Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Die Gesetzeslage verpflichtet uns, für jede Naturfläche, die in ein Industriegebiet verwandelt wird, einen Ausgleich zu schaffen. Das heißt, an anderer Stelle müssen neue Naturflächen ausgewiesen werden. Ihr Antrag sagt, es gebe zu wenig Wirtschaftsflächen in NRW. Mit einer neu anzulegenden Naturfläche würden potenzielle, bereits erschlossene, womöglich integrierte Räume für Industrie- und Gewerbeflächen an anderer Stelle jedoch nicht mehr zur Verfügung stehen. Im nördlichen Ruhrgebiet gibt es viele Brachflächen und ehemalige Montanflächen. Es müssten also ohnehin noch viele Großflächen und Böden recycelt werden. Eine bereits renaturierte Fläche in Teilen wieder in ein Industrie- oder Gewerbegebiet umzuwandeln – und umgekehrt –, macht überhaupt keinen Sinn.

Flächenrotation, Herr Ellerbrock, hakt daran, dass wir dann Naturgebiete mit Infrastruktur und Industriegebiete ohne Infrastruktur haben, zumal sie keine Auenlandschaft umsiedeln können.

Es gibt genügend integrierte Flächen und bereits gut erschlossene Flächen, die überplanbar sind: etwa in Bergkamen, in Bochum, im nahen Dortmund – Westfalenhütte, PHOENIX-Areal oder Zeche Gneisenau –, in Castrop-Rauxel, Mittelstandspark. Ich lese jetzt nicht alle vor.

Das newPark-Konzept ist an entscheidender Stelle nicht schlüssig. Global Player und Local Spin-offs in Kombination mit Green-Technologies klingen mehr nach Wunsch als nach Wirklichkeit. Bei globalen Großkonzernen wird man an dem Standort nur mit massiven Subventionen Argumente haben. Ich erinnere an Nokia und Bochum, aber in dem Fall auch an Rumänien, wo auch nur Subventionen mitgenommen wurden. Ich erinnere an bekannte dreiste Fälle wie Vattenfall oder Müllermilch.

Lokale Spin-offs dagegen benötigen Nähe zu bestehenden Systemen. Wie viele Unternehmen mit diesem Flächenverbrauch – außer dem vierten Kraftwerksblock – wollten sich denn in den 15 Jahren der Diskussion zunächst vielleicht mit 80 ha oder 10 ha dort ansiedeln? Wir verstehen den Wunsch vieler nach einem Symbol für die Region. Dies kann aber nicht nach dem Prinzip Hoffnung geschehen: Wenn wir einen Park bauen, wird sich schon irgendwie ein Global Player dafür entscheiden, woanders wegzuziehen und sich dort dauerhaft niederzulassen.

Lassen Sie mich abschließend einen versöhnlichen Vorschlag machen. Wenn Sie so an Ihrer Vision hängen, wenn Sie wirklich daran glauben – es ist Ihr gutes Recht, zu träumen –, dann nehmen Sie nicht den Holzhammer! Die Verlängerung der Verkaufsoption ist doch nur eine Formsache, übliche Praxis. Ein paar Monate zusätzlich werden nach 15 Jahren Diskussion und einem Erfüllungshorizont von mindestens weiteren 15 Jahren Ihren Traum nicht erschüttern. Nehmen Sie sich jetzt Zeit für die Durchführung einer Umweltprüfung nach EUUmweltrecht! Haben Sie Geduld bezüglich der Ergebnisse der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und der Klage gegen die B474n! Zeigen Sie Skeptikern wie mir wenigstens, dass Sie an den ProArgumenten für newPark arbeiten! – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Bayer. – Für die Landesregierung spricht der Wirtschaftsminister, Herr Duin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst will ich den Antragstellern, die diese Aktuelle Stunde beantragt haben, danksagen, weil sie die Möglichkeit gibt, das Thema im Zusammenhang zu erläutern und in der Region vorhandene Gerüchte und Berichterstattungen einzuordnen.

Zu Beginn will ich eines deutlich machen: Diese Landesregierung tut alles für neue Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen – erst recht in der EmscherLippe-Region.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das ist ein Ge- rücht!)

Wenn ich nur einen Termin in dieser Woche parallel zum Plenum herausgreife, an dem ich mit Landrat Süberkrüb, Oberbürgermeister Baranowski, Oberbürgermeister Tischler und anderen zusammengesessen habe, um darüber zu reden, welche auch über newPark hinausgehenden Initiativen wir für die Emscher-Lippe-Region in den kommenden Jahren ergreifen können, dann ist das täglich gelebte Ar

beit, dafür zu sorgen, dass dort neue Arbeitsplätze entstehen, damit in dieser so schwierigen Region des Landes eine Perspektive erwächst.

Das schließt an das an, was gestern in der Debatte eine große Rolle gespielt hat und nicht zuletzt durch Ihren Fraktionsvorsitzenden Herrn Lindner zum Ausdruck gebracht worden ist: nicht in Depressionen zu verfallen und vorhandene Depressionen nicht zu verstärken, sondern mit ein bisschen mehr Optimismus an die Dinge heranzugehen.

