Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unwahrheiten werden nicht wahrer, je öfter man sie wiederholt.
Die Vorgängerrede war wirklich ein leuchtendes Beispiel für das, was hier heute – auch schon an anderer Stelle – stattgefunden hat. Manches war reif für eine Theateraufführung.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf regeln wir nun die Schuldenbremse auf Landesebene. Im Grundgesetz steht sie bereits, und sie gilt damit ausnahmslos für alle Länder. Bis spätestens 2020 muss NordrheinWestfalen seinen Haushalt ausgleichen, und entgegen dem, was die Opposition hier immer vorgebracht hat, stehen wir sehr gut da. Wir werden die Schuldenbremse dauerhaft einhalten.
Das Horrorszenario, das Sie am Beispiel von Berlin in Ihrem Entschließungsantrag aufmachen, zeugt von einem Kurzzeitgedächtnis. Die CDU ist dort nämlich 2016 aus der Regierungsverantwortung ausgeschieden und mitverantwortlich für den hinterlassenen Schuldenberg. Nunmehr wird investiert, wie es jedes gute Unternehmen auch machen würde, das am Markt bestehen möchte.
Diese rot-grüne Landesregierung hat die Neuverschuldung seit Regierungsübernahme um 6,8 Milliarden € gesenkt und gleichzeitig die Investitionen in Kitas, in Bildung und in unsere Kommunen zum Beispiel durch den Stärkungspakt ausgebaut – anders als der Bund, der die Belastungen durch Gesetzesänderungen an die Kommunen weiterreicht und somit auch zur höheren Verschuldung der Kommunen aufgrund höherer Sozialausgaben beiträgt.
Hören Sie doch bitte auf mit den Märchen und dem Schlechtreden unseres Landes. Erstmals seit 43 Jahren ist es gelungen, dass NRW einen Überschuss von 200 Millionen € erwirtschaftet und Schulden zurückgezahlt hat, anstatt neue aufzunehmen. Das haben wir auch den Einsparungen zu verdanken, die diese Landesregierung getätigt hat: 150 Millionen € durch die Umstellung von Förderprogrammen auf Darlehen, 50 Millionen € im Bereich der Landesgesellschaften und 10 Millionen € durch die Fusion der Oberfinanzdirektionen. Das macht zusammen 200 Millionen € aus.
Wir Grüne befürworten diese einfachgesetzliche Regelung der Schuldenbremse. Ihre Aufnahme in die Verfassung ist ja auch nur gescheitert, weil sich die Opposition mit uns in der Verfassungskommission nicht auf ein Gesamtpaket einigen konnte. Das haben wir hier ja heute schon zigmal diskutiert. Daher müssen wir die Schuldenbremse nun durch ein einfaches Gesetz regeln; denn wir brauchen eine landesgesetzliche Regelung, damit auch NRW die
Spielräume, welche die Schuldenbremse bietet, im Sinne einer nachhaltigen Haushaltspolitik und ganz einfach aus Gründen der Generationengerechtigkeit zum Wohle der Menschen nutzen kann.
Eine praxisnahe Schuldenbremse zu schaffen, die gegebenenfalls mit einfacher Mehrheit angepasst werden kann und mit der Fehlentwicklungen korrigiert werden können, das ist unser Ziel. Der Sachverständige Prof. Gusy hat in der Anhörung, in der auch Sie zugegen waren, noch einmal aufgeführt, dass der Gesetzentwurf den rechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes entspricht, dass er verfassungspolitisch sinnvoll ist und dass kein Verfassungsvorbehalt gegen eine einfachgesetzliche Regelung besteht. – Dem kommen wir nach Ihrer Verweigerung in der Verfassungskommission nun nach.
Die Finanzierungs- und Investitionstätigkeit des Staates darf man vielleicht einschränken, sie darf aber auf keinen Fall unmöglich gemacht werden. Auch nicht getätigte Investitionen sind ein Vermächtnis, das wir kommenden Generationen hinterlassen – genauso wie ein übergroßer Schuldenberg.
