Auch der VDV hat damals Kritik an der Landesregierung geäußert. Eine Studie des VDV hatte ergeben, dass Kommunen und Verkehrsbetriebe in NordrheinWestfalen bis 2016 rund 1,1 Milliarden € in die Erhaltung ihrer U-Bahn- und Straßenbahnsysteme investieren müssen. Bis 2025 sind weitere rund 2 Milliarden € für diese Erneuerungsinvestitionen erforderlich.
Die Regierung Kraft wusste also von den Zuständen bei den Stadtbahnen und hat trotzdem massiv gekürzt. Pünktlich vor der Wahl kuriert Rot-Grün diesen eigenen historischen Fehler. Ich kann nur sagen: Das kommt fünf Jahre zu spät.
Auch in Bezug auf die Verteilung der Regionalisierungsmittel hat Rot-Grün Fehler begangen. Wegen absurder Pläne für eine unrealistische Magnetschwebebahn der SPD-Alleinregierung in den 90ern entgingen dem SPNV in NRW Milliarden.
Seit 1996 bekommt Nordrhein-Westfalen viel weniger Regionalisierungsmittel, als uns nach Länderproporz zustehen. Auch bis 2030 werden wir weniger bekommen als nach Königsteiner Schlüssel, nämlich nur 16,41 % statt 21,24 % für 2016.
Das sind allein für das Jahr 2016 390 Millionen € zu wenig. Was hätten wir davon alles sanieren können?
Der Blick zurück ist nötig, weil Versäumnisse der Landesregierung auf den Tisch müssen. Die Menschen haben ein Recht darauf, zu wissen, was NRW entging. Der Blick zurück hilft aber den genervten Fahrgästen in Nordrhein-Westfalen kein bisschen. Fakt ist: Es fehlen rund 3 Milliarden €, um die städtischen Bahnen in Nordrhein-Westfalen in Schuss zu bringen. Wir brauchen jetzt eine Taskforce von Land und Kommunen, die schnellstens Bedarfe ermittelt und einen Finanzierungsplan aufstellt, der klare Prioritäten setzt.
Das wird in dieser Wahlperiode wohl nicht mehr klappen, aber nach dem 14. Mai sind dafür fünf Jahre Zeit, und wir sind dazu bereit. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen und Kolleginnen! Die leuchtende Zeit, die Herr Rehbaum für die Zukunft erwartet, haben wir schon lange.
Heute vor 20 Tagen haben wir in diesem Haus den Bericht der Enquetekommission „Finanzierungsoptionen des Öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen“ zur Kenntnis genommen. Ausführlich haben wir hier im Hause bereits vor 20 Tagen über die in der Kommission diskutierten Verbesserungsvorschläge und notwendigen Maßnahmen gesprochen. Damit ist die vorangegangene Debatte über den ÖPNV in NRW kaum lange her, verglichen mit den üblichen zeitlichen Maßstäben im ÖPNV etwa für die Fahrzeugnutzung oder das Herstellen der Schieneninfrastruktur.
Mitte Dezember 2016 hat der Landtag NRW das Achte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen beraten und beschlossen. Zwei große Debatten zum öffentlichen Personenverkehr innerhalb gut eines Monats – das ist in anderen Bundesländern keineswegs der Fall. Für mich spiegelt es den Stellenwert wider, den der ÖPNV für Rot-Grün in NordrheinWestfalen hat.
Bei genau dieser Diskussion über das ÖPNV-Gesetz Mitte Dezember sprachen wir – und auch ich persönlich – über die neu ins Gesetz aufzunehmenden Fördertatbestände.
„3. Investitionsmaßnahmen zum Erhalt und zur Erneuerung der Infrastrukturen von Stadt- und Straßenbahnen sowie dem SPNV dienenden Infrastrukturen öffentlicher, nichtbundeseigener Eisenbahnen“
Was bedeutet das im Klartext? Dies wurde als Problem schon lange erkannt. Darauf müssen wir nicht hingewiesen werden – nicht von den Piraten, nicht von der CDU.
Es gibt die Notwendigkeit, Kommunen mit einem Stadtbahn-System beim Erhalt der Infrastruktur zu unterstützen. Denn die Kommunen, die das vornehmlich betrifft, sind selten in der Lage, notwendige Sanierungen finanziell alleine stemmen zu können. Sie müssen sich aber auch die Frage stellen, ob alle teuren unterirdischen Anlagen aus den 1960er/1970er-Jahren wirklich notwendig und zukunftsfähig sind. Wir haben dies erkannt und darum bereits im Dezember letzten Jahres im Gesetz diese Fördermöglichkeiten für die betroffenen Kommunen geschaffen, damit die Finanzmittel für die Sanierung ihrer Stadtbahnstrecken von ihnen akquiriert werden können und diese für zukünftige Generationen bewahrt werden.
Da ist es mit Sonderprogrammen des Landes nicht getan, wie sie hier die Piraten beantragen. Deshalb geht auch dieser Teil des Antrages, liebe Kolleginnen und Kollegen der Piraten, leider fehl. Solche Sondermittel und Programme sind im Regelfall die ersten, die bei Finanzknappheit durch das jeweilige Finanzministerium einkassiert werden können. Darum bevorzugen wir Grünen im Landtag NRW eine solide, gesicherte Finanzierung innerhalb der ÖPNV-Gesetze gegenüber Sondertöpfen im Landeshaushalt.