Wir sollten auch eines nicht tun – das will ich für die Landesregierung noch einmal betonen –: die Sorgen der Opelaner in einer Region des Ruhrgebiets gegen die Hoffnungen in anderen Regionen ausspielen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Die Landesregierung hat aber Verantwortung für das ganze Land und gegenüber jedem Steuerzahler/jeder Steuerzahlerin in Nordrhein-Westfalen. Bevor die Landesregierung eine Bürgschaft über zunächst 17,5 Millionen € übernimmt, muss sie die Risiken für die Realisierung dieses Projekts bewerten.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich nenne jetzt sechs Punkte, die zum Teil in der Debatte schon eine Rolle gespielt haben, um das noch einmal zu verdeutlichen.

Erstens. Es gibt noch keine Straße zur Anbindung von newPark. Das OVG Münster hat noch nicht entschieden. Erst Mitte Januar findet ein Verhandlungstermin statt.

Zweitens. Wir müssen klären, ob das Maß an Schadstoffen in der Region schon voll ist. Es gibt in der Region noch die Kraftwerkstandorte Herne STEAG, Lünen Trianel, Datteln E.ON und das FFHGebiet Lippe-Aue in unmittelbarer Nähe zu dem Areal. Nach dem Urteil des OVG Münster – Herr Kollege Schmeltzer hat das vorhin schon einmal erläutert – zu Trianel muss geprüft werden, welche Emissionen für den Industriestandort newPark am Ende noch zur Verfügung stehen.

Drittens. Es gibt noch keine Bauleitplanung für die newPark-Fläche. Ich finde, die Ideen, die dazu geäußert worden sind, wie wir künftig mit solchen Dingen umgehen, völlig in Ordnung und nachdenkenswert, aber aktuell gibt es keine Bauleitplanung für die newPark-Fläche. Wir wissen schon jetzt, dass diese Bauleitplanung, wenn wir sie haben werden, beklagt werden wird, und dieses Verfahren wird nicht innerhalb eines Jahres umgesetzt werden.

Viertens. Die Förderperiode 2007 bis 2013 läuft aus und sie zu erreichen ist angesichts des zeitintensiven Verwaltungsverfahrens nicht mehr realistisch. Der aktuelle Entwurf für die nächste Förderperiode hat andere Schwerpunkte, insbesondere die Flächensanierung. Damit haben wir es in diesem Fall ganz offensichtlich nicht zu tun. Die

beteiligten Kommunen – davon haben Sie selbst gesprochen –, alle im Nothaushaltsrecht, und das Land Nordrhein-Westfalen können Ausfälle natürlich nicht tragen.

Fünftens. Die beteiligten Kommunen müssen die Eigenanteile des Projekts stemmen, und die unter anderem – da bin ich wieder bei dem Thema „Bauleitplanung“ – auch selbst finanzieren. Wir reden hier für die Stadt Datteln über eine finanzielle Herausforderung von nicht ganz 1 Million €, aber von rund 900.000 €. Die Frage: Ist das für alle Gesellschafter, für alle Beteiligten dieses Projekts leistbar?

Sechstens. Der Regionalplan hat festgelegt, dass newPark ein Unternehmen zur Erstansiedlung mit einem Flächenbedarf von 10 ha benötigt, damit es nicht zu Verlagerungen aus dem Umland kommen kann, die kleinflächiger sind.

Diese Punkte – das sind noch nicht einmal alle – sind nicht abschließend geklärt. Damit sind die Voraussetzungen, um, wie es in dem Antrag zur Aktuellen Stunde heißt, grünes Licht zu geben, nicht gegeben.

Natürlich – wir wissen das – gibt es Angebote von Landwirten, nach einem Scheitern des Projekts die Flächen zu erwerben. Aber unser erstes Ziel bleibt es, die Realisierungschancen des Projekts zu bewerten und nicht die Schadensminderung nach einem Scheitern in den Mittelpunkt unserer Überlegungen zu stellen. Wir können nicht in die Rolle kommen zu überlegen, welcher Landwirt wohl wie viel Euro für welchen Quadratmeter am Ende bereit ist zu zahlen, um hier zu einer Entscheidung zu gelangen. Das ist nicht der Maßstab, über den wir reden.

Deswegen lassen wir uns auch nicht unter Druck setzen. Wir werden nach Abschluss unserer Prüfung eine Entscheidung treffen. Die Voraussetzungen, um grünes Licht zu geben, sind in der jetzigen Situation jedenfalls nicht gegeben. Deswegen sind mit dem Grundstückseigentümer Gespräche geführt worden. Ich hoffe, dass wir noch in der nächsten Woche eine entsprechende Entscheidung des Unternehmens erhalten, damit die Ankaufoption noch einmal verlängert wird. Dann haben wir die notwendige Zeit gewonnen.