Art. 115 Grundgesetz, der die zentrale Regelung der Schuldenbremse für den Bund enthält, liegt unserem Gesetzentwurf zugrunde. Deshalb ist in Art. 1 zu § 18 Abs. 1 eine Regelung zur symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen von ökonomischen Auf- und Abschwüngen enthalten, also eine konjunkturelle Komponente, wodurch antizyklische Kreditaufnahmen im Abschwung ermöglicht werden. Sie werden durch ein Kontrollkonto und einen festgeschriebenen konjunkturellen Tilgungsplan sichergestellt. Es ist gut an der vorhandenen Regelung, dass auch ermöglicht wird, bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notlagen sofort zu reagieren. Das sollte zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger in NRW für uns selbstverständlich sein.
Ich komme zum Ende, Herr Präsident. – In unserem Änderungsantrag haben wir nun auch noch die Anregungen der Sachverständigen der Opposition aufgenommen, indem wir den Schwellenwert des Kontrollkontos auf 1 % abgesenkt haben und als Grundlage unmissverständlich das Bruttoinlandsprodukt NRW benennen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen meiner Vorrednerin waren bezeichnend. Sie verdeutlichen an dieser Stelle, wo die Unterschiede in der Debatte liegen.
Sie haben auf eine interessante Expertenanhörung verwiesen. Ja, die hat es in der Tat gegeben. Jetzt greifen Sie sich diejenigen heraus, die als Kritiker von Schuldenbremsen bekannt sind, und sagen: Von denen haben wir Lob bekommen. – Die hätten Sie dafür gelobt, dass die Regelung, die Sie hier vorlegen, so weich ist, dass Sie die jederzeit abändern können. Es ist von Experten bei der Anhörung klar festgestellt worden, dass Sie sich im unteren Spektrum der Möglichkeiten bewegen. Umgekehrt haben Sie verschwiegen, dass die Befürworter von Schuldengrenzen diesen Gesetzentwurf ausdrücklich kritisiert und fachlich im Einzelnen dargelegt haben, dass er völlig wirkungslos ist und es einen Etikettenschwindel darstellt, hier das Wort „Schuldenbremse“ zu verwenden.
Wir als FDP-Landtagsfraktion wollen unverändert und in Fortsetzung aller bisherigen Debatten zu diesem Thema eine Regelung, die auch tatsächlich als Schuldenbremse greift. Das setzt eben das Vorhandensein verschiedener Bestandsmerkmale voraus. Das ist auch zugleich der Grund, Herr Kollege Zimkeit, warum wir Ihre Frage, weshalb wir keine Änderungsanträge zu diesem Gesetzentwurf gestellt haben, ganz einfach beantworten können: Das ist so, weil wir es nicht für ausreichend halten, im Rahmen einer einfachgesetzlichen Regelung Verabredungen zu treffen, die jederzeit mit jeder einfachen politischen Mehrheit wieder abänderbar sind.
Wir brauchen keine Änderungsanträge zu diesem einfachrechtlichen Gesetz, sondern wir brauchen eine Regelung in der Verfassung, die Bestandskraft hat und die eben nicht von einfachen Mehrheiten abänderbar ist – je nachdem, wie es der Zweckopportunismus gerade als sachdienlich erscheinen lässt. Es sollte vielmehr mindestens qualifizierte Mehrheiten geben, dass also Änderungen von breiten Kreisen des Hauses getragen sein müssen.
Ihre Ausgestaltung sorgt dafür, dass jedes aktuelle Gesetz, jedes aktuelle Haushaltsgesetz gegen diese Vorschriften in der Landeshaushaltsordnung verstoßen kann, indem sie einfach geändert werden. Dann
wird natürlich die aktuellere Beschlusslage gelten. Das wird dann im Rahmen eines Haushaltsbegleitgesetzes – so wie Sie vieles andere im Haushaltsgesetzgebungsverfahren auch ändern – mal eben einfach mit erledigt. Damit werden die Vorschriften, die einem nicht mehr passen, außer Kraft gesetzt oder abgeändert.
