Wenn man über die Gründe nachdenkt, weshalb die Aufklärungsquoten wohl so stark sinken, dann ist ein Grund sicherlich, dass nicht konsequent nach dem Verbleib des Diebesguts geschaut wird, Herr Minister Jäger. Die Aufklärungsquoten könnten steigen, wenn man sich damit auseinandersetzen würde, wo die Ware „vertickt“ wird. Aus meinem Bekanntenkreis habe ich gehört, dass die Versicherung einem Einbruchsopfer geraten hat, seine Uhr doch bei ebay zu ersteigern, denn dann könnte die Versicherung wenigstens versuchen, an den Täter zu heranzukommen. Die Polizei kümmerte sich nicht darum.
Meine Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass der Betroffene versuchen soll, seine Uhr zu ersteigern, weil sich die Polizei nicht darum kümmert.
Im Ländervergleich hinkt NRW gerade bei der Aufklärung von Wohnungseinbrüchen hinterher. Was macht der Minister? – Der Minister macht vor einigen Wochen eine Aktion, bei der auf der Autobahn pauschal alle angehalten werden, die ein südosteu
ropäisches Kennzeichen haben. – Meine Damen und Herren, das ist nicht Reaktion, das ist in meinen Augen Hilflosigkeit.
Wir würden uns ein konsequenteres Vorgehen wünschen. In „SPIEGEL ONLINE“ vom 10. Januar 2013 war zu lesen, das Innenministerium habe eine Arbeitsgruppe mit dem Namen „Bekämpfung mobiler Intensivtäter Eigentumskriminalität“ eingesetzt. Von dieser Arbeitsgruppe seien erhebliche Defizite der Ermittlungsarbeit aufgedeckt worden.
Was haben Sie mit den Ergebnissen gemacht? Tun Sie etwas damit! Die Menschen würden es sich jedenfalls wünschen. Es ist unerträglich, wie es in Nordrhein-Westfalen zugeht. Deswegen, Frau Hanses, müssen wir es wahrscheinlich hier noch öfter betonen, damit Sie es endlich lernen, etwas zu tun. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Orth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Abgeordnete Hanses.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können alle Lernprinzipien noch mal durchgehen, Herr Orth; das ist kein Problem.
Ich möchte noch mal betonen: Dieser Bereich der Rechtspolitik, ist, wenn wir uns die Strafverfolgungsstatistik anschauen, für Ihre Schwarz-WeißSpiele nicht geeignet. Gute Regierung – schlechte Regierung, Schwarz-Grün nein, Rot-Grün –
Schwarz-Gelb, all das ist Mumpitz. Sie haben die Instrumente genannt, die auch immer wieder hervorgehoben werden: das „Haus des Jugendrechts“ und „Staatsanwalt für den Ort“, stellen dabei aber jedes Mal heraus, diese habe Ihre schwarz-gelbe Regierung eingeführt. Es geht aber gar nicht darum, wer was eingeführt hat und was deshalb gut oder schlecht ist, sondern darum, dass es funktioniert. Das ist Unfug und wird weder den Opfern noch den Betroffenen gerecht, die ihr Leben ändern wollen.
Weil es funktioniert und sich bewährt hat, haben wir das ausgebaut, und wir werden es weiter ausbauen.
Herr Kollege Kamieth hat die Opfer angesprochen. – Eine Opfergruppe benötigt aus unserer Sicht besonderen Schutz und verdient besondere Aufmerksamkeit: die Opfer sexualisierter Gewalt. Im Zusammenhang mit der Statistik noch nicht erwähnt worden ist der Rückgang von 932 Fällen in 2010 auf 828 in 2011 – das sind 11 % – bei den Straftaten mit sexualisiertem Hintergrund.
Zur Haltung, Herr Kollege Kamieth: Eine gute Täterarbeit ist aus unserer Sicht der beste Opferschutz. – Vielen Dank.
Danke schön. – Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Dr. Orth, Sie führen gerade bei der Kriminalitätsstatistik die Entwicklung in Düsseldorf an. Wie wir alle wissen, ist Düsseldorf – das bezieht sich selbstverständlich auch auf die Polizei und die Ordnungskräfte – CDU/FDP-geführt.
Ja, und es besteht auch ein reger Austausch zwischen dem Rat der Stadt Düsseldorf und dem Polizeipräsidenten. Man sitzt ständig zusammen und kann die Entwicklung hervorragend verfolgen. Sei‘s drum.
Wir sind nach wie vor bei den Symptomen. Wir sind bei der Kriminalität und der Entwicklung. Lassen Sie uns doch einfach mal der Menschen annehmen, der Betroffenen. Sie sprachen eben auch von Betroffenheit.
Ich will eine Deliktgruppe herausgreifen, die völlig unterbewertet bzw. überhaupt noch nicht angesprochen worden ist: die Drogenkriminalität. Insbesondere Nordrhein-Westfalen ist davon sehr stark betroffen. In Nordrhein-Westfalen haben wir 850.000 plus X statistisch erfasste Konsumenten von Cannabis bzw. Cannabisprodukten. Es ist also so, dass Cannabis und Cannabisprodukte mittlerweile zur Volksdroge geworden und in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen sind.
Ich sagte eben schon: Wir müssen uns im Bereich der Aufklärung bewegen und weniger in der Bekämpfung und Kriminalisierung von bestimmten Deliktgruppen. Aufklärung ist gefragt.
Mit der Aufklärung und der Entkriminalisierung findet auch gerade im Bereich des Konsums von Cannabis und Cannabisprodukten eine Verringerung bzw. Beseitigung eines Schwarzmarktes statt, damit gleichzeitig eine Verringerung der Verfahren gegen einfache Konsumenten nach der Kifferdatei. Dazu sollten wir uns kooperativ zeigen; wir sollten gemeinschaftlich an Konzepten arbeiten und versuchen, diese parteiübergreifend innerhalb unserer Gesellschaft zu besprechen, zu erörtern und politische Handlungsfolgen umsetzen.
