Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Wenn Sie verweisen auf die Klage zur Realisierung des Planfeststellungsverfahrens zur Bundesstraße 474n: Auch da gibt es juristische Möglichkeiten, Kaufverträge so auszugestalten, dass sie an Bedingungen im Zusammenhang mit dem Verfahrensausgang geknüpft werden. Dann hätten Sie im Zusammenhang mit der Landesbürgschaft die Förderbedingungen für die Städte und Gemeinden gesichert.

Das, was Sie jetzt tun, ist dem Grunde nach etwas perfide. Sie sagen: Wir müssen jetzt mal die Finanzrisiken in diesem Projekt abprüfen. – Sie haben doch den Zwischenbericht der Prognos bekommen. Sie kennen doch die Meinungen der Aufsichtsräte und Gesellschafter zur Realisierung dieses Projektes.

(Beifall von der CDU)

Wenn sich im nächsten Jahr – worauf Sie hingewiesen haben – die Förderbedingungen ändern, dann lassen Sie die Städte und Gemeinden mit dem Erwerb und der Finanzierung der 17,5 Millionen € über das Darlehen allein.

Herr Hovenjürgen hat darauf hingewiesen, dass sich etliche Städte und Gemeinden, die Gesellschafter der GmbH sind, im Stärkungspakt befinden. Diese Gemeinden können diese Finanzierung nicht mal eben vornehmen, weil dann die Restriktionen des Stärkungspaktgesetzes greifen würden.

So funktioniert es nicht. Deshalb ist das, was Sie hier tun, perfide.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Der Konflikt zwischen SPD und Grünen, der anscheinend in erheblichem Maße dazu beiträgt, dass die Landesregierung die dringend erforderliche Landesbürgschaft nicht gibt, wird damit auf dem Rücken der Menschen und Städte in unserer Region ausgetragen.

Ich will Ihnen das einmal konkret machen. Wir haben in der Metropole Ruhr eine Arbeitslosenquote von 10,8 %. Die Agentur für Arbeit attestiert dem Ruhrgebiet, dass es die ungünstigste Arbeitsmarktsituation in ganz Nordrhein-Westfalen hat. Insgesamt sind 251.411 Menschen ohne Beschäftigung – 251.411 Menschen und ihre Familien, die nicht die Möglichkeit haben, über Arbeit ihren Standard, ihr Leben zu sichern.

Wenn Sie, Herr Schmeltzer, sagen, die SPD stehe hinter newPark

(Thomas Eiskirch [SPD]: Das hat der Minister auch gesagt!)

der Minister auch –, dann kann ich dazu nur sagen: Sprich Brutus, was willst du mit dem Messer? – Ich glaube, es ist hier sehr deutlich geworden, dass Sie dieses Projekt eben nicht unterstützen und dass diese Worte dem Grunde nach leer sind, weil Sie sie nicht füllen.

(Beifall von der CDU)

Die Städte und Gemeinden im Ruhrgebiet, die in dieser GmbH zusammengekommen sind, haben deutlich gemacht, dass man interkommunal zusammenarbeiten will und dass man sich vereinbart hat. Es wurden neue Wege gefunden. Insofern ist es wichtig, dass diese interkommunale Zusammenarbeit auch eine Zukunft bekommt.

Ihnen ist von Prognos mitgeteilt worden, dass im besten Fall bis zu 9.000 Arbeitsplätze auf diesen Flächen entstehen können. Weitere 2.000 Arbeitsplätze im regionalen Handwerk hängen daran. Das sind die Zukunftsperspektiven, die die Städte und Gemeinden für unser Ruhrgebiet aufgerufen haben. Die dürfen Sie hier nicht kaputt machen, indem Sie die Landesbürgschaft zeitlich nach hinten schieben und sich damit aus diesem Projekt zurückziehen.

