Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

(Michael Hübner [SPD]: Sie müssen zuhören!)

Andere Länder geben mehr aus.

(Michael Hübner [SPD]: Nein! Andere Länder geben nicht mehr aus!)

Aber toll ist, dass die Quote des öffentlichen Geldes höher ist als woanders. Das wäre toll, aber der Rest nicht.

Ich stimme Ihnen sogar zu. Den Teil des nordrheinwestfälischen Steuergeldes kann man in der Tat nicht beanstanden. Insoweit stimme ich Ihnen zu.

(Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Was man jedoch beanstanden muss, ist die Quote insgesamt. Es sind zwei Seiten, die für Forschung und Entwicklung zuständig sind, einmal die öffentlich finanzierten wie Hochschulen oder Universitäten, auf der anderen Seite – das ist genauso wichtig – die Privatwirtschaft, die Unternehmen, die innovativ arbeitenden Menschen. Von denen haben wir hier im Durchschnitt viel zu wenig. Das erklärt, warum unsere Investitionsquote in diesem Bereich so gering ist.

(Dietmar Bell [SPD]: Wo ist der Beweis dafür?)

Der Grund, warum wir so wenig haben, warum sich die innovativen Unternehmen in Baden-Württemberg, in Bayern und überall woanders befinden, nur nicht hier, ist,

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das glau- ben Sie selbst nicht, was Sie gerade erzäh- len!)

dass Sie sich mit Menschen umgeben, die neuen Entwicklungen skeptisch gegenüberstehen und entsprechende Meinungen politisch in die Hochschullandschaft drücken. Und Sie versuchen, Entscheidungen aus der Fläche zurück zu sich ins Ministerium zu verlagern. Das ist eine typisch sozialdemokratische Denkweise, die Innovationen hemmt und die Kontrolle sicherstellen will.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Immer dann, wenn Sie Gesellschaftspolitik mit Forschungspolitik verbinden, kommt Bevormundung dabei heraus.

Wenn Sie sagen, wir dürfen nur an Dingen forschen, die später nicht irgendwie militärisch genutzt werden könnten – wobei das immer im Konjunktiv steht –, dann sage ich Ihnen: Internet und Teflonpfanne wären hier nie erfunden worden. Das ist ein großes Problem.

Im Ergebnis wird dadurch aufgezeigt: Ihre Denkweise führt schlussendlich dazu, dass wir nicht in die Lage kommen, unsere Forschungs- und Entwicklungsanteile am Bruttoinlandsprodukt zu erhöhen. Ich würde mich darüber freuen, wenn Sie öfter mal die Papiere der Christlich-Demokratischen Union lesen würden.

(Beifall von der CDU)

Sie haben mehrfach unser Programm und eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zitiert. Wenn Sie das Programm der CDU aufmerksam gelesen hätten, hätten Sie erkannt, dass darin eine lange Passage zur Hochschulfreiheit enthalten ist. Internatio

nale Vergleiche zeigen, dass die Freiheit der Hochschule eine essenzielle Voraussetzung für wissenschaftliche Prosperität ist. Deswegen kann ich Ihnen die Lektüre unserer politischen Strategien, Inhalte und Denkweisen nur wärmstens ans Herz legen. Damit würde es auf jeden Fall besser in diesem Land werden. Darüber werden wir in den nächsten Wochen streiten. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Berger. – Als Nächster redet für die SPD noch einmal Herr Kollege Bell.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Dr. Berger, bramarbasierender Unsinn wird durch Wiederholungen nicht besser.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Deswegen sage ich: Ich habe zum Beispiel Ihre Leitanträge gelesen, die Sie gerade verabschiedet haben. Der Wissenschaftsteil fängt mit dem wirklich programmatisch scharfen Satz an: Bei uns beginnt das Leben nicht erst mit Abitur und Studium. – Ich bewundere diese große wissenschaftliche Weisheit und beglückwünsche Sie dazu. Wir werden Ihre Rede – die letzte, die Sie hier gehalten haben – im Wahlkampf verwenden und an die Hochschulen verschicken. Eine bessere Werbung für uns gibt es nicht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Bell. – Für die Piratenfraktion hat sich noch einmal Herr Dr. Paul zu Wort gemeldet.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Ich hoffe, Sie glauben mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass es mir nicht darum geht, das letzte Wort zu haben, sondern ich möchte einfach noch zwei Anmerkungen machen.