Das Zweite ist: Es muss neben der Verankerung in der Verfassung klare Sanktionen geben, die tatsächlich dafür sorgen, dass hart eingefordert, hart reagiert wird, wenn sich aufgrund der finanziellen Entwicklung Verstöße offenbaren.
Das Dritte – was auch ganz zentral ist – ist die Klagebefugnis vor dem Verfassungsgerichtshof. Das haben Sie nicht gerne, weil Sie da mehrfach Niederlagen kassiert haben. Auch die Amtszeit unseres Finanzministers hat mit einer sehr spektakulären Niederlage vor dem Verfassungsgerichtshof begonnen. Da haben wir verfassungsrechtlich Neuland betreten, bis hin zur einstweiligen Anordnung, mit der Ihnen untersagt worden ist, so zu verfahren, wie Sie das vorhatten und es von den Regierungsfraktionen im Parlament auch getragen worden ist. Gerade diese praktischen Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, dass diese Klagemöglichkeit besteht.
Jetzt muss man mit der unsinnigsten Legende aufräumen, die seit Wochen hier erzählt wird, nämlich: Die Oppositionsfraktionen in diesem Haus – jedenfalls soweit CDU und FDP angesprochen worden sind – hätten eine Verfassungsregelung der Schuldenbremse nicht gewollt. Das ist wirklich vollkommener Unsinn – um nicht neudeutsch von Fake News zu sprechen.
Wenn man eine wirksame Schuldenbremse für eine generationengerechte Politik will, dann verständigt man sich auch zwischen den Fraktionen auf einen solchen Gegenstand. Aber wenn Sie das so definieren und sagen: „Wir machen zur Voraussetzung für alle Gespräche über eine Schuldengrenze in der Verfassung, dass die Forderung nach dem Wahlalter ab 16 Jahren und andere Forderungen erfüllt werden“, und dann, wenn das Paket als Gesamtes nicht zustande kommt, erklären, CDU und FDP hätten keine Verfassungsverankerung der Schuldenbremse gewollt, ist das nun wirklich kompletter Unsinn. Das ist intellektuell völlig unredlich.
(Beifall von der FDP – Stefan Zimkeit [SPD]: Wer hat denn das gesagt? Wieder einmal ge- logen, Herr Witzel! Wie immer!)
Der Grund ist, dass Sie in der Landesverfassung keine harte Regelung einer Schuldenbremse wollen. Wenn das kein Streitpunkt wäre und wenn es für diese Regelung einer Schuldenbremse in der Verfas
sung in diesem Hause in seiner jetzigen Zusammensetzung eine verfassungsändernde Mehrheit geben würde, wäre auch eine Regelung zustande gekommen. Sie waren es, die das nicht gewollt haben.
Wir können über eine Schuldenbremse auch losgelöst von völlig anderen, sachfremden Gesichtspunkten entscheiden.
Deshalb wird uns das Thema in der nächsten Legislaturperiode, wenn es neue Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus gibt, erneut beschäftigen. – Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden jetzt Zeuge eines äußerst seltenen Vorgangs werden. Ich werde als Pirat die Worte eines CDU-Politikers loben. Das Zitat bezieht sich auf die Einführung der Schuldenbremse in Art. 109 Abs. 3 Grundgesetz und lautet:
„Die CDU-Fraktion ist mit allen anderen Fraktionen … darin einig, dass ein derartiges Verbot nicht im Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland für die Länder … normiert werden kann. Landtagspräsident … hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in der Föderalismuskommission verabsäumt wurde, den Ländern eigene steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten einzuräumen.“
„Können die Landtage jedoch bei den Einnahmen nichts bewirken, dann kann der Bund uns auf der Ausgabeseite auch keine restriktiven Vorgaben machen. Alles andere liefe … auf eine Kastration der Landtage hinaus.“
Erst hier endet das Zitat. Dies ist ein Zitat des schleswig-holsteinischen Fraktionsvorsitzenden der CDU aus einer Landtagsdebatte von 2009. Dem stimmte damals auch der Fraktionsvorsitzende der SPD, ein gewisser Ralf Stegner, zu. In derselben Debatte sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Kubicki – Zitat –: