Aber natürlich – das müssen sich CDU und FDP vorhalten lassen – sind Sie an der gegenwärtigen Personalsituation nicht unschuldig; da muss ich RotGrün einfach recht geben. Auch bei Ihnen klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander. Jahrzehntelang haben Sie hier beim Land Personal eingespart. Insbesondere in Ihrer Regierungszeit war das so. Polizeistellen wurden zurückgefahren, Lehrerstellen wurden zurückgefahren, Ausbildungskapazitäten wurden abgebaut, und es wurden auch keine attraktiven Entgeltstrukturen für den öffentlichen Dienst in Zeiten des demografischen Wandels geschaffen.
Der Eilantrag der CDU konzentriert sich in der Hauptsache auf die Besetzungen von Beamtenstellen im Bereich der Schule und im Bereich der Polizei. Ich möchte mit der Schule beginnen.
Tatsächlich sind die verschiedenen Schulformen in den unterschiedlichen Regionen sehr unterschiedlich betroffen. Besondere Probleme bei den Einstellungen hatten zuletzt bekanntlich die Grundschulen. Hier sind – landesweit betrachtet – die unbesetzten Stellen wieder zurückgegangen von über 400 im August 2016 auf nun rund 200 Stellen. Aber in einigen Regionen, vor allem im ländlichen Bereich und in sozialen Brennpunkten der Großstädte, gibt es weiterhin viel zu viele freie Stellen.
Insbesondere für Schulen in einem schwierigen sozialen Umfeld ist das hoch problematisch. Das wissen wir alle. Denn hier sind die Lehrerinnen und Lehrer
oftmals stärker gefordert als in den gutbürgerlichen Stadtteilen. Gerade für die Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien ist Unterrichtsausfall immer besonders ungünstig. Gerade dort müssten wir viel mehr investieren. Deswegen müssen wir insbesondere die Brennpunktschulen systematisch unterstützen und einen Beitrag zu besseren Unterrichts- und Ausgleichsbedingungen leisten.
Dann gibt es offenkundig auch noch Kommunikationsprobleme, zum Beispiel wenn pensionierte Lehrer gern wieder in den Schulbereich zurück möchten. Es werden Anträge gestellt, die aber plötzlich untergegangen sind. Die Lehrer melden sich bei den Bezirksregierungen, und die wissen von nichts. Da müssten wir auch noch einmal nachhaken, welche Probleme es gibt. So stünden erfahrene Lehrkräfte zur Verfügung.
Wir müssen, um den Lehrberuf weiterhin attraktiv zu halten, an die Eingruppierungen herangehen. Die niedrigen Eingruppierungen der Grundschullehrerinnen zum Beispiel können im Hinblick auf die mit der Einführung von Bachelor und Master angeglichenen Lehramtsstudiengänge nicht mehr gerechtfertigt werden.
Dann zur Polizei: Die CDU betont, dass fast 1.000 Stellen für Beamtinnen und Beamte bei der Polizei unbesetzt seien. Gerade im Bereich der Polizei müssen wir aber auch realistisch sein. Das liegt daran, dass Polizisten auf dem freien Arbeitsmarkt schlichtweg nicht zu haben sind. Die muss man einfach selber ausbilden. Das wird zurzeit gemacht. Allerdings können die Einstellungszahlen auch nicht beliebig erhöht werden, da die Ausbildungseinrichtungen natürliche Kapazitätsgrenzen haben. An dieser Stelle rächt es sich. Die Nachricht geht auch wieder an die damalige schwarz-gelbe Regierung, die damals die Anzahl der Polizeianwärter drastisch zurückgefahren hat.
Außerdem – das merken wir auch schon seit Jahren an – reichen die Bewerberzahlen für noch mehr Einstellungen schon jetzt nicht aus. Schon jetzt muss die Polizei fast jeden Bewerber nehmen, der irgendwie gerade noch geeignet ist. Eine Bestenauslese, die im Beamtentum eigentlich stattfinden sollte, gibt es faktisch nicht mehr. Das ist ein großes Problem.
Wie ich mir habe sagen lassen, sieht es bei den Lehrern aufgrund der Arbeitsmarktsituation inzwischen auch nicht mehr großartig anders. Es müssen Lehrer genommen werden, die mit ihren Noten vor einigen Jahren nicht einmal ansatzweise in den Schulbereich gekommen wären.
Wir müssen also darauf achten, nicht einfach immer nur mehr Quantität zu fordern – immer mehr, immer
Das schaffen wir nur, indem wir die Arbeitsbedingungen verbessern, indem wir das Entgelt verbessern, indem wir darauf achten, dass die Leute eben nicht in die freie Wirtschaft abwandern. Der öffentliche Dienst muss attraktiv bleiben. Dafür hatten Sie jetzt fünf Jahre Zeit – und viel geschehen ist nicht. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN – Mehrdad Mosto- fizadeh [GRÜNE]: Ein ausgesprochen zielfüh- render Beitrag!)
Vielen Dank, Herr Kollege Schatz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Walter-Borjans.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist wieder einmal eine Diskussion, die sich einreiht in das, was wir in den letzten Monaten immer wieder erlebt haben.
Hier werden Zahlen gebogen auf Teufel komm raus, um eine schon vorher feststehende Konstruktion zu belegen,
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich würde Ihnen ja gern den Vorwurf machen, dass das, was Sie hier vorlegen, Milchmädchenrechnungen sind, wenn ich damit den Berufsstand der Milchmädchen nicht diskreditieren würde.
Wir müssen uns vielleicht noch einmal erinnern. Vor einem Jahr oder anderthalb Jahren habe ich hier gestanden, und es gab nur einen Vorwurf: warum wir nicht in einem fünfstelligen Bereich Personal abbauen. Erfolgreiche Konsolidierung haben Sie nur daran gemessen, wie man Stellen reduziert.
(Ralf Witzel [FDP]: In der Bürokratie! – Gegen- ruf von Michael Hübner [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)
Nein, das können Sie gar nicht. Sie können keine 15.000 Stellen in der Bürokratie reduzieren, ohne die Lehrer, die Polizisten, die Justizangestellten, die Finanzverwaltung empfindlich zu treffen. Das haben Sie in den vergangenen Jahren, in denen Sie regiert haben, ja auch gemacht.
Jetzt heißt es auf einmal: Ihr habt Stellen ausgewiesen, und die sind nicht besetzt. Jetzt schauen wir uns mal die Stellenbesetzungsquote in den Jahren Ihrer Regierungszeit an: 2005: 96,1 %, 2006: 96,7%, 2007: 96,2 %, 2008: 95,3 %, 2009: 97,2 %.
Danach, in der Zeit unserer Regierung: 97,4 %, 97,3 %, 98,5 %, 97,6 %, 97,6 % und 98,1 %. Jetzt gibt es ein Jahr, nämlich das letzte, in dem wir einen deutlichen Aufwuchs an Soll-Stellen geschaffen haben; da liegt die Auslastung bei 96,9 %. Und da rechnet dann Frau Vogt nach, was das bedeutet und wie viele Stellen irgendwo verloren gegangen sind.
Haben Sie vielleicht schon mal darüber nachgedacht, dass, wenn viele Stellen neu eingerichtet sind, am 1. Januar nicht das an Stellen besetzt sein kann, was im Februar und im August besetzt werden soll? Haben Sie mal darüber nachgedacht, dass es in einer älter werdenden Belegschaft eine größere Fluktuation gibt und dass es bei einer Fluktuation immer eine Zeit lang dauert, bis die Stelle wiederbesetzt wird? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass in guten konjunkturellen Zeiten das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt und auf dem Ausbildungsmarkt etwas anders aussieht als in schlechten Zeiten?
Nein – das ist Ihnen alles egal. Sie möchten einfach auf eine schlechte Zahl zeigen, und da ist es Ihnen völlig egal, wie Sie rechnen: Hauptsache, ich bekomme den vorher feststehenden Vorwurf irgendwie mit einer Zahl hingebogen, die ich mir aus den Fingern sauge.
Wir sollten uns daher einfach noch mal anschauen, was passiert ist: Am 1. Januar 2009 waren 3.800 Lehrerstellen nicht besetzt. Damals gab es 141.800 beschäftigte Lehrer. Zum Stichtag 1. Januar 2017 sind es jedoch 154.700 Lehrer, und das bei 300.000 Schülern weniger. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Aber all das ist natürlich kein Erfolg.