Wir haben allein in der Emscher-Lippe-Region durch den Rückzug der Montanindustrie über 70.000 Industriearbeitsplätze verloren. Es ist eben nicht gelungen, diesen Strukturwandel in der Emscher-Lippe-Region zu meistern – auch, weil die

Emscher-Lippe-Region nicht in dem Maße die Unterstützung bekommen hat wie die Hellweg-Region, auch nicht durch diese Landesregierung.

Wenn Sie hier auf verfügbare Industrieflächen verweisen, dann sage ich: Das ist zum einen richtig. Zum anderen müssen Sie dann aber auch sagen: Da, wo früher Industrie war, kann heute Industrie nicht mehr sein vor dem Hintergrund zunehmender umweltgesetzlicher Auflagen, die es letztendlich nicht möglich machen, diese Brachflächen in erforderlichem Maße zu erschließen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Deshalb müssen wir in der Tat, Frau Schneckenburger, darüber diskutieren, wie wir das in Zukunft mit der Flächenpolitik, mit der Brachpolitik, mit der Aufbereitung von Brachflächen in Nordrhein

Westfalen regeln.

Wir haben im Ruhrgebiet – das hat Herr Hovenjürgen ausgeführt – die ungünstigsten sozialen Bedingungen. Wir haben die höchsten Kassenkredite, wir haben die höchste Verschuldung. Wir kommen in die Situation, dass wir dort, wo wir die ungünstigsten sozialen Bedingungen haben, perspektivisch die höchsten Steuern haben. Und Sie drehen mit an dieser Abwärtsspirale. Dieses Verhalten können wir als CDU nicht mittragen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Was ha- ben wir für eine Alternative?)

Geben Sie die Landesbürgschaft! Machen Sie den Weg frei für die Kommunen, für den Ankauf und für die Förderbedingungen! Dann können wir das Projekt entwickeln!

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Lächer- lich!)

Sie haben heute – entgegen unserer Hoffnung – keine Aussage darüber getroffen, wann die Landesbürgschaft gegeben wird. Insofern können wir als CDU-Landtagsfraktion Ihnen attestieren: Das ist heute ein schlechter Tag für das Ruhrgebiet und für die Menschen im Ruhrgebiet. Und Sie haben sich eigentlich endgültig vom Industrieland NordrheinWestfalen verabschiedet. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Frau Scharrenbach. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Kollege Eiskirch.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wissen Sie, was mich wirklich ärgert? Immer dann – das war gestern Morgen in der Aktuellen Stunde schon genauso –, wenn wir aus diesem Haus eigentlich ein breites, ein eindeutiges Signal der Solidarität und des Einstehens für bestimmte

Regionen oder Standorte bräuchten nach dem Motto „Der Landtag steht geschlossen zu einem Thema“, dann versuchen Sie – das werfe ich jetzt nicht der FDP vor, sondern beiden Rednern der CDU –, diese Themen zu nutzen, um parteipolitisches Kalkül zum Ausdruck zu bringen und Dinge gegeneinander auszuspielen. Ich finde das nach wie vor unwürdig und schäbig, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Da sind auch die Widersprüche zu nennen. Der Kollege Hovenjürgen tut so, als wäre das Ruhrgebiet ein Raum. Die Frau Kollegin Scharrenbach war diesbezüglich differenzierter und hat die Unterschiede zwischen der Emscher-Lippe-Region und der Hellweg-Region deutlich gemacht. Sie vergessen dabei allerdings, dass es Ihre Wirtschaftsministerin war, die gesagt hat: Der Strukturwandel ist beendet.

Das hat sie in Presseerklärungen wortwörtlich geäußert. Frau Thoben hat den Strukturwandel damals für beendet erklärt. – Nein, das ist er nicht, und deswegen ist es richtig, sich diese Problemsituation differenziert anzuschauen und mit Lösungen aufzuwarten. Das ist die Verantwortung dieser Landesregierung und unser aller Verantwortung, und dieser sollten wir uns gemeinsam stellen – und nicht gegeneinander.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dann ist es natürlich auch ein Stück weit Autosuggestion, hier so zu tun, als hätte es in dem Prozess keine Veränderungen gegeben.

