Protokoll der Sitzung vom 17.03.2017

(Michael Hübner [SPD]: Das können Sie nicht beantworten!)

In einem Punkt sind sich nämlich sämtliche Analysen einig: Es sind nicht nur Strukturwandel und externe Faktoren, die die wirtschaftliche Flaute in unserem Land verursacht haben, es ist vielmehr die gescheiterte Wirtschaftspolitik von Rot-Grün in NordrheinWestfalen, die die Wachstumsdynamik ausgebremst hat.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Mit zweckfreien und teuren Tariftreue- und Vergabegesetzen, Hygieneampeln, kontraproduktiven Alleingängen in der Klimapolitik und industriefeindlichen Landesentwicklungsplänen haben SPD und Grüne unser Land auf das Abstiegsgleis geführt.

(Zurufe von der SPD)

Deshalb, meine Damen und Herren, kämpfen wir für viele mittelständische Betriebe gegen die übermäßigen Belastungen und die Bürokratie.

Deshalb kommt der in Deutschland insgesamt steigende Wohlstand nicht bei den Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen an. Deshalb hat unser Land eine hohe Insolvenzquote, aber eine niedrige Selbstständigen- und Gründungsquote. Und deshalb ist in keinem westdeutschen Flächenland die Investitionstätigkeit der Industrie so gering wie hier. Meine Damen und Herren, das muss sich endlich ändern.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir begrüßen deshalb den vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion, der auch viele Aspekte aus unserem eigenen Antrag aufgreift, den wir gestern an dieser Stelle schon diskutiert haben. Denn die unterdurchschnittliche wirtschaftliche Dynamik und das Nullwachstum, mit dem Nordrhein-Westfalen 2015 sogar die rote Laterne übernommen hatte, sind nicht gottgegeben.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Das zeigt der Blick in vergleichbare Bundesländer.

(Michael Hübner [SPD]: Das haben Sie doch schon 2015 erzählt!)

Seit 2000, Herr Kollege Hübner, ist unser Land um satte 12 % schwächer gewachsen als Bayern und um 10 % schwächer gewachsen als Baden-Württemberg. Aber wir haben es hier nicht nur mit einem reinen Nord-Süd-Gefälle zu tun. Denn gemessen vom Jahr 2000 bis heute hat es zum Beispiel auch Niedersachsen geschafft, Nordrhein-Westfalen bei der Wirtschaftsdynamik hinter sich zu lassen.

Deshalb sind wir überzeugt: Auch hier können wir wieder in der Spitze mitspielen, wenn wir endlich eine wirtschaftspolitische Kehrtwende einleiten und die rot-grüne Politik der Bürokratisierung, Belastung und Bevormundung beenden.

Dafür benötigen wir in der Tat eine Kraftanstrengung zum Ausbau Gigabit-fähiger Glasfaserleitungen, wie

es im CDU-Antrag beschrieben ist. Denn eine Gigabit-fähige digitale Infrastruktur ist die zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Wirtschaft 4.0.

Wir brauchen eine bezahlbare und sichere Stromversorgung und ein Voranbringen der strukturpolitischen Entwicklung des Landes. Wir brauchen eine Willkommenskultur für Investitionen. Wir müssen mehr für unseren Mittelstand, unsere Industrie und unser Handwerk unternehmen.

(Michael Hübner [SPD]: Ausländische Direk- tinvestitionen!)

Dazu gehört vor allem eine Stärkung des erfolgreichen dualen Ausbildungssystems. Ich glaube, Herr Kollege Hübner, dass wir uns wenigstens in dem Punkt einig sind.

Aber Einigkeit reicht nicht aus. Wenn wir die hohe Qualität der Berufsschulen und der weiteren vielfältigen Angebote der Berufskollegs erhalten und weiterentwickeln wollen, darf die Landesregierung sie nicht so ausbluten lassen, wie sie es derzeit tut.

Meine Damen und Herren, das alles gelingt uns in der Tat nur mit einer umfassenden Kurskorrektur. Deshalb stimmen wir heute dem CDU-Antrag zu. – Vielen Dank für Ihre teilweise vorhandene Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Dr. Paul.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Es ist wirklich auch eine ehrenhafte und vornehme Pflicht der Opposition, immer wieder Alternativen zur Politik der Landesregierung aufzuzeigen. Das versucht die CDU-Fraktion auch mit dem vorliegenden Antrag. Statt aber ein Feuerwerk aus 16 Punkten abzubrennen, wird daraus im Antrag billiger Theaterdonner und in der Rede schlechte Rhetorik von Herrn Wüst.