Hier ist angesprochen worden, dass wir uns auch darum kümmern, die entsprechenden Ausbildungskapazitäten zu schaffen, also Anwärterstellen. So sieht es aus: Polizei – 2010: 1.100, 2017: 2.000. Finanzverwaltung – 2010: 620, 2017: 1.227.
Dazu kann ich Ihnen sagen: Wenn die Besetzungsquote in etwa gleich geblieben ist – und das kann man bei den vorliegenden Zahlen in etwa annehmen –, dann heißt das, dass eine steigende Zahl von Planstellen natürlich auch mit einer steigenden Zahl von nicht besetzten Stellen verbunden ist. Ebenso ist sie aber auch mit einer steigenden Zahl von besetzten Stellen verbunden. Dafür haben wir gesorgt, dafür werden wir weiter sorgen, und das ist das Erfolgs
ergebnis dieser Landesregierung. Herr Witzel, deswegen: Sie dürfen das so oft wiederholen, wie Sie wollen, aber die Sache mit der Schlussbilanz werden Sie wohl revidieren müssen.
Ich sage Ihnen noch etwas anderes: Wenn man sich anschaut, wie Sie auf Bundesebene dastehen, stellt man fest, dass es am Ende sicher sinnvoll war, dass Ihr Vorsitzender sich noch mal eine Versicherung hat geben lassen und sich in den Landtag wählen lassen will. Das ist das unternehmerische Risiko, das er so gerne eingeht. Darauf können wir auch noch einmal zurückkommen. – Vielen Dank.
Es gibt auch noch eine Kurzintervention. Das wird uns noch ein bisschen beschäftigen. – Zunächst ist der Kollege Optendrenk dran. Bitte schön.
Herr Minister, ich danke Ihnen, dass Sie die Frage noch zulassen. Könnten Sie uns vielleicht erklären, wie es angehen kann, dass wir in bestimmten Bereichen, etwa in der Flüchtlingsarbeit, und zwar gemeinsam, auch im Parlament, festgelegt haben – Sie haben das vorgeschlagen –, dass pensionierte Beamtinnen und Beamte ohne Anrechnung auf die Pension beschäftigt werden können, dies aber mehr als anderthalb Jahre lang für die Schulen als ein mehrfach erfolgter Vorschlag der Union abgelehnt worden ist, und Ihre Kollegin jetzt händeringend darum kämpft, es doch so zu machen? Könnte das einer der Gründe sein, warum Sie gerade im Schulbereich eine schlechte Stellenbesetzung vorweisen?
Nein, das kann ich nicht bestätigen; denn das ist der Punkt, der genau zu dem Teil der Stellen passt, die aus ganz normalen Gründen, die ich eben beschrieben habe, nicht besetzt sind. Wenn sich dann die Kollegin Löhrmann darum bemüht, in einer solch spezifischen Situation dafür zu sorgen, dass nach Möglichkeit Personal reaktiviert wird, ist das völlig richtig.
Ich kann Ihnen auch noch einmal bestätigen, was Sie gerade angesprochen haben, nämlich dass wir in vielen Bereichen, gerade was die Versorgung und das Unterrichten von Flüchtlingskindern angeht, oft genug am gleichen Strang gezogen haben. Ich würde das an dieser Stelle auch nicht zu einem Konflikt machen. Aber es gab in den letzten Jahren eine Menge Veränderungen.
Ich erinnere nur – auch ich kenne die Diskussionen mit der Kollegin Löhrmann– an den Abbau der Vorgriffstellen, mit dem wir es zu tun hatten, was natürlich die Statistik optisch verändert hat. Das waren Stellen, die zu einem bestimmten Zweck eingerichtet worden sind, der dann entfallen ist, und entsprechend haben wir die Stellen auch wieder herausgenommen.
Wir haben aber gleichzeitig gesagt, dass wir zum Beispiel den Demografiefaktor nicht unter dem Aspekt des Einsparungspotenzials betrachten, sondern dass wir ihn nutzen, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern. Noch einmal: Damit ist die Stellenzahl insgesamt extrem gewachsen, und bei gleicher Besetzungsquote ist auch die Zahl der besetzten Stellen extrem gewachsen. Nur der Rest von 3 % bis 4 % ist dann in absoluten Zahlen natürlich größer.