Noch einmal zu Ihnen, Frau Scharrenbach: Wenn Sie davon reden, wie die Abläufe waren – der Minister hat das auch noch einmal sehr deutlich gemacht –, dann kann man doch nicht einfach unterschlagen, dass vor etwas über einem Jahr, am 1. Dezember 2011, das Urteil zum Kraftwerk der Trianel in Lünen ergangen ist. Das kann man doch nicht unterschlagen. Natürlich ergeben sich daraus neue Interdependenzen, die man zu berücksichtigen hat.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Das muss ich Ihnen eigentlich auch nicht erzählen. Schließlich ist es Ihre Nachbargemeinde. Sie werden hoffentlich wissen, dass vorgestern der Erörterungstermin zur Neuplanung beendet wurde. Das heißt, dieser muss jetzt ausgewertet werden. Wir sind also auf einem Weg, auf dem diese Dinge wieder zueinander finden und ineinander fließen müssen. Insofern ist es doch mehr als seriös, sich der Situation zu stellen und zu gucken, was die Dinge sind, die etwas erlauben, und was Dinge sind, die etwas infrage stellen können, weswegen man sich damit beschäftigen und nach Lösungen suchen muss.

Insofern finde ich es schlicht und ergreifend nicht fair, dass Sie es hier so darstellen, zumal sowohl

der Minister als auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD als auch, wenn ich es vorhin richtig mitbekommen habe, die Kollegin Schneckenburger von den Grünen deutlich gemacht haben, dass wir natürlich zu dem stehen, was gesagt worden ist. Im Gegensatz zu Ihnen erkennen wir allerdings auch, welche Veränderungen es gab, auf die man sich nun einstellen muss.

Es gibt noch mehr dieser Veränderungen. Wir müssen festhalten, dass bei diesem Thema wie auch bei anderen Themen – irgendwie scheinen Sie das zumindest für die Emscher-Lippe-Region flächendeckend zu Ihrem Kredo zu machen – Bekenntnisse nicht Sachverstand und Sachverhalte ersetzen können, Kolleginnen und Kollegen. Das ist nicht mehr zu ertragen.

Egal, ob es bei Datteln 4 oder bei Trianel in Lünen ist: Überall dort, wo Urteile gefällt worden sind, die veränderte Grundsituationen ergeben, glauben Sie, dies durch Bekenntnispolitik zu verändern. Das ist nicht richtig. Darauf muss man ein bisschen mehr Hirnschmalz verwenden, sich in den Sachverhalt einarbeiten und nach Lösungen suchen – so, wie wir es nun bei Datteln 4 sehr kleinteilig machen müssen, weil Sie es damals in Ihrer Verantwortung vor die Wand gefahren haben! So und nicht anders war das.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Kollege Hovenjürgen, Sie sprechen davon, wie das aussieht, und bringen zwischenparteilich starke Worte. Ich kann eines immer nur betonen: Das Wichtigste bei Projekten ist, dass sie vor Ort getragen werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen vortragen, was heute in der „WAZ“ von Ihrem stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Datteln, Herrn Sonderkamp, zu lesen war: „Ich habe den Glauben an die Realisierung verloren“, sagte er und äußerte sich kritisch über Argumente, die immer wieder für dieses Gebiet herangezogen würden.

Dazu kann ich nur sagen: Arbeiten Sie nicht hier daran, diejenigen zu überzeugen, die eh an der Seite derer stehen, die für die Realisierung eintreten. Arbeiten Sie vielmehr daran, dass wenigstens die CDU vor Ort geschlossen hinter dem Projekt steht! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Vielen Dank, Herr Kollege Eiskirch. – Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Kollege Witzel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben hier in dieser Woche intensiv über die Krise bei Opel gesprochen.

Diese Debatte für den Standort Bochum zeigt uns eines: Wir brauchen Industriearbeitsplätze im Ruhrgebiet.

Deutschland ist wegen eines starken industriellen Kerns gut durch die Finanzkrise gekommen. Den müssen wir erhalten und weiter ausbauen.