Was ich mich auch frage, Herr Kollege Stamp: Warum klagen Sie jetzt gegen den Untersuchungsausschussbericht? Es geht darum, dass der Untersuchungsausschuss einen Zwischenbericht vorlegt. Allen war doch bei der Beantragung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses klar, dass wir sehr schnell arbeiten, sehr schnell Ergebnisse vorlegen müssen. Heute ist die letzte Plenarrunde. Dass man dann der Öffentlichkeit einen Zwischenbericht vorlegt, ist doch das Mindeste, was das Parlament an Transparenz über die Arbeit herstellen muss, Herr Kollege.
Aber ein anderer Vorgang macht mich auch ein bisschen stutzig, Herr Kollege Stamp, nämlich was das Aufklärungsinteresse der Freien Demokraten anbetrifft: Warum sind Sie eigentlich so still, wenn die Causa Wendt im Innenausschuss aufgerufen wird? Meine Kolleginnen und Kollegen im Innenausschuss hatten ja schon Sorge, dass Herr Lürbke eine Stimmbandverletzung hat, weil er überhaupt nicht mehr nachgefragt hat. Der sonst so forsch fragt, hatte keine Fragen mehr. Kann das damit zu tun haben, dass die FDP da möglicherweise Sachen erklären muss, die sie nicht erklären möchte? – Das macht den Eindruck von Wahlkampf und nicht von Aufklärungsinteresse, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP!
Jetzt ein Punkt, der mir persönlich ganz wichtig ist – Sie haben mich ja zweimal angesprochen –: Wie skurril und hoffnungslos Sie sich an einzelne Strohhalme klammern wollen, sieht man daran, dass Sie den formalen Bezug – ich werde auch gleich sehr genau sagen, was Sie dazu gesagt haben – des Gutachters zur Universität Bielefeld nutzen, um wieder von Hauptkriegsschauplätzen abzulenken und einen Nebenkriegsschauplatz aufzumachen.
Deshalb, Herr Kollege Stamp, wäre es sinnvoll gewesen – das war meine Hoffnung, das will ich ganz klar sagen –, diesen Anlass nicht zu bieten. Nichts anderes habe ich gesagt. Ich habe übrigens gestern mit Prof. Kretschmer telefoniert. Ich habe ihm gesagt, worum es mir da ging. Ich bin klar in dieser Sache mit ihm. Und ich sage Ihnen sehr deutlich: Ihre skurrilen
Anwürfe und Ihre Reaktion auf das, was ich da gesagt habe, machen ja deutlich, dass – wenn dieser Anlass nicht gewesen wäre – meine Hoffnung, dass man unaufgeregt und aufklärerisch an die Sache geht, völlig sinnlos gewesen ist, weil Sie sich überhaupt nicht auf die Hauptsache kaprizieren, sondern von Hauptpunkten ablenken und eben auf Nebenkriegsschauplätze ausweichen wollen. Das haben Sie heute und in der letzten Woche sehr deutlich gemacht.
Ich komme dazu, was wir eigentlich tun müssen: Wir haben mehrere Punkte – und das macht der Ausschussbericht sehr deutlich –, die noch zu besprechen sind, zum Beispiel die Frage, ob der ausreisepflichtige Amri hätte abgeschoben werden können. Da sagt der Bundesinnenminister: Ja, das hätte man machen können. – Und der Innenminister des Landes sagt: Das kann man nicht machen, weil man nämlich Pass- oder Passersatzpapiere braucht, um ihn abschieben zu können. – Das müssen wir aufklären. Dafür gibt es eine Beweiserhebung; das wird die nächste Zeit dann zeigen.
Man muss im Übrigen auch einmal die Frage aufklären, warum im Herbst letzten Jahres – die nordrheinwestfälischen Sicherheitsbehörden haben ja auf die Gefährlichkeit von Amri und darauf hingewiesen, dass er ein Selbstmordattentäter ist – die Berliner Behörden beispielsweise die Überwachung von Amri eingestellt haben. Auch das würde mich zumindest sehr interessieren. Auch dazu muss der Untersuchungsausschussbericht am Ende Auskunft geben.
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch einiges zu tun in diesem Untersuchungsausschuss. Und da komme ich auf einen Punkt zurück, den Herr Kollege Laschet eben gesagt hat – völlig skurril, Sie machen sich ja geradezu lächerlich –: Wenn Sie in Berlin einen Untersuchungsausschuss fordern wollen – die CDU hat die alleinige Mehrheit, um diesen Untersuchungsausschuss in Berlin durchzusetzen –, warum machen Sie es denn nicht? Haben Sie Rücksicht auf andere zu nehmen an der Stelle?
Nach all dem wird für mich zumindest klar: Sie machen Spiegelfechterei; Sie sind nicht an der Aufklärung interessiert.
Meine Kolleginnen und Kollegen und auch die von der SPD haben sehr deutlich gemacht, dass sie ihre Arbeit machen wollen. Die Ministerpräsidentin wird auch diese Woche Rede und Antwort stehen. Und wenn Herr Stamp letzte Woche nicht Wahlkampftermine gehabt hätte, hätte sie auch letzte Woche Rede und Antwort gestanden. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! – Herr Römer, haben Sie das nötig? Haben Sie es nötig, das Plenum und die Öffentlichkeit anzulügen?
80 % aller Beweisanträge in diesem Untersuchungsausschuss sind von CDU, FDP und Piraten gestellt worden. Das ist die Wahrheit.
Die Wahrheit ist auch, dass sämtliche unserer Beweisanträge erst einmal vom Vorsitzenden zurückgestellt und dass nur die Beweisanträge von der SPD und den Grünen berücksichtigt worden sind. Donnerstags ist abgestimmt worden, Herr de Maizière soll kommen. Er stand dienstags schon auf der Matte. Da läuft doch etwas schief.