Zunächst an Herrn Dr. Berger: Teflon wurde 1938 von Roy Plunkett erfunden. Es gab zunächst keinerlei technische Anwendungen. Das Ganze entstand aus einer Spielerei dieses Chemikers und hatte mit Militärforschung nichts zu tun. Später ist es dann im Rahmen des Manhattan-Projektes genutzt worden. – So viel dazu.

Ich möchte noch auf folgenden Punkt eingehen: Im Sommer 2015 besuchte der Wissenschaftsausschuss Jülich. Eine gewisse Redundanz erhöht vielleicht auch die mentale Nachhaltigkeit. Herr Prof. Dr. Marquardt hat sich dort dezidiert zum Thema „Forschungs- und Entwicklungsförderung“ geäußert

und dafür plädiert, die Förderung von der Grundlagenforschung bis hin zum fertigen Produkt über Universitäts-, Hochschul- und Wirtschaftsgrenzen hinweg quasi als Paket zu sehen, um tatsächlich auch in der Heimatregion, in der etwas Neues entwickelt oder entdeckt wird, zu einer wirtschaftlichen Nutzbarkeit zu kommen.

Das Risiko, solche Maßnahmen zu fördern, ist erst einmal nicht sehr groß. Denn wenn man in Einrichtungen forscht – wir sehen es am CERN; da geht es um Higgs-Bosonen oder was auch immer –, kommen als Seiteneffekt immer auch technisch nutzbare Dinge heraus, beispielsweise im Bereich der Supraleiter, die wirtschaftlich verwertbar sind. Daher ist es kein großes Risiko. Nur, diesem Risiko steht die vielleicht größte Innovationsbremse zu Beginn des 21. Jahrhunderts gegenüber. Das ist – ich sage es in aller Deutlichkeit – die Schuldenbremse. Schuldenbremse gleich Innovationsbremse!

(Beifall von den PIRATEN)

Ansonsten kann man nur sagen: Das, was Herr Prof. Marquardt vorschlägt – eine Kompaktheit von der Grundlagenforschung bis hin zum fertigen Produkt –, sollte man durchaus einmal strategisch durchdenken und vielleicht testweise auch umsetzen.

In dem Zusammenhang ist es vielleicht auch ganz wichtig, zu sagen: Jülich ist in zwei Bereichen, was den Erkenntnisgewinn angeht, weltweit ziemlich vorne. Das ist zum einen die Speichertechnik, bzw. es sind die Memristoren, die sogenannten Widerstände, die sich an den Strom erinnern, der zuletzt durch sie geflossen ist. Das ist zum anderen die Energiespeichertechnik. Wir sollten dieses Knowhow nicht nur für Nordrhein-Westfalen nutzen. Ein gesamtgesellschaftlicher Nutzen für die Menschheit sollte nicht verschenkt, sondern gefördert werden.

Ich komme zum nächsten Punkt, der mir besonders wichtig ist: Vorhin bin ich ein bisschen auf die Ökonomisierungsdinge in der Forschungslandschaft bzw. der Wissenschaft eingegangen. Die hatten eine ganz katastrophale Folge, nämlich die Tatsache, dass die Vielfalt der speziell an den volkswirtschaftlichen Lehrstühlen diskutierten Modelle in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist und dass mittlerweile die Überzeugung vorherrscht: Unternehmensschulden sind gut, und Staatsschulden sind schlecht.

Niemand versucht noch ernsthaft, in Kreisläufen zu denken, und das zu einer Zeit, in der sich das Denken in Kreisläufen – Stichwort „globale Probleme“ – als vielleicht wichtig und rettend herausstellen wird. Das nur noch einmal zur Erinnerung. – Herzlichen Dank. Schöne Mittagspause!

(Beifall von den PIRATEN – Michele Mar- sching [PIRATEN]: Das geht an die, die nicht da sind!)

Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Damit kommen wir zu:

2 Gesetz über die Sicherung von Tariftreue und

Sozialstandards sowie fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen – TVgG NRW)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/12265

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk Drucksache 16/14037

zweite Lesung

In Verbindung mit:

Gesetz zur Aufhebung des Tariftreue- und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU Drucksache 16/13531 – Neudruck

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk Drucksache 16/14038

zweite Lesung

Die Aussprache ist jetzt eröffnet. – Herr Kollege Hübner steht schon am Pult und hat das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Paul, ich bedauere es ja auch, dass ich die Mittagspause jetzt noch ein bisschen