Ministerpräsidentin hier die große Regierungserklärung zu diesem Thema gehalten hat, hieß es: Darüber muss man doch nicht reden. Das ist doch alles selbstverständlich. Und jetzt sagen Sie: Ja, aber da passiert viel zu wenig.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Ja! Zu wenig!)

Offensichtlich hatte unsere Ministerpräsidentin recht mit ihrer Regierungserklärung.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Und offensichtlich ist es so, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen da vorangehen. Wir sind diejenigen, die wirklich Spitzenforschung im Bereich der Digitalisierung haben. Schauen Sie sich an – da kam eben der Zwischenruf von dem Kollegen aus Detmold –, was wir im Spitzencluster OWL zum Beispiel alles zur Automatisierung in der Industrie vorantreiben. Das ist bundesweit Spitze. Da sind wir absoluter Vorreiter.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Schauen Sie sich an, was in Nordrhein-Westfalen läuft. Jetzt nehme ich aus der Digitalisierung nur einen kleinen Bereich, nämlich den Bereich der ITSicherheitsforschung. Ich glaube, dass das ein ganz entscheidender Bereich ist. Wenn wir Digitalisierung voranbringen wollen, müssen wir die Sicherheit garantieren.

Über 700 Forscherinnen und Forscher sind in Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich tätig. Wir haben das Horst Görtz Institut, um das wir bundesweit und international beneidet werden, weil die so gut sind. Wir haben – ganz praxisnah – das Institut für Internetsicherheit an der Westfälischen Hochschule. Das sind zwei ganz entscheidende Player, die da enorm viel voranbringen.

Wir haben sehr viele Ausgründungen aus diesem Bereich. GDATA ist das leuchtende Beispiel. Aber es gibt viele kleinere Firmen, die auch im Bereich der Sicherheitsforschung unterwegs sind. Da ist Nordrhein-Westfalen wirklich Spitze. Das können Sie auch nicht wegdefinieren.

Auch in der Lehre ist Nordrhein-Westfalen Vorreiter: Digitale Hochschule NRW, ein Zusammenschluss aller Hochschulen in Nordrhein-Westfalen. Es sind alle dabei, die sich gemeinsam mit dem Thema auseinandersetzen, die die Bereiche Lehre mit E-Learning NRW vorantreiben, die die Forschung miteinander koordinieren, die die rechtlichen Fragen klären, die die Infrastruktur in dieser Plattform diskutieren. Das ist wirklich eine ganz herausragende Einrichtung, die wir da haben.

Ich würde mir wünschen, dass wir auch hier im Landtag stolz darauf sind, was unsere Hochschulen in diesem Bereich leisten. Das ist wirklich vorbildhaft, was da passiert.

Auch in der Frage der Datenspeicherung und neue Formen möchte ich sagen: Wir waren mit unserer Datencloud Sciebo die Ersten, die so eine Cloud-Lösung nach deutschem Recht für unsere Hochschulen vorangetrieben haben. Andere folgen uns da jetzt. Nordrhein-Westfalen war da wieder einmal Vorreiter. Das ist ein sehr gutes Beispiel, was wir da alles machen.

Auch in der Forschungsförderung zeigt sich – die Förderlinie Digitale Sicherheit mit rund 4 Millionen €, die wir ausgeschrieben haben, ist sehr stark nachgefragt –, welch eine hervorragende Forschungslandschaft wir hier haben.

Meine Damen und Herren, Sie haben eben immer wieder gesagt: Ja, das ist eigentlich ganz gut, aber im internationalen Bereich nicht gut genug. – Ich finde, das stimmt nicht. Ich bin sehr stolz darauf, was unsere Forscherinnen und Forscher in NordrheinWestfalen alles voranbringen.

Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen, was mich persönlich ganz besonders beeindruckt hat. Die Uniklinik Köln, eine sehr renommierte Uniklinik mit einer sehr starken Forschung hat ein Netzwerk Genomische Medizin. Denen ist es vor Kurzem gelungen, wirklich einen Durchbruch in der Krebstherapie zu erreichen. Sie haben es als Erste – am Beispiel des Lungenkrebses – geschafft, im Grunde genommen

Gentypen zu identifizieren, und zwar durch eine Zusammenarbeit zwischen Medizinerinnen und Medizinern, Mathematikerinnen und Mathematikern, Biologinnen und Biologen, die über ihre Fachgrenzen hinweg große Mengen an Daten ausgewertet haben. Sie konnten durch ihre Forschung Lungenkrebspatientinnen und -patienten helfen, deutlich besser mit ihrer Krankheit umzugehen und deutlich länger mit deutlich höherer Lebensqualität zu leben.