Jegliche sinnstiftende Strukturierung wurde dabei außer Acht gelassen. Dann sagen Sie, wir arbeiten nicht! Sie sollten einmal schauen, wie voll es bei uns im Untersuchungsausschuss ist. – Ich finde das unverschämt.
Ich bin Integrationspolitikerin, und als solche habe ich keine leichten Zeiten hinter mir. Die Akzeptanz der Aufnahmegesellschaft ist unabdingbar für eine gelingende Integration, denn nur so kann Willkommenskultur gelebt werden. Von den vielen Menschen, die in den letzten zwei, drei Jahren zu uns nach Deutschland gekommen sind, haben wenige, sehr wenige dies nicht in guter Absicht getan. Bei diesen wenigen sage ich auch: Die wollen wir hier nicht. Die schaden den Menschen, die seit jeher hier leben, und damit natürlich auch der Bereitschaft der Bevölkerung, Deutschland als Einwanderungsland anzuerkennen. Wenn es den Behörden dann mit sehendem Auge nicht gelingt, Katastrophen von uns abzuhalten, habe auch ich ein Problem damit.
Die Geschichte der tragischen Ereignisse vom Breitscheidplatz ist eine Ansammlung verpasster Chancen. Wenn es dem Innenminister einmal wieder nicht möglich ist, die Verantwortung dafür zu übernehmen und nach wiederholtem Organisationsversagen und Kommunikationsversagen seinen Hut zu nehmen, so
hätte ich mindestens erwartet, dass er einmal die Wumpe hat, zu sagen: Es ist etwas schiefgelaufen. Ich möchte mich für mein Haus entschuldigen. Ich gestehe Fehler ein.
(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP – Josef Hovenjürgen [CDU]: Herr Jäger macht keine Fehler! – Weiterer Zuruf von der CDU: Er macht nie Fehler!)
Nichts davon ist geschehen – stattdessen permanenter Verteidigungsmodus. Man weist jegliche Schuld von sich.
Zu den Ereignissen an Silvester 2015 gab es dann auch noch das Bauernopfer: Polizeipräsident Albers, die maximal höchste Schachfigur unter dem Ministerium, welche gehen konnte. Aber jetzt, beim Fall Amri, waren wirklich alle unfehlbar.
Minister Jäger betont immer wieder, er sei bis an die Grenzen der Rechtstaatlichkeit gegangen – was nach aktueller Kenntnislage so nicht stimmt.
Doch, Frau Ministerpräsidentin, statt jetzt selbst endlich die Reißleine zu ziehen, wird sogar noch ein Gutachter bemüht, dessen Objektivität selbst Ihr Koalitionspartner anzweifelt. Der Gipfel sind dann die EMails aus den höchsten Kreisen Ihres Hauses, in denen die Verantwortung von NRW weggebogen werden soll und Amris Zusammenhang mit dem Salafismus heruntergespielt wird.
Frau Kraft, auch wenn dieser eine Zeitpunkt nicht kommt, an dem Sie mit Ihrem Kabinett am Kamin sitzen und jemand endlich aufsteht und sagt: „Gute Nacht Freunde, es wird Zeit für mich, zu gehen“, muss man auch mal selbst loslassen können
und nach den Kategorien der Psychologie, die Herr Römer gerade ansprach, nicht klammern. So ein Abschied kann etwas Befreiendes haben, kann neue Möglichkeiten offenbaren, klären und ein Durchatmen zulassen.
(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Auf wel- chem Niveau bewegen Sie sich hier? – Zuruf von der SPD: Reden Sie gerade von Ihrer ei- genen Fraktion?)
Stattdessen zementieren Sie Ihr Festhalten, das Verharren in Stagnation, und lassen die Menschen in diesem Land fassungslos auf Minister Jäger blicken, dem keiner mehr zutraut, in NRW für Sicherheit zu sorgen.
Mit diesem Verhalten haben Sie weder sich und erst recht nicht der Integrationspolitik einen Gefallen getan. Letztendlich schaden Sie sich selbst, und Ihrem Land haben Sie einen Bärendienst erwiesen.
Apropos Bärendienst: In Ihrem Kabinettsmärchenwald ist der gute Jäger schon lange zum Problembär geworden,
und was man mit Problembären machen kann, da fragen Sie am besten einmal in Bayern nach. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP – Unruhe bei der SPD – Jochen Ott [SPD]: Das Niveau wird immer besser!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Brand. – Es spricht jetzt der fraktionslose Abgeordnete Schulz. – Herr Kollege Schulz, Sie bekommen selbstverständlich auch zusätzliche Redezeit, allerdings nicht zwei Minuten, sondern 40 Sekunden.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was hier und heute bisher abgeliefert worden ist, wird weder der Sache noch der Tatsache gerecht, dass wir in Deutschland im vergangenen Dezember den schlimmsten islamistischen Terroranschlag auf deutschem Boden zu beklagen hatten, mit zahlreichen Toten und weiteren Opfern. Es sei an dieser Stelle einmal ausdrücklich der Opfer und ihren Angehörigen gedacht – diese Zeit muss sein, und das habe ich bisher heute noch nicht gehört –, Opfer, deren einzige Genugtuung trotz des Leids sein kann, dass Politik aufklärt und vor allem Verantwortung übernimmt.
Seit Mitte Dezember erleben wir vor allem vonseiten der Landesregierung unter Rot-Grün das diametrale Gegenteil. Niemand hat bislang auch nur ansatzweise die politische Verantwortung für die Geschehnisse und das, was schiefgelaufen ist, übernommen – Verantwortung für das, was schon jetzt nicht anders denn als Exekutivversagen, als Staatsversagen durch Untätigkeit bezeichnet werden muss.