Land jeden finanziellen Spielraum für eine motivierende und leistungsgerechte Besoldung genommen, der in einem schlanken öffentlichen Dienst möglich gewesen wäre. Da muss das für die Beamten von dieser Landesregierung am Montag ausgegebene Motto „Wir halten in NRW Kurs“ von den Betroffenen eher als Drohung denn als Beruhigungspille empfunden worden sein.
Wenn die dieser Landesregierung nicht ganz fernstehende DGB-Einzelgewerkschaft für den Bildungsbereich, die GEW, sagt, es gäbe jetzt in den Kollegien einen Mangel an Motivation zur Umsetzung der grünen Schulreformen, dann muss das noch nicht automatisch ein Nachteil für dieses Land sein.
Aber Sie sollten sich schon ganz ausdrücklich fragen: Wie sieht es mit Ihrer Glaubwürdigkeit aus angesichts dessen, was Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann hier in der 14. Legislaturperiode vorgetragen haben? Da sind auch kleinere Abstriche erfolgt, ja. Das ist hier auch vorgetragen worden. Es ist jedoch niemand auf die Idee gekommen, über mehrere Jahre in Folge überhaupt keine prozentuale Anpassung für einen Großteil der Beamtenschaft vorzunehmen.
Das war für Sie damals schon des Teufels. Sie haben in diesem Haus symbolische Aufstände organisiert, und an dieser Messlatte müssen Sie sich jetzt natürlich bei Ihrem aktuellen Handeln messen lassen.
Sie greifen nun zum Mittel der Ungleichbehandlung innerhalb der Beamtenschaft. Nur die Bezieher niedriger Einkommen können damit einen Inflationsausgleich erhalten. Dieser wird Leistungsträgern in höheren Laufbahnen von SPD und Grünen automatisch verwehrt. Wenn 80 % der Beamten gar nicht oder nur mit erheblichen Abstrichen an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen
können, wird so in hohem Maße die Motivation und Anstrengungsbereitschaft gehemmt. Fast die Hälfte der Landesbeamten geht über die nächsten Jahre sogar völlig leer aus. Es ist ein besonders schlechtes Zeichen, wenn mehr als die Hälfte der Beamten über mehrere Jahre einen Reallohnverlust erleidet.
Bei den großen Herausforderungen, vor denen unser Land steht, muss sich aber die Landespolitik auch zukünftig darauf verlassen können, dass sich viele Beamten mit ihrer Aufgabe und auch mit ihrem Dienstherrn identifizieren und nicht bloß pflichtgemäß Dienst nach Vorschrift leisten.
Durch die völlige Verweigerung jeder Tarifverbesserung seitens Rot-Grün werden wichtige Teile des öffentlichen Dienstes, nämlich die Lehrerschaft, alle Richter und Staatsanwälte und viele Polizeibeamte, nun für die schlechte Haushaltspolitik dieser Lan
desregierung abgestraft. Insgesamt bedeutet dies für über 125.000 Beamte eine doppelte Nullrunde. Diese doppelte Null reiht sich nahtlos in die Blockadehaltung dieser rot-grünen Landesregierung auf Bundesebene ein, wenn es darum geht, die kalte Progression in diesem Land abzuschaffen.
Bemerkenswert ist, wer für SPD und Grüne nun alles diese Spitzenbeamten und Spitzenverdiener sind, über die in den letzten Tagen so viel gesprochen wurde und die nun die mehrfachen Nullrunden angeblich gar nicht spüren sollen. Da geht es um Einkommensbezieher schon ab 3.300 € im Monat. Wer ein Familieneinkommen hat, mehrere Kinder versorgen muss und über 3.300 € brutto im Monat verfügt, der gehört nicht zu denen, die in den letzten Tagen von den Überschriften vieler Zeitungsartikel erfasst sind. Das sind keine Spitzenbeamten, das ist die Mitte der Gesellschaft, und für die müssen wir hier auch eintreten!