Ich finde, das ist ein fantastisches Beispiel dafür, was inter- und transdisziplinäre Forschung in NordrheinWestfalen leisten kann. Sie kommt unmittelbar bei den Menschen an, sie verbessert das Leben der erkrankten Menschen, und sie ist bundesweit beispielhaft für das, was man in der Medizinforschung voranbringen kann. Ganz fantastische Forschung in NRW. Ich finde, das ist etwas, was man weitererzählen muss und worauf wir wirklich stolz sein können.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich glaube, deswegen ist diese Unterrichtung heute sehr wichtig. Sie zeigt noch einmal, wie sehr Nordrhein-Westfalen eine Spitzenposition in der Forschung hat, welche engagierten Forscherinnen und Forscher wir haben und wie wichtig die Innovationen sind, die aus diesen Bereichen herauskommen.

Sie zeigt die Stärke unserer Universitäten, die vor allen Dingen in der Grundlagenforschung unterwegs sind.

Sie zeigt die Stärke unserer Fachhochschulen, die anwendungsorientiert ganz nah in ihrer Region mit den mittelständischen Unternehmen arbeiten.

Sie zeigt die Stärke der vielen Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen.

Das muss man nicht kleinreden, sondern darauf muss man stolz sein und das weitererzählen, was Fantastisches in Nordrhein-Westfalen passiert. Dafür ist diese Unterrichtung heute sicherlich ein Beitrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Dr. Berger noch einmal das Wort.

(Karl Schultheis [SPD]: Jetzt die Lernergeb- nisse! – Ministerin Svenja Schulze: So schnell?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige kurze Anmerkungen. Frau Ministerin, Sie haben gesagt, der Turnus wäre angemessen gewesen, in dem wir uns über diese Frage hier unterhalten. – Nein, in sieben Jahren haben wir in diesem Haus keine dreimal explizit zum Thema Forschung gesprochen,

(Ministerin Svenja Schulze: Wo waren Sie denn? – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Sie können einen Antrag stellen!)

zumindest nicht auf Ihre Initiative hin. Ich muss Ihnen ehrlich sagen. Bei diesem Thema haben Sie sich in Ihrer gesamten Regierungszeit versteckt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Mich wundert das auch nicht. Denn, egal, wohin man schaut, ob es internationale Rankings sind – die kann man unterschiedlich bewerten –: Nordrhein-Westfalen schneidet hier nicht zufriedenstellend ab. Ob es Werte sind wie Betreuungsrelationen, ob es Werte sind wie Geld pro Kopf pro Studierenden – überall, egal welche Benchmark Sie anlegen, befindet sich dieses Bundesland auf den letzten Plätzen.

Ich sage Ihnen: Der Grund, warum das in der Wissenschaftspolitik so ist, liegt in Ihrer Sichtweise der Politik. Natürlich sind wir stolz auf das, was 30 staatliche Hochschulen, Kunst- und Musikhochschulen dazugerechnet 37 und über 70 mit den privaten hier in Nordrhein-Westfalen leisten.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das haben Sie eben schon mal gesagt!)

Ja, die CDU in Nordrhein-Westfalen ist sehr stolz auf die Lehrenden, Lernenden und die Forscher.

Was diese Gruppe aber behindert, ist die Denkweise, die Sie in Ihrem Ministerium pflegen. Wenn Sie Themen negieren wie zum Beispiel eine Investitionsquote in Forschung und Entwicklung, mit der Sie auch wieder im bundesdeutschen Ranking hinten, nämlich auf dem viertletzten Platz liegen, dann werden Sie die nordrhein-westfälische Gesellschaft Stück für Stück weiter abhängen vom technologischen und wissenschaftlichen Wandel.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Herr Bell hat jetzt groß ausgeführt: Es ist nicht so schlimm. Nordrhein-Westfalen gibt ja nur 1,9 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aus.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE] – Dietmar Bell [SPD]: Habe ich nicht gesagt!)