(Beifall von den PIRATEN und der SPD)

Was hier wiederholt wurde, ist die politische Debatte der 80er-Jahre: komplette Mottenkiste. Die Gegenwart hat euch längst überrollt. Ihr nährt wieder mal den alten Mythos, man könne entweder Industrie haben oder Umweltschutz. Ihr seid so gefangen in eurer Entweder-oder-Logik. Denkt doch mal „sowohl als auch“ oder „weder noch“. Das wäre vielleicht mal spannend. Aber nein, ihr klebt in diesem eindimensionalen Schema fest.

(Heiterkeit von Michael Hübner [SPD])

Die Vorstellung ist so etwas von out. Natürlich brauchen wir beides: Industrie und Umweltschutz. Und das ist auch möglich gerade durch moderne, innovative Technologien. Aber mit der Innovation hat die Union es ja nicht so.

Ich möchte die versammelten digitalen Inkompetenzen der Union einmal fragen:

(Heiterkeit von den PIRATEN und der SPD)

Wir lesen unter Punkt 2 im Forderungsteil des Antrages: „Mit Hilfe digitaler Anwendungen … Bürokratie …“. Und am Schluss steht noch etwas von „Mittelstand“. Werdet doch mal konkret. Was soll das denn sein? Faustkeile aus dem 3D-Drucker? Ernsthaft.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN und der SPD)

Da muss ich die Partei meiner Eltern wirklich fragen: Wie seid ihr aufgestellt? Müsst ihr gestern zu einem eindeutig wirtschaftspolitischen Thema jemanden ins Rennen schicken, der mit einem Schild auf der Stirn mit der Aufschrift „Ich habe mal vorgegeben, Pirat zu sein“ herumrennt und nicht mal im Wirtschaftsausschuss ist?

(Zuruf von Lothar Hegemann [CDU])

Das ist doch armselig!

(Beifall von den PIRATEN und der SPD)

Ähnliches gilt auch für die Hygieneampel oder das Tariftreue- und Vergabegesetz.

(Dietmar Bell [SPD]: Wo ist denn der Wüst?)

Hört doch einfach auf, den Leuten vorzugaukeln, der Wirtschaft ginge es spürbar besser, wenn wir niedrigere soziale oder Verbraucherschutzstandards hätten. Das ist doch Quatsch!

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das sind im 21. Jahrhundert auch nicht mehr die entscheidenden Fragen. Entscheidend sind ganz andere Indikatoren. Ich frage einmal die Landesregierung: Wie viel Prozent der Schüler bekommen heute einen guten Informatikunterricht, der junge Leute motiviert, sich mit modernen Technologien auseinanderzusetzen? – Die Antwort: zu wenige. Wie viele öffentliche Institutionen, Unternehmen und Haushalte haben Zugang zum Gigabit-Netz? – Die Antwort: zu wenige. Was tut die Landesregierung, um den täglichen Verkehrsinfarkt auf den Straßen NRWs endlich aufzulösen? – Die Antwort ist: zu wenig zu spät.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Dabei haben wir Piraten längst Lösungen ausgearbeitet, die das Land voranbringen würden – Stichwort „Fahrscheinfrei“.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: 100.000 selbstfah- rende Autos!)

Ihr könnt meinen Kollegen Oliver Bayer nachts um 3 Uhr wecken und entscheiden, ob ihr einen 15-minütigen Impulsvortrag oder eine zweistündige Vorlesung wollt. Das macht der stante pede.

(Zurufe von der CDU)

Welche Zukunftsindustrien und welche Forschungsabteilung hat die Landesregierung in den letzten fünf Jahren nach NRW geholt? Und ja, da muss ich versöhnlich werden – ich kriege das im Hochschulausschuss ja mit –: Da ist ein ehrliches, echtes Bemühen, das teilweise auch von Erfolg gekrönt ist, am Werk.

(Beifall von Arndt Klocke [GRÜNE])

Ich bin aber der Auffassung, dass man noch mehr machen kann.

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Wollen wir auch!)

Und zuletzt: Wann wird die Landesregierung endlich ihre Verwaltungsabläufe digitalisieren und damit effizienter gestalten? – Die Antwort ist: bis in das Jahr 2031. Weiter kann man den Nutzen der Digitalisierung nicht in die Zukunft verschieben. Was für eine schlechte Symbolik!