Was bei Ihnen an Denke dahintersteht, haben Sie mit der kalten Progression offenbart. Da reden Sie von Spitzenverdienern, für die angeblich irgendwelche Lobbyinteressen vertreten würden. Genau das ist auch dort nicht der Fall. Es werden ausdrücklich auch kleinere und mittlere Einkommen entlastet. Sie haben im allgemeinen Steuerrecht abgelehnt, dass für diejenigen, die Lohnzuwächse haben, um damit die Inflationsrate zu kompensieren, keinen Reallohnverlust zu erleiden und zukünftig die gleiche Kaufkraft zu haben, die man bislang hatte, etwas getan wird. Sie haben das mit Ihrer Blockadehaltung zum Thema „kalte Progression“ abgelehnt. Jetzt legen Sie nach und nehmen sich auch noch die Beamten in Nordrhein-Westfalen als neue Zielscheibe vor.
Meine Damen und Herren, Sie hätten diese Ausgangslage vermeiden können, wenn Sie für einen schlanken Staat eintreten würden. Denn der schlanke Staat ist der starke Staat. Er konzentriert sich auf seine Kernaufgaben, hat aber damit die volle Akzeptanz seiner Bevölkerung,
weil er bei Bildung, bei Infrastruktur und bei der inneren Sicherheit leistungsfähig ist. Wenn man einen schlanken Staat hat, dann kann man auch alle Staatsdiener angemessen und leistungsadäquat besolden. Genau dafür sollten Sie in den nächsten Jahren endlich eintreten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Witzel hat auf eindrucksvolle Weise wieder deutlich gemacht, um was es ihm bei dieser Debatte geht. Es geht ihm um Schadenfreude, um Nachtreten und um Schlechte-Stimmung-Machen – nicht um die Sache.
Ich belege Ihnen das an einem ganz konkreten Beispiel. Sie haben hier die GEW zitiert und gesagt, was uns mehrfach zugeschrieben wird, dass die Lehrerinnen und Lehrer möglicherweise jetzt nicht mehr die Motivation hätten, die Politik der rotgrünen Landesregierung mit voller Motivation umzusetzen, und haben dann hinzugefügt: Das muss ja nicht schlecht für das Land sein.
Es ist doch entlarvend, was Sie da machen. Sie wollen die Nöte und Ängste der Leute ausnutzen, um Ihre demagogische und völlig ideologisch hintertriebene Politik hier im Landtag zu präsentieren. Darum geht es Ihnen an der Stelle.
Herr Kollege, eines wundert mich auch. Wir reden heute über die Übertragung des Tarifabschlusses auf die Beamtinnen und Beamten, aber auch auf die Pensionäre. Wie viel Prozent gesteht denn Ihre Bundesregierung den Westrentnern in diesem Jahr zu? 0,25 %. Das ist zehnmal weniger als das, was die Pensionärinnen und Pensionäre bis A10, A11 bekommen, und zwanzigmal weniger als in zwei Jahren. Das ist immerhin noch achtmal weniger als die Leute bis A11. Sind das auch die Besserverdienenden, die geschont werden müssen, die Sie eben noch verteidigen wollten? Sind die auch nicht die Mitte der Gesellschaft?
Um es hinzuzufügen: Ich will es nicht schönreden, was wir hier aus der Haushaltsnotlage heraus machen. Aber wir müssen es schon einordnen. Wenn Sie mit dem Finger auf uns zeigen, was die Übertragung des Tarifergebnisses anbetrifft, dann müssen Sie sich schon anrechnen lassen, was Sie in der Rentenpolitik im Bund präsentieren.
Herr Kollege Lindner, was die Strukturveränderung anbetrifft, will ich einmal mit einem Märchen aufräumen, das Sie hier immer präsentieren. Sie behaupten, Sie hätten 14.000 Stellen sozialverträg
lich im Landeshaushalt abgebaut. Fakt ist aber etwas anderes. Die rot-grüne Landesregierung hat unter Riesenprotesten der schwarz-gelben damaligen Opposition im Jahr 2003/2004 eine Arbeitszeitverlängerung beschlossen, woraufhin 5.000 Stellen in der Zeit zwischen 2005 und 2010 kw-gestellt wurden: 5.000 Stellen sind ohne Ihr Zutun im Landeshaushalt abgebaut worden. Also verbleiben von den 14.000 Stellen noch 9.000 Stellen.