Und wenn wir schon von mehr Mitteln reden, dann möchte ich noch auf etwas hinweisen: Rot-Grün hat mehr Geld für den ÖPNV in NRW organisiert; rückwirkend zum 1. Januar 2016 haben wir für mehr Mittel für den ÖPNV in Nordrhein-Westfalen gesorgt.
Der Anteil Nordrhein-Westfalens an den Regionalisierungsmitteln des Bundes wird bis 2030 schrittweise auf 19 % steigen. Dieser Mittelzuwachs ist erheblich und muss sinnvoll investiert werden; da darf man nicht wie ein Nimmersatt nach immer mehr schreien.
Zusammengefasst: Wir sind schon dabei und haben schon mehr erreicht; deshalb lehnt die Fraktion Grüne im Landtag NRW den Antrag der Piraten ab. Danke für Ihre Aufmerksamkeit und dafür, dass wir in drei Monaten zum dritten Mal über den ÖPNV in NRW diskutieren konnten – er hat es verdient.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden mal wieder über Infrastruktur und über ÖPNV. Lieber Kollege Becker, da brauchen wir nicht von Wahlkampfgetöse zu reden; das haben wir doch gar nicht nötig.
Was Sie gerade bei unserem Entschließungsantrag kritisiert haben, war inhaltlich in der Tat genau das, was wir schon zwei Jahre lang in der Enquetekommission vertreten haben, und da sind Sie gar nicht auf die Idee gekommen, das mit Wahlkampfgetöse zu verbinden. Das tun Sie nur jetzt – bei gleichem Sachverhalt –, weil halt im Mai die Wahl ansteht. Das hat also mit dem Thema gar nichts zu tun.
Wie bei Schiene, Straße und Binnenschifffahrt haben wir auch bei Stadtbahnen und bei der ÖPNVInfrastruktur einen riesigen Sanierungsstau und einen riesigen Investitionsstau. Sich dabei dann nur, so wie in diesem Antrag geschehen, auf das Stadtbahnsystem zu konzentrieren, ist falsch; denn das Problem haben wir überall.
Das Thema „nachholende Sanierung“ ist bei allen Verkehrsträgern eine riesige Aufgabe, die über Jahrzehnte sowohl vom Bund als auch vom Land vernachlässigt wurde. Der riesige Investitionsstau/Sanierungsstau ist also durch Unterlassung entstanden, durch Unterlassung des Staates. Insofern ist auch der Staat dafür verantwortlich, diese Unterlassung wiedergutzumachen und den Sanierungsstau konsequent abzubauen. Leider hat in diesem Zusammenhang die Große Koalition in Berlin die diesbezüglichen Vorschläge der Bodewig-Kommission, die genau dieses Thema für alle Verkehrsträger aufgegriffen hat, fast vollständig ignoriert.
Ich komme kurz zur Enquetekommission: Dort hat die FDP-Fraktion mit meinem Kollegen Thomas Nückel umfangreiche Vorschläge unterbreitet, wie man mit dieser Diskussion umgehen und wie man diese Probleme beseitigen kann. Selbstverständlich haben wir argumentiert, dass der Bund in der Verantwortung steht und diesem Sanierungsstau begegnen muss.
Wir haben versucht, das Ganze in eine Bundesratsinitiative münden zu lassen. Dies wurde in der Enquete allerdings abgelehnt. Insbesondere die Kollegen der CDU taten sich schwer mit diesem Vorschlag; denn die Widersprüche – auf der einen Seite die Bodewig-Kommission mit 16 Landesverkehrsministern, unter anderem auch Mike Groschek, und auf der anderen Seite der Koalitionsvertrag und sein Inhalt – liegen auf dem Tisch. Es ist in einem solchen Zusammenhang schwer, wenn diese Widersprüche bestehen, erst recht unmittelbar vor bevorstehenden Wahlen.
So lag in der vergangenen Woche der Antrag der Piraten zu diesem sehr umfangreichen Thema auf dem Tisch, inhaltlich allerdings nur verbunden mit einem Teilaspekt der FDP-Fraktion, der von uns in der Enquetekommission vorgeschlagen wurde. Deshalb haben wir unsere gesamte Argumentationskette in unserem Entschließungsantrag zusammengefasst, inklusive Bundesratsinitiative, und stellen das Ganze
heute noch einmal zur Abstimmung. Zur Wahrheit – lieber Herr Becker, Wahlkampfgetöse hin und her – gehört aber auch,
dass das Abstimmungsverhalten zu beiden Anträgen – die Koalition hat die Mehrheit –vorhersehbar ist. Deswegen kommt auf uns alle gemeinsam nach der nächsten Landtagswahl wieder die Aufgabe zu – auch völlig unabhängig von irgendwelchen Gutachten, die ja eine Problemlösung nur in die Länge ziehen –, dieses riesige Problem von Finanzen, der Transparenz im ÖPNV und der Behebung des Investitionsstaus erneut zu diskutieren und zu lösen. – Herzlichen Dank.
Am Rande der Bundesversammlung sprach mich mein sehr guter Freund, der thüringische Parlamentspräsident Christian Carius, an und sagte: Bei den Regionalisierungsmitteln habt ihr uns aber tierisch über den Tisch gezogen.
Ja, ich wiederhole doch nur, was der Parlamentspräsident von Thüringen, ein Mitglied der CDU, am Rande der Bundesversammlung zu mir gesagt hat. Dem habe ich nicht zu heftig widersprochen, weil wir das Geld – Aufbau West – ja gut gebrauchen können. Und demgemäß handelt die Landesregierung.