Alle Punkte – das will ich zum Abschluss noch einmal deutlich machen –, die ich heute hier genannt habe, die in der Debatte eine Rolle gespielt haben, sind nicht nur von meinem Haus, sondern auch von mir persönlich mehrfach mit der Entwicklungsgesellschaft besprochen worden, ob mit Herrn Bussfeld, Frau Dr. Bergmann, Herrn Süberkrüb oder Herrn Mager aus Dortmund und anderen. Wir sind in einem ganz intensiven Dialog, um genau diese Punkte abzuarbeiten.

Gerade die FDP ist es doch, der es so wichtig ist, dass auch bei Bürgschaften mit allergrößter Vorsicht – nehmen Sie nur einmal die Debatte gestern

und worüber wir da gesprochen haben – mit Steuergeldern umzugehen ist. In Kenntnis all dieser offenen Fragen und dieser Probleme, die wir mit diesem Projekt newPark haben, jetzt ein Ja auszusprechen, wäre nicht verantwortungsvoll gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie wären die Ersten, die es mir zum Vorwurf machen würden, wenn ich eine solche Entscheidung vor dem Hintergrund der gerade beschriebenen Entwicklung getroffen hätte. Deswegen muss für die Landesregierung im Mittelpunkt stehen: solides Abarbeiten der genannten Punkte und alles dafür tun, dass die Menschen gerade in der Emscher-LippeRegion – wie ich es zu Beginn gesagt habe – eine gute Perspektive auf neue Arbeitsplätze haben. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Frau Scharrenbach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch große Industrieprojekte müssen in NRW weiter möglich sein. Daher soll unter anderem die Fläche Datteln/Waltrop nach dem Entwurf des Landesentwicklungsplans als Standort für flächenintensive Großvorhaben gesichert werden.

Damit derartige Flächen für flächenintensive Großvorhaben gesichert werden, muss ihre Inanspruchnahme allerdings an strikte Voraussetzungen geknüpft werden.

„Die Landesregierung unterstützt das Projekt durch Flächensicherung“, das waren die Worte der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im Rahmen eines Interviews im „Wirtschaftsspiegel“ der IHK Nordwestfalen aus dem November 2011. Herr Schmeltzer hat ebenfalls zitiert.

In der Tat: Es waren damals kraftvolle Worte. Aber wo ist die Kraft für dieses Projekt geblieben?

(Rainer Schmeltzer [SPD]: In Berlin! Im Bun- desrat!)

Wenn ich mir Ihre Redebeiträge hier so anhöre – auch zuletzt Herrn Minister Duin –, dann, glaube ich, kann man die in einem einfachen Satz zusammenfassen: Sie haben sich von diesem Projekt innerlich schon längst verabschiedet.

(Beifall von der CDU)

Ende 2011 wurde die Kaufoption für die 550 ha großen Flächen bis zum 31. März 2012 verlängert. Die erforderliche Bürgschaft des Landes wurde in dieser Zeit nicht zur Verfügung gestellt. Insofern

können wir es auch nicht so darstellen lassen, als kämen diese Bürgschaft und das Auslaufen der Frist so plötzlich. Wir sprechen in dieser Region schon sehr lange über diese erforderliche 100%ige Landesbürgschaft, damit die kommunalen Gesellschafter diesen Park realisieren können. Danach wurde die Kaufoption bis zum 31. Dezember dieses Jahres verlängert. Aber auch jetzt liegt die erforderliche Landesbürgschaft nicht vor. Und wir haben vernommen, dass Sie die dieses Jahr auch nicht mehr erteilen werden.

Am 23. November dieses Jahres kamen die Vertreter des Aufsichtsrates und die Gesellschafter zusammen. Auf der Tagesordnung stand wie bereits ein Jahr zuvor, im November 2011, die Beschlussfassung über den Erwerb der newPark-Flächen.

Am 2. Oktober hat die rot-grüne Landesregierung den Zwischenbericht der Prognos AG erhalten. Nach Darstellung der Aufsichtsräte und Gesellschafter wurde damals vereinbart, dass die Entscheidung über die Landesbürgschaft bis zum 8. November dieses Jahres fällt.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Und seitdem? – Warum vereinbaren Sie mit den Vertretern der Aufsichtsräte und Gesellschafter einen Zeitpunkt, für den Sie zusagen, über die Landesbürgschaft zu entscheiden, und die Entscheidung fällt nicht?

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Sie benennen hier ein rechtliches Kriterium nach dem anderen. Insofern müssen Sie sich schon fragen lassen, warum Sie die Zeit nicht genutzt haben, diese rechtlichen Kriterien insoweit hinreichend zu prüfen.

Wenn Sie verweisen auf die Klage zur Realisierung des Planfeststellungsverfahrens zur Bundesstraße 474n: Auch da gibt es juristische Möglichkeiten, Kaufverträge so auszugestalten, dass sie an Bedingungen im Zusammenhang mit dem Verfahrensausgang geknüpft werden. Dann hätten Sie im Zusammenhang mit der Landesbürgschaft die Förderbedingungen für die Städte und Gemeinden gesichert.