Gleichzeitig haben Sie 11.899 Stellen aufgebaut. Sie haben also nicht abgebaut, schon gar nicht sozialverträglich, sondern 2.500 Stellen neu aufgebaut. Zu glauben, dass man dieser Opposition vertrauen könnte, dass sie Strukturveränderungen erfolgreich vornehmen könnte, ist nicht der Fall.
Eines kommt noch hinzu, Herr Kollege Witzel: Sie haben dem Schulhaushalt 2.000 Stellen hinterlassen, die finanziell überhaupt nicht hinterlegt waren. Sie haben bei der Bezirksregierung in Dortmund ein Desaster hinterlassen, was zum Envio-Skandal geführt hat. Das ist Strukturveränderung à la SchwarzGelb.
Weil Kollege Lindner sich gestern bei der Frage der 76 Stellen so gnadenlos blamiert hat, will ich es hier auch noch einmal deutlich sagen: Bei den 76 Stellen im Einzelplan 12 geht es darum, 76 Stellen für jene Dauerarbeitsaufgaben mit echten Stellen zu hinterlegen, die sonst nur durch teurere Leiharbeit geleistet werden kann. Sie haben sich nicht einmal mit dem Haushalt auseinandergesetzt, sondern wieder nur auf Effekthascherei gesetzt, Herr Kollege Lindner.
(Christian Lindner [FDP]: Immer dieses No- tenverteilen, furchtbar! Stillos, da sieht man den Unterschied zum Bundestag!)
Kollege Witzel hat eben gesagt, die Beamtinnen und Beamten dürften nicht die Melkkühe der Landesregierung werden. Was haben Sie denn 2003 und 2004 gemacht? Der ehemalige Ministerpräsident und der ehemalige Innenminister haben sich an die Spitze der Demonstrationszüge gesetzt und mit massiver Kraft dagegen gewettert, dass RotGrün Weihnachtsgeld reduziert und Urlaubsgeld reduziert haben.
Was haben Sie gemacht, als Sie an der Regierung waren? Schon im allerersten Haushalt haben Sie das Weihnachtsgeld noch weiter reduziert, das Urlaubsgeld komplett gestrichen. Sie sind so etwas von unglaubwürdig in dieser Frage. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufkröpfen können.
Dann kommen wir zu den Haushaltsanträgen. Das hat gestern schon eine Rolle in der Auseinandersetzung gespielt. Da suggeriert Kollege Laumann von der CDU, er könne diese 700 Millionen €, also die 14.300 Stellen, die kompensiert werden müssten, mal so eben aus dem Landeshaushalt rausschneiden und legt ein Konzept vor, das 450 Stellen jährlich erbringt. Sie sind doch blamiert bis auf die Knochen, Herr Laumann.
Es kommt noch etwas hinzu, was die Glaubwürdigkeit anbetrifft, Herr Kollege Laumann. Einerseits sagen Sie, Polizei, Lehrer und Bildung seien ausgenommen. Gleichzeitig stellen Sie einen Haushaltsantrag, in dem sie alle wieder drin sind, Herr Kollege Laumann. Was gilt denn nun? Ihr Wort, das Wort von Herrn Optendrenk oder das Wort von Herr Kruse, der zusätzliche Polizei-Einstellungsermächtigungen für den Landesdienst fordert? Sie sind an der Stelle schizophren. Sie sind nicht gradlinig.
Noch ein Wort an die Beamtinnen und Beamten, eben nicht zu den üblichen reflexartigen Auseinandersetzungen zwischen uns. Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir diesen Schritt gehen müssen. Ich finde es alles andere als vergnügungssteuerpflichtig, mich in der Familie, im Bekanntenkreis, im Freundeskreis über dieses Thema auseinandersetzen zu müssen.
Aber ich stehe diese Debatte durch – im Gegensatz zu Ihnen, Herr Witzel. Natürlich haben wir im unmittelbaren Familienkreis auch Lehrerinnen und Lehrer. Wir haben auch Polizeibeamtinnen und -beamte. Das wird allen anderen Abgeordneten nicht anders gehen.
Aber wenn ich vor der Abwägungsfrage stehe, die Struktur des Haushalts wieder ins Lot zu bekommen und dann so wichtige Dinge wie Klassenfahrten und andere Dinge machen zu können, dann muss ich mich entscheiden.