Das wird nicht in Nordrhein-Westfalen gehen; das ist sicherlich ein Bundesthema. Aber wir können immerhin von Nordrhein-Westfalen aus entsprechende Initiativen starten. Sollte man sich darauf einigen können, die Piratenpartei wäre selbstverständlich sehr froh darüber.
Wir sollten uns der Verantwortung stellen und versuchen, die Herstellung, den Verkauf und den Konsum von Hanfprodukten aus der Kriminalitätsstatistik herauszubringen.
Sie dürfen eines nicht vergessen: Gerade in Nordrhein-Westfalen gibt es sehr große Anbaugebiete für Hanf. Die Herstellung von Hanfprodukten ist selbstverständlich erlaubt, aber das Ziehen von Hanf bzw. von Cannabisprodukten zum Verzehr als Droge nicht – ganz zu schweigen von ihrem Einsatz für medizinische Verwendungszwecke.
Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, bestimmte Kriminalitätsformen in diesem Bereich der weichen Drogen dem Jugendschutz und dem Verbraucherschutz zu unterwerfen. Lassen Sie uns in die Schulen und in die Begegnungsstätten gehen, um entsprechende Aufklärung herbeizuführen. Dann
kommen wir sicherlich zu dem Punkt, an dem wir sagen können: Auch bei der Drogenkriminalität ist eine Verringerung der Zahlen in der Kriminalitätsstatistik zu verzeichnen. Das wäre außerordentlich wünschenswert. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Mir liegt noch eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Stotko von der SPDFraktion vor.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Orth, genau das Bild, das Sie eben geprägt haben, ist das, was wir alle kritisieren: die Tatsache, dass effektheischend dargestellt wird, die Menschen trauten sich nicht aus dem Haus aus Angst davor, bei ihrer Rückkehr nicht mehr das vorzufinden, was in ihrem Haus war, als sie gegangen sind. Das Bild, das Sie damit produzieren, nehmen die Menschen mit.
Das Bild passte, wenn es denn passt, aber auch schon in Ihrer Regierungszeit, Herr Dr. Orth; denn auch in dieser Zeit, 2005 bis 2010, hatten wir einen rasanten Anstieg der Zahl der Wohnungseinbrüche. Dem sind Sie nicht begegnet, außer dass Ihr Innenminister Sicherheitsfirmen besucht und bei den Bürgern für den Kauf deren Produkte geworben hat. Das war Ihre Strategie gegen Wohnungseinbrüche!
Dann Ihre Geschichte mit Düsseldorf: Das tut einem, auch als Jurist, ein bisschen weh. Sie sagen, in Düsseldorf sei alles so schrecklich, es müsse etwas passieren. Ich will gar nicht die Frage aufgrei
Aber für Düsseldorf, Herr Dr. Orth, gab es das Angebot, ein „Haus des Jugendrechts“ zu schaffen, um die Jugendkriminalität zu verringern. Ihre CDU/FDP-Regierung in Düsseldorf will das nicht haben. Da wollen wir doch einmal ehrlich sein!
Sie verweigern sich in Düsseldorf einer Verringerung der Jugendkriminalität; einer Jugendkriminalität, die nachgewiesen ist!
Wenn Sie beide – CDU und FDP – hier so fröhlich behaupten, es seien die Ideen von Frau MüllerPiepenkötter gewesen, will ich an eines erinnern: Der „Staatsanwalt für den Ort“ ist eine Initiative, die in Aachen von den betroffenen Staatsanwälten ergriffen worden ist. Das war keine Idee der Ministerin. Für das „Haus des Jugendrechts“ in Köln gilt das Gleiche.
Später dann ist das umgesetzt worden. Und wir setzen es fort, weil es gut ist. Aber zu behaupten, es sei Ihre Idee gewesen oder auf Sie zurückzuführen, finde ich ein bisschen peinlich.
Etwas anderes, was für mich eine Rolle spielt, sind die Vergleiche, die hier gezogen werden. Sie werfen Äpfel und Birnen in einen Topf. Sie haben nur über die PKS – die Polizeiliche Kriminalstatistik –, aber nicht über die Strafverfolgungsstatistik diskutiert. Ihr Antrag ist aber ein anderer.
Warum haben Sie hier seit zehn Monaten nicht über die Kriminalstatistik diskutiert, wenn sie Ihnen so wichtig ist? Die Zahlen, die Sie hier anprangern, liegen seit März 2012 vor, und jetzt bedienen Sie sie für die Öffentlichkeit. Ich frage mich, warum.
Der Herr Minister hat es Ihnen ziemlich deutlich gesagt, aber ich werde es für Sie beide noch einmal ein bisschen klarer formulieren: Sie greifen die Wohnungseinbrüche heraus – und Sie noch dazu den Raub. Darauf könnten wir auch noch eingehen, was ich jetzt aber gar nicht mache.
Warum haben Sie nicht die Beförderungserschleichung herausgegriffen? Den größten Anstieg der Kriminalität in Nordrhein-Westfalen gab es mit 53,4 % bei der Beförderungserschleichung. Aber das interessiert zunächst einmal keinen; denn der Geschädigte ist der Verkehrsverbund. Ihrer Meinung nach sind das nicht die Bürgerinnen und Bürger.
Sie greifen sich das heraus, was Ihnen passt, vermischen es mit Ergebnissen aus der Strafverfolgungsstatistik, und machen einen Bohei darum. Ich finde das unangenehm; denn es entspricht nicht der Qualität, die das, was Sie machen, eigentlich haben